Die Inschriften der Stadt Xanten

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Der Katalog wurde gemäß den Aufnahmekriterien des Deutschen Inschriftenwerks zusammengestellt. Die Inschriften entsprechen der Definition von Rudolf M. Kloos, sind also „von Kräften und mit Methoden hergestellt, die nicht dem Schreibschul- oder Kanzleibetrieb angehören“.246) Von der Aufnahme ausgeschlossen sind folglich Texte auf Pergament oder Papier, so z. B. die zahlreichen in Xanten überlieferten Radierungen und Kupferstiche. Nicht aufgenommen wurden weiterhin Inschriften aus serieller Produktion wie Siegel- und Münzinschriften sowie geprägte Inschriften auf Bucheinbänden, die alle zudem Gegenstand von Spezialdisziplinen sind.247)

Verzichtet werden musste auf die Untersuchung von Gegenständen, zu denen ein Zugang nicht möglich war und deren Inschriften zudem nicht kopial überliefert sind. So war eine Prüfung der Marienbaumer Paramente, sofern sie in Schubladen aufbewahrt werden, nicht möglich.

Nicht aufgenommen wurden gemalte Inschriften auf Trägern, deren Fassung nach 1650 erneuert wurde, sofern eine gleichlautende ältere Fassung nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Dies trifft auf die Gewandsauminschriften an den Skulpturen der Pieta im Stiftsmuseum und des hl. Nikolaus am südlichen Zugang zum Chorbereich ebenso zu wie für die Namensbeischriften in den Nimben der dargestellten Heiligen auf dem Gemälde über der Schöffenbank im Xantener Dom. Auch die Tituli auf einem um 1420 angefertigten Kruzifix, das sich heute im Stiftsmuseum befindet, und am sehr bedeutsamen gotischen Triumphkreuz auf dem Lettner des Domes wurden nicht berücksichtigt, weil sie sehr wahrscheinlich neu sind. Ferner konnten die Friesinschriften im Hochchor des Domes nicht aufgenommen werden; Walter Bader hat sie „wieder“ anbringen lassen, ohne sie auf der Grundlage des Befundes datieren zu können.248) Sie sollen hier zumindest als [Druckseite 67] Fußnote notiert sein.249) Außerhalb des Bearbeitungszeitraums entstanden sind auch die Inschriften auf dem alten Hagelkreuz, das auf der Grenze von Wardt und Lüttingen steht, und auf dem Quirinusstein an der Fürstenbergkapelle.

Ausgeschlossen werden mussten auch zerstörte oder verschollene Gegenstände, die vielleicht oder gar mit Sicherheit Inschriften trugen, deren Wortlaut aber nicht überliefert ist. Dazu gehört die nur in der Literatur und dort ohne Inschrift erwähnte Grabplatte der Gräfin Imeza, die sich im 11. Jahrhundert als Wohltäterin des Stiftes hervorgetan hatte und deshalb mit einem Grab im Chor geehrt worden war.250)

Die Zusammenstellung des Katalogs basiert auf dem Provenienzprinzip. Das bedeutet, dass nur die Inschriften aufgenommen wurden, die im Bearbeitungszeitraum (also bis 1650) im Bereich der heutigen Grenzen der Stadt Xanten nachweisbar sind. Nach diesen Kriterien gehört die Inschrift auf dem Grabstein der Äbtissin Katharina Brackmann, die 1587 im Kalkarer Exil der Birgittenschwestern aus Kloster Marienbaum der Pest erlag und im St. Jans-Chörchen der St. Nikolai-Kirche ihre letzte Ruhestätte fand, nicht zum bearbeiteten Bestand. Wegen ihres Bezuges zu Xanten soll auch diese Inschrift hier kurz erwähnt werden.251) Gänzlich unbekannt ist die Provenienz eines Gemäldes, das der Rechtsanwalt Dr. Paul Hoffacker der Propsteigemeinde geschenkt hat und welches heute in der Heilig-Geist-Kapelle hängt. Es zeigt eine Kreuzigungsgruppe aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Darstellung eines Stiftsherrn, dem auf einem Spruchband die Worte: O fili Dei, miserere mei in den Mund gelegt werden.

Auch die Herkunft des sog. kleinen typologischen Kreuzes ist unbekannt. Es handelt sich um ein Vortragekreuz, das 1160/70 im Maasland gefertigt wurde und sich durch besonders qualitätvolle Grubenschmelzplatten mit Darstellungen zur Kreuzauffindung durch die Kaiserinmutter Helena auf der Rück- und durch typologische Szenen aus dem Alten Testament auf der Vorderseite auszeichnet. Die Platten der Rückseite befinden sich, sofern sie den Zweiten Weltkrieg überdauert haben, heute im Kunstgewerbemuseum Berlin252), die der Vorderseite im British Museum London253). Kraus' Vermutung, das Kreuz stamme aus Xanten254), wird heute mehrheitlich abgelehnt.255)

Schließlich wurden Inschriften ausgeklammert, deren schlechter Erhaltungszustand es nicht erlaubt, auch nur Teile des Wortlauts mit hinreichender Sicherheit zu entziffern. So sind die auf Spruchbändern verzeichneten Beischriften zu den Apostelfiguren in den Wandmalereien des gotischen Chors der Marienbaumer Wallfahrtskirche St. Mariä Himmelfahrt nicht mehr lesbar. Dasselbe gilt für eine auf die Wand neben dem Bonifatiusaltar im nördlichen Teil der Westchorhalle des Xantener Domes aufgemalte Inschrift, die weitgehend verblasst und bis auf vereinzelte Buchstaben unleserlich ist.

Zitationshinweis:

DI 92, Stadt Xanten, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Paul Ley), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009e004.

  1. Kloos, Einführung (1980), S. 2. »
  2. Vgl. Kap. 1 der Einleitung. »
  3. Bader, 1600 Jahre (1964), S. 296: „Ob die Friesinschriften bei der mittelalterlichen Ausmalung schon vorhanden waren und bei den Renovierungen übernommen wurden, ist aus dem Befund nicht mehr nachzuweisen.“ »
  4. Isti sunt sancti qui pro testamento dei sua // corpora tradiderunt et in sanguine agni laverunt stolas suas. // Tradiderunt corpora sua in mortem ne servirent // idolis ideo coronati possident palmam (Bader, Dom I [1978], S. 98). Der Text dieser Inschriften, der Dn 3,95 und Apc 7,14 zitiert, war von den Stiftsherren in die Liturgie der Gedenktage des hl. Mauritius (21. September) und des hl. Viktor (10. Oktober) integriert worden. Sie wiesen an dieser Stelle der Xantener Stiftskirche darauf hin, dass der Hochchor als Reliquienrepositorium diente. »
  5. Vgl. zu ihr Franz Schuknecht, Zur Identität der Frau Imeza im Stift Xanten, in: AHVN 203 (2000), S. 23–33. »
  6. Anno milesimo quingentesimo octogesimo septimo veneranda necnon religiosa et pia domina Catharina Bracmans abbatissa in Marien-Boom ob fidem catholicam exilio fatigata hic sepulta expectat tubam novissimam. Textwiedergabe nach R. Scholten, Marienbaum (1909), S. 45. »
  7. Inv.-Nr. O-1973, 187–189. »
  8. Schenkung aus Privatbesitz, Inv.-Nr. nicht bekannt. »
  9. Kraus, Christl. Inschriften II (1894), S. 299, Nr. 652. »
  10. Siehe vor allem Dietrich Kötzsche, Das große typologische Kreuz, in: SIGNA TAV. Grubenschmelzplatte eines typologischen Kreuzes, in: Kulturstiftung der Länder, PATRIMONIA 132, Stuttgart 2000, S. 44–47. Siehe auch Schätze des Glaubens – Meisterwerke aus dem Dom-Museum Hildesheim und dem Kunstgewerbemuseum Berlin. Katalog zur Ausstellung „Schätze des Glaubens“, hg. von Lothar Lambacher, Berlin 2010, S. 76, Nr. 29. »