Die Inschriften des Landkreises Jena

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Im Unterschied zu einer Reihe anderer Bände der DI wurden in dem vorliegenden Band auch Inschriften aufgenommen, die nachgewiesen (z. B. Nr. 194) oder doch mit großer Wahrscheinlichkeit (z. B. Nr. 169) nicht im Bearbeitungsgebiet entstanden, sondern später auf verschiedene, mitunter nicht mehr zu klärende Weise hierher gekommen und von Lehfeldt inventarisiert sind.

Von den im Wortlaut überlieferten Inschriften wurde eine ausgeschlossen, die, in dem heute zu Camburg eingemeindeten Dorf Döbritzschen gefunden, angeblich aus frühester Zeit stammen soll: “Im Jahre 1868 wurde bei Gelegenheit des Grundgrabens zu einer Scheune am Döbritzscher Wege in dem tiefen Lehmboden ein Skelett ausgegraben, in dessen Nähe mehrere antike Scherben lagen. Zusammengefügt bildeten sie den Boden einer Schale, auf welchem Prof. Klopffleisch aus Jena Schriftzeichen eingedruckt erkannte, [Druckseite LIV] die von Sachverständigen gedeutet worden: Nimm hin, o Ciu, nimm hin, o reicher Ciu, nimm hin. Es wurde deshalb Veranlassung genommen, die Stätte näher zu untersuchen, und wurde dabei eine ziemliche Anzahl regelrechter Reihengräber aufgedeckt...”205) Ein Nachlaß Klopffleischs existiert nicht,206) so daß eine Überprüfung dieser Angaben nicht mehr erfolgen kann. Die Scherbe hat sich im Original nicht erhalten. Freilich erregen die Inschrift selbst wie auch der aus der Form Ciu = “Gott” gezogene Schluß auf eine Datierung “um 800 n. Chr.” berechtigten Zweifel, und wir haben diesen Text daher nicht aufgenommen.

Als verloren und der Entstehungszeit nach nicht mehr festzulegen muß ferner ein Gemälde in der Dorfkirche Kunitz gelten, das den Gekreuzigten mit zwei Stifterfiguren und der Inschrift Christus mein Trost hat mich erlöst zeigte.207)

Bei Restaurierungsarbeiten sind in der Dorfkirche Nerkewitz in den Jahren 1984/85 mittelalterliche Wandmalereien (E. 15. Jh.) freigelegt worden.208) An der Südwand des Chores ist oben der Kampf des hl. Georg mit dem Drachen zu sehen; die Königstochter Margarethe kniet im Hintergrund, in der Hand ein leider nicht mehr zu entzifferndes Spruchband.209) Besonders bedauerlich ist es, daß auch die an der Nordseite der Nikolaikirche in Lichtenhain angebrachten Wandfresken, ein Zyklus von Gemälden, nach Vorbild der “Biblia pauperum” von einem böhmischen (?) Künstler um 1420 geschaffen,210) so verwittert ist, daß die zahlreichen Spruchbänder (etwa im Bild III 3: Verkündigung des Untergangs von Sodom an Lot; III 7: Gott fordert Abraham zum Opfer auf; V 1: Verkündigung an Joachim; V 6: Verkündigung an einen Hirten) keine Reste von Schrift mehr zeigen. Auch die um 1924/25 über dem Original genommenen Pausen (jetzt im Stadtmuseum Jena) zeigen nur leere Bänder.

Vergeblich war die Suche nach einer Grabplatte für einen Geistlichen, offenbar aus dem späten Mittelalter, an der Dorfkirche Beutnitz.211)

Dem Verputzen des Kirchgebäudes fiel in jüngerer Zeit eine Inschrift von 1629 in Krippendorf212) zum Opfer; ebenso “Grabplatten des 17. Jh.” in den oberen Feldern des Fachwerks am Turm der Kirche zu Dorndorf, die erst 1956 aufgedeckt, aber niemals beschrieben worden sind.213) Durch Diebstahl kam 1989 eine im Jahre 1643 gestiftete Hostienbüchse in Drackendorf abhanden.214)

Besonders bedauerlich ist es, daß drei im Jahre 1991 im Fußboden der Wehrkirche in Reinstädt gefundene Grabplatten zwar gehoben, dann aber übereinandergestapelt auf dem Kirchhof abgelegt wurden, so daß die Inschriften nicht zugänglich sind. Nach Form und [Druckseite LV] Abmessung der Steine konnten zwei identifiziert werden, deren Inschriften von anderer Seite überliefert sind (Nrr. 168, 325). Von dem dritten war nur erkennbar, daß er eine Inschrift in gotischen Minuskeln aufweist; es handelt sich um einen neuen Text.

Aus Vierzehnheiligen und Camburg ist bekannt, daß zu Beginn des 19. Jh. die in den Kirchen vorhandenen Grabsteine und Epitaphe vernichtet worden sind.215) In Camburg baute man Steine sowohl der Cyriakskirche als auch von der Stadtkirche St. Laurentii in die dortige Friedhofsmauer ein. Wir haben diese Mauer gründlich untersucht, aber nur Grabsteine und Fragmente gefunden, die jünger als 1650 sind; ebenso in der Mauer des Kirchhofs in Löberschütz, wohin uns die Bemerkung Lehfeldts “Gedenktafel-Rest von 1632” führte.216)

Zitationshinweis:

DI 39, Landkreis Jena, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Luise und Klaus Hallof), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006e001.

  1. Eichhorn 1897, 23, nach einer Mitteilung des Medicinalrats Dr. Bender zu Camburg. »
  2. Frdl. Mitteilung von Prof. Dr. K. Peschel, Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Jena, September 1991. Die zur Verfügung stehenden Fundakten, die noch auf die Zeit Klopffleischs zurückgehen, erbrachten keinen Nachweis für diesen beschriebenen Bodenfund. »
  3. BuKTh I (Jena), 1888, 164, “an van Dyck anklingend“. Der von Lehfeldt überlieferten Sage nach sollen die beiden Stifter die letzten Kunitzburger gewesen sein, was nicht richtig sein kann, da dies in das 15. Jh. verweisen würde. »
  4. Ausführliche Beschreibung bei Victor 1991, 30ff. und Nachzeichung der Szenen S.78–80. »
  5. Abgebildet bei Victor 1991, 59. Deutlich ist die Buchstabenform der gotischen Minuskel zu erkennen. »
  6. E. Lehmann, Ein didaktischer Bilderzyklus des späten Mittelalters an der St. Nikolai-Kirche zu Jena-Lichtenhain, Straßburg 1932 (Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 289). »
  7. Nach den Akten des Landesamtes für Denkmalpflege Erfurt handelte es sich um eine stark verwitterte Kalksteinplatte, H. 183 cm, B. 105 cm, mit der Ritzzeichnung des Verstorbenen. Mühlmann 1977, 49 erwähnt sie “heute rechts vom Südportal“. »
  8. BuKTh I (Jena), 1888, 162: “Kirche ... in seiner jetzigen Gestalt ein Bau von 1629 (Inschrift an der Südseite des Turmes)“. »
  9. Vgl. P. Oberthür, bei Victor 1991, 21–22. »
  10. Löbe 1891, 269; BuKTh II (Roda), 1888, 7; vgl. Nr. 134»
  11. Vgl. Nr. 46 und Anm. 7 (Vierzehnheiligen); Eichhorn 1897, 23 (Camburg). »
  12. Vgl. aber Nr. 343»