Die Inschriften des Landkreises Jena

4. Inschriftträger und Inschriftarten

4.1. Grabinschriften

Die unter den Inschriften in der Regel quantitativ vorherrschende, im Lkrs. Jena aber überraschend schwach vertretene Gruppe72) ist die der Inschriften auf Grabmalen. In der Diskussion nicht so sehr um die Terminologie der Inschriften (hier sollte man die eigentlichen Grab- von den Memorialinschriften unterscheiden) als vielmehr der Inschriftträger sind die folgenden Haupttypen herausgearbeitet worden, die – mitunter gegen den in der Inschrift selbst verwendeten Begriff73) – nach funktionalem Gesichtspunkt74) voneinander abgehoben werden:

Grabplatten kennzeichnen das tatsächliche, meist in den Boden einer Kirche oder im Kirchhof eingelassene Grab. Hierbei bleibt unberücksichtigt, daß sie in der überwiegenden Zahl in jüngerer Zeit gehoben75) und senkrecht aufgestellt worden sind. In der Regel sind sie als hochrechteckige, aus Stein gefertigte Platten gestaltet.

Ein Epitaph ist von vornherein nicht zur Markierung der Grabstätte bestimmt, sondern senkrecht stehend konzipiert. Gewöhnlich erfordern Epitaphe eine zusätzliche Grabplatte zur eindeutigen Kennzeichnung der Begräbnisstätte, doch ist dies im Bearbeitungsgebiet kaum konsequent durchgeführt worden. Es hat sich kein Beispiel doppelten Totengedächtnisses für ein und dieselbe Person erhalten, wenngleich es aus den Inschriften mitunter wahrscheinlich zu machen ist.76)

Als Grabmal schließlich wird ein nicht mehr eindeutig zu bestimmender, oft auch heute verlorener und nur aus unzulänglichen Beschreibungen bekannter Inschriftträger bezeichnet.

Die vorreformatorischen Grabmale setzen mit dem Jahre 1485 (Nr. 58) sehr spät ein; ein früheres von 1345 (Nr. 5) ist nur als Fragment erhalten. Es sind zehn überliefert, mit Ausnahme von Nr. 27 – einem verlorenen Epitaph von 1401, an dessen Datum Zweifel bestehen – alles Grabplatten. Sie zeigen den oder die Verstorbenen in Relief (Nrr. 58, 99, 101, 112-116) oder Ritzzeichnung (Nrr. 67, 96), unter Beigabe des Wappens. Von den Inschriften sind zwei (Nrr. 67, 96) lateinisch. Sie alle sind dem traditionellen Formular verhaftet: Anno domini (Datum) – obiit / ist verstorben – Name – Stand – Fürbitte. Doch dieses Formular wird vielfältig variiert, sei es durch Verkürzungen77) oder, in stärkerem Umfang, durch [Druckseite XXX] Erweiterungen. So wird gelegentlich die Sepultur ausdrücklich erwähnt78) bzw. die Inschrift um die Namen des Vaters (Nr. 113), der Ehefrau (Nrr. 112, 114, 116) bzw. der Schwester (Nr. 115) erweitert.79) Die Fürbitte ist die übliche, cuius anima requiescat in pace (Nr. 96, 1503, wo nur unvollständig erhalten), und dem Gott gnade; in Nr. 67 schließt die deutsche Formel die lateinische Inschrift ab.

Während die Reformation und in ihrem Gefolge die Gründung der Universität in der Stadt einen ganz neuen Typus von Grabinschriften hervorbrachte: lateinische Prosa- und Versinschriften in antiker Tradition80) – ist im Lkrs. Jena ein Festhalten an den überkommenen Formen zu beobachten, die sich nur in einigen Details ganz allmählich wandeln. Die wenigen lateinischen Carmina wirken gleichsam wie fremd unter den übrigen Sepulchralinschriften; doch selbst bei ihnen finden sich kaum entwickeltere Formen.

Unter den 32 Grabplatten aus der Zeit nach 1540 sind nur sechs (Nr. 165, 1562; Nr. 190, 1579; Nr. 191, 1579; Nr. 195, nach 1581; Nr. 298, 1625; Nr. 306, 1633) lateinisch. Die beiden letzteren sind für Familienangehörige eines Jenaer Professors, der Erbherr in Großlöbichau war, in Jena angefertigt und auf das Land gebracht worden. Die übrigen vier weisen die einfache Anno-domini-obiit-Formel auf.81) Bei den deutschsprachigen Grabinschriften ist kaum eine Entwicklung feststellbar, und die späteste (Nr. 325, 1639) unterscheidet sich substantiell in keiner Weise von der frühesten (Nr. 143, 1544). Sicher erfuhren die einzelnen Elemente des traditionellen Formulars Erweiterungen und Änderungen, aber diese sind nicht verbindlich und führen nicht zu eloquenteren Formen. Todesjahr und Todestag sind regelmäßig angegeben (Ausnahmen: Nrr. 149, 150), vereinzelt wird die Todesstunde hinzugefügt (Nrr. 175, 215). Nur bei knapp der Hälfte aller Inschriften steht das erreichte Lebensalter, mitunter bis auf den Tag genau.82) Das traditionelle ist in Gott (Christo) seelig entschlafen wird nur in Nrr. 175 (1570) um ein betont protestantisches in wahrer Anrufung und Bekenntnis des einigen Heilands Jesu Christi erweitert. Auf die Invokation wird – auch dies im Gegensatz zu den Inschriften der Stadt Jena – nur in wenigen Fällen (Nrr. 149, 150, 190, 191, 215, 218, 240) verzichtet. Dagegen erfreut sich das alte dem Gott gnade (gnädig sei) ungebrochener Beliebtheit und wird nur selten ersetzt durch die Bitte um eine fröhliche Auferstehung (Nrr. 168, 262, 264, 292).

Es kann kein Zufall sein, daß sich die beredtesten deutschen Grabtexte, Nrr. 262 und 263, auf Monumenten befinden, die nicht einer lokalen Werkstatt entstammen. Dies gilt auch für die Särge in der Gruft der Schenken von Tautenburg (Nrr. 264, 276, 289, 304, 316, 328), von denen insbesondere die beiden ältesten mit Künstlern am kursächsischen Hof in Verbindung zu [Druckseite XXXI] bringen sind. In Nr. 276 (1613) wird zum ersten und einzigen Mal ein Epicedium in Form einer langen lateinischen Periode verwendet, während sich der ältere Zinnsarg (Nr. 264) durch eine Vielzahl von Sprüchen und eine deutsche Grabinschrift auszeichnet, die zunächst die Sepultur feststellt (des wohlgeborenen ... K ö rper ruhet alhier) und in einem zweiten Satz die Lebensdaten anschließt (es ist aber wohlgedachter Herr geboren ...).

Ähnlich konservativ stellen sich die Epitaphe dar, meistens Gemälde zunächst einfacher Art (Nrr. 187, 199, 200, 201, 211, 241, 249, 300, 330), später auch mehrteilig und in Architektur (Holz) eingebunden (Nrr. 272, 310, 329). Nur in Nr. 166 (1562) liegt ein Epitaph in Stein vor.

Luther hat nicht nur der Verbreitung des Evangeliums in erzählenden Bildern Aufmerksamkeit geschenkt,83) sondern gleichzeitig darauf gedrungen, entsprechende Texte und Sprüche unmittelbar neben der entsprechenden Szene anzubringen. Die protestantischen Epitaphe des 16. und 17. Jh. artikulieren die evangelische Heilsgewißheit in einem oft aufwendigen theologischen Bildprogramm,84) wie es einige Epitaphe Jenaer Professoren aufwiesen.85) Im Lkrs. dagegen herrscht die schlichte Darstellung des Verstorbenen vor einer narrativ aufgefaßten, durch Sprüche nur sparsam interpretierten Szene aus dem Neuen Testament vor: Kreuzigung (Nrr. 187, 199, 211, 249 (?), 272, 310, 330), Taufe Christi (Nr. 241), Gebet am Ölberg (Nr. 329), Kampf Christi mit Tod und Hölle (Nr. 200). Nur ein Mal wird ein mythologisches Thema bemüht: Orpheus, der durch seinen Gesang selbst wilde Tiere befriedet (Nr. 201), mit einer die Macht der Musik preisenden Gedächtnisinschrift.

In einer anderen Tradition, die sicher von den figürlichen Grabplatten herrührt, steht das durch eine Sepulchralinschrift zum Epitaph umgeformte ganzfigurige Porträt86) des Pfarrers Johann Jonas (Nr. 300).87)

Was die Inschriften betrifft, so sind von den zwölf Epitaphen sechs ganz oder teilweise in Latein geschrieben (Nr. 166, 1562; Nr. 241, E. 16. Jh.?; Nr. 249, 1601; Nr. 272, 1612; Nr. 300, 1650; Nr. 329, 1640). Hierunter sind auch Verse (Nrr. 166, 241, 249, 329), jedoch stets (bis auf Nr. 241, wo aber offenbar noch eine weitere Inschrift fehlt) mit Prosatexten kombiniert. Auffällig ist in Nr. 166 die Übereinstimmung mit einem Distichon an einem Wohnhaus (Nr. 162), bei Nr. 241 die wörtliche Übernahme von zwei Versinschriften aus der Stadt Jena.

Die deutschen Epitaph-Inschriften entsprechen, sofern sie nicht gereimt sind (Nrr. 199, 200, 249), im Formular durchaus den zeitgenössischen Grabinschriften. Nur die späten Monumente (Nrr. 300, 310, 329, 330) sind beredter und bringen Angaben über die Amtsdauer, die Familie und erwähnen vor allem die Stiftung durch Witwe (Nr. 310), Witwe und Kinder (Nr. 300) sowie Kinder und “Eidmänner” (Nr. 329).

Zwei besondere Formen des Schriftträgers unter den Grabmonumenten sind noch zu erwähnen. Zwei schlichte Grabinschriften, enthaltend nur Namen und Todesdaten, sind an der Außenseite von Kirchen auf Quadersteinen geschrieben worden,88) Nrr. 245 und 288. Ferner haben sich unter den zahlreichen Steinkreuzen im Lkrs. Jena (nach dem Inventar [Druckseite XXXII] von 197689) sind es 33 an der Zahl) zwei aus dem späten 16. Jh. mit Inschriften gefunden, Nrr. 203 und 242. Es handelt sich bei ihnen nicht um Sühnekreuze, sondern um Unfallmale, die an tragische Ereignisse erinnern sollen (Nr. 203 an Tod durch Ertrinken; Nr. 242 ist nicht mehr zu lesen), wobei man mitunter einfach die Gedächtnisinschrift auf ein schon vorhandenes mittelalterliches Kreuz geschrieben hat. Unter den Steinkreuzen Thüringens sind die beiden Rothensteiner Kreuze hinsichtlich ihres frühen Datums und der Ausführlichkeit der Inschriften einzigartig.90)

4.2. Inschriften an Gebäuden

Die Inschriften, die auf ein Baugeschehen Bezug nehmen, lassen deutlich die Zäsur erkennen, die die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit für die Entwicklung der Epigraphik darstellt. Die mittelalterlichen Bauinschriften befinden sich in der überwiegenden Zahl an Kirchgebäuden91) und kommunalen Bauwerken. (Nrr. 51, 64). Nur wenige Inschriften sind an anderen profanen bzw. öffentlichen Gebäuden anzutreffen;92) Inschriften an privaten Häusern fehlen.93)

Was die äußere Gestalt anbelangt, so werden im 15. und im frühen 16. Jh. Steintafeln bevorzugt, die in die Außenwand eingelassen sind (Nrr. 28 (?), 29, 30, 34, 36 (?), 50, 52, 59, 98, 119). Dabei ist anzunehmen, daß diese Platten oft erst später in das bereits aufgeführte Gebäude eingefügt worden sind; anders ist es auch nicht möglich, daß ein Baubeginn an einer Stelle im Gemäuer dokumentiert wird, die erst nach längerer Tätigkeit erreicht worden sein kann. Anders verhält es sich bei Werksteinen, die gelegentlich zum Träger einer Inschrift werden: Ecksteine (Nrr. 64, 100, 123) und Quader eines Strebepfeilers (Nrr. 46, 48, 77, 103), wobei der Text auch alle drei sichtbaren Seiten desselben einnehmen kann (Nrr. 46, 77). Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, daß die ältesten Bauinschriften des Bearbeitungsgebietes (Nr. 1, 1232; Nr. 2, M. 13. Jh.; Nr. 6, 1347) auf Türgewänden geschrieben sind. In der Regel stehen die Bauinschriften an den Außenseiten der Gebäude, unbestreitbar in der Absicht, sie möglichst Vielen zur Kenntnis zu bringen. Diesem Ziel diente zum einen die gelegentlich zu beobachtende Sicherung der Inschrift vor Regen durch Anbringung eines dachartigen Vorsprungs,94) zum anderen eine klar ausgeführte, ausgewogene Schrift mit großen Lettern. Allerdings hat sich die Vermutung, daß man hierfür die erhabene Ausführung der Buchstaben für geeigneter hielt, nicht bestätigt: Die Zahl der erhaben ausgeführten Inschriften ist nicht signifikant höher als die der eingetieften.95)

Bei Arbeiten geringeren Umfanges, die insbesondere die Inneneinrichtung und einzelne Ausstattungsstücke betrafen, wurde die epigraphische Dokumentation dagegen ins Innere verlegt. Wir finden solcherart Texte – allerdings nur kurze Baudaten aus jüngerer Zeit – auf Schlußsteinen (Nrr. 57, 1483; Nr. 127 (?), 1520) und hölzernen Pfeilern (Nrr. 126, 1518; 130, 1522).

[Druckseite XXXIII]

Inhaltlich ist zunächst zwischen schlichten Baudaten (Nrr. 45, 60, 66, 95, 100, 109, 118, 121, 126, 129, 130) und Bauinschriften im engeren Sinn zu unterscheiden. Letztere sind fast ausnahmslos in lateinischer Sprache abgefaßt (nur Nr. 55, 1482, ist deutsch; Nr. 45 von 1464 ist zweisprachig). In der Mehrzahl wird der Baubeginn dokumentiert (inceptus Nrr. 28, 29, 34, 48, 50, 51, 52, 64, 98, 103, 119, 123; inchoatus, Nr. 46; angefangen, Nr. 55), seltener der Bauabschluß (completus, Nrr. 30, 36; consummatus, Nr. 59; construxit, Nrr. 1, 2). Nur in etwa der Hälfte der Inschriften erfolgt die Datierung auf den Tag genau (Nrr. 28, 29, 34, 36, 48, 51, 59, 98, 103, 123).

Das Bauwerk wird am häufigsten allgemein durch die Worte structura (Nrr. 30, 34, 48, 59, 64, 93, 103) oder aedificium (Nr. 46; Gebäude Nr. 55) bzw. opus (Nrr. 29, 50, 52) bezeichnet; nur gelegentlich begegnen konkretere Termini wie turris (Nr. 51 von der Stadtbefestigung; Nr. 119 von einem Kirchturm), capella (Nrr. 1, 2), kemnata (Nr. 28).

Überraschend selten wird ein Bauherr genannt. Das scheint mehr oder minder typisch für ein Gebiet ohne bedeutendere Städte, in dem einerseits lokale Herrschaften des ortsansässigen Adels (abgesehen von den Tautenburgern) fehlten, das andererseits außerhalb eines besonderen Interesses der Landesherrschaft lag. So treten nur die Schenken von Tautenburg (Nrr. 1, 2, 55) auf ihren Besitzungen und die wettinischen Herzöge bei der Stiftung der Wallfahrtskirchen in Vierzehnheiligen (Nr. 46) in Erscheinung, wobei sie in den jeweiligen Inschriften zum Subjekt des Satzes werden.96) Sonst verwendete man eine Passiv-Konstruktion97) (inceptum est u.ä.), an die in drei Fällen der Name des Leutpriesters asyndetisch98) (Nrr. 6, 48, 103), in Nr. 34 mit der merkwürdigen Formel cum consilio angeschlossen wird. Eine Artikulation der den Bau tragenden Gemeinde bzw. ihrer Magistrate – sei es die Bürgerschaft oder die Dorfgemeinschaft – hat es, im Unterschied zu der Stadt Jena,99) nicht gegeben.

Gelegentlich (zuerst 1437) findet sich das Steinmetzzeichen des den Bau ausführenden Meisters auf der Inschrifttafel (Nrr. 34, 64, 119, 123); dagegen wird sein Name in keiner Inschrift genannt. Ausnahme ist auch hierin die Inschrift an der Kirche zu Vierzehnheiligen (Nr. 46), die selbst in diesem Detail ihre im Bearbeitungsgebiet exzeptionelle Stellung als Votivkirche der sächsischen Herzöge beweist.

Nur selten wird das, wie wir gesehen haben, relativ feste und verbindliche Formular der Bauinschriften durch eine Invokation (deo gratias in Nr. 64, 1492) oder durch amen (Nr. 30, 1430) abgeschlossen. In Nr. 127 (1520) ist umgekehrt eine Invokation durch Zufügung von Datum und Steinmetzzeichen in die Nähe einer Bauinschrift gerückt worden.

 

In der Zeit nach der Reformation überwiegen die Inschriften an profanen Bauwerken bei weitem. Die kirchliche Bautätigkeit war für Jahrzehnte nahezu erloschen100) oder beschränkte sich auf Reparaturen geringeren Umfangs. Das manifestiert sich sehr deutlich in den Bauinschriften, von denen nur eine (Nr. 160, 1559, eine “Chorkirche” betreffend) das traditionelle Formular aufgreift und deutsch umsetzt. Im übrigen sind derartige in die Außenmauer des Kirchgebäudes eingelassene Tafeln eher selten (Nrr. 164 (?), 268, 273, [Druckseite XXXIV] 344). In der Regel werden die Inschriften auf Architekturteile101) geschrieben: Tür- (Nrr. 155, 188, 259, 321) und Fenstergewände (Nr. 293), Torbögen am Eingang zum Kirchhof (Nrr. 184, 342), Ecksteine (Nrr. 206, 220). Häufiger aber sind Datierungen im Innern der Kirchen, vor allem an Teilen der Ausstattung:102) Taufstein (Nrr. 176, 182, 185, 204, 217, 222, 232, 302, 338), Kanzel (Nrr. 154, 158, 266, 274, 280), Lesepult (Nrr. 178, 294, 297, 308), Opferstock (Nr. 256).

Dem Inhalt nach herrschen Jahreszahlen vor (Nrr. 141, 155, 184, 188, 204, 220, 232, 259 (?), 302, 308, 321), denen öfter Initialen (Nrr. 158, 176, 182, 185, 206, 222, 303), selten Namen (Nrr. 164, 342) beigefügt wurden, ohne daß diese näher erläutert wären. Bei einer kleinen Gruppe von Inschriften sind die Zahlen durch die Namen der jeweils amtierenden Magistrate ergänzt. Da keine Stiftung bezeugt wird, handelt es sich bei diesen Namensreihen um ein Element der Datierung, wie das bereits bei den Jenaer Inschriften beobachtet worden ist.103) In den Dorfgemeinden werden Pfarrer und Altar-/Alterleute (Kirchväter) genannt,104) in den Städten die jeweils amtierenden Magistrate.105) Die Nennung der ausführenden Handwerksmeister ist nicht üblich; nur ein Mal (Nr. 273, 1612) ist ein solcher Subjekt einer selbständigen Inschrift. Sprüche begegnen – bis auf Nr. 338, 1649 (Taufstein mit Mt. 19,14) – nicht für sich, sondern nur als Bestandteil anderer Inschriften (Nrr. 154, 266, 280). Selten wird eine Stiftung dokumentiert: Nr. 217, 1589 (Taufstein), mit dem ausdrücklichen Vermerk “auf seine Kosten”, und Nr. 154 (C), 1635 (Kanzelbemalung). Jenseits dieser eher bescheidenen Objekte steht die Kapelle in der Tautenburg, deren aufwendige Ausgestaltung im Stile der Renaissance durch Burkhard Schenk zu Tautenburg in einer ausführlichen Inschrift (Nr. 269, 1608) verherrlicht wird. In eloquentem Latein wird unter Dreingabe sämtlicher Titel des Bauherrn ein doppelter Zweck genannt: zum Lobe Gottes, aber auch zur Zierde des freiherrlichen Besitzes. Weitere solcher Dokumente herrschaftlichen Bauwillens finden sich bis 1650 weder in der Stadt noch im Lkrs. Jena.

Umfangreicheren Niederschlag fand das in dieser Zeit sehr lebhafte profane Baugeschehen in den Inschriften. Die meisten Texte befinden sich an privaten Wohnhäusern, wobei sie ausnahmslos in Stein geschrieben sind; es fehlen aufgrund der Konstruktionsweise der Häuser106) die für andere Landschaften typischen Hausinschriften auf Holz (Fachwerk, Deckenbalken). In bescheidenem Umfang treten Inschriften an mehr oder minder repräsentativen Schloßbauten des ortsansässigen Adels hinzu (Nrr. 140, 145, 151, 260). Schließlich sind einige öffentliche Bauten (z. B. Brücken, Nrr. 142, 167) zu nennen, wobei drei [Druckseite XXXV] Brunnen mit ihren Versen (Nrr. 153, 186, 283) das Bild der profanen Gebäudeinschriften um eine besondere Note bereichern.

Unter den Inschriftträgern begegnen mit Abstand am häufigsten Tafeln, die an verschiedenen Stellen am Gebäude ihren Sitz haben können.107) Es folgen die unterschiedlichsten Architekturteile wie Fensterstürze (Nrr. 137, 145), Türgewände (Nrr. 151, 161, 207, 212, 216, 232a, 235, 250, 255), Gewände der Tordurchfahrten (Nrr. 183, 251, 258, 296), Konsolen (Nr. 287) und Portale (Nrr. 140, 260).

Auch unter den Inschriften an profanen Bauwerken erfreuten sich bloße Jahreszahlen der größten Beliebtheit (Nrr. 142, 151, 172, 183, 189, 198, 207, 212 (?), 216, 229 (?), 255 (?), 287). Die Jahreszahl verdeutlicht historische Dimension, vor der die individuellen Namen unwesentlich werden. In der Tat begegnet nur selten neben der Zahl ein ausgeschriebener Name (Nrr. 235, 252, 296 [im Genetiv]); öfter wird die Jahreszahl kombiniert mit Initialen (in der Regel des Bauherrn, selbst wenn dies nirgends ausdrücklich festgestellt wird, Nrr. 170, 226, 232a, 324), Wappen (Nrr. 145, 161), Handwerkszeichen (Nrr. 197, 239, 252) oder Steinmetzzeichen (Nrr. 251, 258).

In unerwarteter Deutlichkeit zeigt sich bei den Spruchinschriften an nichtkirchlichen Bauten ein Zusammenhang zwischen der Wahl der Sprache und der sozialen Position des Bauherrn. Der aufwendigen Architektur der Renaissance-Portale ihrer Schlösser galt den Schenken zu Tautenburg (Nr. 260, 1605; vgl. Nr. 269) und den Herren von Watzdorf (Nr. 140, um 1540) das Latein angemessen. Ein Spruch in antikem Versmaß zierte das Haus des ersten evangelischen Superintendenten in Orlamünde (Nr. 162, 1561). Damit sind – abgesehen von den bereits erwähnten, 1554 und 1577 mit elegischen Distichen verzierten Brunnen vor den Toren Jenas (Nrr. 153, 186) – die lateinischen Texte aber auch schon erschöpft, sieht man einmal von der formelhaften protestantischen Devise Verbum Domini Manet In Æternum ab (Nrr. 137, 174, 233, 250).

Die Sprüche sind christlich orientiert, sei es als direkte Zitate aus der Bibel (Nrr. 173, 177, 254, 257, 260), sei es als Reime, die zum Teil dem Schatz der evangelischen Kirchenlieder entstammen (Nrr. 179, 210, 227, 248, 265). Zwei Reiminschriften fallen aus dem Rahmen: die Brunneninschrift Nr. 283, 1617, mit der originellen Sentenz “Hier magst Du trinken ohne Geld”, und Nr. 275, 1613, die von dem Schicksal des Hauses während der sogenannten “Thüringer Sintflut” erzählt.

Auch diese immer mit einem Baudatum versehenen Sentenzen werden in verschiedener Weise um Personalien erweitert: Namen (Nrr. 137, 177, 227, 254, 257, 265, 283), Initialen (Nrr. 173, 174, 179, 210, 233, 248), Wappen (Nr. 177). Von den Steinmetzen und Baumeistern nennen sich nur zwei: Günter Otte (Nr. 254) und Nikolaus Lippert (Nr. 273).

Die Sprüche und Zitate beschäftigen sich mit den Themen “Haus” (Nr. 173), “Ein- und Ausgang” (Nrr. 140, 177, 227, 265), “Gottes Schutz, Allmacht und Segen” (Nrr. 179, 210, 248, 254, 257, 260). In auffallender Weise fehlt jeglicher Bezug auf die irdische Vergänglichkeit und den Tod, den die Jenaer lateinischen Hausinschriften des 17. Jh. so häufig strapazieren; man muß dies wohl als ein spezifisch akademisches Thema betrachten.108)

4.3. Inschriften auf Glocken

Thüringen ist eine alte Glockenlandschaft. Ein eindrucksvolles Zeugnis hierfür stellt die inschriftlose Glocke aus der Dorfkirche zu Graitschen, an der Grenze des Lkrs. Jena gelegen, dar. Sie befindet sich jetzt im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Nach neueren Untersuchungen muß man sie auf die Zeit um 1100 datieren.109) Der Gesamtbestand der Glocken in Thüringen ist freilich noch ungenügend erforscht. Nach der Inventarisierung am Ausgang des 19. Jh. hat es zwar eine zusammenfassende Untersuchung durch H. Bergner gegeben,110) aber das 20. Jh. hat bekanntlich stärkstens in den historischen Bestand eingegriffen. Neuere Inventare fehlen,111) und ein Glockenatlas112) für Thüringen ist nicht in Sicht. Es dürfte sich anhand der in dem vorliegenden Band publizierten Inschriften erneut erweisen, wie unbegründet und wenig hilfreich die immer wieder einmal in Vorschlag gebrachte Ausgliederung der Glockeninschriften aus dem Corpus der DI wäre, die nur zu einer (schwerlich sinnvollen) separaten Bewertung der epigraphischen Überlieferung auf Stein und auf Bronze führen müßte.113) Unter den Inschriftträgern aus dem 13./14. Jh. bilden im Lkrs. Jena die Glocken den größten Bestand, eine Tatsache, wie sie in vielen ähnlich strukturierten Territorien – Landkreise ohne mittelalterliche kirchliche oder städtische Zentren – gleichfalls anzutreffen sein wird, möglicherweise in Brandenburg oder Mecklenburg noch viel einseitiger.

Im Bearbeitungsgebiet sind die Inschriften von 74 Glocken bekannt, das sind 21,3% der im Band insgesamt erfaßten 347 Texte. Sie gliedern sich nach ihrer Entstehungszeit:

13.Jh. 14.Jh. 15.Jh. 16.Jh. 1.H.17.Jh. gesamt
1114) 12 19 27 15 74
2% 16% 26% 36% 20%
erhalten 1 7 9 16 5 38
verloren - 5 10 11 10 36

Von diesen 74 sind 36 Glocken (48,6%) nicht mehr erhalten und ihre Inschriften nur aus Abschriften von unterschiedlicher Glaubwürdigkeit bekannt. Der Verlust ist nicht nur auf die bekannten Beschlagnahmen des I. und II. Weltkrieges zurückzuführen; vielmehr wurde der historische Bestand bereits im 19. Jh. nachhaltig gestört, wie die folgende Übersicht verdeutlicht. In ihr ist der Bestand an Glocken im Bearbeitungsgebiet erfaßt, wie er sich zu Ende des 19. Jh. aus den Inventaren,115) späteren Notizen und eigener – bei den jüngeren Glocken allerdings nicht [Druckseite XXXVII] immer erschöpfender – Forschung ergibt. Zum Vergleich dient die statistische Übersicht, die Bergner seiner “Glockenkunde Thüringens” im Jahre 1896 beigegeben hat.

Ohne Inschrift Majuskel (undat.) 15.Jh. 16.Jh. 17.Jh. 18 Jh. 19.Jh. gesamt
Lkrs. Jena 10 11116) 15 19 24117) 51 63 193
5,2% 5,6% 7,7% 9,8% 12,4% 26,4% 32,6%
Thüringen118) 31 30119) (49)120) 81 112 279 592 1174
2,6% 2,5% 4,2% 6,9% 9,6% 23,8% 50,4%

Der Vergleich erweist zunächst, daß im Bearbeitungsgebiet ein sehr reicher Bestand an Glocken vorhanden war,121) unter denen die frühen überdurchschnittlich stark repräsentiert sind.122) So fallen von den erfaßten Glocken insgesamt 64, das ist ein Drittel, in die Zeit vor 1650 – eine Zahl, die sich unter Berücksichtigung der kopialen Überlieferung noch steigert. Es mag der relativen Armut und der politisch-wirtschaftlichen Zerrissenheit des Gebietes geschuldet sein, daß es im 18. Jh. nicht zu solch einem umfassenden Ersatz der älteren Glocken gekommen ist wie im benachbarten Sachsen. Den 64 Glocken stehen fast allerdings ebensoviele gegenüber, die im 19. Jh. gegossen worden sind. Auch wenn diese Zahl nicht annähernd an jenen Prozentsatz von 50,4% heranreicht, der im Gesamtbestand der Thüringischen Fürstentümer auf Glocken des 19. Jh. fällt, so wird doch das gleiche Phänomen deutlich: Die Gemeinden besaßen in jener Zeit die nötigen Mittel, um Glocken in großer Zahl gießen zu lassen, wobei die Tendenz zu beobachten ist, gleich das gesamte, aus unterschiedlicher Zeit stammende Geläut bei Abgang einer Glocke komplett zu erneuern.123) Das wird sicher auch dem neu erwachten Streben wider Renaissance und Barock nach vaterländischer, d.i. romanisierender oder gotisierender Form geschuldet sein, das sich auf den Glocken im Gebrauch der deutschen Sprache und der neo-gotischen Minuskel äußert. Die technischen Voraussetzungen schufen Nähe und Attraktivität der Glockengießerei Ulrich/Schilling in Apolda (und Laucha), die für die thüringisch-sächsischen Gebiete die beherrschende Produktionsstätte wird.124)

[Druckseite XXXVIII]

Bei den zwischen 1830 und 1914 neu gegossenen Glocken sollte man eine kopiale Überlieferung der Inschriften auf den Vorgänger-Glocken in den Kirchen- und Ortschroniken erwarten, deren Führung den Pfarrern der Sächsischen Herzogtümer seit 1825 zur Pflicht gemacht worden war. Leider ist dies nur ganz selten erfolgt. In der Regel finden sich wohl Vermerke über Umguß oder Abgabe, nicht aber die Inschriften mitgeteilt. So bleibt die Überlieferung solcher Glockentexte eher eine Sache des Zufalls.

Für den Bestand an Glocken um Jena herum erwies sich die Beschlagnahme des Jahres 1917 verhängnisvoller als diejenige von 1940.125) Es sollte von jedem Geläut nur eine – in der Regel die kleinste – Glocke für die Zwecke des Gottesdienstes auf den Türmen belassen werden. Für kunsthistorisch wertvolle Stücke war dagegen der sog. “Schutzschein C” anzuwenden und ein Verbleib der Glocken in den Gemeinden zu garantieren. Die Konsequenz, mit der Schutz oder Abgabe der Glocken betrieben wurde, lag wohl auch bei den Gemeinden und ihrem Engagement selbst. Anders ist es nicht zu erklären, daß das vorreformatorische Vierer-Geläut in Kahla erhalten blieb, während das nicht weniger wertvolle Dreier-Geläut von Wenigenjena bis auf eine, die kleinste, Glocke abgegeben worden ist.126) Der Vernichtung fielen mehr als zehn Glocken des alten Bestandes anheim.127) Dabei wurden natürlich als nicht schützenswert auch jene Glocken angesehen, die, im 19. Jh. gefertigt, Zier und Inschrift ihrer Vorgängerglocke übertragen bekommen hatten, wie etwa die Kryptogrammglocke in Ziegenhain (Nr. 15).

Die einsam auf dem Turm verbliebenen Glocken sind nach dem Ende des Krieges, als viele Gemeinden vordringlich an die erneute Vervollständigung der Geläute gingen, häufig zur Anschaffung von Hartstahlgußglocken in Zahlung gegeben worden, zumal das unterschiedliche Material einem harmonischen Zusammenklang von alten und neuen Glocken nicht dienlich war. Es verdient daher Erwähnung, daß man in Ammerbach und Zimmern die kostbaren Bronzeglocken im Kirchgebäude aufstellte (Nrr. 11, 83) und die verbliebene Glocke aus Wenigenjena (Nr. 22) in das Jenaer Stadtmuseum gab.

Der II. Weltkrieg ließ den Bestand an Bronzeglocken nochmals schwinden. Zwar sind Verluste von Glocken auf den Türmen selbst durch Kriegseinwirkung nicht bekannt,128) doch von der totalen Beschlagnahme des Jahres 1940 wurden wiederum fast alle Gemeinden betroffen. Es waren diesmal vor allem die späten Glocken aus dem 17.-20. Jh., die als sog. A- Glocken der sofortigen Verhüttung am Ort anheimfielen (von den früheren wohl Nr. 136, vielleicht auch Nr. 317), während die B- und C- Glocken zwar abgehängt, zunächst aber zurückgestellt und auf dem großen Glockenfriedhof in Hamburg gelagert wurden. Aus den Unterlagen des Glockenarchivs129) geht hervor, daß zwei Glocken (Nrr. 76, 117) als [Druckseite XXXIX] Kategorie B und drei Glocken (Nrr. 159, 299, 337) als Kategorie C dieses Schicksal hatten, aber nach 1945 unbeschadet den Gemeinden zurückgegeben werden konnten. Hinzu kamen zwei profane Glocken (Nr. 209 und eine inschriftlose vom Rathaus in Kahla, vgl. Nr. 159a), die bis dahin in den Kunstinventaren nicht erfaßt waren; demgegenüber finden sich aber hie und da auch Nachrichten darüber, daß bestimmte Glocken abgeliefert und vom Glockenfriedhof zurückgekehrt seien,130) die in den diesbezüglichen Akten des Glockenarchivs nicht erfaßt sind.

So erscheint es wie ein Wunder, daß sich in der Stadtkirche St. Margarethae zu Kahla ein vorreformatorisches Vierer-Geläute mit Glocken von 1415(?), 1470, 1509 und 1516 (Nrr. 31, 49, 106, 122) erhalten hat.131) Ein weiteres Geläute im benachbarten Orlamünde besteht neben zwei Glocken aus dem 14. Jh. und von 1582 (Nrr. 8, 202) aus zwei Bronzeglocken von 1697 und 1822. An Zweier-Geläuten aus der Zeit vor 1650 sind zu nennen: Golmsdorf (Glocken von 1522 und 1557, Nrr. 131 und 159), Großeutersdorf (von 1506 und 1582, Nrr. 102 und 196) und Reinstädt (von 1476 und 1592, Nrr. 53 und 228).

 

Am Beginn der mit Inschriften versehenen Glocken steht diejenige aus Zwabitz, Nr. 3, aus dem 13. Jh. (?), die in jeder Hinsicht ein Einzelstück ist – sowohl in der Wahl des Spruches Io. 1,14: Verbum caro factum est et habitavit in nobis,132) als auch in der Ausführung der Schrift: Der Gießer hat die Lettern rechtsläufig in den Mantel der Gußform eingeritzt, so daß sie auf der Glocke spiegelverkehrt erscheinen.

Gewisse Aufmerksamkeit haben in der Umgebung Jenas gehäuft auftretende Majuskel-Glocken mit Kryptogrammen erfahren. Bereits Bergner hatte zwei Gruppen dieser Glocken unterschieden. Es gehören die Glocken in Ammerbach, Großkröbitz, Lehesten, Oßmaritz und Ziegenhain (Nr. 11-15, davon Nr. 13 und Nr. 15 nicht mehr erhalten) einerseits und die durch ein Wappen mit zwei Sicheln ausgezeichneten Glocken von Nennsdorf, Jenalöbnitz und Wenigenjena (Nr. 17-19, die letztere verloren) andererseits zusammen. Beide sind Gegenstand einer Interpretation durch F. H. Schlippe geworden,133) die leider noch nicht die nötige Zurückweisung gefunden hat, obwohl sie die Grundlagen des Faches mißachtet.

Schlippe hat keine der Glocken selbst gesehen; die Reihenfolge der Buchstaben, so wie sie ihm recht dünkt, stellt er sich aus Wettes, Lehfeldts und Bergners Abschriften zusammen. So will er auf der Glocke von Ammerbach, Nr. 11, den zweiten Buchstaben (um 180° gedrehtes F) als A lesen, und bemerkt zum 15. Buchstaben (A in der gerundeten Form), den Wette und Bergner in der Tat für A hielten: “Er sieht aus wie ein Hufeisen, über das quer ein Nagel gelegt ist, Nagelkopf bei 11 Uhr. Wir räumen ein, daß wir dieses Zeichen in einem anderen Zusammenhang auch so deuten würden, hier aber schließt die Anwesenheit des anderen altertümlichen A unseres Erachtens diese Deutung sicher aus. Die Legende erfordert an dieser Stelle ein N.” Welchen Wert soll eine Interpretation haben, die den Zusammenhang bereits vorher weiß und mit “Legende” nichts anderes als einen vorgefaßten Wortlaut meint? In derselben Weise wird denn auch über den 17. Buchstaben (Wette: C, Bergner: G) geurteilt: “Beide Lesarten sind möglich, wir entscheiden uns für das in den Text besser sich einfügende C“.

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Aber auch so scheitert er noch an der Abfolge der Lettern. Deshalb führt Schlippe ein merkwürdiges Konstrukt ein: den “Sammelbuchstaben“. Das ist ein Buchstabe, der neben sich selbst in einem seiner Teile noch einen weiteren beinhaltet, den es zu extrahieren gilt. Als “typischer Sammelbuchstabe” wird das unziale E erkannt, in dessen seitlichem Abschlußstrich sich ein I verberge – “Die endgültige Legende der Inschrift wird lehren, daß dem I der erste Platz gebührt und das E ihm nachgeordnet ist” –; und das um 180° gedrehte E an 9. Stelle wird gelesen “als 'Sammelbuchstabe' DE, diese Reihenfolge durch die endgültige Legende der Inschrift gesichert.” Ein solcher “Sammelbuchstabe” öffnet, wie man leicht einsieht, der interpretatorischen Willkür Tür und Tor.134)

Nicht nachvollziehbar ist auch das weitere Verfahren, nachdem die Lesung der Buchstaben gewonnen ist. Aus R A M A IE V A T DE S T O R P N R C I entsteht durch eine nicht näher begründete “Gliederung”: RA MA IE IVA T DES T OR P N R CI, und daraus der “Text” r(everend)a ma(ter) Ie(sus) iu(v)a, t(e) de(u)s t(enet), o(ra) p(ro) n(obis) r(egina) c(oel)i. Dabei gibt es keinerlei Regel in der Auflösung der Abbreviaturen, die als Kontraktionskürzung r(everend)a, dann wieder als Suspensionskürzung mit einem r(egina) oder auch zwei Buchstaben ma(ter) verstanden werden. Was noch verbleibt, sieht sich einem “Abhorchversuch” ausgesetzt, der zu Formen wie DE(V)S und IV(V)A führt. Die ganze Willkürlichkeit des Verfahrens zeigt sich darin, daß ein einzelnes T sowohl te als auch tenet gleichermaßen bedeuten soll;135) ganz abgesehen von dem merkwürdigen Ausdruck te deus tenet, für den die Übersetzung “Dich beachtet Gott” angeboten wird.

Zu neuen Schwierigkeiten führt die Annahme einer metrischen Bindung dieser Senzenten. Um Hexameter bzw. Distichen zu erhalten, werden nicht nur ganze Wörter ergänzt (“Nimmt man an, daß zwischen Iesus und iuva dabei noch ein hoc tempore ausgefallen ist” usw), sondern alle Regeln der Metrik mißachtet. Wenngleich hexametrischen Versfüßen wie réverénda matér (⏑ ⏑ – ⏑ – ⏑) oder té deús (– ⏑ –) ein “nicht ganz korrekt” zugebilligt wird, kann man tatsächlich in den entstandenen Texten überhaupt keine Verse erblicken.

Schlippes Bemühungen gemahnen eindrücklich, sich gerade bei frühen und “kryptischen” Texten der Grundlagen der Inschriftenkunde bewußt zu bleiben. Man muß daran erinnern, daß die Epigraphik seit ihrer Begründung als Wissenschaft durch Boeckh und Mommsen nicht nur die Erfassung der Inschriften in Corpora vorangetrieben, sondern auch ein methodisches Instrumentarium entwickelt hat, das der erwähnte “Interpretationsversuch”136) durchaus vergißt. Bereits K. Köster hat die Deutungen als “weithin problematisch” bezeichnet.137) Wenn diese jetzt bereits in einer repräsentativen Auswahl-Bibliographie zur thüringischen Geschichte138) zitiert werden, ist es geboten, sie deutlich als wissenschaftlich nicht haltbar zurückzuweisen.139)

Kehren wir zu den Inschriften selbst und dem obersten Gebot der Autopsie zurück! Festgestellt werden konnte das Alphabet des als “Jenaer Kryptogrammist” bezeichneten Meisters, der offenbar mit Modeln arbeitete. Damit steht die Lesung aller Kryptogramm-Glocken, [Druckseite XLI] soweit sie im Original erhalten sind, fest und ist kein Spielraum für wahlweise Identifizierungen der Lettern gegeben. Zwei Buchstaben hat der Gießer durch bewußte Drehung der Modeln gewonnen,140) D aus C und T aus G. Andere sind dagegen regelmäßig spiegelverkehrt gegossen, d. h. mit der vollen Absicht des Meisters in dieser Weise aufgebracht worden.

Jener Umstand spricht ebenso wie die stets überlegte, harmonische Anordnung der Buchstaben in regelmäßigen Abständen dagegen, von einer scheinbar einfältigen Auswahl der Typen ausgehend, auf die Unfähigkeit des Gießers zu schließen. Bergner konnte den Nachweis führen, daß dem “Kryptogrammisten” die Glocke von Flemmingen im benachbarten Krs. Naumburg zuzuschreiben ist, die einen fortlaufenden, sinnvollen Text aufweist. Man darf daher annehmen, daß der Gießer sehr wohl seine Inschriften verstand, aber offenbar dort, wo kein anderslautender Auftrag vorlag, seinen eigenen Intentionen folgte und einzelne Buchstaben in freier Reihung zusammenstellte. Es ist müßig zu ergründen, warum er dabei nicht, wie vielleicht naheliegen könnte, die weitaus tiefere und anerkannte symbolische Kraft des ganzen Alphabets141) erstrebte.

Mag dieses non liquet neue Versuche der Entschlüsselung geradezu provozieren, so dürften weitere substantielle Erkenntnisse wohl nur im Fortgang des Inschriftenwerkes bzw. des Glockenatlasses zu gewinnen sein. Denn es ist mit einer sehr weiten Wirkung des Gießers – bzw. der Modeln, deren sich der “Kryptogrammist” bediente – zu rechnen, nachdem Bergner ihm die Majuskel-Glocke in Hirschfeld im Krs. Bad Liebenwerda zuweisen konnte.

Weiterer Forschung bedürfen auch die Reliefs auf den Kryptogramm-Glocken. Mehrere (Nrr. 13, 14, 15; nicht aber Nrr. 11 und 12) zeigen einen Bischof mit Spruchband, auf dem CASPAR + MELCHOR zu lesen ist – eine bislang noch nicht recht gedeutete Darstellung. Mehr Klarheit dagegen besteht bei der Interpretation zweier Pilgerzeichen auf der Ammerbacher Glocke (Nr. 11) und eines weiteren in Großkröbitz (Nr. 12); letzteres ist mit der Wallfahrt zu dem wundertätigen Marienbild in Ziegenhain in Verbindung zu bringen und stellt damit für eine ganze Reihe weiterer Abgüsse auf Thüringer Glocken den historischen Bezug her.142) Dieser fehlt zwar noch immer für die beiden Ammerbacher Pilgerzeichen, doch haben sich von einem der beiden weitere Abgüsse gefunden, und zwar auf Minuskelglocken.143)

Dieses Phänomen macht erneut das Problem der Datierung der Glocken deutlich. Es steht fest, daß eine nähere Fixierung als auf die Zeit des Wechsels von der gotischen Majuskel zur Minuskel, d. h. Ende des 15. Jh., nicht möglich ist, wobei eine Benutzung der einmal gefundenen Buchstabenformen über einen längeren Zeitraum in Betracht zu ziehen ist.144) Genauere Ergebnisse könnte einzig die vollständige Katalogisierung aller frühen Glocken des sächsisch-thüringischen Raumes bringen. So läßt sich die Glocke von Arnshaugk, die einen deutschen Reim in gotischen Majuskeln ausfweist,145) nicht nur dem Gießer der Ave-Maria-Glocke in Orlamünde (Nr. 8) zuweisen: Sie zeigt gleichzeitig in den Lettern Formen des “Kryptogrammisten”, ferner dasselbe Pilgerzeichen (Maria mit Kind) wie in Großkröbitz (Nr. 12); ein zweites, mit dem auf der Minuskelglocke von Schorba (Nr. 78) identisches; und das Relief des Bischofs auf dem Drachen, wie es – allerdings in etwas anderer Form – der Jenaer Gießer auf seinen Glocken verwendet.

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Die Wirkung des “Kryptogrammisten” scheint mit seinen eigenen Werken nicht erschöpft zu sein. So weisen die eben genannte Ave-Maria-Glocke in Orlamünde (Nr. 8) und die späte Majuskel-Glocke in Leutra (Nr. 44) bei allen Unterschieden im Detail doch deutliche Ähnlichkeiten der Schriftformen auf. Die Interpunktion auf der Ammerbacher Glocke – neun ins Quadrat gestellte Punkte146) – begegnet 1450 in Leutra wieder (Nr. 44). Und nicht zuletzt finden wir die Form des Kryptogramms selbst auf einigen weiteren Minuskel- (Nr. 39) und Majuskel-Glocken.

Innerhalb der Majuskelglocken hat bereits Bergner von denen des “Kryptogrammisten” eine weitere Glocke unterschieden. Aber diese hat keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten: Nr. 17 trägt ein Kryptogramm, Nr. 18 einzelne Lettern zwischen plastischen Zeichen, Nr. 19 einen Spruch. Eigen ist diesen drei nur ein Wappenschild mit zwei zur Teilung gekehrten Sicheln, die eine Blüte oder Traube einfassen. Es wird als Wappen der Familie Tümpling aufgefaßt und einem zwischen 1382 und 1411 in Jena genannten Ratsherrn dieses Namens zugewiesen,147) der diese Glocken gestiftet haben soll. Der zeitliche Ansatz mag richtig sein, wie vor allem das Nebeneinander von Majuskeln und Minuskeln auf Nr. 18 unterstreicht; die Identifizierung des Wappens ist aber nicht frei von Zweifeln, und die Zuschreibung an ein und denselben Gießer eher unwahrscheinlich. Die 3,2 cm großen, runden Medaillons der vier Evangelistensymbole auf der Nennsdorfer und der Wenigenjenaer Glocke (Nrr. 17 und 19) finden sich auf einer weiteren Glocke im Lkrs. Jena (Nr. 20) und mehrfach darüber hinaus.

Unter den Glocken des 15. Jh. finden sich zunächst noch solche mit Majuskel-Inschriften,148) von denen eine (Nr. 31) nach der Chronik von 1415 stammen soll, die andere in Leutra (Nr. 44) nach Ausweis der Inschrift von 1450. Auf dieser spätesten datierten Majuskel-Glocke in Thüringen nennt sich zum ersten Mal im Bearbeitungsgebiet149) der Gießer: Hermann Herlin. Erstmals ist auch bei ihm im Werk ein und desselben Gießers ein Wechsel der Schriftform150) nachweisbar: Sein Wappen zeigt an, daß ihm ebenfalls die Minuskel-Glocke von Stiebritz (Nr. 43) gehört. Doch erst am Ausgang des 15. Jh. erscheinen die Namen der Gießer regelmäßig auf ihren Glocken.151)

Für die Glocken der Jahrhundertmitte sind Zuschreibungen an eine Werkstatt schwierig, weil sie aus Schriftform und Inschriftenformular nur selten auch nur wahrscheinlich zu machen sind. So bieten trotz der übereinstimmenden Formel in der ... Ehre bin (han) ich gegossen auf Nrr. 35, 37, 38 und 40 die erhaltenen Nrr. 37 und 40 hinreichende Bedenken [Druckseite XLIII] gegen eine gemeinsame Herkunft. Andererseits hat der Gießer Hans Sinderam, der sich durch ein Schild mit seiner Marke zu erkennen gibt, nicht nur die bekannten gereimten lateinischen Hexameter, die mit dem Namen der Glocke spielen (Nrr. 49, 53, 54) in seinem Repertoire, er gießt auch die volkstümliche Formel hilf got maria berot (Nr. 56, vielleicht auch Nr. 62). Neben dem Einzelstück in Kleinbucha (Nr. 76), das von der schrifttechnischen Unbeholfenheit des Gießers ein hinlängliches Zeugnis abgibt, ist aus dieser Zeit noch eine Glocke mit einer ungedeuteten Inschrift zu nennen (Nr. 78), die die aufgebrachten Pilgerzeichen in einen Zusammenhang mit Glocken in der weiteren Umgebung Jenas zu bringen erlaubten.

Die Glockenlandschaft an der mittleren Saale wird in der Wende zum 16. Jh. durch drei bedeutende Meister beherrscht: Hans Abendbrot152) (vier Glocken von E. 15. Jh. (?) bis 1506, Nrr. 74, 94, 102, 104), der wiederum in enger Beziehung zu dem überragenden Heinrich Ciegler (zwei Glocken von 1509 und 1516, Nrr. 106, 122) stand, wie die Verwendung der gleichen Model für Lettern und Medaillons153) lehrt. Schließlich wirkt der im Osten Thüringens und im Vogtland bekannte, später in Schleiz bezeugte Marcus Rosenberger mit sechs Glocken von 1511–1531 (Nrr. 111, 117, 128, 131, 132, 136) in das Bearbeitungsgebiet hinein. Seine Werke sind sowohl in der Zier (Zinnen- und Bogenfriese, Worte durch Kleeblätter getrennt, am Schlag die vier Worte des Titulus) als auch in der Wahl der Inschriften (O rex glorie ..., mit Erweiterungen, gefolgt von ora pro nobis und Namen der Heiligen) ganz dem Mittelalter zugehörig. Auf die neue Zeit, die Reformation, reagiert er (Glocke von 1531, Nr. 136) mit einem bemerkenswerten Kompromiß: In Minuskeln setzt er neben das alte Glockengebet die Losung der Protestanten und ihres Schmalkaldischen Bundes – v(erbum) d(omini) m(anet) i(n) ae(ternum) –, wenn auch ganz in mittelalterlicher Orthographie: f.d.m.y.e.

Aus den nächsten zwanzig Jahren sind keine Glocken überliefert. Das ist sicher nicht Ergebnis einer gestörten Überlieferung. Die Protestanten hatten mit dem personellen und finanziellen Aufbau ihrer Kirche zu tun, was einschloß, neue Wege bei der Stiftung von Glocken zu finden. Als neue Auftraggeber mußten die evangelischen Gemeinden selbst auf den Plan treten. Zunächst standen ja auch noch die Glocken der aufgelösten katholischen Klöster und Stifte zur Verfügung. So ruhte in der Zeit des Überganges und der fortwährenden Religionskriege der Guß von Glocken für eine Generation. Dieses Phänomen bestätigt sich an Hand der in DI 9 veröffentlichten Inschriften im Krs. Naumburg.154) In den Jahren zwischen 1500 und 1524 werden in kontinuierlicher Folge zehn Glocken gegossen; dann tritt eine Unterbrechung von mehr als 50 Jahren ein, bis 1576 mit Eckart Kucher die Herstellung von Glocken wieder einsetzt.155)

Auch im Krs. Naumburg, der ja nördlich an den Jenaer anschließt, lag die Produktion von Glocken zu Beginn des 16. Jh. in den Händen dreier Meister. Zwei von ihnen – Hans Abendbrot156) und Heinrich Ciegler157) – waren auch um Jena tätig. Der Schleizer Gießer [Druckseite XLIV] Rosenberger dagegen ist mit seinen Glocken nicht bis nach Naumburg vorgedrungen. Dafür wirkte von Halle her Georg Wollgast158) in dieses Gebiet hinein.159)

Ein ganz ähnliches Bild bietet sich, wenn nach der Mitte des 16. Jh. der Glockenguß neu auflebt. Im Lkrs. Jena finden sich zunächst acht Glocken des Erfurter Gießers Eckart Kucher von 1552–1584 (Nrr. 152, 159, 159a, 163, 196, 202, 205, 208), seit 1585 von dem älteren Melchior Moering (sieben Glocken von 1585–1625, Nrr. 209, 213, 223, 228, 230, 231, 253, 299 160), später von dem jüngeren “zu Erfurt in Rudolstadt”161) und weiteren Angehörigen dieser Familie.162) Kucher, die Moering und die Meister aus der Familie König163) wirkten in der Stadt Erfurt, und, soweit in den Inschriften ausgewiesen, sind alle nachreformatorischen Glocken bis 1636 dort gegossen worden.164) Die Tradition dieser Stadt auf dem Gebiet des Metallgusses reicht jedoch länger zurück; mit den Erfurter Meistern Ciegler und Abendbrot wirkten bereits am Ende des 15. Jh. zwei Gießer weit über die Grenzen der Stadt nach Ostthüringen. Mit dieser führenden Rolle war es in der Mitte des 17. Jh. vorbei. Im Jahre 1636 erweiterte Melchior Moering (d. J.) seinen Namen um den Zusatz “von Erfurt zu Rudolstadt“. Die Gründe für den Wechsel des Gußortes mögen in der zweimaligen schwedischen Besetzung Erfurts in den Jahren zwischen 1631 und 1650 liegen. Mit Hans Berger (fünf (?) Glocken von 1638–1648, Nrr. 323, 327, 331 (?), 336, 337), der in den letzten Jahren des 30jährigen Krieges alle Glocken im Bearbeitungsgebiet schuf, beginnt die Geschichte des Glockengusses in Weimar.165)

Auch im Krs. Naumburg sind es in dem Jahrhundert von 1550 bis 1650 nur wenige Gießer, die den Bestand an Glocken gestalteten: Eckart Kucher,166) Melchior Moering,167) Hermann König168) und Hans Berger169) sind ebenfalls im Jenaer Kreis bekannt; hinzu kommt ein in Naumburg selbst ansässiger Meister, Hans Müller,170) der aber nicht weiter nach Süden wirkt. Der Einfluß der Erfurter Gießer des 16./17. Jh. erstreckt sich gleichermaßen über die beiden Territorien von Jena und Naumburg, so daß man von einer einheitlichen Glockenlandschaft sprechen kann.

Gemeinsam ist beiden Gebieten auch die Entwicklung der Inschriften auf den Glocken. Es stehen sich Inschriften, die in schlichter Weise das Jahr des Gusses und den Namen des Meisters mit einem kurzen Spruch kombinieren, und solche, die hierzu noch die Namen [Druckseite XLV] der Notablen aufführen, gegenüber. Letzteres wird, wie es scheint, im 17. Jh. die Regel,171) kommt aber auch schon im späten 16. Jh. gelegentlich vor.172) Im allgemeinen sind die Namen nicht in den Glockenspruch eingebunden (Ausnahme: Nr. 326), sondern werden asyndetisch – zumeist am Schlag – verzeichnet. Demgegenüber sind Kuchers und Moerings Inschriften in der 2. Hälfte des 16. Jh. geradezu stereotyp. Offenkundig waren die Gießer von den Gemeinden und ihren Honoratioren173) in jenen Fällen nicht auf einen bestimmten Text verpflichtet worden, und die Meister begnügten sich damit, sich selbst auf ihrem Werk zu nennen.

4.4. Inschriften auf liturgischem Gerät

Unter den Kelchen sind fünf mit Inschriften in gotischer Majuskel erhalten: Nrr. 7, 9, 10, 16 und 23. Ein sechster (Nr. 26) ging in jüngerer Zeit verloren. Ein einziger, Nr. 9, weist eine Stiftungsinschrift auf; die darin genannten Personen erlauben eine Datierung um 1350. Bei den anderen bleibt die absolute Datierung problematisch. Die Kelche sind oft überarbeitet und durch Teile aus späterer Zeit ergänzt worden (besonders deutlich Nr. 10). Was die Schrift anlangt, so zeigen die wenig signifikanten Buchstaben keine wesentliche Wandlung in den Formen; aber selbst die Unterschiede in den Details erlauben keine zeitliche Eingrenzung, weil vergleichbare datierte Inschriften aus dieser Zeit im Bearbeitungsgebiet und auch darüber hinaus überhaupt selten und in der Regel nur auf Stein zu finden sind.174) Hinzu kommt, daß für einige Kelche (Nrr. 16 und 23) die Verwendung von Metallbändern festgestellt werden konnte, in die mit Modeln ein oder mehrere Worte mehrfach hintereinander eingestanzt worden sind; von diesen Streifen wurde nach Bedarf ein durch den Umfang des Stilus bemessenes Stück abgeschnitten und aufgelötet. Es ist klar, daß ein solches Verfahren keinen Bezug mehr zu der allgemeinen Schriftentwicklung hatte und Rückschlüsse auf die Entstehungszeit der Gefäße eigentlich nicht mehr möglich sind.175) Die durchweg geschlossenen Formen der Buchstaben, die starken Schwellungen der Hasten usw. erlauben nur die Datierung allgemein in das 14. Jh.; eine engere Begrenzung ist aus den Schriftformen heraus unmöglich. Wenn dennoch absolute Datierungen – immer unter Vorbehalt – gegeben werden, so wollen sie nur den Eindruck eines “wahrscheinlich älter” bzw. “wahrscheinlich jünger” im Vergleich zum Geunitzer Stifterkelch umsetzen.176)

Die spätgotischen Kelche sind alle nach einem mehr oder weniger festen Typus gestaltet: runder Fuß mit aufgelegtem Kruzifix, runder Stilus, wulstiger und mit Maßwerk verzierter Nodus, glatte und becherförmige Kuppa. Den Inschriften sind die Umläufe ober- und unterhalb [Druckseite XLVI] des Nodus sowie die Rotuli177) vorbehalten. Die Texte sind stereotyp; für die sechs Rotuli in der Regel der durch ein h auf sechs Buchstaben erweiterte Name ihesvs. Bei dem auf 1466 datierten Kelch im Lutherhaus Jena (Nr. 47) begegnet erstmals die Sechspaßform des Fußes, der entsprechend auch der Stilus sechseckig gestaltet wird. Beide Formen – die runde (Nrr. 41, 42, 61, 71, 72, 73) und die sechseckige (Nrr. 47, 70, 91, 92, 93, 105, 134) – existierten nebeneinander, wie der 1490 entstandene runde Kelch in Zöllnitz (Nr. 61; die Inschrift unter dem Fuß war bislang unbekannt) beweist. Dennoch kann es kein Zufall sein, daß sich Inschriften in frühhumanistischer Kapitalis nur auf Sechspaß-Kelchen finden (Nrr. 91, 92, 93, 105), die mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer gemeinsamen Werkstatt stammen und von denen einer (Nr. 105) durch einen eingeritzten Vermerk unter dem Fuß auf 1507 datiert ist.

Aus den folgenden siebzig Jahren haben sich keine Kelche erhalten. Erst 1579 arbeitete der Goldschmied B.M. unter Beibehaltung der Sechspaß-Form den in den Schmuckformen ganz der Renaissance verpflichteten Kelch in Golmsdorf (Nr. 192); derselbe Meister konnte als Schöpfer eines weiteren Kelches (Nr. 219, 1589) erwiesen werden. Der gotische Typus des Kelches hat sich also nicht, wie in anderen Gebieten, bis in das 17. Jh. hinein erhalten, sondern ist durch Renaissance-Formen ersetzt worden.178) Weitere Kelche in dieser aufwendigen Gestaltung sind – sieht man von dem nicht im Bearbeitungsgebiet entstandenen Prunkkelch Nr. 295 und dem Pokal des Nürnberger Meisters Elias Lencker (Nr. 194) ab, die nicht als liturgisches Gerät geschaffen worden sind – nicht überliefert. Von schlichter Form ist ein Kelch in Hainichen (Nr. 243, 16. Jh.). Bei all diesen nachreformatorischen Gefäßen zeigt sich, daß man die üblichen Plätze für Inschriften nicht durch solche neuen Geistes ausfüllen wollte oder konnte; sie verlieren ihre Bedeutung. So werden die Umläufe über und unter dem Nodus mit floralen Motiven und Beschlagwerk verziert,179) die Rotuli tragen keine Einzelbuchstaben mehr, die fortlaufend gelesen werden müßten, sondern abwechselnd Ornamente und Initialen sowie Jahreszahlen. Der weiteren Entwicklung, die auf die regelmäßig gewünschte Dokumentation der Stiftung180) des sakralen Gefäßes hinauslief, fielen schließlich die epigraphische Tradition und die überkommene Form überhaupt zum Opfer. Die 1634 von Herzog Bernhard für verschiedene Gotteshäuser der Umgebung Jenas gestifteten Kelche (Nrr. 312, 314) verzichten auf Rautenwürfel, der Stilus ist mit Ornamenten verziert. Die Stiftung selbst wird in einer auf dem Sechspaß-Fuß verlaufenden Inschrift bezeugt.

Auch die Patenen, wenngleich viel geringer an Zahl, lassen eine ähnliche Entwicklung erkennen. Die Spruchinschriften (Nr. 24) werden im 17. Jh. endgültig durch Stifterinschriften (Nrr. 311, 313, 315, ebenfalls 1634 von Herzog Bernhard Dörfern der Umgebung Jenas vermacht) abgelöst.

Aus dem späten 16. und dem 17. Jh. haben sich einige Kannen erhalten, die zunächst nur Gießermarken und Jahreszahl (Nr. 181, 1576; Nr. 225, 1591), später Stiftungs- (Nr. 270, 1610; Nr. 332, 1638; Nr. 339, 1649; Nr. 341, 1650) und Besitzvermerk (Nr. 333, 1645; Nr. 340, 1650) [Druckseite XLVII] aufweisen. Von kulturhistorischem Interesse ist eine Kupferflasche (Nr. 180, 1575), die bei den jährlichen Flurumzügen der Gemeinde Lichtenhain zum Umtrunk diente.

4.5. Werkstätten und Meister

Die kunsthistorische Forschung Thüringens hat für das 16. und 17. Jh. wohl die großen Linien der Entwicklung und die wichtigsten Namen herausgearbeitet.181) Die Inschriftenaufnahme zeigt dagegen, daß abseits der bedeutenden Städte und Residenzen noch wenig bekannt ist, ja daß die epigraphische über weite Strecken auch eine kunsthistorische Inventarisation ist. Wenngleich in dem vorliegenden Band nur wenige Zuschreibungen an bereits bekannte und noch weniger an bislang unbekannte bildende Künstler gelangen – ein Zustand, der sich mit der Bearbeitung der benachbarten Landkreise sicher ändern wird –, so konnten schließlich auch mehrere noch anonyme und in dem Umfang ihrer Wirksamkeit unbestimmte Werkstätten ausgemacht werden.

Die bekanntgewordenen Glockengießer sind bereits an anderer Stelle (oben Kap. 4.3) behandelt worden. Bei den mittelalterlichen Grabdenkmalen zeichnet sich eine am Anfang des 16. Jh. florierende, offenbar lokale Werkstatt ab, in der um 1512 die fünf frühesten, zum Teil als Gedächtnismale konzipierten Grabplatten Nrr. 112-116 in der Schenkengruft zu Frauenprießnitz hergestellt wurden. Die unbeholfenen, flachplastischen Darstellungen stammen von einem Steinmetzen unbekannten Namens, der nicht nur die vier Grabplatten in Beutnitz (Nrr. 99, 1505; Nr. 101, 1506) und Zwätzen (Nrr. 101, 108, 1509) schuf, sondern – der Schrift nach zu urteilen – auch Bauunternehmungen an den Kirchen in Zwätzen (Nr. 119, 1513) und Magdala b. Weimar (1516) dokumentierte. Mit Namen wird von den mittelalterlichen Baumeistern nur der an der Wallfahrtskirche in Vierzehnheiligen tätige Dittrich Pain genannt (Nr. 46, 1464).

Unter der vorreformatorischen Ausstattung der Kirchen im Lkrs. Jena fallen besonders die Schnitzaltäre auf182), von denen eine ganze Reihe mit Inschriften183) versehen wurden. Obwohl auch hier kein Name fällt, weder von Schnitzern noch von Malern, ist für die Altäre von Hummelshain (Nr. 63, 1491) und Ammerbach (Nr. 97, 1504) die Herkunft aus der bedeutenden Saalfelder Werkstatt sicher. Bei dem Altar in Maua (Nr. 120, um 1513?) wird an eine Herkunft aus Altenburg gedacht. Unklar ist die Provenienz des kleinen Schreines in Altengönna (Nr. 110, mit einer vergleichsweise für das Bearbeitungsgebiet untypischen Fürbitte an die hl. Anna Selbdritt) und des Zwätzner Altars, der auf 1517 datiert ist (Nr. 125). Der späte Altar in Dienstädt schließlich (Nr. 133, zwischen 1520/24?) ist in Zwickau entstanden, zu einer Zeit, da die Altarwerkstätten in Jena,184) von der sich in der engeren Umgebung der Stadt selbst kein Werk erhalten hat, und in Saalfeld zum Erliegen gekommen waren.

Importiert (aus Böhmen?) sind offenbar auch die – neben einem Fragment aus Maua (Nr. 80) – einzigen erhaltenen mittelalterlichen Glasscheiben von 1517 in Altendorf (Nr. 124), wie bestimmte Namensformen in den Inschriften nahelegen.

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Spärlich bleiben auch für die nachreformatorische Zeit die in den Inschriften überlieferten Namen bildender Künstler. Lokale Steinmetzwerkstätten hat es sicher in größerer Zahl gegeben, wenngleich man ihre Leistungsfähigkeit nicht zu hoch veranschlagen darf. Zwei Meister können hier erstmals nachgewiesen werden: ein Meister Nikolaus Lippert von Rothenstein wird auf einer erst 1981 an der Kirche zu Stiebritz aufgedeckten Inschrift genannt, wohl der Baumeister eines Umbaues unbekannten Umfanges dieser Kirche; und Günter Otte, der sich 1604 mit vollem Namen (Nr. 254), sonst gelegentlich mit Initialen (Nr. 177) nennt und dem aufgrund seines Steinmetzzeichens neben einigen, z.T. einfach verzierten Schrifttafeln an Häusern der Umgebung Jenas (Nrr. 177, 254), auch Torbögen (Nrr. 250, 251, 258) und eine das Hauszeichen (springender Hirsch) im Relief repräsentierende Tafel in Jena185) zugeschrieben werden können. Durch eine Kanzel in Kahla (Nr. 154, 1554) schon länger dem Namen nach bekannt ist der artifex Konrad Polz, von dem sonst nichts überliefert ist. Schließlich stehen in den benachbarten Orten Rothenstein und Ölknitz zwei Taufsteine (Nr. 176, 1570; Nr. 182, 1576) mit den Initialen H.P., unzweifelhaft das Werk ein und desselben Steinmetzen.

Es ist zu fragen, ob diese und andere lokale Werkstätten in der Lage waren, die aufwendigen, mit dem Bild des Verstorbenen und Wappen ausgestalteten Grabplatten zu schaffen, die sich verstreut in den Dörfern des Lkrs. Jena finden und von denen einige jeweils gemeinsamer Herkunft sind: so Nr. 215 (1588) und die von den Bearbeitern neu entdeckte Grabplatte Nr. 236 (1597) in Orlamünde, ferner Nrr. 149 und 150 (1551) in Frauenprießnitz. Von anderen wiederum gibt es Parallelen in den angrenzenden Gebieten, so zu Nr. 171 (1569) bzw. zu Nr. 285 (1618) im Krs. Naumburg. Der gelegentliche Besuch der Gegend um Triptis (Vogtland) brachte die Erkenntnis einer weiten Verbreitung der Grabplatten des Typs wie Nr. 234 (1597) in der Gruft der Schenken. Mit Sicherheit kann aber nur bei den Grabplatten des Schenken Burkhard zu Tautenburg und seiner Frau (Nrr. 262, 263, 1605) eine außerthüringische Provenienz (Melchior Brenner, Dresden?) behauptet werden. Nicht belegt werden konnte ein Ausstrahlen der für die bzw. in der Stadt Jena tätigen Werkstätten, von denen zwischen 1550 und 1650 mindestens vier zu unterscheiden sind,186) auf das Umland, sieht man einmal von den “Importen” Nrr. 298 und 306 ab, die für die Familie eines Professors an der Salana, der gleichzeitig Grundbesitzer in Großlöbichau war, geschaffen wurden. Hierbei muß man freilich berücksichtigen, daß im Lkrs. Jena die Herstellung von Grabplatten mit dem Beginn des 30jährigen Krieges fast zum Erliegen kam, während in der Stadt kein Rückgang der Produktion zu verzeichnen ist.

Von den auf Holz oder Leinwand gemalten Gedächtnisbildern haben sich nur wenige erhalten: einfache Tafelbilder (das früheste: Nr. 187, 1577), im 17. Jh. gelegentlich von Holzarchitektur eingefaßt (Nrr. 272, 310, 329). In Lobeda ist eine ganze Serie von derartigen Bildern eines unbekannten Malers überkommen (Nrr. 187, 199, 200, 201). Doch außer Initialen (Nr. 241, 2. H. 16. Jh.: H.F.; Nr. 272, 1612: FSP(?); Nr. 310, 1634: H AH B) ist nur ein Name überliefert: Andres Ahammer (Nr. 211, 1585), der wohl als Maler des Bildes, nicht als Stifter anzusprechen ist. Ferner besorgte ein sonst unbekannter Friedrich Wilhelm Franck nach einer jetzt nicht mehr vorhandenen Inschrift im Jahre 1615 die Bemalung des Kanzelkorbes in Kahla (Nr. 280).

Bislang nicht erkannt war schließlich der Meister der vier gußeisernen Platten vom Ofen in der ehemaligen Herrschaftsloge der Kirche von Altenberga (Nrr. 147, 148), auf 1551 datiert: Philipp Soldan, der bedeutendste hessische Formschneider des 16. Jh.

Zitationshinweis:

DI 39, Landkreis Jena, Einleitung, 4. Inschriftträger und Inschriftarten (Luise und Klaus Hallof), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006e001.

  1. Mit 67 (= 19,3% des Gesamtbestandes) sind weniger Grabinschriften überliefert als Inschriften auf Glocken (74). »
  2. Vgl. F. Rädle, Epitaphium – zur Geschichte des Begriffs, in: Epigraphik 1988. Referate und Round-table-Gespräche der Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik Graz, Wien 1990 (Österreich. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Klasse, Denkschriften, 213), 305–310. »
  3. Zuerst A. Seeliger-Zeiss, DI 25 (Lkrs. Ludwigsburg), Einleitung, S. XXX-XXXII; dies., Grabstein oder Grabplatte? Anfragen zur Terminologie des mittelalterlichen Grabmals, in: Epigraphik 1988 (s. Anm. 73), 283–291 [hierzu Beiträge von G. Schmidt, a. O. 293–304, und E. J. Nikitsch, a. O. 311–312]; zuletzt E. J. Nikitsch, DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach), Einleitung, S. XXIV-XXVI»
  4. So sind im Lkrs. Jena in den Jahren 1991 und 1992 die Grabplatten in den Kirchen zu Reinstädt, Ziegenhain und Zwätzen gehoben worden; im Boden, aber auch schon lange nicht mehr über den Gräbern liegen noch Nrr. 165, 190 und 298»
  5. Dies ist bei einer Art “Informationsteilung” zwischen den beiden Grabmalen der Fall, bei der der Inschrift auf dem Grabstein die Lebensdaten vorbehalten bleiben, die auf dem Epitaph fehlen. Am ehesten würde man aus den Eigenheiten der Epitaph-Inschrift auf die Existenz eines (nicht erhaltenen) Grabsteins bei Nrr. 166 und 241 schließen wollen. »
  6. Weggelassen wird der Todestag (in Nrr. 96, 99, 101, 112-116). Das befremdet zunächst, war doch dieser zur Feier des Totengedächtnisses weitaus wichtiger als das Todesjahr, auf das z. B. die Inschriften des 12./13. Jh. regelmäßig verzichten. Doch war im 15./16. Jh. für die Fixierung des Todestages anderweitig gesorgt, wie die zahlreich erhaltenen handschriftlichen Mortuologien aus dieser Zeit beweisen. Für den in der Umgebung Jenas ansässigen Adels ist von besonderer Bedeutung das vor 1368 angelegte, bis in das 16. Jh. hinein fortlaufend ergänzte Mortuologium des Jenaer Dominikanerklosters, UB Jena III, S. 222–251. »
  7. Nr. 58: hi begraben; Nr. 67: hic – – – sepultus»
  8. Diese Erweiterungen begegenen auf den fünf frühesten Grabplatten in der Schenkengruft zu Frauenprießnitz. Es handelt sich um eine Serie von fünf gleichgestalteten Grabmonumenten, die zum Teil für schon verstorbene Glieder der Schenken-Familie lange postum angefertigt worden sind. Hier werden die weiblichen Namen nur asyndetisch und ohne Todesdatum vor die Invokation gesetzt. Dagegen erhalten der Stifter dieser Gedächtnismale und seine Frau, zu dessen Lebzeiten das Erbbegräbnis angelegt wurde, zwei separate Grabinschriften auf einem Stein (Nr. 116). »
  9. DI 33, Einleitung, S. XLV-IL»
  10. In knappster Form Nr. 165, in überraschender Weise zu dem klassischen diem suum obiit erweitert in Nr. 191 (vgl. DI 33, Nrr. 124, 193, 241, 243). In Nr. 190 liegt vielleicht eine nach dem Vorbild antiker Inschriften abgekürzte Wendung für die Stiftung des Grabmals vor. »
  11. Lebenszeit nicht angegeben: Nrr. 143, 144, 149, 150, 165, 190 (?), 195 (?), 215, 218, 240, 246, 262, 263 (?), 279 (?), 290 (?), 292, 325; bis auf das Jahr genau: Nrr. 146, 171, 175, 191, 234 (?), 236, 285, 291; bis auf den Tag genau: Nrr. 214, 221, 286, 298, 306»
  12. Luther, In epistolam S. Pauli ad Galatos commentarium [1531], 1535 (Werke, Bd. XL 1 (1911), 548: vulgus libentius videt ein gemald Bild quam bene scriptum librum et libenter audiunt fabulam (“Die Menge sieht sich lieber ein gemaltes Bild als ein schön geschriebenes Buch an und hört gern eine Geschichte”). »
  13. Vgl. J. Harasimowicz, Scriptura sui ipsius interpres. Protestantische Bild-Wort-Sprache des 16. und 17. Jh., in: Text und Bild, Bild und Text, hrsg. von W. Harms (Stuttgart 1988), 273–275. »
  14. Vgl. z. B. DI 33, Nr. 144»
  15. Um die Mitte des 17. Jh., mitunter schon früher, wird in mehreren Städten Thüringens mit einer Galerie aller Superintendenten und ersten Pfarrer begonnen. In Jena ist das früheste derartige Porträt das des Johann Gerhard, gest. 1637, DI 33, Nr. 248»
  16. Ähnlich wird Nr. 330 (1640) das Gemälde – der Verstorbene und seine Familie vor dem Kruzifix – als Contrafractur im 38. Lebensjahr (weitere Daten fehlen) bezeichnet, und erst das hinzugefügte weiland und die angezogenen Sprüche lassen es als Epitaph erkennen. »
  17. Sie kennzeichnen die unmittelbar am Fuß des Gebäudes auf dem Kirchhof gelegenen Grabstätten. Daß dies eine in der Tat für Thüringen ungewöhnliche Form ist, beweist u. a. der Umstand, daß man Nr. 245 als Bauinschrift aufgefaßt hat. »
  18. Steinerne Flurdenkmale in Ostthüringen (Bezirk Gera), bearb. von H. Deubler/R. Künstler/G. Ost, Gera o. J. [1978]. »
  19. Vgl. das gesamte Material bei Störzner 1988. »
  20. Nrr. 1, 2, 6, 29, 30, 34, 36, 46, 48, 50, 52, 77, 98, 100, 103, 119, 123»
  21. Nr. 28 (Kemenate), Nr. 35 (Burggebäude), Nr. 121 (Domänengebäude). »
  22. Unklar ist der originale Sitz der nicht überlieferten Inschrift Nr. 129»
  23. Z. B. Nrr. 30, 34; an Strebepfeilern wurde in der Regel der oberste Quader, der unter der vorkragenden Schräge sitzt, für die Inschrift verwendet (Nrr. 48, 77). »
  24. Ausführung in erhabener Schrift: Nrr. 2 (M. 13. Jh.), 29 (1411), 30, 34, 36, 48, 51, 52, 59, 64, 77, 98 (1504); in eingetiefter Schrift: Nrr. 6 (1347), 46, 100, 103, 119, 123 (1517). »
  25. Interessant ist Nr. 46 von 1464 deswegen, weil hier eine lateinische Bauinschrift des üblichen Typs durch zwei deutsche Sätze erweitert wird, die die Namen des Stifters (Hz. Wilhelm III.) und des Baumeisters in einer parallelen Konstruktion hinzusetzen. »
  26. Vgl. DI 33, Einleitung, S. XXXIX»
  27. Wie DI 33, Nr. 42»
  28. Vgl. DI 33, Nrr. 10, 11, 16, 25, 44, 68»
  29. Vgl. Mertens 1982, 22–24. »
  30. Unklar ist die Bedeutung des tympanonartigen, mit dem Relief eines Kopfes verzierten Steins Nr. 138, der sich jetzt – sicher nicht am ursprünglichen Ort – in der Mauer der Kirche zu Drößnitz befindet. »
  31. Für die liturgische Ordnung der Evangelischen waren Altar und Kanzel von besonderer Bedeutung. Vielfach wurden Kanzeln, den Bedürfnissen des Wortgottesdienstens entsprechend, verlegt oder neue angefertigt. Mit dem umfangreichen Wiederaufbau Thüringens nach dem 30jährigen Krieg entstand hieraus die für die Landschaft typische Form des Kanzelaltars; vgl. H. Mai, Der evangelische Kanzelaltar. Geschichte und Bedeutung (Halle 1969), bes. 35–41. »
  32. DI 33, Einleitung, S. XXXIX»
  33. Nr. 266, 1606 (Kanzel): [Pfarrer?], Alterleute; Nr. 276, 1607 (Taufstein): Pfarrer, Alterleute; Nr. 274 (Kanzel): Kirchväter. »
  34. Nr. 154, 1554 (Kanzel, Kahla): Pfarrer, Bürgermeister, Steinmetz; Nr. 280, 1615 (Kanzel, Kahla): Pfarrer, Bürgermeister, Kämmerer, Maler; Nr. 293, 1622 (Renovierung der Stadtkirche Lobeda): Bürgermeister, Kämmerer, Ratsmannen (?). »
  35. Vgl. DI 28 (Hameln), Einleitung, S. XXVII-XXVIII mit der Feststellung, daß die Steinhäuser (Massivbau und Häuser mit massivem Untergeschoß) insgesamt arm an Inschriften sind. Ebd. wird die geringe Zahl von Inschriften an mittel- und süddeutschen Fachwerkhäusern mit der unterschiedlichen Konstruktion des Fachwerks erklärt, indem durch die Verwendung von diagonalen Streben die horizontalen Balken entlastet und damit dünner und schmaler gestaltet werden. Somit sind sie zur Aufnahme umfangreicher Inschriften ungeeignet.  »
  36. Nrr. 162, 170, 173, 174, 177, 179, 189, 197 (?), 210, 226, 227, 233, 239, 248, 254, 257, 265, 324, 335»
  37. Vgl. DI 33, Nrr. 164, 170, 219, 236, 249»
  38. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, KG 702. Vgl. Hallof 1993, 7–13. »
  39. Bergner 1896; Bergner 1899. »
  40. Anders in Sachsen, wo seitens der Sächsischen Landeskirche in den Jahren 1985–1988 eine Befragung der Kirchgemeinden stattfand; erste statistische Ergebnisse bei R. Thümmel, Zum Stand der Inventarisation von Kirchenglocken in Sachsen, in: Jahrbuch für Glockenkunde 1–2, 1989–1990, 123–137. »
  41. Zur Geschichte dieses Unternehmens vgl. L. Veit, Das Deutsche Glockenarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 1965–1985, in: Lusus campanularum. Beiträge zur Glockenkunde, hrsg. von T. Breuer, München 1986 (30. Arbeitsheft des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege), 91–98, bes. 95f. »
  42. So auch erneut auf der Epigraphik-Arbeitstagung in Bonn, März 1992, unterstrichen; vgl. H. Giersiepen, in: ZfdPh 111, 1992, 402. »
  43. Nr. 3»
  44. Die Schwierigkeit liegt hier vor allem bei der – bereits von Bergner 1896, 177 (“unglaubliche Nachlässigkeit und Unfähigkeit”) gerügten – mangelhaften Inventarisierung Lehfeldts, der freilich selbst häufig genug von den ungenügenden Recherchen der Ortspfarrer abhängig war. So erwähnt er beispielsweise für die Kirchen von Coppanz, Hirschroda, Neuengönna, Schmölln, Seitenroda und Wittersroda keine Glocken, begnügt sich bei Drössnitz, Isserstädt u.a. mit dem Vermerk “Glocken neu“. Bergner selbst hat sich ganz einseitig auf die "älteren Glocken mit Majuskel- und Minuskelinschriften bis etwa 1550” beschränkt; bei der Statistik der späteren ist er von Lehfeldt abhängig. »
  45. In das 15. Jh. gehören ferner die Majuskel-Glocke Nr. 31 und Nr. 44 (auf 1450 datiert). »
  46. Davon gehören 12 in die Zeit bis 1650 und sind im vorliegenden Band aufgenommen. »
  47. Nach Bergner 1896, 178. Bergner zählt die Glocken ohne Inschrift und undatierte extra. Ferner listet er auch noch die Inschriften in Majuskeln und Minuskeln separat auf. Daher ist seine Statistik mit der oben gegebenen für den Lkrs. Jena nicht völlig vergleichbar. »
  48. Davon zwei datierte aus dem 14. Jh. »
  49. Nach Bergner sind 34 Glocken in das 15. Jh. datiert; hinzu kommen die undatierten Minuskel-Glocken, die bei ihm einerseits in der Gesamtzahl von 92 Minuskel-Glocken (hierbei sind aber auch die aus dem 16. Jh. erfaßt), andererseits in der Gesamtzahl von 43 undatierten (worunter auch die meisten Majuskel-Glocken zählen) enthalten sind. Zum Zweck der Statistik wurden von den 43 nicht datierten die 28 Majuskel-Glocken abgezogen (s. die vorige Anm.) und die Differenz von 15 auf die Zahl der 34 in das 15. Jh. datierten aufgeschlagen. »
  50. Das kann sicher nicht seine Ursache in der territorialen Größe des Bearbeitungsgebietes haben. Unter den 11 Kreisen des ehemaligen DDR-Bezirkes Gera kam der Krs. Jena (Stadt und Land) mit 416 km² hinter Gera, Rudolstadt und Schleiz. »
  51. Vgl. bereits Bergner 1896, 178, wo für die Amtsgerichtsbezirke Jena und Kahla 158 bzw. 118 Glocken erfaßt sind. Nur der Bezirk Weimar hält mit 128 Glocken mit, die anderen liegen deutlich darunter. »
  52. Das betrifft u.a. Beutnitz (1870), Bucha (1862), Camburg (1848), Hummelshain (1896), Lindig (1867), Rothenstein (1877). »
  53. Vgl. K. Hübner, Der Glockenguß in Apolda, Weimar 1980 (Weimarer Schriften, 40), 22. Aus der Gießerei von C.F. Ulrich in Apolda sind zwischen 1830 und 1876 über 1260 Glocken hervorgegangen. In diesem Jahr übernahm F. F. Schilling den Betrieb, den bis zum Jahre 1918 weitere über 7000 Glocken verließen. Bei der Inventarisierung der sächsischen Kirchenglocken wurde festgestellt, daß über 55% des derzeitigen Bestandes (rund 1500 Eisenhartgußglocken) und alle nach 1945 als Um- und Neuguß gefertigten Bronzeglocken aus der Gießerei Schilling stammen, vgl. Thümmel (s. Anm. 111), 125, 132. – Eine umfassende Publikation zur Gießerei Schilling liegt jetzt vor: M. Schilling, Kunst, Erz und Klang. Die Werke der Glockengießerei Ulrich/Schilling vom 17. Jh. bis zur Gegenwart, Berlin 1992. »
  54. Vgl. Sauermann (s. Anm. 60), 4. »
  55. S. Nr. 19, Anm.2. »
  56. Nr. 56 (als mittlere Glocke zusammen mit der kleinen von 1674; die große Nr. 163 blieb erhalten), Nr. 331 (mittlere Glocke), Nr. 320 (kleine Glocke; die beiden größeren von 1724 und 1767 wurden zurückgestellt), Nr. 94 (große Glocke; auf dem Turm verblieb die kleine von 1656), Nr. 78 (hier wurden zum einzigen Mal die wertvollen Reliefs herausgetrennt und aufbewahrt), Nrr. 323 und 327, Nrr. 19 und 82, Nr. 39 (und Nr. 319?), Nr. 253»
  57. Dagegen sind die als D-Glocken auf dem Turm der Stadtkirche Jena belassenen Glocken im Jahre 1945 beim Brand des Gebäudes alle geschmolzen; s. DI 33, Einleitung, S. XXVIII»
  58. Wir möchten auch an dieser Stelle nochmals Herrn Dr. H. Maué, Germanisches National-Museum Nürnberg, für die Kopien der den Lkrs. Jena betreffenden Unterlagen des Glockenarchives danken. »
  59. Dies berichtet Weinhold 1986, 99 von Nr. 238. Uns wurde von älteren Einwohnern Reinstädts erzählt, daß man auch Nr. 228 vom Turm geholt habe, die Glocke dabei auf das steinerne Gesims des Turmes aufschlug, woher die Verletzungen an der Schärfe herrührten. »
  60. In der Kirchenprovinz Sachsen hat sich nur ein einziges (nicht einheitliches) vorreformatorisches Vierer-Geläut erhalten, vgl. Thümmel (s. Anm. 111), 127. »
  61. Späteres Vorkommen auf Glocken in Pösneck (1490), Bucha b. Könitz (1507), Quittelsdorf (1507) und Oberwellenborn (1519). »
  62. Schlippe 1975, 340–362. »
  63. Schlippe selbst liest (S. 355) auf der Kryptogrammglocke von Graitschen das spiegelverkehrte E einmal als “Sammelbuchstabe”, das zweite Mal aber “kommt nur E in Frage“. »
  64. Aus den Interpretationen der anderen Glocken kommen t(ecum) (S. 350) und – um nicht bei nur einem Wort zu bleiben – t(imorem dei) (S. 349) hinzu. »
  65. “Zugleich ein Beitrag zur Frage der vorreformatorischen Glaubenshaltung“. Die Ergebnisse der Art wie “reminiscere, renova, sancta virgo Maria, populi innocentiam”, die dem Versuch entspringen, tragen zu dieser Frage nichts bei. »
  66. Köster 1979, 378 Anm. 35. »
  67. Patze ²1989, 540. »
  68. Vgl. W. Arnold, Gemälde-Inschriften, in: Pantheon 34, 1976, 116–120, zu unwissenschaftlichen Versuchen, Gewandsaum-Inschriften zu deuten; hierzu zustimmend Kloos 1980, 46–47. »
  69. Ähnliche Methoden beobachtet Köster 1979, 416, bei den Gießern von Alphabetglocken. »
  70. Vgl. Köster 1979, 373–377; F. Dornseiff, Das Alphabet in Mystik und Magie, Berlin-Leipzig ²1925. »
  71. Vgl. Nr. 12, Anm. 12. »
  72. Vgl. Nr. 78, Anm. 6. »
  73. Noch die im Bearbeitungsgebiet späteste Majuskel-Glocke von 1450 (Nr. 44) weist keine wesentlich anderen Formen auf. »
  74. Vgl. zu Nr. 8»
  75. Dieses auffällige und singuläre Zeichen gibt Veranlassung zu einem motivgeschichtlich anregenden Exkurs. Die antike griechische Epigraphik kennt es ein einziges Mal in einer für die Schriftentwicklung höchst bedeutsamen, altattischen Inschrift, der sog. Hekatompedon-Inschrift (IG I3 4), aus dem Jahre 485/4 v. Chr., wo es jeweils am Ende von Sinnabschnitten steht, während als Worttrennung in üblicher Weise drei Punkte bzw. kleine Kreise übereinander stehen; vgl. R. Kaiser, De inscriptionum Graecarum interpunctione, Diss. inaug. Berlin 1887. – Die Entwicklung der Interpunktionszeichen in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften ist erstmals im Rahmen des Inschriftenwerkes von E.J. Nikitsch anhand der Inschriften im Lkrs. Bad Kreuznach dargestellt worden, DI 34, Einleitung, S. LIII-LVI»
  76. S. DI 33, Nr. 7»
  77. In das 15. Jh. gehörten auch zwei Jenaer Glocken von 1415, DI 33, Nrr. 8 und 9»
  78. Im benachbarten Krs. Naumburg nennt sich erstmals ein Gießer (Berthold Abendbrot) auf einer Glocke von 1441: DI 9, Nr. 378. »
  79. So gebraucht Hans Abendbrot auf Glocken des Jahres 1506 die Minuskel (Nr. 104) und die frühhumanistische Kapitalis (Nr. 102). Heinrich Ciegeler gießt 1509 erstmals die frühhumanistische Kapitalis (Nr. 106), kehrt später aber zur gotischen Minuskel zurück (Nr. 122 von 1516). Eine Generation später stellt Eckart Kucher in den Jahren 1557 und 1559 noch Minuskelglocken her (Nrr. 159 und 159a), bevor er zu einer hervorragenden Kapitalis findet (Nr. 163 von 1562, und später). – Es ist bemerkenswert, daß sich die spätesten Belege für die jeweilige Schriftform bei der gotischen Majuskel und der Minuskel auf Glocken finden (Nr. 43 und Nr. 159a). »
  80. Vgl. Walter 1913, 153. »
  81. Es ist unverständlich, daß ein Lexikon mit solch hohem Anspruch wie das “Allgemeine Künstlerlexikon der bildenden Künstler aller Zeiten und Völker” (Leipzig 1983 ff., München ²1992 ff.) Bd. I, S. 127 s. v. “Abendbrot” auf dem Stand des Thieme/Becker stehengeblieben ist und die Bände des Inschriftenwerkes offenbar überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt. »
  82. Vgl. Schilling 1988, 338–339. »
  83. Eine DI 9, S. VII versprochene Auswertung der Inschriften von Dom, Stadt und Krs. Naumburg ist leider nicht erschienen. Auf die Nachweise im einzelnen wird in den folgenden Anmerkungen verzichtet. »
  84. DI 9, Nr. 441. Ähnlich die Verhältnisse in der Stadt Naumburg mit einer Pause im Guß von Glocken zwischen 1518 (DI 7, Nr. 212) und 1596 (DI 7, Nr. 267). »
  85. Glocke von 1518 in der Wenzelskirche, DI 7, Nr. 212. »
  86. Sieben Glocken zwischen 1504 und 1524. »
  87. Zwei Glocken von 1513 und 1517. »
  88. Hinzu kommen drei Glocken in der Wenzelskirche von 1518, die in “Freybergk” (welches?) gegossen wurden, aber keinem der bekannten Gießer zuzuweisen sind. »
  89. Die jüngste Glocke von 1625 mag vielleicht schon dem jüngeren Moering gehören. – Aus Schleusingen sind zwei Verträge mit Moering über Umgüsse von Glocken bekannt (vgl. Eggebrecht, in: Jahrbuch des Henneberg.-Fränk. Geschichtsvereins 3, 1939, 98–125); danach bekommt der Gießer im Jahre 1595 für den Umguß einer Glocke von 37 Zentner und 67 Pfund Gewicht: 2 Gulden Lohn pro Zentner alter, 17 Gulden pro Zentner neuer Glockenspeise, für die Aufhängung 4 Gulden. Im Jahre 1608 hat sich durch die Verschlechterung des Münzfußes der Preis auf 25 Gulden pro Zentner erhöht. »
  90. Vier Glocken, alle aus dem Jahre 1636, Nrr. 317-320, davon Nr. 317 zusammen mit Hieronymus Moering. »
  91. Hieronymus Moering 1611 (Nr. 271) und 1615 (Nr. 281); derselbe (?) mit Melchior “zu Erfurt in Rudolstadt” Nr. 317 von 1636. »
  92. Nr. 238 wurde 1598 von Hermann König, Nr. 326 von Jakob König 1639 gegossen. »
  93. Anders kann man den Zusatz “goß mich zu Erfurt” nicht verstehen. Explizit heißt es auf der Glocke in Frauenprießnitz (Jakob König, 1639): ast Erforti ex igne resurgo (Nr. 326). »
  94. Die früheste Glocke (von 1638, Nr. 323) ist nach Ausweis der Inschrift vor Ort in Winzerla selbst gegossen worden. Alle späteren Glocken Bergers nennen dagegen die Stadt Weimar. »
  95. Drei Glocken von 1576, 1586 und 1598. »
  96. Zwei Glocken von 1592 und 1598, dazu in der Stadt Naumburg sechs Glocken von 1596 bis 1610. »
  97. Eine Glocke von 1606. »
  98. Zwei Glocken von 1648 und 1650. »
  99. Vier Glocken zwischen 1598 und 1619. »
  100. Nrr. 281, 299, 317, 319, 320 (?), [323], 326 (lateinisch), [331], 336 (?), 337. Von den Glocken des 17. Jh. weisen nur zwei Glocken keine Namen auf: Nr. 305, eine von einem sonst völlig unbekannten Adam Lorentius gegossene Glocke, die offenbar ein Einzelstück ist; und Nr. 327, die kleinste Glocke eines Geläutes, auf dessen größerer (Nr. 323) die Namen genannt sind. »
  101. Nr. 208 von 1584. Vgl. auch DI 9, Nr. 465 von 1592; DI 7, Nr. 267 von 1596; DI 9, Nr. 494 von 1606. »
  102. Es kommen vor: Altarleute (Nrr. 208, 299, 317 (?), 318, 319), Amtschösser (Nr. 317), Gastwirt (Nr. 281), Gemeindevorsteher (Nrr. 281, 318, 331), Gerichtsschöppe (Nr. 317), Kirchvater (Nr. 337), Patronatsherr (Nrr. 228, 326), Pfarrer (Nrr. 208, 299, 318, 319, 337), Schulmeister (Nr. 208), Schultheiß (Nrr. 208, 317, 318, 319), Superintendent (Nr. 326). »
  103. Datiert sind einzig Nr. 5, 1345, und Nr. 6, 1347. Hinzu kommt DI 33, Nr. 5 aus dem Jahre 1382. »
  104. Dasselbe Problem erhebt sich immer dort, wo mit Modeln gearbeitet wurde; hier ist vor allem auch an die bekannten Messing-Taufschalen zu denken, s. Nrr. 85-89»
  105. Nr. 7 scheint früher (1. H. 14. Jh.), Nr. 10 scheint etwa zeitgleich mit dem Kelch von Geunitz. Der bemerkenswerte Kelch von Kleineutersdorf (Nr. 23) könnte seiner Anlage nach noch dem 13. Jh. gehören; der Fuß mit dem aufgelegten Inschrift-Streifen stammt sicher aber erst aus späterer Zeit. S. die Kommentare zu den einzelnen Nrr. »
  106. Diese weisen in Nrr. 41 und 61 keine Buchstaben auf. »
  107. Vgl. DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach), Einleitung, S. XXXVI. Unklar ist, ob die Renaissance-Verzierungen des nicht mehr vorhandenen Kelches Nr. 47, der wohl gotische Minuskeln aufwies, original waren oder von einer Überarbeitung im Jahre 1643 stammten. »
  108. Das Wort HILF in Nr. 243 kann nur Verlegenheit sein, da kein Adressat dieses Anrufs genannt wird (vgl. dagegen Nr. 71 got vn ma(r)ia hilf, und Nr. 73 hilf gott); auch sind die Buchstaben nicht in üblichen Formen, sondern gleichsam als ein Ornamentfries gestaltet. »
  109. Ähnlich die Entwicklung bei den Inschriften auf Glocken, wo im 17. Jh. die Zufügung der Namen der Honoratioren die Regel wird; für diese wird ein früher nur gelegentlich in Anspruch genommener Platz, der Schlag, reserviert. »
  110. P. Lehfeldt, Einführung in die Kunstgeschichte der thüringischen Staaten, Jena 1900; W. Thomae, Thüringische Kunstgeschichte, Jena ²1956; K. Degen, Die Kunst im Mittelalter, in: Geschichte Thüringens (s. Anm. 4), II 2 (1973), 250–305; K.-H. Möller, Die Kunst der Neuzeit, in: Geschichte Thüringens VI (1979), 1–160. »
  111. Zusammenfassend Degen (s. Anm. 181), 297–302. Die wenigsten ostthüringischen Altäre sind bisher einer der bekannten Werkstätten sicher zuzuschreiben. »
  112. An unterschiedlichster Stelle: an den Sockeln der Figuren, an Gewandsäumen und Nimben; am Schrein; auf den Malereien auf der Rückseite des Schreins bzw. auf den Flügeln. »
  113. P. Weber, Eine Jenaer Altarwerkstatt am Ausgang des Mittelalters, in: Beiträge (s. Anm. 7), 205–224. »
  114. DI 33, Nr. 152, die Zugehörigkeit dort noch nicht erkannt. »
  115. DI 33, Einleitung, S. XXXVI»