Die Inschriften der Stadt Helmstedt

5. SCHRIFTFORMEN

5. 1. Mittelalterliche Majuskelschriften

Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß trotz der Existenz etlicher, teilweise frühmittelalterlicher geistlicher Institutionen Inschriftenträger aus dem Mittelalter im Helmstedter Bestand nur in geringer Zahl erhalten sind. Für die Betrachtung der Schriftformen der mittelalterlichen Majuskelschriften [Druckseite XLVII] bis etwa 1400 steht demzufolge nur wenig Material zur Verfügung. Die Auswertung wird bei einigen Inschriftenträgern eingeschränkt durch schlechten Erhaltungszustand und geringe Buchstabenzahl. Zu berücksichtigen sind auch das jeweils unterschiedliche Material, das sich auf Strichführung und Form der Buchstaben auswirken kann, und die lokale Herkunft der Inschriftenträger. Hinweise auf ein leistungsfähiges Kunsthandwerk am Ort haben sich nicht finden lassen. Mit Ausnahme der Paramente des Klosters St. Marienberg handelt es sich bei den meisten Inschriftenträgern um Einzeldenkmäler, die von außerhalb stammen bzw. am Ort, aber nach einem kaum in Helmstedt entwickelten Konzept gearbeitet sind. Da zudem die wenigsten Inschriften datiert sind, läßt sich kein sicheres Bezugssystem erstellen, um zu einer relativen Datierung zu gelangen. Aussagen zu einer möglichen Entwicklung der Schriftformen innerhalb des Helmstedter Raumes sind unter diesen Voraussetzungen für die frühe Zeit nicht möglich.

Von den Schriftdenkmälern vor 1400 ist das älteste mit einer reinen Kapitalisinschrift versehen, drei lassen sich der romanischen Majuskel und drei der gotischen Majuskel zuordnen. Die übrigen sind schriftgeschichtlich nicht relevant. Als romanische Majuskel wird eine Mischmajuskel bezeichnet: Ausgehend von einem im wesentlichen kapital bestimmten Alphabet werden zusätzliche, vor allem runde, aber auch eckige Sonderformen aufgenommen146). Die Inschriften auf dem ältesten Helmstedter Schriftdenkmal, dem sog. Kelch des hl. Ludger aus dem 10. Jahrhundert (Nr. 1), weisen eine schlanke, in einheitlicher Strichstärke teilweise sehr dicht geschriebene Kapitalis mit Dreieckssporen auf. Als einzige variierende Form erscheint das spitze A, nämlich zweimal mit und dreimal ohne Mittelbalken. Die zweitälteste, ebenfalls aus dem Kloster St. Ludgeri stammende Inschrift eines Gipsestrichs (Nr. 2) zeigt bereits die Merkmale der romanischen Majuskel: E ist sowohl in kapitaler wie in unzialer Form ausgeführt. Außerdem ist – in einer Zeichnung überliefert – ein eingerolltes G bezeugt. Die romanische Majuskel ist noch einmal auf einer Stola (Nr. 3) und ein drittes Mal im Zusammenhang mit einer Wandmalerei (Nr. 4) verwendet worden. In der Stolainschrift treten zusätzlich zu unzialem E als neue Formen unziales A und rundes N neben die jeweiligen kapitalen Bildungen. Rundes U erscheint zum ersten Mal neben V. Eine kurze Namenbeischrift auf dem Margaretenbehang I (Nr. 7) bietet unter ihren wenigen Buchstaben trapezförmiges A sowie geschlossenes unziales E mit einem oben und unten deutlich überstehenden Abschlußstrich und erweist sich damit bereits als gotische Majuskel.

Eine voll ausgebildete gotische Majuskel, gekennzeichnet durch Verbreiterung der Schaft- und Balkenenden, Bogenschwellung sowie Dominanz unzialer und runder Formen, liegt datiert zum ersten Mal vor in der Umschrift auf dem Grabdenkmal für Sophia von Warberg aus dem Jahre 1358 (Nr. 10). Der Stein bietet eine qualitätvolle, auf Breite angelegte Schrift mit durchgängig unzialen Formen bei E, H und M. Neben E trägt jetzt auch C einen oben und unten überstehenden Abschlußstrich; die Bogenenden des symmetrischen unzialen M weisen beidseitig nach außen; rundes N zeigt teilweise starke Bogenschwellung mit gerader Innenkontur; das stets pseudounziale A fällt auf durch stark verkürzten rechten Schaft und überwiegend rechtsschrägen Mittelbalken. Die nächstfolgend datierte gotische Majuskel, eine Umschrift auf der Grabplatte eines unbekannten Klerikers von 1369 in St. Stephani (Nr. 12), entspricht in ihrem Buchstabenrepertoire dem Warbergepitaph. – Nach 1369 spielt die gotische Majuskel als Schrift für längere Texte keine Rolle mehr. Sie findet sich noch auf drei undatierten Vasa sacra zur Wiedergabe des Namens IHESVS, als einzige Schriftart (Nr. 13) oder neben weiteren Inschriften der gotischen Minuskel (Nrr. 14, 38). Außerdem hat sie bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts Versalfunktion bei Inschriften in gotischer Minuskel, überwiegend mit den Buchstaben A und M des Datums.

5. 2. Gotische Minuskel

Die den Helmstedter Bestand allgemein einschränkende Lückenhaftigkeit der Überlieferung bestimmt auch das Bild bei den Minuskelschriften bis 1650. Die gotische Minuskel entspricht in wesentlichen Formelementen der Textura der Buchschrift und wird von dort im 14. Jahrhundert in einer entwickelten Form in die epigraphischen Schriftformen übernommen. Sie tritt zunächst neben der gotischen Majuskel auf, um diese Schrift schließlich ganz abzulösen. Als Minuskelschrift [Druckseite XLIX] steht sie in der Regel im Vierlinienschema. Ihre im Mittellängenbereich stehenden Schäfte werden an dessen Oberlinie und auf der Grundlinie gebrochen. Dadurch entstehen gleichmäßige Buchstabenteile, die – zumal wenn die Schaftenden in Form von Quadrangeln gebildet werden – zu einem gitterartigen Schrifteindruck führen147). In Helmstedt beschränkt sich das Auftreten der gotischen Minuskel, geht man allein von den sicher datierten Inschriften aus, auf den Zeitraum zwischen 1466 und 1546. Verglichen mit anderen niedersächsischen Städten wäre das, wenn es die volle Realität widerspiegelte, außerordentlich spät. So erscheint die gotische Minuskel in Braunschweig bereits 1358 auf einer steinernen Grabplatte; auch in Hannover läßt sie sich seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nachweisen; in Hildesheim trägt eine Glocke von 1350 eine derartige Schriftform148).

Die älteste datierte gotische Minuskel des Helmstedter Bestandes, eine im Kloster St. Marienberg in einen Holzbalken eingetiefte, kurze Bauinschrift von 1466 (Nr. 20), zeigt eine sehr gleichmäßig gebrochene Schaftreihe der Buchstaben d, i, m und n sowie sechseckig gebrochenes o. Sie hat schwach ausgebildete Oberlängen bei d und l und schreibt Minuskel-a bei anno, aber M bei den Zahlzeichen. Zu den datierten Inschriftenträgern zählen weiter eine Glocke von 1511, die aus der Werkstatt des Braunschweiger Gießers Hinrik Mente d. J. stammt und von dort ihr Gestaltungsinstrumentarium, so z. B. figürliche Worttrenner, mitbringt (Nr. 43), sowie zwei Häuser, das Pförtnerhaus des Klosters St. Marienberg von 1498 (Nr. 27) und Schuhstraße 5 von 1514 (Nr. 45). Die Schäfte der Hausinschrift von 1514 enden überwiegend stumpf auf der Grundlinie, falls dies nicht eine Folge von Restaurierungen ist, während die Marienberger Hausinschrift zu Quadrangelbildung neigt und um Auszierung bemüht ist. Das gilt nicht nur für Versalien und Kürzungszeichen, auch r trägt hier in einem Fall an der Fahne einen senkrechten Zierfaden, und das obere Bogenende des runden s rollt sich leicht ein. Nur ein einziges Mal, und dies am Ende der von der gotischen Minuskel eingenommenen Zeitspanne, wird 1546 ein Grabdenkmal mit einer gotischen Minuskel beschriftet: Die Grabplatte der Margarete von Hoim im Kloster St. Marienberg (Nr. 49) trägt eine in dünner Strichstärke eingetiefte, schlanke Schrift zwischen verhältnismäßig großen Spatien und schematischer horizontaler Reihung der Brechungen.

Kriterien zur Datierung der übrigen Inschriften in gotischer Minuskel sind aus den genannten Exemplaren der Zeit zwischen 1466 und 1546 kaum zu gewinnen. Erwähnung verdient die Häufung von kastenförmigem a. Im süddeutschen Raum kommt es selten vor149). Datiert findet es sich in Helmstedt nur in der schon genannten Hausinschrift von 1514 (Nr. 45). Es ist unten offen und in dieser stark restaurierten Inschrift, soweit erkennbar, die einzige Form für a. In gleicher Gestalt und als alleiniges a wird es auch in einer gewirkten Inschrift auf einem spätgotischen sog. Marienantependium im Kloster St. Marienberg verwendet (Nr. 30). Außerdem erscheint es in drei gemalten Inschriften, die dem Ende des 15. Jahrhunderts zugewiesen werden (Nr. 29, Nrr. 35, 36). Damit erweist es sich offensichtlich als Merkmal einer späten gotischen Minuskel, eine Beobachtung, die andere norddeutsche Bestände zu bestätigen scheinen150). In Helmstedt verwenden es über die genannten Beispiele hinaus auch die Inschriften auf einem undatierten Kruzifix aus der Georgskapelle (Nr. 28). Daraus kann auf eine späte Entstehung des Kreuzes geschlossen werden. [Druckseite L]

Die gotische Minuskel entfaltet ihren ornamentalen Reichtum am vielfältigsten auf Metall, in Helmstedt auf den silbervergoldeten spätgotischen Vasa sacra. Auf einem Kelch von 1475 (Nr. 24) sind die jeweils kurzen Inschriften D und E in breiten, glatten Buchstaben erhaben vor schraffiertem Grund gearbeitet. Zierfäden, geschwungen oder eingerollt, begleiten den Schaft von g. Sie setzen weiterhin an der Fahne von r und am Balken von t an. Der Balken des t ist von vorn nach hinten durch den Schaft gezogen, ebenso trägt der Schaft des g sein Zierelement im oberen Teil eingesteckt. Das Schriftbild wirkt so und durch die überwiegend mittels zusätzlicher Konturlinien markierten Brechungen beinah plastisch. Ähnliche Schriftmerkmale lassen sich auch auf den übrigen Kelchen beobachten. Als Worttrenner finden sich quadratische Blütenornamente (Nr. 14, Nr. 24, Nr. 31), Blattranken (Nr. 38), ein eingerolltes Band (Nr. 37) und eine Rosette (Nr. 31). Eine schriftgeschichtliche Einordnung der undatierten Vasa sacra-Inschriften erscheint angesichts einer offensichtlich vorhandenen starken Traditionsbindung dieser Gruppe von Inschriftenträgern schwierig.

Die wenigen Versalien der gotischen Minuskel sind bis zum Ende ihres Vorkommens 1546 überwiegend – wie bereits angemerkt – dem Repertoire der gotischen Majuskel entnommen. Daneben zeigen sich um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert – also schon vor dem ersten Auftreten der Frakturminuskel 1572 – Versalien, die der Fraktur zuzuordnen sind (Nr. 29, Nr. 30), sowie einmal eine kapitale Form (Nr. 19).

5. 3. Fraktur

Als weitere epigraphische Minuskelschrift tritt seit der Mitte des 16. Jahrhunderts allgemein die Fraktur auf, zunächst neben der gotischen Minuskel, um sie dann rasch abzulösen. Diese aus dem Buchdruck bzw. ursprünglich aus den Kanzleien des ausgehenden Mittelalters stammende Schrift151) verfügt über eigene Versalien mit geschwungenen bzw. an- und abschwellenden Schäften, oft s-förmigem Anstrich und aufgelösten Grundformen. Die Versalien fanden erheblich früher als die Gemeinen der Fraktur Eingang in die Inschriften152). So tragen in Helmstedt – wie schon erwähnt – ein Altarretabel und ein Teppich im Kloster St. Marienberg, beide von etwa 1500, bereits in dieser Art verzierte Frakturversalien (Nr. 29, Nr. 30). Die früheste Inschrift, die auch die Gemeinen der Fraktur benutzt, bietet das Epitaph der Sophia von Wenden aus dem Jahre 1572, ebenfalls im Kloster St. Marienberg (Nr. 69). Die Inschrift weist bereits wesentliche die Fraktur kennzeichnende Merkmale auf: a ist einstöckig, der Schaft des langen s reicht unter die Grundlinie. Allgemein besteht die Tendenz zur Rundung der in der gotischen Minuskel gebrochenen Bögen, so bei o, das hier noch nicht ganz die kennzeichnende spitzovale Form bietet, deutlich aber bei d, h und p, hier mit ausgebauchten Bögen, und bei w und v, deren rechte Schrägschäfte nach rechts durchgebogen sind. Es fehlen in dieser Inschrift allerdings noch die charakteristischen Schwellzüge und Verzierungen, was möglicherweise um diese Zeit noch ein technisches Problem darstellte, denn die Inschrift ist im Gegensatz zur Mehrzahl der späteren erhaben aus dem Stein gehauen.

In Helmstedt bleibt die Fraktur bis zum Ende des Untersuchungszeitraums in Gebrauch. Bis 1650 wird sie einmal auf Stein, auf dem genannten Epitaph, zweimal auf Holz in geschnitzten Hausinschriften und achtmal gemalt verwendet. Aus der Zeit von 1650 bis 1800 sind überwiegend in Stein gearbeitete, aber auch in Hausbalken geschnitzte und gemalte Frakturinschriften erhalten. Frakturinschriften auf Metall gibt es also nicht. Wie anderswo wird auch in Helmstedt die Fraktur bevorzugt für deutschsprachige Texte gewählt. Man vermeidet es, lateinische Texte in die nach allgemeiner Ansicht dem Lateinischen wesensfremde Fraktur zu fassen. Das führt dazu, daß die einer deutschen Frakturinschrift beigegebenen lateinischen Ergänzungen oder Zitate in Kapitalis gesetzt sind (z. B. Nrr. 98, 310)153). Beispiele für den an sich seltenen Fall eines lateinischen Textes [Druckseite LI] in Fraktur sind die schon genannte älteste Frakturinschrift auf dem Epitaph der Sophia von Wenden von 1572 (Nr. 69) und eine Hausinschrift von 1594 (Nr. 99)154).

Bei den gemalten Frakturinschriften – auf Epitaphien, Altären und Bildern – läßt sich überwiegend nicht entscheiden, bis zu welchem Grad der derzeitige Zustand einer modernen Überarbeitung verdankt wird. Bemerkenswert ist die Wahl der Schriftart Fraktur bei zwei Tafelbildern von 1645 in St. Stephani, die beide vom selben Stifter und vermutlich auch vom selben Maler stammen. Für das Gemälde mit der Darstellung des Prozesses Jesu (Nr. 162) fand der Maler in seiner Vorlage, einem Stich des Daniel Altenburgh, die lateinischen Texte in humanistischer Minuskel, die deutsche Übersetzung in Fraktur geschrieben vor. Entsprechend malte er seine Inschriften, nur deutsche Texte, ebenfalls in Fraktur. Für das zweite Gemälde, die Verlesung der Confessio Augustana (Nr. 161), bot die Vorlage, ein Kupferstich des Johann Dürr, die ausschließlich deutschen Texte in einer schrägliegenden humanistischen Minuskel. Hier änderte der Maler zu Fraktur, wohl unter dem Einfluß der vorherrschenden Sprach-/Schriftbindung, möglicherweise aber auch, um einen einheitlichen Gesamteindruck der beiden gestifteten Bilder zu erzielen. Er verfuhr damit anders als sein Malerkollege in Schorndorf, der bei der Kopie desselben Stichs die Schriftart der Vorlage beibehielt155).

Der folgende Überblick über Helmstedter Frakturinschriften beschränkt sich auf die in Stein und Holz ausgeführten. Die zweitälteste in Stein gearbeitete Frakturinschrift befindet sich am Portal des Treppenhauses von Bötticherstr. 51 (Nr. 213). Sie wurde in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts in den Stein eingehauen, ein von nun an als vorherrschend zu beobachtendes Verfahren, und zeigt in der feinstrichigen Auszierung der Versalien und der gleichmäßigen Schriftführung, daß die Technik dieser anspruchsvollen Schriftart, verglichen mit ihrer Ausführung auf dem Epitaph von 1572, inzwischen weiterentwickelt worden ist und handwerklich beherrscht wird. Für die Anwesenheit eines leistungsstarken Steinmetzhandwerks in der Region spricht die mit Fraktur beschriftete Grabplatte des Bürgermeisters Johann Georg Haenichen von 1694 (Nr. 327). Aufwendig gestaltet sind die Versalien. Sie tragen zarte Begleitstriche und ein den Oberlängenbereich weit überschreitendes Dekor von Zierschwüngen und Spiralornamenten in der Art barocker Federzugornamente. Hier ist der Einfluß zeitgenössischer Schreibmeisterbücher und ihrer Muster unverkennbar156). Spiral- und Schleifenornamente sind auf der Haenichenplatte auch den Oberlängen von d, h, t sowie langem s angefügt und überziehen je nach Position des Buchstabens als Ziergeflecht den freien Seitenrand. Der Formenbestand der Fraktur ist erweitert um Schleifen-s/S neben Fraktur-s/S. Die Eigennamen sind in Versalschrift gearbeitet157). Demgegenüber fällt die Schriftausführung auf den drei mit Fraktur beschrifteten Särgen in der Grabkapelle der Familie Hahn/Eichel /Böckellen (Nr. 375, Nr. 381, Nr. 451) deutlich ab. Die beiden in den Jahren 1701 und 1702 angefertigten Särge Nr. 375 und Nr. 381 stammen zweifelsfrei aus derselben Werkstatt, kenntlich an der eigenartigen Form des x der Frakturinschriften und an der Manier, Schleifen und Spiralen ohne Verbindung zu einem Buchstaben als freischwebendes Ornament in die schriftfreie Fläche zu setzen. Von einem die Ziermöglichkeiten der Fraktur ausschöpfenden Steinmetzen ist die Grabplatte für das Ehepaar Hülsemann/Müller von 1712 (Nr. 442) gearbeitet worden. Sie weist kalligraphische Zierschwünge und -schleifen an den Versalien, an den Oberlängen von d, f, h, k, l, t und an dem unter die Grundlinie verlängerten Bogen des h sowie kursives Schleifen-S als Zweitform auf. Dekor dieser Art findet sich auch auf der Grabplatte des Amtmanns Franz Conrad Heyer im Kloster St. Marienberg aus dem Jahre 1767 (Nr. 498). Deren Fraktur stattet vor allem die Versalien mit Schwellzügen und Begleitlinien aus und ist hier noch einmal erhaben aus dem Stein gearbeitet.

Veränderungen in den Buchstabenformen, die erlauben, von Schriftentwicklung zu sprechen, lassen sich bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts kaum beobachten. Wohl aber hat die jüngste [Druckseite LII] Fraktur des Bestandes, die Inschrift auf der Grabplatte des Bürgerhauptmanns Johann Friedrich Haenichen von 1781 (Nr. 508), mit ihrer breit laufenden, steifen Schrift und dem Verzicht auf Schwellzüge und jegliche Ornamentik außer den Grundformen der meisten Buchstaben nicht mehr viel gemein mit der Fraktur, die die oben erwähnte Grabplatte des Großvaters, des Bürgermeisters Johann Georg Haenichen, aus dem Jahre 1694 (Nr. 327) ziert.

Die in Fraktur ausgeführten Hausinschriften sind sämtlich, mit Ausnahme einer schmal proportionierten, schlecht erhaltenen von 1591 am Haus Gröpern 55 (Nr. 98), erhaben aus dem Holz geschnitzt. Nach einer guten Vorlage scheint die Schrift auf einem Hausbalken von 1594 (Nr. 99) gearbeitet zu sein. Bemerkenswert sind hier die qualitätvollen Versalien, das mit mehrfach eingerollten bzw. geschwungenen feinen Zierlinien entlang dem linken bzw. beiden Schrägschäften unterschiedlich gestaltete A und ein K, das im Schaft und im oberen Schrägbalken in zarte Zierkreise bzw. -striche ausläuft. Zwei Schäfte des i und beide Schäfte des u sind mit je einem Schlängel versehen. Der obere Bogen des runden s geht über in eine Zierlinie nach links, die s samt dem vorangehenden Buchstaben überwölbt. Den dekorativen Gesamteindruck vervollständigen mit Zierhäkchen nach oben bzw. unten versehene Quadrangeln und mehrblättrige halbplastische Rosetten. Die nächst jüngere in Fraktur ausgeführte, erhaltene Hausinschrift aus dem Jahre 1697 am Nebenhaus von Neumärker Str. 10 (Nr. 347) zeigt keine grundsätzlich neuen Elemente. Die Verschnörkelung der Versalien ist hier weiter variiert und im Wechsel von Schwellzug und haarfeinen Linien technisch vollkommen ausgeführt. Als weiteres Schmuckelement überwölbt eine Zierlinie die nach rechts gebogenen Enden der Oberlängen von b und h. Die gleichen Merkmale weisen auch die beiden zeitlich folgenden Hausinschriften von 1706 und 1716, Neumärker Str. 14 (Nr. 416) und Gröpern 56 (Nr. 448), auf. Die Besonderheiten einiger Frakturinschriften aus der Mitte des 18. Jahrhunderts (Nrr. 481, 485, 488) – breiter Schriftduktus, fehlende Schwellzüge und bei Nr. 481 und Nr. 485 Nichtbeachtung des Vierlinienschemas – dürften in erster Linie als handwerkliche Mängel zu bewerten sein. Die Blütezeit der Fraktur scheint bei den Hausinschriften wie bei den Grabplatten etliche Jahrzehnte zuvor zu Ende gegangen zu sein.

5. 4. Humanistische Minuskel und Nachfolgeschriften

Die humanistische Minuskel, aus der karolingischen Minuskel entwickelt und unter der Bezeichnung Antiqua durch den Buchdruck verbreitet158), tritt im Helmstedter Inschriftenbestand bis 1650 nur einmal in einer gemalten Inschrift an der Orgelempore von St. Stephani auf (Nr. 87 B). In der späteren Zeit erscheint eine kunstlose, unspezifische Antiqua159). Sie ist häufig beschränkt auf einzelne Textteile, so in einigen Graffiti, z. B. auf Karzerbalken (Nr. 326 J, N, Nr. 520), in gemalten Inschriften, z. B. auf dem Gemäldediptychon für Herzog Rudolph August von 1731 (Nr. 463), und auf Metall, z. B. in der lateinischen Inschrift einer Bleitafel im Knauf der Wetterfahne von St. Stephani aus dem Jahre 1724 innerhalb einer Versalschrift (Nr. 453). Sowohl gemalt wie auf Metall graviert tendiert sie zur Schräglage, beispielsweise auf einem Professorenporträt (Nr. 525) und auf einer Oblatendose von 1695, hier mit weit ausgreifenden Schmuckschlingen an Ober- und Unterlängen (Nr. 378). Nur zweimal dient sie dazu, in Stein eine ganze Inschrift wiederzugeben, auf einem schlecht erhaltenen, sarkophagähnlichen Grabdenkmal von 1795 (Nr. 515) und auf einem Epitaph von 1799, hier in Verbindung mit der Versalschrift als Auszeichnungsschrift für den Eigennamen (Nr. 519).

Der Blick in andere norddeutsche Städte zeigt, daß der Helmstedter Befund bis 1650 nicht ungewöhnlich ist. Auch Goslar, Einbeck und Göttingen haben bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts keine Inschriften in humanistischer Minuskel aufzuweisen160). Daß sie in Helmstedt nicht vorhanden sind, erstaunt nur, wenn man erwartet, daß sich hier die Anwesenheit der Hochschule zugunsten dieser genuin humanistischen Schrift ausgewirkt hätte, wie das in anderen Universitätsstädten [Druckseite LIII] der Fall ist161). Die Helmstedter akademische Gesellschaft favorisierte indes vor allem auf ihren steinernen Grabmonumenten die Kapitalis.

5. 5. Kapitalis

Die Aufnahme der Kapitalis in der Region Helmstedt scheint sich nach dem erhaltenen Bestand nur geringfügig später als in anderen norddeutschen Städten vollzogen zu haben. Allgemein gilt etwa die Mitte des 16. Jahrhunderts als Zeitgrenze, zu der die gotische Minuskel der Renaissancekapitalis Platz gemacht hat162). Die älteste Kapitalisinschrift in Helmstedt, eine Renaissancekapitalis auf einer Steintafel in St. Ludgeri, stammt von 1556 (Nr. 53). Die der Renaissancekapitalis vorausgehende Schriftform der frühhumanistischen Kapitalis tritt in entwickelter Form im Helmstedter Bestand nicht auf163). Allerdings finden sich einzelne Merkmale dieser in einigen Formen auf ältere Majuskelschriften zurückgreifenden, dekorativen Mischschrift in drei Hausinschriften aus den Jahren 1572, 1580 und 1597 (Nrr. 70, 79, 106)164). So trägt auf der Brüstungsplatte des abgerissenen Hauses Neumärker Str. 23 von 1572 (Nr. 70) I einen Nodus; statt des kapitalen steht unziales D. Der Mittelbalken des H ist ebenso wie in der Inschrift Kornstr. 3 von 1597 (Nr. 106) nach oben ausgebuchtet; eine Ausbuchtung, sowohl nach oben wie nach unten, ziert in Nr. 106 auch den Schrägschaft des N. Unziales D, Nodus am Schaft des I und Sonderformen bei A und G charakterisieren auch die Inschrift am ehemaligen Beginenhaus von 1580 (Nr. 79).

Die erste Kapitalis ohne eine der genannten Sonderformen ist, wie gesagt, 1556 im Kloster St. Ludgeri verwendet worden (Nr. 53). Es handelt sich um eine aus dem Stein erhaben gearbeitete Bauinschrift, die überwiegend geprägt ist von dem Bemühen um eine saubere Wiedergabe der Buchstabenformen der antiken Monumentalschrift. Erreicht wird dies Ziel allerdings nicht. Das klassische M mit dem auf die Grundlinie herabreichenden Mittelteil und leicht schräggestellten Schäften ist wie in den allermeisten Helmstedter Kapitalisinschriften ersetzt durch ein M mit parallelen Schäften und einem verkürzten Mittelteil. E trägt einen stark verkürzten Mittelbalken; Bogen- und Linksschrägenverstärkungen, die qualitätvolle Renaissancekapitalisinschriften auszeichnen, fehlen fast ganz; Sporen sind nur vereinzelt gesetzt. Damit ist die Inschrift typisch für das Gros der Helmstedter Kapitalisinschriften, unter denen sich keine findet, die alle idealtypischen Merkmale der Renaissancekapitalis in sich vereint. Insbesondere ein Kennzeichen der Renaissancekapitalis, die Bogen und Linksschrägenverstärkung mit entsprechend linksschräg geneigter Schattenachse, läßt sich ausgeprägt nicht aufzeigen; wohl aber findet sich in der späteren Kapitalis anstelle der linksschrägen die senkrechte Schattenachse etwa bei O165). So gestaltet z. B. eine zum Haus Schuhstr. 12/13 gehörende, auf breite Proportionen angelegte erhabene Balkeninschrift von 1666 (Nr. 226) ihr fast kreisrundes O mit beidseitig symmetrischer Bogenverstärkung und senkrechter Schattenachse. Der klassische Gesamteindruck dieser Inschrift beruht darüber hinaus auf dem Wechsel von Haar- und Schattenstrichen und auf der Regelmäßigkeit der Buchstabenformen. Nicht zur Orientierung an klassischen Vorbildern paßt die Form des A, das einen stark nach unten geknickten Mittelbalken trägt, und Versal-S mit einem weit nach links ausgezogenen unteren Bogen. Auch verwendet man hier bereits U zur Bezeichnung des Vokals statt des klassischen V. [Druckseite LIV]

Bis zum Ende des Bearbeitungszeitraums ist die Kapitalis vorherrschende Schriftart. Ihre Buchstabenformen bleiben weitgehend unverändert, ihre unterschiedliche Ausführung, die Vermeidung von Fremdformen sowie die Benutzung guter Vorlagen dürften stark beeinflußt sein von den Intentionen der jeweiligen Auftraggeber. So zeigen Inschriften mit offiziellem Hintergrund wie die herzogliche Bauinschrift am ehemaligen Versammlungshaus der Schöffen in der Neumark von 1748 mit ihren breit proportionierten Buchstaben und der V-Schreibung (Nr. 484) oder die Gefäßinschriften auf den Stiftungen von Herzog und Universität aus den Jahren 1704 (Nr. 399) und 1705 (Nr. 414) mit dem Wechsel von Haar- und Schattenstrichen und ausgearbeiteten Sporen ein besonderes Bemühen um ein klassisches Schriftbild. Deutlich wird an dem zuletzt genannten Beispiel – die von der Universität gestiftete Kanne ist in einer bekannten Augsburger Werkstatt hergestellt worden –, daß das Erscheinungsbild der Schrift immer auch eine Folge der Qualität der Werkstatt ist. Im Bereich der von Privatleuten in Auftrag gegebenen Grabplatten läßt sich z. B. an der Einführung von U für vokalisches V erkennen, daß einige Steinmetzen bisweilen überfordert waren. Rundes U steht sehr früh, schon 1585, auf der aus dem Sauerland „importierten“ Grabplatte für Alexander Kock (Nr. 84) zur Bezeichnung des Vokals166) und findet sich danach häufig auf Helmstedter Platten. Aber bis 1770 (Nr. 499) gibt es immer noch lateinische Inschriften, in denen beide Buchstaben ohne erkennbares System nebeneinander gebraucht werden167). Bei der Gestaltung der griechischen Majuskeln am Haus Neumärker Str. 29 (Nr. 317) kommen die Formen der klassischen Kapitalis, soweit es die Buchstabengleichheit erlaubt, zur Anwendung. Die Kapitalisbuchstaben der übrigen Inschriften dieses Baus – M mit senkrechten Schäften und, selten in Helmstedt, fast auf die Grundlinie herabgezogenem Mittelteil, O mit senkrechter Schattenachse, spitzes A, allerdings mit eingeknicktem Mittelbalken, Sporen und breit konstruierte Proportionen – zeigen den auch in Sprach- und Spruchwahl zum Ausdruck kommenden hohen Anspruch des Auftraggebers und unterstreichen die auf Repräsentation angelegte Gesamtwirkung des Hauses. Es sind indes auch hier einige handwerkliche Mängel zu bemerken. So ist die Jahresangabe nur im Tausender-, nicht aber im Fünfhunderterzeichen in neulateinischen Zahlzeichen ausgeführt. Für den S-Laut der griechischen Inschrift nimmt der Schnitzer nicht das griechische Sigma, sondern kapitales S. Korrekt in diesem Punkt, nämlich mit Sigma, ist 1568 die griechische Beischrift auf dem Porträt des Späthumanisten Johannes Caselius (Nr. 62) ausgeführt.

Abschließend einige Anmerkungen zu den als Zahlzeichen zu verwendenden Buchstaben der Kapitalis, also dem Ersatz von kapitalem M (tausend) und D (fünfhundert) durch neulateinische Zahlzeichen. Es sind dies Formen, die aus dem griechischen Buchstaben Phi entwickelt wurden168), in der Regel für M ein Schaft zwischen zwei getrennt von ihm stehenden, nach innen geöffneten Halbkreisbögen bzw. für D ein Schaft mit einem rechts getrennt stehenden, nach innen geöffneten Halbkreisbogen. Insgesamt sechsundzwanzigmal bedient man sich zwischen 1596 und 1734 dieser Schreibweise169), fast immer in lateinischen Texten. Im einzigen deutschen Text, einer in Fraktur gemalten Inschrift auf einem Epitaph der Familie Mynsinger von Frundeck von 1596 (Nr. 102), folgen die Zahlzeichen auf ein in Kapitalis geschriebenes lateinisches ANNO. – Die Zahlzeichen der sechs Chronogramme, die zwischen 1697 und 1765 unter dem Einfluß des Klosters St. Ludgeri entstanden sind170), bieten reine Kapitalisformen bis auf das älteste Chronogramm von 1697; dort ist C mit einem zum Buchstabeninneren caudaähnlichen Haken am unteren Bogenende und X mit einem stark geschwungenen, linksschrägen Schaft versehen (Nr. 345 C). – Arabische Ziffern statt der römischen Zahlzeichen sind in Helmstedt erst in vergleichsweise später Zeit gesichert im Gebrauch, zuerst in der genannten ältesten Kapitalisinschrift von 1556 (Nr. 53). Auf [Druckseite LV] eine Verwendung bereits im Jahre 1465 weist die Kopie einer gemalten Stifterinschrift auf der Holztür des Sakramentshäuschens in der Kirche St. Marienberg (Nr. 19).

5. 6. Versalschrift

In den Buchstabenbestand der Kapitalis mischen sich seit den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts Versalien der durch Schreibmeisterbücher verbreiteten humanistischen Schreibschriften. Es handelt sich dabei der Herkunft nach um Versalien der humanistischen Kursive, die sich in ihrer kalligraphischen Gestaltung nicht zuletzt durch Verwendung im Buchdruck formal verfestigt hatten und als komplette Textschrift auch Eingang in die Epigraphik fanden. Vor allem in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist diese Schrift in Inschriften recht verbreitet. Im Helmstedter Bestand bediente man sich dieser Buchstabenformen zunächst als Versalien, zuerst auf einem Gemälde von 1664 (Nr. 217). 1666 treten sie im Wortinneren auf (Nr. 225). 1680 bilden sie auf einer Grabplatte dann auch zum ersten Mal eine durchgehende Schrift für den gesamten Inschrifttext (Nr. 271). Diese hier als Versalschrift bezeichnete Schriftart171) mit ihren den Zügen der Schreibfeder nachgebildeten Rundungen und Schwellungen erforderte vom Steinmetzen beträchtliches handwerkliches Geschick. Als komplette Textschrift erscheint sie bis 1704 noch auf drei weiteren Grabplatten (Nr. 306, Nr. 355, Nr. 397). Auftraggeber waren jeweils Professorenfamilien. Zwei der Platten – aus den Jahren 1688 und 1704 – sind dem Professorenehepaar Schrader gewidmet (Nr. 306, Nr. 397). In diesem Falle wird die naheliegende Vermutung, daß hier dieselbe Werkstatt, vielleicht auch derselbe Steinmetz tätig war, nicht nur durch das fast gleiche Erscheinungsbild der Platten, sondern auch durch den epigraphischen Befund bestärkt. Ein Kennzeichen, das nur diese beiden Platten miteinander verbindet, ist ein links offenes Q, dessen Bogen unten in einer Schlinge unmittelbar in die Cauda überleitet und das so einer runden Zwei ähnelt. Trotz des zunächst einheitlich wirkenden Schriftbildes aller vier Steine gibt es im übrigen geringfügige Unterschiede. Die Freude an Rundung und Schwingung, die diese Schriftart charakterisiert, führt dazu, daß das zweibogige E auf den Schraderschen Platten und auf der Platte des Professors Heinrich Meibom aus dem Jahre 1700 (Nr. 355) mit einer Schlinge am Übergang vom oberen zum unteren Bogen ausgeführt ist. Dagegen weist die Platte des Professors Tappen von 1680 (Nr. 271) das zweibogige E in Grundform auf. Die Tappensche Platte wiederum verbindet mit den Schraderschen Platten ein Anstrich an den oberen Schaftenden z. B. des U, während die Schäfte der Meibomschen Platte stumpf enden. Dort findet sich auch ein aus einem Versal entwickeltes zusätzliches Spiralornament, vergleichbar dem Verzierungsansatz auf der Tappenschen Platte, wo eine feine Schlinge die beiden letzten Buchstaben in TAPPJUS verbindet. Mag man dennoch die Vorstellung einer gemeinsamen Werkstatt für alle vier Platten nicht aufgeben, müßte erwogen werden, dieser auch die oben beschriebene Platte mit der Frakturinschrift für den Bürgermeister Johann Georg Haenichen von 1694 (Nr. 327) zuzuweisen. Die dort als Namensauszeichnungsschrift verwendete Versalschrift bietet ebenfalls E mit Schlinge zwischen den Bögen und – wie am ausgeprägtesten auf der Tappenschen Platte – eine starke Betonung des Unterschiedes von Haar- und Schattenstrichen. – Außer auf den vier Grabplatten findet die Versalschrift etwa gleichzeitig graviert auf liturgischen Geräten und auf einer Bleiplatte (Nr. 453) Verwendung. 1740 erscheint sie noch einmal in Stein in einer deutschen Bauinschrift (Nr. 475). Sie tritt stets mit überhöhten Anfangsbuchstaben auf. Ihre Einzelbuchstaben geben in Stein und auf Metall weiterhin bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Versalien in Kapitalisinschriften ab.

Zitationshinweis:

DI 61, Stadt Helmstedt, Einleitung, 5. Schriftformen (Ingrid Henze), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di061g011e005.

  1. Vgl. Deutsche Inschriften, Terminologie, S. 28. »
  2. Vgl. Deutsche Inschriften, Terminologie, S. 46f. »
  3. DI 35 (Stadt Braunschweig I), S. LIV, DI 36 (Stadt Hannover), S. XXVIII, DI 58 (Stadt Hildesheim), S. 66. Zum ersten Auftreten in Goslar (wohl 1314? bzw. Ende des 14. Jahrhunderts) vgl. DI 45 (Stadt Goslar), S. XXVIII»
  4. Vgl. DI 54 (ehem. Landkreis Mergentheim), S. LIV. Dort wird ein kastenförmiges a von 1412 genannt. »
  5. Eine nicht systematische Durchsicht der Bildteile einiger norddeutscher Inschriftenbände erbrachte entsprechende Belege in Hannover für 1531 und 1553 (DI 36, Stadt Hannover, Nr. 60, Nr. 96), in Einbeck für 1551 (DI 42, Einbeck, Nr. 78), in Goslar für 1459 und für vor 1505 bis nach 1510 (DI 45, Stadt Goslar, Nr. 32, Nr. 59 C10), in Hildesheim sicher datiert zuerst für 1502 (DI 58, Stadt Hildesheim, Nr. 262, vgl. ebenda, Register 10, „Paläographische Besonderheiten“). Gehäuft, aber nicht ausschließlich, findet es sich auch auf dem Zittauer Fastentuch von 1472, vgl. die Abbildungen bei V. Dudeck, Das Grosse Zittauer Fastentuch hy schaffte hym(m)el und erde got, hg. von den Städtischen Museen Zittau, Bad Muskau 1997. »
  6. Zu Herkunft und Merkmalen der Fraktur vgl. die Einleitungen früherer DI-Bände, z. B. DI 37 (Rems-Murr-Kreis), S. LIIIff. mit der älteren Literatur. Zur Fraktur in Norddeutschland vgl. DI 26 (Stadt Osnabrück), S. XXVIIIff. und DI 45 (Stadt Goslar), S. XXIXf. »
  7. Vgl. Kloos, Einführung, S. 142. »
  8. Ein vergleichbares Beispiel aus Braunschweig ist DI 56 (Stadt Braunschweig II), S. XXXVIII genannt. »
  9. Lateinische Texte in Fraktur auch in DI 26 (Stadt Osnabrück), Nr. 200 mit S. XXVIII und in DI 29 (Stadt Worms), Nr. 425 und Nr. 431 mit S. LXVIII»
  10. DI 37 (Rems-Murr-Kreis), Nr. 313 mit S. LVII»
  11. Vgl. z. B. K.-M. Sprenger, Zug um Zug. Die Schreibmeister und ihre Kunst vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Gutenberg-Museum Mainz 1998, mit zahlreichen Abbildungen. »
  12. Zu einer möglichen Werkstattzuweisung der Platte nach den Schriftmerkmalen dieser Majuskelpartien s. u. S. 55. »
  13. Vgl. Kloos, Einführung, S. 143ff. »
  14. Kurzer Ausblick auf die Antiqua der Barockzeit bei Kloos, Einführung, S. 161ff.  »
  15. Die Inschriftenaufnahme dieser Bände endet 1650. Zu den Verhältnissen in Osnabrück – 16 Inschriften in humanistischer Minuskel bis 1650 – vgl. DI 26 (Stadt Osnabrück), S. XXVIII»
  16. Vgl. DI 42 (Einbeck), S. XXVI, DI 36 (Stadt Hannover), S. XXIX, DI 45 (Stadt Goslar), S. XXIX; etwas früher wohl in Hameln, DI 28 (Hameln), S. XXXII und Osnabrück, DI 26 (Stadt Osnabrück), S. XXVII»
  17. Wegen ihres geringen Buchstabenbestandes nicht berücksichtigt sind die verschlungenen Initialen am Haus Schuhstr. 5 von 1514 (Nr. 45 B), die auf frühhumanistische Buchstabenformen zurückzugehen scheinen, und die Inschriften eines undatierten Kelches (Nr. 32). »
  18. Zu Herkunft und Merkmalen der frühhumanistischen Kapitalis und ihrer Abgrenzung zur Renaissancekapitalis vgl. DI 37 (Rems-Murr-Kreis), S. Lff. mit der älteren Literatur; zu ihren Erscheinungsformen in Norddeutschland vgl. die in Anm. 166 genannten Bände der DI und DI 58 (Stadt Hildesheim), S. 63f. »
  19. Zur Lage der Schattenachse als Unterscheidungsmerkmal der Renaissancekapitalis von der klassizistischen Kapitalis vgl. Kloos, Einführung, S. 161. »
  20. Die lautliche Scheidung von U und V erfolgte in Mitteldeutschland teilweise gegen Ende des 17. Jahrhunderts, vgl. H. Gutzwiller, Die Entwicklung der Schrift in der Neuzeit. In: Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 38, 1992, S. 381ff., hier S. 431. Der in norddeutschen DI-Bänden allgemein genannte Zeitpunkt ist das beginnende 17. Jahrhundert, vgl. DI 36 (Stadt Hannover), S. XXIX, DI 46 (Stadt Minden), S. XXVII, DI 56 (Stadt Braunschweig II), S. XXXIX»
  21. So z. B. Nr. 306, Nr. 397, Nr. 439»
  22. Vgl. DI 37 (Rems-Murr-Kreis), Nr. 309a, Anm. e mit Literatur zu Herkunft und Schreibweise der neulateinischen Zahlzeichen. »
  23. Vgl. Register 10, „Datum in der Inschrift“. »
  24. Nr. 345 C, F, Nr. 447 A, B, Nrr. 495, 496»
  25. Da die Inschriften in den Bänden der DI in der Regel nur bis 1650 aufgenommen werden, ist diese späte Schriftart in ihrer epigraphischen Verwendung noch nicht untersucht und die Frage der Benennung nicht diskutiert. Ohne nähere Erläuterung bezeichnet sie K. M. Kowalski, Die Inschriften der Woiwodschaften Elblag, Gdansk, Koszalin und Slupsk von den ältesten Zeiten bis 1800. In: Epigraphik 1988, S. 259ff., hier S. 269 mit Abb. 10 als „kursive Barockmajuskel“. Die hier gewählte Bezeichnung „Versalschrift“ erfolgte mit Blick auf die Genese der Schrift in Absprache mit Herrn Dr. H. Drös, Heidelberg, sowie Frau Dr. S. Wehking und Frau Dr. C. Wulf, Göttingen, denen für Beratung in dieser Frage gedankt sei. »