Die Inschriften des Altkreises Osterode

9. Nicht aufgenommene Inschriften und Inschriftenträger

Auf einem hölzernen Triumphkreuz, ursprünglich aus dem Hospital St. Eobaldus (vgl. Nr. 133), das heute im Museum in Osterode aufbewahrt wird, finden sich Reste weiß aufgemalter arabischer Ziffern [. .]94, die über der ursprünglichen Bemalung liegen. Der Form der beiden erhaltenen Ziffern nach dürften diese nicht im Erfassungszeitraum entstanden sein, sondern im späten 17. oder im 18. Jahrhundert. Auf der Übermalung des 19. Jahrhunderts, die um 1960 entfernt wurde, war zudem eine Jahresangabe Anno 1478 aufgetragen.97)

Ebenfalls im Museum in Osterode wird eine ehemalige Schreinfigur der Maria mit dem Kind (aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts?) ausgestellt, die vermutlich im 18. Jahrhundert im Hospital St. Eobaldus zur Puppe umgeschnitzt wurde. Die Figur gehört zu einer Gruppe von früheren Schreinfiguren, vermutlich aus mehreren Altarretabeln, die noch im frühen 20. Jahrhundert im ehemaligen Hospital St. Eobaldus am Ostersonntag als bekleidete Puppen gezeigt wurden. 1906 waren noch elf Puppen vorhanden, von denen acht in das Museum gelangten, wo sie vor 1968 teilweise von Übermalungen befreit wurden.98) Das Jesuskind präsentiert mit beiden Händen ein aufgeschlagenes Buch, auf dem Reste der mit roten und schwarzen Buchstaben gemalten Inschrift zu erkennen, aber nicht mehr zu entziffern sind.99)

[Druckseite 45]

In St. Michaelis in Schwiegershausen gibt es einen 1479 oder früher für das Kloster Lamspringe gestifteten Kelch, der zu einem unbekannten Zeitpunkt vor 1873 in die Kirche gelangt ist. Er wurde dem Provenienzprinzip folgend im Band DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 42, ediert.

Im Landesmuseum in Hannover befindet sich ein Altarretabel aus dem Kloster Pöhlde aus der Zeit um 1500,100) das aus Gründen des Erhaltungszustandes nicht zugänglich ist. Das Retabel weist keine Inschriften auf.101)

In St. Antonius in Bad Grund hängt ein hölzernes Kruzifix, dessen Korpus um 1480 geschnitzt worden sein soll.102) Das Trägerkreuz wurde vermutlich zwischen 1960 und der Restaurierung der Kirche im Jahr 1998 ersetzt. Es zeigt im vertieften, hellen Feld die schwarz gefasste, leicht erhabene Inschrift J · N + R · J. Laut Lücke war das Kruzifix bereits zwischen 1948 und 1955 im Landesmuseum restauriert worden. Dabei wurde auf der Rückseite des Querbalkens eine Inschrift entdeckt, wonach das Kruzifix zur Zeit des Pastors Sander (amt. 1631–1669) eine neue Fassung erhielt. Unter dieser Farbschicht wurde eine ältere Inschrift mit dem Namen des Pastors Volkmar Riebstahl (amt. 1589 bis 1625) entdeckt.103) Im Landesdenkmalamt in Hannover zeigt ein Foto den Zustand um 1960. Am Kreuzeshaupt des Trägerkreuzes stand die weiß auf dunklem Untergrund gemalte Inschrift INRI. Den Buchstabenformen nach stammte diese aus dem 19. Jahrhundert.104)

Von 1531 bis 1631 befand sich in Walkenried ein von Hans Raphon geschaffenes Retabel aus der Göttinger Paulinerkirche,105) das die Walkenrieder Mönche 1531, zwei Jahre nach der Reformation in der Stadt, in Göttingen angekauft hatten. Es war zunächst in der Klosterkirche aufgestellt, vermutlich im Schiff, das nach der Zerstörung der Vierung im Bauernkrieg 1525 allein genutzt wurde.106) 1570 wurde es in den Nordflügel des Kreuzgangs gebracht. Ende 1631 nahmen die abziehenden katholischen Zisterziensermönche unter ihrem aus Böhmen stammenden Abt Christoph Kölich das Retabel mit. Es war seitdem verschollen, bis es 1905 in Kosátky in Böhmen wieder aufgefunden wurde. Heute befindet es sich in der Nationalgalerie (Národní galerie) in Prag.107)

Im Obergeschoss des Südflügels der Klausur befand sich seit den Zeiten der Schule (1557–1669) der Landkartensaal. Unter den dort auf die Wand al fresco gemalten Landkarten, die um 1840 teilweise noch zu sehen waren, aber sehr unter der Schnapsbrennerei im selben Flügel gelitten hatten, gab es eine von Italien. Flüsse und Seen waren mit dicken schwarzen Strichen gemalt, die Ortschaften waren „durch Charactere von Gebäuden und Thürmen pp (…) markiert“; ihre Namen waren „je nach ihrer Bedeutsamkeit größer oder kleiner geschrieben“. Die gleichzeitig mit dieser Beschreibung 1845 angefertigte Kopie der Karten, die an das braunschweigische Staatsministerium geschickt wurde, ist im Landesarchiv, Standort Wolfenbüttel, nicht auffindbar.108)

Die Kapelle in Uehrde besitzt eine Taufschale, die aus der Massenproduktion der Nürnberger Beckenschlägerschüsseln stammt. Sie zeigt im Spiegel die Kundschafter Israels mit einer großen Traube über einem Stab.109) Die am Rand des Spiegels zweizeilig umlaufende, mit Matrizen erstellte [Druckseite 46] Inschrift besteht aus Pseudobuchstaben, deren Form an die der gotischen (Band-)Minuskel angelehnt sind. Eine Edition ist sinnlos;110) eine spätere Stifterinschrift fehlt.

Eine Ofenplatte aus der Burg Scharzfels aus dem 16. Jahrhundert, die die alttestamentliche Figur der Judith zeigt, wie sie das Lager des Holofernes verlässt,111) ist seriell und wurde daher nicht aufgenommen.

Bei Meywerth und Spangenberg wird ein Altarretabel aus der Kapelle beim Hospital St. Eobaldus erwähnt, das laut der dort (falsch) zitierten Inschrift 1613 vom Papiermacher Jürgen Dieterich und seiner Frau Ilseburg Schulze gestiftet wurde.112) Der Papiermachermeister Jürgen Dieterich aus Osterwieck heiratete tatsächlich aber am 23. Juli 1666 Elisabeth Goldschmied, die Witwe des im Juli 1665 gestorbenen Papiermüllers Jürgen Otto Schulze. Dieterich wurde am 29. Juni 1669 Bürger der Stadt; seine Frau wurde am 9. Februar 1673 beerdigt. Bereits am 22. November 1673 wird er zusammen mit seiner zweiten Frau Ilsabeth/Elisabeth Schulze genannt.113) Vermutlich stifteten sie den Altaraufsatz anlässlich ihrer Hochzeit in das Siechenhaus.

In der Feldmark von Barbis, am Karstwanderweg in Richtung Königshagen, steht, direkt am Wahrberg, ein Steinkreuz, auf dem Hermann Löns um 1900 A(NNO) D(OMINI) 1632 gelesen haben soll. Eine Inschrift ist nicht mehr erkennbar.114)

Das eiserne Epitaph der Familie Heckenbeck mit zahlreichen Namensinschriften auf dem Osteroder Friedhof, einige Meter vor der Friedhofskapelle in einer gemauerten Nische angebracht, stammt ausweislich der Heirats- und Lebensdaten der dort Erwähnten aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.115)

Zitationshinweis:

DI 105, Altkreis Osterode, Einleitung, 9. Nicht aufgenommene Inschriften und Inschriftenträger (Jörg H. Lampe), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021e003.

  1. Vgl. Griep, Spätromanisches Kreuz, S. 119–121. »
  2. Vgl. Griep, Puppen, bes. S. 35–38 u. 45 (Datierung). »
  3. Griep las mit großem Vorbehalt Deus [– – –]; ebd., S. 41. »
  4. Inv.-Nr. WM XXIII, 24. »
  5. Nach Abbildung bei Von der Osten, Katalog der Bildwerke, Nr. 88, S. 96. Bestätigt durch eine Mail der Kuratorin „Alte Meister“ im Landesmuseum, Antje-Fee Köllermann, vom 30. November 2017. »
  6. St. Antoniuskirche Bad Grund (Harz). Kirchenrundgang (Faltblatt 11/2011). »
  7. Lücke, St.-Antonius-Kirche, S. 22f. »
  8. NLD Hannover, Fotokartei, Foto IFDN (ohne Signatur) »
  9. Vgl. DI 19 (Stadt Göttingen), Nr. 56»
  10. Vgl. Reinboth/Reinboth, Kapitelsaal, bes. S. 20. »
  11. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 339; Germania Benedictina, Bd. XII, S. 729 (C. Alphei); Reinboth, Die letzten Zisterzienser, S. 38f.; zum Abt Kölich siehe ebd., S. 40f. Vgl. auch Eckstorm, Chronicon Walkenredense, S. 185f. (mit Zitat der Stifterinschrift am Ende!). Leuckfeld nennt 1705 Prag als Standort; Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses, 1. Thl., S. 499. »
  12. Wagnitz/Reinboth, Klosterschule, S. 50–52; zur Lage vgl. ebd., S. 42f. Kdm. Kreis Blankenburg, S. 331. »
  13. Zu diesen Schüsseln vgl. Klaus Tiedemann, Nürnberger Beckenschlägerschüsseln – Nuremberg Alm Dishes, Dettelbach 2015; zu dem Motiv bes. S. 50, Abb. 35a. »
  14. Vgl. ebd., S. 84–88. »
  15. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 187. »
  16. M[eywerth]/S[pangenberg], Beschreibung, Sp. 207f., Anm. i. »
  17. Franz Schimpf, Aus der Geschichte der Petershütter Papiermühle, in: Heimat-Kalender des Kreises Osterode und des Südwestrandes des Harzes 1957, S. 22–28, hier S. 24. Vgl. Schubert, Trauregister, Bd. 1,10, S. 976 (Nr. 1834). »
  18. Vgl. Müller/Baumann, Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 229 (Nr. 4328.3), mit Abb. »
  19. Vgl. Paul Martins, Das Heckenbecksche Grabmal auf dem Friedhof in Osterode, in: HbllHarzRd 10, 1961, S. 8–13; Abb. am Anfang des Heftes. »