Die Inschriften der Stadt Baden-Baden und des Landkreises Rastatt

Hinweis: Diese Einleitung enthält Abweichungen gegenüber der Druckfassung. Alle Von-Bis-Angaben bei Verweisen auf Katalognummern (z. B. Nr. 71–73) wurden aus Referenzierungsgründen zu kommaseparierten Listen aufgelöst.

4. Die Inschriftenträger – Form und Formular

4.1. Grabmäler

Unter den im Bearbeitungsgebiet nachgewiesenen Inschriftenträgern stellen die 220 Grabmäler die weitaus größte Gruppe dar. Die formale Entwicklung dieser Denkmalsgattung wird nicht nur von den stilistischen Normen einer jeden Epoche beeinflußt, sondern unterliegt ebenso maßgeblich dem diachronen Wandel und der synchronen Ausdifferenzierung des Inschriftenformulars. Zu jeder Zeit haben Auswahl, Umfang sowie die sprachliche Umsetzung der Informationen, die der Nachwelt zu einer verstorbenen Person inschriftlich überliefert werden sollten, die Konzeption des jeweiligen Grabmonuments entscheidend mitgeprägt. Dabei war stets von grundlegender Bedeutung, welchem Geschlecht und welchem sozialen Stand der oder die Tote angehörte, aber auch, welche Funktion dem Grabmal selbst zukam, ob es beispielsweise die Bestattungsstelle markieren oder der Memoria allein dienen sollte. Um die Entwicklungslinien der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Grabmäler in den Kreisen Baden-Baden und Rastatt adäquat herauszuarbeiten, unterscheidet die folgende Übersicht daher – soweit dies mit hinreichender Sicherheit möglich ist – zwischen Grabplatten und Epitaphien bzw. anderen Denkmälern des Totengedächtnisses.533) Ferner berücksichtigt die Auswertung konsequent Geschlecht und Stand der Verstorbenen, um so die Homogenität des Vergleichsmaterials zu gewährleisten.

Die auf den Grabmälern des Bearbeitungsgebiets überlieferten Nachrichten lassen sich ihrem Inhalt nach trotz vielfacher Überschneidungen in sechs Kategorien einordnen, die in den Inschriften je nach Zeitstellung und in Abhängigkeit von den oben genannten Kriterien unterschiedlich stark zur Geltung kommen.534) Mitgeteilt werden grundsätzlich 1.) die Identität des Toten und 2.) die Tatsache [Druckseite LVI] seines Ablebens bzw. seiner Bestattung. Darüber hinaus kann die Inschrift 3.) das Leben und die Verdienste des Verstorbenen würdigen, 4.) die Hoffnung auf dessen Erlösung verkünden, 5.) den Leser mahnen oder trösten und schließlich 6.) über die Entstehung des Grabmals informieren. In die erste Rubrik fallen der Name mitsamt der Titulatur, den Epitheta und Devotionsformeln sowie Verweise auf die Abkunft, das Konnubium oder die Verwandtschaftsverhältnisse der bestatteten Person. Ferner lassen sich dazu jegliche Angaben zur lokalen Herkunft, zum Wohnort bzw. zur Bürgerschaftszugehörigkeit, daneben auch zu den bekleideten Ämtern, ausgeübten Berufen oder erlangten akademischen Bildungsgraden rechnen. Die innerhalb der zweiten Kategorie zusammengefaßten Informationen zum Ableben unterrichten über Todeszeitpunkt und -ort, bisweilen auch über die näheren Umstände des Hinscheidens und das erreichte Lebensalter. Daneben verweisen sie mitunter auf den Bestattungsvorgang und lokalisieren das Grab. Die Würdigung des Lebens und der Verdienste des Verstorbenen läßt sich nur selten exakt von den Angaben zu dessen Identität trennen. Diese zusätzlichen Mitteilungen enthalten manchmal ein ausführlicheres Totenlob, in dem Lebensstationen, Stiftungen und gemeinnützige Taten Erwähnung finden. Die jenseitige Erlösung sollen schließlich Fürbitten, Gebete und Trostsprüche, daneben Heilsvergewisserungen und Weiheformeln befördern. Damit einher gehen an den Leser gerichtete Aufforderungen, für das Heil des Verstorbenen zu beten. Über die Entstehung des Grabmals unterrichten Stifterangaben, Herstellungsvermerke und Meistersignaturen.

Nur selten integrieren die Inschriften auf Grabmälern die Gesamtheit der aufgeführten Aspekte. Vielmehr griffen die jeweiligen Verfasser in der Regel nur eine bestimmte Auswahl heraus und bedienten sich dafür teils innovativer, teils stereotyper sprachlicher Wendungen. So entwickelte sich für jeden sozialen Stand ein geschlechtsabhängiges und mehr oder weniger auch epochenspezifisches Formular, das es im folgenden auf der Grundlage des im Bearbeitungsgebiet vorgefunden Materials in seinen verschiedenen Ausprägungen vorzustellen gilt.535)

Grabplatten für Markgrafen und Grafen

Die für das Bearbeitungsgebiet bezeugten Grabplatten für Markgrafen und Grafen (nrr. 8, 9, 10, 11, 17, 18, 19, 58?, 96?, 112, 229, 346?, 500, 501) sind überwiegend den Markgrafen von Baden gewidmet. Die frühesten, in ihrer Originalität jedoch nicht gesicherten Belege stammen anscheinend aus dem einsetzenden 14. Jahrhundert, als der Bau der 1288 gestifteten Fürstenkapelle im Kloster Lichtenthal als landesherrlicher Grablege abgeschlossen war (nrr. 8, 9, 10, 11). Es handelt sich dabei – wie auch in der Folgezeit – um große, hochrechteckige Platten, die aus rötlichem Sandstein bestehen (nrr. 8, 9, 10, 11, 17, 19). Im Zentrum des Binnenfeldes ist in der Regel ein Wappenschild in vertieftem oder erhabenem Relief ausgeführt (nrr. 10, 11, 17, 19); Vollwappen bilden im 14. Jahrhundert noch die Ausnahme (nr. 18). Die stets eingemeißelten Inschriften laufen am Rand zwischen rahmenden Ritzlinien um und sind nur in Einzelfällen zeilenweise in einfacher Lineatur über dem Schild angeordnet (nr. 10). Manche der Wappen sind entgegengesetzt zur Kopfzeile der Inschrift ausgeführt, da sie offenbar der Lage der Toten entsprechend zum Altar ausgerichtet wurden, während die Inschriften von Westen aus lesbar sein sollten (nrr. 8?, 9?, 18). Mit der Verlegung der markgräflichen Grablege in die Stiftskirche zu Baden, wo sich Rudolf VII. (gest. 1391) und Bernhard I. von Baden (gest. 1431) als erste beisetzen ließen, erhielten die Grabplatten überwiegend Messingauflagen (nrr. 58, 112, 229, 500, 501). Nur für eine einzige davon ist das figürliche Abbild des Verstorbenen bezeugt (nr. 58). Die übrigen waren im Binnenfeld mit dem jeweiligen Vollwappen versehen (nrr. 112, 229, 346, 500, 501). Die Inschriften wurden weiterhin umlaufend – bisweilen sogar zweizeilig (nr. 229) – am Rand ausgeführt und konnten in den Ecken von den Schilden einer Vierahnenprobe unterbrochen werden (nrr. 112, 229, 346). Erst nach dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts lassen sich Grabplatten mit zwei kleineren, separaten Messingbesätzen nachweisen, von denen der obere das Vollwappen und der untere die zeilenweise ausgeführte Grabschrift wiedergibt (nrr. 500?, 501).

Die Inschriften sind durchweg in Prosa und überwiegend in Latein (Ausnahmen nrr. 10, 229, 346) abgefaßt. Das Formular der frühesten Belege aus dem 14. Jahrhundert setzt sich regelmäßig aus der [Druckseite LVII] Angabe des Todeszeitpunktes, dem Prädikat „obiit“ sowie dem Namen und Titel des Verstorbenen zusammen (nrr. 8, 9, 10, 11, 17, 18, 19). Die Einleitung der Jahresangabe lautet bis zum Ende des 16. Jahrhunderts regelmäßig Anno domini,536) lediglich für das Jahr 1626 ist auch Anno allein bezeugt (nr. 501). Der Todestag wird zunächst nach dem Heiligenkalender (nrr. 8, 9, 10, 11, 17, 19, 58, 96), seltener nach dem römischen Kalender (nrr. 18, 112) angegeben. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts erfolgt die Tagesdatierung dann ausschließlich nach dem Monatstag (nrr. 229, 346, 501). Die Titulatur des Verstorbenen, marchio Badensis bzw. comes de (…), wird dem Namen überwiegend nachgestellt, lediglich in der auf Deutsch verfaßten Inschrift für Markgraf Rudolf II. von Baden steht Margrave voran (nr. 10). Zur näheren Identifizierung finden sich bereits in den frühesten Inschriften Epitheta wie senior (nrr. 8, 17) oder der Alte (nr. 10). Die Anrede Dominus erscheint erstmals 1333 (nr. 18), in der Verdopplung jedoch nicht vor dem 17. Jahrhundert (nr. 501). Sie steht wie das deutsche Pendant Herr stets vor dem Namen (nr. 18, 112, 229, 346). Hier wird auch die Standesbezeichnung princeps bzw. Fürst eingefügt, die in der Regel gemeinsam mit dem Epitheton (per)illustris bzw. durchleuchtig den fürstlichen Rang hervorhebt (nrr. 58, 96, 112, 229). Doch findet in älteren Inschriften das Epitheton illustris auch allein Verwendung (nr. 19, 25). Der Superlativ illustrissimus läßt sich erst im 17. Jahrhundert nachweisen, ebenso die Devotionsformel Dei gratia (nr. 501).

Das Epitheton wohlgeboren für Angehörige des gräflichen Standes kommt auf den untersuchten Grabplatten nur ein einziges Mal vor (nr. 346). Hierbei handelt es sich um eine Doppelbestattung von Graf Hans Jakob von Eberstein und seinem jüngsten Sohn Hans Bernhard, deren Verwandtschaftsverhältnis auch inschriftlich zum Ausdruck gebracht wird. Die Nennung mehrerer Teilherrschaften, wie es hier geschieht, ist erst seit dem 16. Jahrhundert üblich (Erstbeleg nr. 229).

Das finite Verb obiit wird ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bisweilen erweitert (nr. 96: morte correptus obiit; nr. 112: mortem obiit). Eine nähere Beschreibung der Todesumstände läßt sich nur auf der Grabplatte für den 1488 im Feld umgekommenen Markgrafen Albrecht nachweisen (nr. 112). Eine Grabbezeugung ist indessen erst für das 17. Jahrhundert belegt (nr. 501: hic iacet sepultus).

Die Tradition einer inschriftlichen Fürbitte setzt im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts ein (Erstbeleg von 1431, nr. 58). Zuvor wird lediglich auf einer Grabplatte von 1311 die Jahrzeit des Verstorbenen erwähnt (nr. 10). Die Fürbitte bildet rasch einen regelmäßigen Bestandteil des Formulars und steht ausnahmslos am Ende der Inschrift. Im 15. Jahrhundert lautet sie stets: (cuius anima) requiescat in pace (nrr. 58, 96), im deutschen Wortlaut ab dem 16. Jahrhundert dem Gott gnad (nr. 229) oder der Seelen Gott gnädig sein wolle. Amen (nr. 346).

Die Reihenfolge der einzelnen Formularbestandteile bleibt zunächst nahezu konstant. In der Regel beginnt die Inschrift mit der Jahresangabe, danach folgen obiit, Name und Titel des Verstorbenen sowie am Ende der Todestag. Seit dem 15. Jahrhundert erscheint dieser häufiger im unmittelbaren Anschluß an die Jahresangabe (nrr. 58, 96, 112, 229). Stärkere Variationen sind erst ab dem 16. Jahrhundert zu beobachten (nr. 501).

Sonstige Grabmäler für Markgrafen und Grafen

Auch unter den übrigen Grabmälern für Markgrafen und Grafen (nrr. 23, 25, 40, 213, 245, 317, 344, 345, 356, 484, 499) erinnern die ältesten an Mitglieder des markgräflichen Hauses Baden (nrr. 23, 25, 40, 245). Nur ein einziges davon ist aufgrund der außergewöhnlichen Stiftung des Klosters Lichtenthal einer Frau, Markgräfin Irmengard, gewidmet (nr. 23). Im 14. Jahrhundert handelt es sich stets um freistehende (nr. 23, 40) oder teilweise in eine Wandnische eingestellte (nr. 25) Tischgrabmäler. Die verstorbenen Markgrafen wurden darauf im Hochrelief ganzfigurig und gerüstet ausgehauen. Zu ihren Füßen ruht jeweils ein Löwe. Über bzw. neben dem Haupt ist das Stammwappen wiedergegeben, das am Grabmal mehrfach wiederholt und durch das Wappen der Ehefrau ergänzt werden kann (nr. 25). Die stets von außen lesbaren Inschriften sind auf der angeschrägten Randleiste umlaufend ausgeführt und setzen innerhalb der oberen Schmalseite der Platte ein. Auf ein Tischgrabmal wurde letztmalig 1521 für Friedrich IV. von Baden, Bischof von Utrecht, zurückgegriffen (nr. 213). Bereits wenige Jahre später fertigte Christoph von Urach für Markgraf Philipp I. von Baden eine Tumba (nr. 317). Auch sie ist noch in eine Nische eingerückt und zeigt auf der Deckplatte die Liegefigur des Verstorbenen. Doch wurde hier die Hauptinschrift bereits zeilenweise auf einer separaten Tafel ausgeführt. Die heraldische Ausstattung bleibt auf das Stammwappen im vorgeblendeten Rundbogengiebel beschränkt.

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Um die Mitte des 16. Jahrhunderts vollzieht sich ein grundsätzlicher Wandel in der Gestaltung der markgräflichen Sepulkralmonumente. Das nächstjüngere ist bereits eine von Johann von Trarbach geschaffene Ädikula, die hoch über dem Boden an der Wand angebracht ist (nr. 344). Sie zeigt Markgraf Philibert mit seiner Frau vollplastisch in Anbetung des Kreuzes. Den Rahmen verzieren zwei heraldische Vierahnenproben, überhöht von den jeweiligen Vollwappen der Verstorbenen. Die inschriftlichen Sterbevermerke befinden sich in separaten Kartuschen in der Sockelzone. Der architektonische Aufbau bleibt auch für die folgende Zeit bestimmend (nrr. 356, 484, 499). Im Hauptgeschoß der Grabmäler ist der jeweilige Markgraf als gerüsteter Feldherr zwischen zwei mit Wappenschilden verzierten Säulen dargestellt. Der Aufsatz birgt das Vollwappen, teils in Verbindung mit weiteren Bildreliefs. Der Sockel bleibt der stets zeilenweise ausgeführten Inschrift vorbehalten.

Die erhaltenen Grabmäler für zwei Grafen von Eberstein sind weniger monumental ausgeführt (nrr. 317, 345). Auch sie zeigen die Verstorbenen im Harnisch ganzfigurig im Binnenfeld, doch bleibt die heraldische Ausschmückung auf das Stammwappen der Verstorbenen und ihrer Gemahlinnen beschränkt. Die erhaltene Platte vom Grabmal für Graf Wilhelm IV. von Eberstein und seine Frau Johanna von Hanau-Lichtenberg (nr. 317) deckte vermutlich einen Sarkophag ab. Darauf deutet zumindest die am Rand umlaufende und von außen lesbare Inschrift hin. Der Sterbevermerk auf dem nur wenig jüngeren Grabmal für Hans Bernhard von Eberstein ist indessen zeilenweise auf einer Tafel über dem Haupt des abgebildeten Grafen ausgeführt.

Die Sterbevermerke für die Markgrafen von Baden sind bis auf eine Ausnahme (nr. 356) lateinisch, diejenigen für die Grafen von Eberstein deutsch verfaßt (nrr. 317, 345). Die Sprache der Bibelzitate oder Devisen kann davon abweichen (nrr. 344, 345). Ein metrisch gebundener Text ist lediglich auf dem Tischgrabmal für Markgraf Rudolf VI. nachweisbar (nr. 40).

Die älteren Inschriften aus dem 14. Jahrhundert (nrr. 25, 40) unterscheiden sich in ihren inhaltlichen Komponenten kaum von denen der Grabplatten. Wie dort erfolgt die Angabe des Todesdatums ab dem 16. Jahrhundert ausschließlich nach der Zählung der Monatstage (nrr. 213, 245, 317, 344, 345, 356, 484, 499). Die Einleitung der Jahresangabe durch Anno Domini wird jedoch schon ab dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts von Alternativen verdrängt, z. B. Anno Christi (nrr. 245, 484), Anno a nato Christo (nr. 245), Anno (nr. 344), Anno salutis (nr. 499), als man zahlt (317, 356). Seit dieser Zeit schildern die Inschriften den Verstorbenen überdies etwas ausführlicher. Nach antikem Vorbild findet vor allem die Lebensdauer Erwähnung (nrr. 213, 245, 317, 484), bisweilen auch die Regierungszeit (nrr. 317, 344) oder der Grabmalstifter (nr. 245).537) Das Totenlob greift ebenfalls auf klassische Topoi zurück (nrr. 245, 484).538) Daneben können die Texte über die lokale Herkunft des Verstorbenen oder die näheren Umstände seines Ablebens informieren (nr. 344).

Vorangestellte Weiheformeln, wie z. B. Fideli Defuncto Sacrum (nr. 245) oder Deo Optimo Maximo Sacrum (nr. 484), finden erst seit dem 16. Jahrhundert Verwendung. Das Epitheton illustris läßt sich bereits auf einem Wandgrabmal von 1348 nachweisen (nr. 25). Das deutsche Äquivalent durchleuchtig wird in der Inschrift für Markgraf Bernhard III. von Baden durch hochgeboren ergänzt (nr. 356). Der früheste Beleg für die Devotionsformel Dei gratia stammt von 1572/73 (nr. 344). Der Mitteilung des Ablebens wurde früher und häufiger als auf den Grabplatten eine konkrete Grabbezeugung beigefügt, z. B. durch hic iacet o. ä. (nrr. 40, 213, 499). Zweimal ist eine datierte Meistersignatur belegt (nrr. 23, 245), die stets getrennt vom Sterbevermerk in Prosa erscheint. Die ältere nennt in deutscher Sprache Wölflin von Straßburg (nr. 23), in der jüngeren weist sich Christoph von Urach auf Latein und in der Ich-Form als Urheber aus (nr. 245). Die erste Fürbitte stammt bereits von 1372 (nr. 40: detur ei donum requiei). Die jüngeren volkssprachlichen Formulierungen lauten Gott verleihe ihnen eine selige Auferstehung (nr. 317), dem Gott welle gnädig sein (nr. 345) oder der Seelen sei Gott gnädig amen (nr. 356), während die lateinischen Inschriften überwiegend mit der Formel cuius anima requiescat in pace (divina / amen) schließen (nrr. 344, 499). Die Fürbitten erscheinen jedoch nicht in derselben Regelmäßigkeit wie auf Grabplatten (fehlt in nrr. 213, 245). Todesklagen (nr. 213) oder Trostsprüche in Form von Bibelzitaten oder Devisen (nrr. 344, 345) finden sich erst ab 1500.

Die Reihenfolge der inhaltlichen Komponenten ist deutlich variabler als auf den Grabplatten. Überwiegend stehen entweder die Angabe des Todesjahrs oder der Name und Titel des Verstorbenen am Anfang, die Fürbitten hingegen am Ende.

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Grabplatten für Markgräfinnen und Gräfinnen

Die Grabplatten für Markgräfinnen oder Gräfinnen (nrr. 4, 11, 21, 22, 35, 48, 119, 138, 191, 214, 327) unterscheiden sich bis zu Beginn des 15. Jahrhunderts in ihrer äußeren Form kaum von denen der Männer gleichen Standes. Zwei der älteren Platten weichen durch ihren konischen Zuschnitt geringfügig vom üblichen hochrechteckigen Format ab (nrr. 21, 48). Die Inschriften sind überwiegend umlaufend am Rand ausgeführt (nrr. 21, 22, 35, 48); längere Texte setzen sich zeilenweise im Binnenfeld (nr. 22) oder in einer zweiten umlaufenden Zeile fort (nr. 48). Im Zentrum der Platte ist in der Regel ein Wappenschild ausgearbeitet (nrr. 4, 11, 22, 35), teils der des Vaters (nrr. 11, 35), teils auch des Ehemanns (nr. 4, 22). Lediglich auf einer Kindergrabplatte von 1402 erscheinen die Wappenschilde beider Eltern nebeneinander (nr. 48). Der älteste Beleg ist insofern ein Sonderfall, als er die Verstorbene, Markgräfin Irmengard von Baden, nur durch eine kurze, zweizeilige Inschrift im Kopfbereich der Platte identifiziert und im Binnenfeld über dem Wappenschild ein Kleeblattkreuz zeigt.

Nach der Verlegung der fürstlichen Grablege in die Stiftskirche zu Baden wurden die Grabplatten der markgräflichen Gemahlinnen offenbar regelmäßig mit Messingauflagen versehen (nrr. 119, 138, 191, 214). Diese Tradition scheint erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts erloschen zu sein. Zumindest erhielt die Grabstelle Herzogin Mechthilds von Bayern, der 1565 verstorbenen Frau Markgraf Philiberts von Baden-Baden, nur eine kleinformatige Steinplatte mit den Wappen der Eheleute und dem darunter zeilenweise eingemeißelten Sterbevermerk (nr. 327). Die älteren, vermutlich allesamt in Nürnberg gegossenen Metallauflagen zeigten die ganzfigurigen Abbilder der Verstorbenen im Basrelief. Die Figuren standen zwischen Säulen unter verschiedenen Bogenformen oder Astwerkbaldachinen. Die Inschriften umliefen das Binnenfeld und konnten in den Ecken durch die Wappen der vierteiligen Ahnenproben unterbrochen werden (nr. 138). Häufiger lehnten die Schilde jedoch in den vier Ecken des Binnenfeldes (nrr. 119, 191, 214), während direkt über dem Haupt der Figur zusätzlich ein Eheallianzwappen hing.

Fast alle der nachgewiesenen Inschriften sind in lateinischer Prosa wiedergegeben. Lediglich die Grabschrift für Markgräfin Katharina von Baden wurde metrisch (nr. 119), und nur der jüngste Beleg von 1565 in deutscher Sprache verfaßt (nr. 327).

Das Formular der bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts erstellten Inschriften setzt sich in der Regel aus der Angabe des Sterbejahres nach der Einleitung Anno Domini, der Verbform obiit, dem Namen und Titel der Verstorbenen sowie dem Todestag nach dem römischen oder dem Heiligenkalender zusammen. Die Titel marchionissa und comitissa stehen dabei stets nach dem Vornamen, die Anrede Domina hingegen davor. Eine Kopplung dieser Bezeichnungen wurde im 14. Jahrhundert noch vermieden. Für den Geschlechtsnamen griff man entweder auf die Abkunft der Frau (nrr. 21, 22, 35) oder die Familie des Ehemannes (nrr. 11) zurück. Eine Kindergrabplatte von 1402 nennt zusätzlich den Vornamen des Vaters (nr. 48). Die Grabschriften für Gräfin Adelheid von Werdenberg (nr. 22) und Markgräfin Katharina von Baden (nr. 119) betonen deren ehrwürdige Mutterschaft.

Im Lauf des 15. Jahrhunderts nimmt die Wortfülle der Inschriften spürbar zu. Die fürstlichen Titel lauten um die Wende zum 16. Jahrhundert illustris domina (nrr. 191, 214) oder illustris principissa domina (nr. 138). Seither werden sowohl die Abkunft als auch das Konnubium in die Inschriften integriert (nrr. 119, 138, 191, 214, 327). Weitere Verwandte finden Erwähnung, wenn sie dem Ansehen förderlich sind (nr. 119). Grabbezeugungen bleiben indessen selten (nr. 214). Die Mitteilung des Todesdatums orientiert sich immer häufiger an der Zählung der Monatstage (nrr. 48, 138, 327). Eine zusätzliche Erweiterung des Formulars erfolgt durch Fürbitten, wie requiescat in pace (nr. 138) bzw. cuius anima vivat in pace aeterna (nr. 191), die jedoch nicht regelmäßig ausgeführt werden.

Die Reihenfolge der Formularbestandteile ist nur in bestimmten Aspekten konstant. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts steht das Todesjahr am Anfang, danach auch am Ende der Inschrift und teilweise ohne die Anno-domini-Einleitung (nrr. 214, 327). Der Todestag, der bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts den Abschluß bildete, erscheint später unmittelbar nach der Jahresangabe. Abgesehen von metrisch verfaßten Texten folgen nun überwiegend obiit, Titel und Name, in späterer Zeit verbunden mit den Angaben zu Abkunft und Ehe. Steht eine Fürbitte, so ausschließlich am Schluß der Inschrift.

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Grabplatten für niederadelige Herren

Unter den inschriftlich bezeichneten Grabplatten für niederadelige Herren539) stammen die frühesten bereits aus dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts (nrr. 12, 13). Ihre Gestaltung unterliegt bis zum Ende des 16. Jahrhunderts nur geringfügigen Änderungen. Die Oberfläche ist jeweils in Rahmen und Binnenfeld untergliedert (Ausnahme: nr. 49). Während die Randleiste die umlaufende und in der Regel links oben einsetzende Inschrift enthält, ist das Zentrum überwiegend heraldisch gestaltet. Es enthält vornehmlich ein oder zwei übereinandergestellte Vollwappen, die in Ritzzeichnung oder Relief ausgeführt sind und auf den Verstorbenen bzw. ihn und dessen Ehefrau verweisen. Bis 1500 ist nur eine einzige figürliche Darstellung belegt, wenn es sich dabei überhaupt um eine Grabplatte handelt (nr. 13). Ihr Sonderstatus offenbart sich nicht nur in der außergewöhnlichen Qualität der bildlichen Darstellung, sondern auch in der Hervorhebung der Inschrift durch ehemals in die Steinkerben eingelegte Metallbuchstaben. Die stehende, im Betgestus dargestellte Ritterfigur wird von einem Eselrücken überfangen, dessen Scheitel die elterlichen Wappenschilde flankieren. Ein weiterer Einzelfall ist das unvollendete und in seiner Funktion nicht genau bestimmbare Grabmal für Otto von Selbach und seinen Sohn, deren inschriftliche Grabbezeugung in drei waagerechte Zeilen gesetzt wurde (nr. 49).

Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts finden sich die ersten Nachweise für eine leicht veränderte Gestaltung des Binnenfeldes, das die Wappen von Eheleuten nunmehr auch nebeneinander und unter einem gemeinsamen Helm wiedergibt (nrr. 86, 104). In diese Zeit fällt außerdem der erste Beleg für die zusätzliche Ausführung von Ahnenwappen innerhalb des Binnenfeldes (nr. 104), die jedoch auch danach nur sporadisch anzutreffen sind (nr. 202). Mit dem Ende des 15. Jahrhunderts werden die Hauptwappen im Zentrum häufiger von einem Bogen oder Astwerkbaldachin überfangen (nrr. 115, 179, 182, 183, 202). Für die folgende Zeit fällt es dann immer schwerer, Grabplatten von Epitaphien sicher zu unterscheiden. Geht man in Zweifelsfällen von Grabplatten aus, so scheinen deren Binnenfelder um die Mitte des 16. Jahrhunderts teilweise mit dem Abbild des Verstorbenen versehen worden zu sein (nrr. 260, 381).

Sämtliche Grabschriften sind in Prosa verfaßt. Bleibt für die Zeit bis 1500 die Verwendung der deutschen Sprache auf Einzelfälle beschränkt (nrr. 49, 81, 103), so kehrt sich das Zahlenverhältnis zwischen lateinischen und deutschen Inschriften im 16. Jahrhundert weitgehend um (Ausnahmen in Latein in nrr. 175, 340, 381).

Das Inschriftenformular umfaßt im Vergleich zu jenem für Angehörige des Bürgertums oder des Klerus nur relativ wenige inhaltliche Komponenten. Dazu zählen die Angaben zur Identität des Verstorbenen, zum Todeszeitpunkt und etwas später die Fürbitte. Bezeugungen der Grabstelle (nr. 49), des ausgeführten Amtes (nrr. 36, 401) oder von Verwandtschaften (nr. 37?) stellen Ausnahmen dar. Die Einleitung des Sterbejahres greift überwiegend auf die Anno-Domini-Junktur zurück. Nach der Mitte des 15. Jahrhunderts findet man an deutschsprachigen Alternativen als man zahlt (von Christi Geburt … Jar) (nrr. 81, 103) oder die Dopplung Anno (Domini) … Jar (nrr. 179, 202, 206). Die Reduktion auf Anno allein ist erstmals für 1495 belegt (nr. 123; s. a. nr. 401). Im Gegensatz zu den Beobachtungen auf markgräflichen und gräflichen Grabplatten schließt sich die Erwähnung des Todestages stets unmittelbar an das Todesjahr an. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts bediente man sich dafür entweder des römischen oder des Heiligen- bzw. Festkalenders, im Einzelfall auch beider Datierungsvarianten gemeinsam (nr. 53). Im Verlaufe der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts setzt sich allmählich die Angabe nach dem gezählten Monatstag durch, die im 16. Jahrhundert nahezu ausschließlich verwendet wird (Erstbelege nrr. 86, 104, 156). Kombinationen aus dem Heiligen- und dem Monatskalender (nr. 86), teils auch der Zusatz des Wochentages bleiben Ausnahmen (nr. 202).

Der Name des Verstorbenen steht bis zum Ende des 15. Jahrhunderts häufig mit den Titeln miles (nrr. 12, 15, 36, 53) bzw. Ritter (nr. 49) oder seltener mit der Anrede dominus (nrr. 13, 41, 175). Diese Begriffe werden in der Regel nach dem Vornamen bzw. vor dem Geschlechtsnamen eingefügt. Die Bezeichnung armiger folgt indessen stets auf den letzten Namensbestandteil (nrr. 68, 86). Nach 1500 kommen vermehrt standesspezifische Epitheta in Gebrauch, die dem Vornamen voranstehen, jedoch nur selten gemeinsam mit einem Titel auftauchen (nrr. 41, 175). Zu den frühesten zählen nobilis (nr. 41) oder fest (nrr. 81, 183), zu den häufigsten die Junktur edel (und) fest/ehrenfest (nrr. 156, 179, 182, 206, 249), auf die vor allem im 16. Jahrhundert zurückgegriffen wird.

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Die ersten Fürbitten tauchen in der Mitte des 15. Jahrhunderts auf (nrr. 68, 69, 81) und werden seither fast regelmäßig gesetzt. Die lateinischen Wendungen bestehen in der Regel aus einer Formulierungsvariante von cuius anima requiescat in pace amen (nrr. 68, 69, 86, 104). Als deutsches Pendant dient zunächst dem / der Seel Gott gnad(e) (nrr. 81, 103, 179, 182, 183, 202, 206, 260), teilweise erweitert durch amen (nrr. 156, 249). Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts finden sich auch längere Versionen, wie dem Gott gnädig und barmherzig sei amen (nr. 401).

Sonstige Grabmäler für niederadelige Herren und Kinder

Neben den Grabplatten existieren im Bearbeitungsgebiet zumindest sechs ihrer Funktion nach zweifelsfrei als Epitaphien bestimmbare Grabmäler für niederadelige Herren und Kinder (nrr. 157, 190, 244, 373, 435, 478) sowie eine figürlich gestaltete Deckplatte eines größeren Monuments für den 1405 verstorbenen Georg von Bach (nr. 50). Da sich für letztere zahlreiche Parallelen zu dem Tischgrabmal für Markgraf Rudolf VI. von Baden (nr. 40) aufzeigen lassen, ist eine ähnliche Gesamtkonzeption anzunehmen. Bei den sechs Epitaphien handelt es sich hingegen um (ehemals) hochrechteckige, aufrecht in das Mauerwerk einzufügende Tafeln, deren Inschriften bis auf eine Ausnahme (nr. 478) zeilenweise gesetzt wurden. Unter dem Text (nrr. 157, 244, 373, 435), einmal auch in dessen Mitte (nr. 190), sind die zugehörigen Stamm- (nr. 190, 244) oder Eheallianzwappen (nrr. 157, 373, 435) erhaben ausgearbeitet. Eine mehrteilige heraldische Ahnenprobe ist nur zweimal belegt (nrr. 244, 478). Dabei nimmt jedoch das Kinderepitaph für Ursula Dorothea von Höfingen eine Sonderstellung ein (nr. 478), weil es mit der Untergliederung in ein Binnenfeld und eine umlaufende Inschrift das Gestaltungsprinzip der Grabplatten aufgreift. Daß es sich dennoch um ein Epitaph handeln dürfte, ergibt sich aus den fehlenden Abtretungsspuren, aber auch aus der Ikonographie der figürlichen Darstellung, die das 1620 verstorbene Mädchen in kniender Anbetung des Gekreuzigten wiedergibt.540)

Sämtliche Inschriften wurden in Prosa ausgeführt, die früheste von 1405 in lateinischer (nr. 50), die jüngeren aus dem 16. bzw. 17. Jahrhundert in deutscher Sprache. Eine Ausnahme bildet lediglich eine den deutschen Sterbevermerken nachgesetzte lateinische Stiftungsinschrift (nr. 190).

Das Formular integriert neben den üblichen Angaben zur Identität des Verstorbenen und zum Todeszeitpunkt im Zusammenhang mit einer Verbform aus dem Wortfeld „sterben“ (obiit: nr. 50; starb / ist gestorben: nrr. 157, 190, 244; ist in Gott verschieden: nr. 435; ist in Gott selig entschlafen: nr. 478) fast immer die Bezeugung einer Amtsinhaberschaft (nrr. 50, 190, 373, 435, 478) oder einen Abkunftsvermerk (nrr. 190, 373, 478). Nur im Einzelfall belegt sind Grabbezeugungen (nr. 373: hie ligend begraben etc.), Altersangaben – insbesondere bei Kindern (nr. 373, 478) – oder Stiftungsvermerke (nr. 190: positum per). Nahezu regelmäßig finden sich am Ende der Inschriften Fürbitten, wie dem / denen Gott gnädig sei / gnad amen (nrr. 157, 190, 373) oder des Seel Gott gnad (nr. 244) bzw. dessen Seelen der allmächtige Gott gnädig sei amen (nr. 435).

Das Sterbejahr und der Todestag bilden, wenn nicht explizit auf die Grabstelle verwiesen wird (nr. 373), den Anfang der Inschrift und folgen wie auf den Grabplatten unmittelbar aufeinander. Allerdings steht auf jüngeren Epitaphien der Todestag voran (nrr. 244, 435, 478). Die Einleitung zur Jahresangabe lautet nur bis ins erste Viertel des 16. Jahrhunderts Anno domini (nrr. 50, 157, 190/C) und beschränkt sich danach fast immer auf Anno (nrr. 190/A–B, 244, 373, 435, 478). Parallel dazu vollzieht sich der Übergang von der Datierung anhand des Heiligen- bzw. Festkalenders (nrr. 50, 157) zur Angabe des gezählten Monatstages (nrr. 190, 244, 435, 478). Neben Junker und Truchseß sind keine weiteren Anreden bzw. Titel belegt (nrr. 157, 478). Nach 1500 lassen sich vielfach die Epitheta fest (nrr. 157, 190) bzw. edel (und) fest (nrr. 244, 373) nachweisen. 1620 wurde erstmals die davon abweichende Junktur wohledel gestreng (nr. 478) verwendet.

Grabplatten für niederadelige Frauen und Kinder

Die Gestaltung der Grabplatten für niederadelige Frauen und Kinder541) unterscheidet sich kaum von denen standesgleicher Herren. Fast immer ist ihre hochformatige Oberfläche in eine Randleiste mit umlaufender Inschrift und ein heraldisch gestaltetes Binnenfeld untergliedert. Dieses zeigt überwiegend das Stammwappen (nr. 36, 67, 101) oder die Eheallianzwappen (nrr. 53, 55, 92, 95, 99, 238, [Druckseite LXII] 259, 291) der Verstorbenen bzw. ihres Gemahls. Bis in das erste Viertel des 15. Jahrhunderts werden die Schilde der Eheleute übereinander angeordnet (nrr. 53, 55, 92?), wobei das obere auf die Familie des Mannes und das untere auf die Abkunft der Frau verweist. Ab dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts erscheinen die Wappen dann nur noch nebeneinander (nrr. 95, 99, 238, 259, 291), häufig unter einem gemeinsamen Helm (nrr. 99, 259, 291). Eine figürliche Gestaltung der Binnenfelder ist im Berichtszeitraum lediglich zweimal bezeugt (nrr. 194, 303), doch läßt sich für beide Grabmäler nicht zweifelsfrei entscheiden, ob sie ursprünglich als Grabplatten oder Epitaphien dienten. Auch die jüngste Grabplatte von 1611 weicht in ihrer Gestaltung von der Tradition ab, doch ist ihre ursprüngliche Lage im Boden und somit ihre die Grabstelle markierende Funktion verläßlich überliefert (nr. 462). Die sonst umlaufende Inschrift ist hier zeilenweise im unteren Bereich des quergeteilten Binnenfeldes untergebracht. Darüber befindet sich das erhaben ausgearbeitete Vollwappen. Dieser Konzeptionswandel läßt sich auf bürgerlichen Grabplatten schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisen,542) so daß es sich hierbei um keinen Sonderfall, sondern um ein singuläres Zeugnis eines allgemeinen Umbruchs handeln wird.

Sämtliche Inschriften sind in Prosa verfaßt. Die lateinische Sprache wurde letztmalig 1477 verwendet (nr. 101), die deutsche erstmals 1474 (nr. 95). Das Formular unterscheidet sich von dem der Inschriften niederadeliger Herren vor allem durch zusätzliche Angaben zur Identität der Verstorbenen, deren Abkunft und Konnubium fast regelmäßig Erwähnung finden. Am Anfang eigenständiger Sterbevermerke, die nicht auf vorangehende Inschriften Bezug nehmen (nr. 36), stehen stets das Todesjahr und danach der Todestag. Variationen in der Reihenfolge dieser Datierungsbestandteile sind nicht nachweisbar. Die Anno-Domini-Junktur ist bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts üblich (nrr. 36, 53, 55, 67, 92, 101, 194, 259, 278, 291). Seit dem zweiten Drittel desselben Jahrhunderts setzt sich allmählich die verkürzte Variante Anno durch (nrr. 238, 303, 348, 462), teils in Verbindung mit einem zusätzlichen Jar nach der Jahreszahl (nr. 348). Die Alternative als man zahlt von Christi geburt ist lediglich für 1474 bezeugt (nr. 95). Die Tagesdatierung kann bisweilen fehlen (nrr. 36, 95, 99). Sie erfolgt bis 1477 nach dem Heiligen- bzw. Festkalender (nrr. 53, 55, 67, 92, 101), danach orientiert man sich ausschließlich an der Zählung der Monatstage (nrr. 194, 238, 259, 278, 303, 348, 462). Doppeldatierungen nach dem römischen und dem Heiligenkalender (nr. 53) bzw. nach dem Heiligenkalender und dem Monatstag (nr. 291) bleiben seltene Ausnahmen. Die das Absterben bezeichnende Verbform ist in lateinischen Inschriften stets obiit, in den deutschsprachigen starb bzw. ist gestorben. Lediglich der letzte Beleg von 1611 formuliert ist in dem Herrn seliglich entschlafen (nr. 462). Die Verwendung der Anrede domina läßt sich nur 1417 nachweisen (nr. 55), während das deutsche Äquivalent Frau in fast jedem volkssprachigen Sterbevermerk dem Namen voransteht (nrr. 99, 194, 238, 259, 291, 303, 348). Standesbezeichnungen, wie z. B. Freiin, werden indessen nach dem Vornamen eingefügt (nr. 278). Ab dem 16. Jahrhundert kommen die ersten Epitheta für Niederadelige in Gebrauch, vor allem die Junkturen edel (und) ehrsam (nrr. 194, 238, 259, 291) oder edel und tugendsam / tugendhaft (nrr. 348, 462), seltener einer der Begriffe allein (nr. 303). Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts folgt dem Vornamen fast immer der Geburtsname der Frau (nrr. 53, 55, 67, 92, 95, 99, 101, 194, 303), später häufiger der des Ehemannes, an den sich ein Verweis auf die Abkunft der Frau unmittelbar anschließt (nrr. 238, 259, 278, 291, 348). Danach wird in aller Regel das Konnubium mitgeteilt, in lateinischen Texten durch die Bezeichnung uxor und den nachgestellten Namen des Ehemannes im Genetiv (nrr. 36, 53, 55, 67, 92, 99, 101), in deutschsprachigen durch Formulierungen wie des … (eheliche) Hausfrau (nrr. 95, 194, 303) oder des … (feste / eheliche) Gemahel (nrr. 238, 259, 291), die gegebenenfalls auch die Anreden, Amtsbezeichnungen (nrr. 259, 303) und Epitheta des Gatten anführen.

Fürbitten setzen erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts ein (Erstbeleg nr. 67) und bilden stets den Abschluß der Inschrift. Sie bestehen in lateinischen Texten aus einer Formulierungsvariante von cuius anima requiescat in pace (nrr. 67, 92, 101), in deutschsprachigen aus der Wendung der / denen Gott gnädig sei / gnad (nrr. 95, 99, 194, 238, 278, 303), ab 1545 auch aus der erweiterten Version deren (Seelen) Gott gnädig und barmherzig sein wolle amen (nrr. 259, 291, 348). Im jüngsten Beleg von 1611 wird die Fürbitte ersetzt durch eine Verkündung der Auferstehungsgewißheit welcher Leichnam (…) erwartet der fröhlichen Stimm Christi: ihr Toten stehet auf (nr. 462). Diese deutlich längere Inschrift für ein neunjähriges Kind integriert auch eine Altersangabe, die sich sonst nur noch in der Inschrift für Regina Freiin zu Moersperg von 1550 nachweisen läßt (nr. 278).

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Epitaphien für niederadelige Frauen

An Epitaphien für niederadelige Frauen sind aus dem Bearbeitungsgebiet nur zwei Einzelfälle zweifelsfrei anzugeben. Das ältere ist eine 1504 beschriftete Platte für die Eheleute Jakob und Guta von Windeck (nr. 157), auf der sich der Sterbevermerk für die Frau zeilenweise an den für den Mann anschließt. Da sich dadurch die Möglichkeit zu semantischen Rückbezügen ergab, wurde hier das Formular in seinen Bestandteilen etwas verkürzt und in veränderter Reihenfolge umgesetzt. Dem Namen steht die übliche Anrede Frau voran, am Schluß folgt die Fürbitte denen beiden Gott gnädig sei amen für beide Eheleute.

Das einzige Epitaph, das einer Frau allein gewidmet ist, erinnert an die 1610 verstorbene Anna Alexandria von Fleckenstein, Freiin zu Dagstuhl (nr. 458). Darauf ist das ganzfigurige Abbild der Verstorbenen am Rand von sechzehn Ahnenwappen umgeben. Unter der Figur wurde der Sterbevermerk zeilenweise eingemeißelt. Im Gegensatz zum üblichen Formular auf Grabplatten setzt dieser mit der Namensangabe ein. Die Epitheta wohlgeborne Frau sind mit der Anrede Frau verknüpft, woran sich der Vorname in Verbindung mit dem Adelsgeschlecht des Ehemannes anschließt. Danach folgen die Standesbezeichnung Freifrau zu Dagstuhl und die Erwähnung der Abkunft. Die Lokalisierung des Todesortes und die Wendung ist … in Christo seliglich entschlafen ist auf Grabplatten für Niederadelige im Bearbeitungsgebiet nur selten bezeugt. Vergleichsweise ungewöhnlich ist auch die weit nach hinten gerückte Stellung der Datierung, die durch Anno eingeleitet wird und sich an der Zählung der Monatstage orientiert. Den Abschluß bildet die Fürbitte der Allerhöchste auf den jüngsten Tag eine seligliche Auferstehung gnädiglich verleihen möge.

Grabmäler für Männer aus dem Stadtbürgertum und der Landbevölkerung

Die Grabmäler des Bürgertums und der Landbevölkerung lassen sich nur in wenigen Fällen eindeutig den Kategorien „Grabplatte“ und „Epitaph“ zuordnen, weil ihre Funktion bzw. ihr ursprünglicher Standort meist nicht überliefert ist. Andererseits finden sich vor allem für das 16. und 17. Jahrhundert mehrere Belege für die Tatsache, daß zwischen den genannten Gruppen keine formalen Unterschiede bestehen müssen (vgl. nr. 508 vs. nr. 515). Eine nach funktionalen Kriterien differenzierende Darstellung zur Entwicklung des bürgerlichen Grabmals im Bearbeitungsgebiet läßt sich daher nicht in wünschenswerter Zuverlässigkeit erarbeiten. Vielmehr muß sich die Untersuchung darauf beschränken, die überlieferten Gestaltungsvarianten aller Grabmäler zu beschreiben und den üblichen Inschriftenformularen im Allgemeinen nachzugehen.543) Eine gesonderte Auswertung erfahren lediglich die annähernd sicher identifizierbaren Epitaphien, Grab- und Gedenksteine.544)

Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts – teilweise sogar noch später – handelt es sich auch bei den bürgerlichen bzw. bäuerlichen Grabmälern um hochformatige Platten, deren inschriftliche Sterbevermerke fast immer am Rand umlaufen und allenfalls zeilenweise im Binnenfeld enden.545) Eine auffallend frühe Ausnahme stellt die Platte für den 1421 verstorbenen Schneider Hans Ewr dar, die im oberen Drittel mit einem vierzeiligen Bestattungsvermerk versehen ist (nr. 57). Das nächstjüngere Beispiel (nr. 254) von 1542 (?) bildet dann bereits den Auftakt für die generelle Tendenz, die Inschriften zeilenweise anzuordnen.546) Bei den weiterhin am Rand umlaufenden Inschriften des 17. Jahrhunderts handelt es sich indessen überwiegend um Bibelzitate (nrr. 508, 513, 515, 521). Wappendarstellungen, die bisher einen großen Teil des Binnenfeldes ausfüllten, werden nun in einen kleineren Bereich über oder unter dem Text verdrängt. Eine figürliche Darstellung des Verstorbenen kommt ausnahmslos im Zusammenhang mit einer Kreuzanbetung vor und bleibt mithin auf Epitaphien beschränkt (siehe unten).547)

Sämtliche Inschriften sind in Prosa verfaßt. Die frühesten Belege, die nur bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen, sind noch in Latein formuliert (nrr. 75, 110, 152, 209). Ab der Wende zum 16. Jahrhundert wird dann fast ausschließlich die deutsche Sprache verwendet (Ausnahme nr. 37/C, 296, 316).

[Druckseite LXIV]

Die Angabe des Todeszeitpunkts bildet in der Regel den Anfang der Inschrift und setzt sich fast immer aus dem Todesjahr (nach der Einleitung Anno Domini) und dem anschließenden Todestag zusammen, der bis auf wenige Ausnahmen nach dem Monatsdatum angegeben wird (Heiligen- bzw. Festkalender nrr. 57, 219, 223, 296, 521; römischer Kalender nr. 152). Eine Umkehrung der Reihenfolge kommt nur selten vor (nrr. 351, 388, 423). Abweichungen von der Anno-Domini-Junktur sind erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts belegt, meist in der Verkürzung zu Anno (nrr. 316, 388, 432, 443, 508) oder Anno etc. (nr. 351), daneben in der Variante Anno Christi (nrr. 515, 521) oder in der Übersetzung Im Jahr (nr. 390). Hinweise auf die Todesstunde (nrr. 118, 434) oder auf das erreichte Lebensalter (nrr. 37, 434, 515, 521) finden sich nur selten. Die das Absterben verkündenden Verben lauten in lateinischen Inschriften obire (nrr. 118, 296) oder subsequi (nr. 316), in deutschsprachigen des 16. Jahrhunderts vor allem sterben, mitunter auch verscheiden (nrr. 192). Im 17. Jahrhundert ist dann mehrfach die Erweiterung zu ist in Gott / Christo verschieden (nrr. 432, 434) oder ist in Gott / im Herrn (seliglich) entschlafen (nrr. 433, 508, 515, 521) bezeugt.

Fast immer gehen dem Namen Epitheta voraus, anfangs nur eines, wie z. B. providus (nr. 110), honestus (nr. 152), discretus (nr. 296), excellentissimus (nr. 37/C) oder ehrsam (nrr. 165, 192, 219, 223, 310, 351), ehrenfest (nrr. 292, 293, 295), ehrenhaft (nr. 75/B, 309, 388, 432) und ehrbar (nrr. 347), ab dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts häufig auch die Junkturen ehrenhaft / ehrbar / ehrsam und fürnehm (nrr. 254, 261, 308, 396, 399, 433?, 493?), ehrenfest und fürgeacht (nrr. 390, 508), ehrenhaft und wohlgeacht (nr. 515) oder ehrenfest wohlgelehrt (nr. 434). Anreden wie Dominus (nr. 37/C) bzw. Herr (nrr. 390, 423, 434, 498) finden sich nur selten, ebenso der den Grad der universitären Ausbildung bezeichnende Titel Magister (nrr. 434) und die Rangbezeichnung Meister (nr. 347). Im Unterschied zu den Grabschriften höherer Stände folgen auf den Namen vielfach Angaben zur lokalen Herkunft (nrr. 37/C, 152, 219?, 292, 293, 390, 413), zum Wohnort (nrr. 390, 441, 536) oder zur Bürgerschaftszugehörigkeit (nrr. 296, 309, 422, 443). Ebenso spezifisch sind die fast regelmäßigen Hinweise auf die bekleideten Ämter und ausgeübten Berufe.548) Fürbitten setzen im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts ein (Erstbelege nrr. 110, 118, 134). Dabei stehen dem lateinischen Formular cuius anima requiescat in pace (nrr. 110, 152, 296) die deutschsprachigen Wendungen dem / der / dessen Seelen Gott gnad / gnädig sei (nrr. 118, 134, 219, 223, 254, 308, 309, 388, 390, 434, 440, 498, 527) und dem / der Seelen Gott (der Allmächtige) gnädig und barmherzig sei / sein wolle (und uns allen) (nrr. 165, 261, 292, 293, 295, 310) gegenüber, teilweise bekräftigt durch amen (nr. 192, 347, 351, 396, 399, 423). Die Hoffnung auf Auferstehung wird hingegen nur selten zum Ausdruck gebracht (nrr. 362, 432, 515). Bitten um Fürbitte sind nur in Einzelfällen bezeugt (296, 390), Trostsprüche geringfügig öfter (nrr. 316, 423, 508, 513, 515, 521). Letztere greifen vor allem auf Bibelzitate zurück und stammen fast ausschließlich aus dem 17. Jahrhundert (Ausnahme nr. 316).

Trotz der schwierigen Unterscheidbarkeit von Grabplatten und Epitaphien bleiben immerhin drei Kriterien, die eine annähernde Differenzierung ermöglichen. Dazu zählt erstens die Ikonographie der bildlichen Darstellung. Die Wiedergabe des Verstorbenen allein oder inmitten seiner Familie in Anbetung des Kreuzes zeichnet in der Regel nur Epitaphien aus.549) Solche Grabmäler sind im Bearbeitungsgebiet erst ab der Zeit um 1600 nachweisbar (nrr. 416, 422, 441) und ausschließlich mit Familiendarstellungen versehen. Eine Ausnahme bildet eine Kreuzigungsszene mit Maria und Johannes, wo keine weiteren Personen abgebildet sind (nr. 417). Aus dem architektonischen Aufbau der Monumente und aus dem Epitaph nr. 441 läßt sich erschließen, daß die verlorenen Sterbevermerke wohl stets zeilenweise unter dem Bildrelief ausgeführt waren.

Daneben existiert zweitens eine Gruppe von Grabmälern, die aufgrund ihres Formats und ihrer geringen Größe keine Grabplatten gewesen sein können. Dazu zählen drei kleine, überwiegend querrechteckige Gedenktafeln, die im Zentrum einen Wappenschild aufweisen (nrr. 425, 426, 442). Beigefügt sind nur das Todesjahr sowie die Namensinitialen des Verstorbenen und seiner Ehefrau. Ebenfalls aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts stammt ein hochrechteckiger Stein etwa gleicher Größe, der offenbar dieselbe Funktion hatte. Er zeigt im Binnenfeld ein Schusterwerkzeug und schließt oben mit einem Rundbogen ab (nr. 493). Das älteste Beispiel aus dieser Kategorie ist schließlich eine querformatige Tafel, die vollständig mit dem Sterbevermerk in einfacher Lineatur bedeckt ist (nr. 296). Dieser wird lediglich in der letzten Zeile von einem kleinen Wappenschild unterbrochen. Das Grabmal gleicht damit den typischen Epitaphien des Niederadels (siehe oben).

[Druckseite LXV]

Die Inschrift unterscheidet sich von jenen bürgerlicher Grabplatten vor allem durch die dort selten belegte Grabbezeugung hic sepultus.

Drittens sind solche Grabmäler als Epitaphien bzw. Grabsteine aufzufassen, die oben bogenförmig abschließen oder über einen freistehenden Giebel bzw. Aufsatz verfügen, da ein derartiger Aufbau eine aufrechte Position voraussetzt. Dies trifft im Bearbeitungsgebiet auf fünf Monumente aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu (nrr. 432, 433, 443, 450, 521). Bei zwei davon könnte es sich um Grabsteine handeln, da deren untere Abschnitte im Boden verborgen sind (nrr. 443, 450). Beide weisen im Binnenfeld zwischen zwei Pilastern einen Wappenschild auf. Die Grabschriften sind auch hier zeilenweise darunter ausgeführt. Die übrigen Epitaphien sind fast vollständig mit Schrift bedeckt und erinnern an Angehörige der Rhein- und Murgschifferschaft. Die jeweiligen Sterbevermerke unterscheiden sich kaum von jenen der Grabplatten und sind allenfalls etwas wortreicher verfaßt.

Grabmäler für Frauen aus dem Stadtbürgertum und der Landbevölkerung

Bei den Grabmälern bürgerlicher Frauen stellt sich ebenfalls das Problem, daß die Grabplatten von den Epitaphien oder Grabsteinen formal kaum zu unterscheiden sind. Es läßt sich deshalb auch hier nur eine beschränkt differenzierende Auswertung vornehmen. Lediglich drei Monumente sind mit Gewißheit nicht als Grabplatten zu bezeichnen (nrr. 316, 515, 521). Für die übrigen 22 Belege bleibt die Zuordnung vielfach hypothetisch.550)

Die älteren bürgerlichen Frauengrabmäler, von denen die frühesten noch im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts entstanden (nrr. 20, 26), sind bis in das zweite Drittel des 16. Jahrhunderts mit umlaufenden Inschriften versehen (nrr. 26, 43, 162, 169, 221, 292, 308, 315, 362). Mitunter setzen sich diese in der Mitte zeilenweise fort, vor allem, wenn die Sterbevermerke beider Eheleute ausgeführt wurden (nrr. 169, 292, 308, 362). Das Binnenfeld ist entweder leer (nrr. 26) oder mit den Eheallianzwappen versehen, die nebeneinander angeordnet (nrr. 162, 292, 308, 362) bzw. in einem gemeinsamen Schild untergebracht sind (nr. 169). Die heraldisch bezeichneten Steine stammen jedoch allesamt erst aus der Zeit nach 1500 (Erstbeleg nr. 162). Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts kommt es wie auf den Grabmälern für bürgerliche Männer zu einem grundlegenden Gestaltungswandel, der die umlaufende Rahmenleiste nahezu vollständig verdrängt. Ab 1580 sind die Sterbevermerke nur noch zeilenweise angeordnet (nrr. 316, 372, 375, 456, 461, 509, 514, 515, 521). Die Wappen rücken dadurch meist in den unteren Plattenbereich (nrr. 372, 375, 456). Eine figürliche Darstellung der Verstorbenen ist nur einmal bezeugt (nr. 315), ein anderer Einzelfall ist eine Wiedergabe des Kreuzes über dem Text (nr. 461).

Sämtliche Inschriften sind in Prosa verfaßt. Während die ältesten Sterbevermerke des 14. Jahrhunderts noch lateinisch formuliert wurden (nrr. 20, 26, 43), wählte man bereits ab dem 15. Jahrhundert fast ausschließlich die deutsche Sprache (Erstbelege nrr. 72?, 83, 162; Ausnahmen: nrr. 316, 509).

Die Datierung des Ablebens steht in der Regel am Anfang der Inschrift, überwiegend mit der Einleitung Anno Domini. Eine auffällig frühe Ausnahme ist das Grabmal für die 1387 verschiedene Katharina Maler, deren Sterbevermerk mit dem Namen einsetzt und mit der Jahresangabe nach anno endet (nr. 43). Diese Reduzierung der Anno-Domini-Junktur kommt sonst erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor (nrr. 292, 308, 316, 334, 372, 456, 509, 514, 515, 521). Die deutsche Wendung des Jahrs ist nur ein einziges Mal bezeugt (nr. 255). Die Angabe des Todestages richtet sich lediglich im ältesten Beleg von 1336 nach dem römischen Kalender (nr. 20), in den nächstjüngeren Inschriften bis 1512 nach dem Heiligen- bzw. Festkalender (nrr. 43, 162, 169) und ab 1534 auschließlich nach der Zählung der Monatstage (nrr. 255, 292, 297 etc.). Selten ist das Sterbejahr allein überliefert (nrr. 72?, 83). Eine Entkopplung der Datierungsbestandteile oder eine Umstellung in ihrer Reihenfolge läßt sich ebenfalls nur wenige Male, jedoch über den gesamten Berichtszeitraum hinweg beobachten (nrr. 43, 255, 372, 393, 456, 514, 521). Variationen bzw. Erweiterungen der das Absterben anzeigenden Verben obire (nrr. 20, 43, 316, 509) und sterben (nrr. 72, 83, 162, 255, 292, 297, 308, 315, 456, 461, 514) finden sich im Vergleich zu den Grabmälern bürgerlicher Männer schon früher, d.h. bereits im 16. Jahrhundert. Unter Hinzusetzung des Adverbs selig bzw. seliglich lauten die Wendungen nun starb seliglich (nr. 169), entschlief in Jesu Christo ganz gottseliglich (nr. 362) oder ist in Gott / im Herrn selig / seliglich entschlafen / verschieden (nrr. 334, 372, 375). Die Angaben zur Identität der Verstorbenen integrieren seit etwa der gleichen Zeit immer wiederkehrende Epitheta und daraus zusammengesetzte Junkturen, wie z. B. honesta (nr. 316), ehrsam (nrr. 255, 297), ehrenreich (nr. 292) oder tugendreich (nr. 456) bzw. ehrsam (und) gottesfürchtig / tugendsam / tugendreich (nrr. 169, [Druckseite LXVI] 308, 315, 515), (viel) ehren- und tugendreich (nr. 334, 362, 461) oder edel und tugendreich (nr. 375). Die fakultativ verwendete Anrede Frau geht im 16. Jahrhundert immer häufiger Bindungen mit den genannten Epitheta ein (nr. 255, 297, 308, 315 u. a.). Als lateinisches Äquivalent ist die Junktur honesta matrona lediglich für 1562 bezeugt (nr. 316). Der dem Namen nachgestellte Verweis auf das Konnubium findet sich hingegen schon im 14. Jahrhundert und bildet einen festen Bestandteil der Grabschriften verheirateter Frauen. Dabei erscheint der Vorname in der Regel in Verbindung mit dem Geburtsnamen, während der Familienname des Gatten in einer ihn und teilweise auch sein Amt bezeugenden Apposition nachgestellt wird (nrr. 169, 255?, 297, 308, 315, 375, 461, 515). Nur in seltenen Fällen ist ein Stellungswechsel der beiden Familiennamen (nr. 362, 372) oder der Ausfall eines davon (nr. 456) zu beobachten.

Neben den Epitheta ist nur in Einzelfällen ein konkretes Totenlob überliefert. Es preist die Verstorbene einmal als Mutter einer zahlreichen Nachkommenschaft (nr. 372), erinnert andernorts an wohltätige Stiftungen (nr. 375) oder lobt das Engagement in der Armenfürsorge (nr. 316). Fast ebenso selten sind Altersangaben, die überwiegend erst im 17. Jahrhundert angefügt werden (nrr. 372, 509, 515, 521), und Trostsprüche (nr. 316, 515, 521).

Fürbitten lassen sich erst seit dem einsetzenden 16. Jahrhundert nachweisen (Erstbelege nrr. 162, 169 etc.). Sie bilden fast immer den Abschluß der Inschrift (Ausnahmen nrr. 372, 393). In der Regel sind es Formulierungsvarianten aus der / deren Seelen Gott (der allmächtige) gnad / gnädig sei / gnädig und barmherzig sei (amen) (nrr. 162, 169, 255, 292, 297, 308, 315, 334). Auf drei Grabmälern gilt die Fürbitte nicht nur der Verstorbenen, sondern schließt alle übrigen Christen mit ein (nrr. 362, 375, 456). Einzelfälle bleiben Sie lebe in Christo! (nr. 372) und der allmächtige Gott verleihe ihnen eine fröhliche Auferstehung (nr. 515).

Von den vorgestellten Grabmälern läßt sich lediglich für drei mit Sicherheit ausschließen, daß es sich um Grabplatten handelt (nrr. 316, 515, 521). Nur sie sind neben den Sterbevermerken auch mit Trostsprüchen versehen. Das älteste ist offenbar ein Grabstein, den der Ehemann für seine Frau und sich selbst hat setzen lassen (nr. 316). Er hat eine querrechteckige Form und ist im unteren Bereich nicht beschriftet, so daß er ausreichend tief in das Erdreich versenkt werden konnte. Der Sterbevermerk unterscheidet sich vom üblichen Formular dadurch, daß er am Anfang mit dem Namen der Verstorbenen im Widmungsdativ einsetzt, während Todesjahr und -tag an hinterer Stelle nachfolgen. Am Schluß nennt sich der Ehemann als Stifter des Grabmals und fügt das noch lückenhafte Formular seines eigenen Sterbevermerks an.

Von den beiden übrigen Grabmälern läßt sich das eine aufgrund der Biographie der betreffenden Eheleute (nr. 515), das andere angesichts des aufgesetzten Giebels (nr. 521) als Epitaph identifizieren. Sie sind beide fast vollständig mit Inschriften versehen, die in den Sterbevermerken kaum vom Formular der Grabplatten abweichen. Im Unterschied zu diesen werden allerdings auf dem älteren (nr. 515) die Stifter und auf dem jüngeren (nr. 521) sämtliche Familienmitglieder genannt.

Grabmäler für Kleriker und Mönche

Obwohl sich auch die Grabmäler für katholische Priester und männliche Angehörige geistlicher Orden551) nach formalen Kriterien nicht eindeutig in Grabplatten und Epitaphien unterteilen lassen, gestattet die Überlieferung hier immerhin eine stärkere Differenzierung als bei den Bürgern. So ist festzuhalten, daß die im Bearbeitungsgebiet sicher identifizierbaren Epitaphien ausschließlich zeilenweise beschriftet wurden (nrr. 109, 230, 241, 329, 387, 444?, 457), während dies für nachweisliche Grabplatten nur selten bezeugt ist (nr. 129, 479). Letztere sind viel häufiger mit einer umlaufend eingemeißelten Inschrift versehen, die sich mitunter im Binnenfeld zeilenweise fortsetzt. Für eine Schriftausführung in Metall existiert nur ein einziger Nachweis (nr. 129). Im Zentrum der Platten ist entweder die Figur des Verstorbenen (nrr. 14, 39, 45, 97, 178, 231) oder sein Wappen (nrr. 34, 105, 108, 130, 203, 237, 265, 270, 287, 328, 395, 483), teilweise in Verbindung mit einem Kreuz ausgeführt (nrr. 82, 204). Der Abendmahlskelch als Attribut des Priesters kann entweder als Wappenbild (nrr. 82, 130, 204, 287, 395) oder auch separat erscheinen (nrr. 39, 97, 178, 193, 195, 227, 237, 270, 301, 479). Die Ausführung des Priesterwappens neben dem persönlichen Stammwappen läßt sich erstmals 1466 nachweisen (nrr. 82, 204), bleibt aber auch später die Ausnahme. Ganzfigurige Darstellungen [Druckseite LXVII] sind auf Grabplatten nur bis in das erste Drittel des 16. Jahrhunderts belegt. In der Regel haben die abgebildeten Priester die Rechte im Segensgestus erhoben und halten in der Linken den Kelch (nrr. 39?, 97, 178). Die Grabplatten der Äbte des Benediktinerklosters Schwarzach sind fast ausschließlich mit dem Wappenschild ausgestattet, der vom Krummstab hinterlegt bzw. überhöht ist (nrr. 34, 108, 265, 328?, 483). Die Mitra als heraldisches Würdenzeichen tritt erst nach dem 15. Jahrhundert dazu (nrr. 265, 483). Das figürliche Abbild eines Abts ist allein für den 1514 verstorbenen Johannes von Schwarzach überliefert (nr. 178). Auch das schlichte Grabmal für den 1594 verschiedenen Vorsteher des Franziskanerklosters Fremersberg zeigt nur den Priesterwappenschild in einer Beschlagwerkkartusche (nr. 395).

Der weitaus größte Teil der Inschriften ist in Prosa verfaßt. Ausnahmen sind eine Grabplatte von 1549 (nr. 270) und ein verlorenes Epitaph von 1569 (nr. 329). Die erste deutschsprachige Inschrift stammt aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts (nr. 193), doch bleibt das Latein weiterhin vorherrschend. Für das 16. Jahrhundert ergibt sich so ein Verhältnis von vier deutschen (nrr. 193 A, 204, 287, 395) zu 18 lateinischen Inschriften (nrr. 150, 178, 185, 193 B, 203, 213, 230, 237, 241, 243, 248, 265, 270, 288, 294, 328, 329, 387), und auch noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts übersteigt die Anzahl der bezeugten lateinischen Texte (nrr. 37 B, 444, 483, 522) die der deutschsprachigen (nrr. 457, 479) um das Doppelte.

Üblicherweise setzen die Grabschriften mit der Datierung ein (Ausnahmen nrr. 37 B, 150, 213, 230, 241, 328, 329). Abweichungen von der Anno-Domini-Junktur kommen erst ab dem einsetzenden 16. Jahrhundert vor. Dabei sind die Variationen breiter gefächert als in Grabschriften weltlicher Personen und reichen vom vollständigen Verzicht auf eine Einleitung (nr. 150, 270, 522) über die Reduktion auf Anno (nrr. 193 A, 395, 479) bis hin zu verschiedenen Ersetzungen für domini, wie z. B. Anno dominicae incarnationis (nr. 178), Anno salvatoris nostri (nr. 265), Anno a partu virgineo (nr. 483), Anno salutis (nr. 37 B) oder auch Anno salutis nostrae (nr. 241). Die Jahresangabe selbst ist nur selten ausgeschrieben (nr. 178, 241). Eine der metrisch verfaßten Inschriften überliefert einen Merkvers, der das betreffende Jahr in mehrere Summanden aufspaltet (nr. 270). In der Regel folgt unmittelbar im Anschluß die Bezeichnung des Todestages, die aber bisweilen auch separat am Ende des Textes erscheinen (nrr. 45) oder gänzlich entfallen kann (nrr. 82, 105, 125, 178, 204). Die Verwendung des römischen Kalenders bleibt auf vorwiegend frühe Einzelfälle beschränkt (nrr. 14, 24, 237). Die Datierung nach dem Fest- bzw. Heiligenkalender ist von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis in das zweite Viertel des 16. Jahrhunderts üblich (nrr. 34, 45, 108, 130, 193/A, 241, 243). Die Erstbelege für die Zählung der Monatstage, worauf man nach 1535 ausschließlich zurückgriff, stammen bereits aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts (nrr. 97, 109, 129). Nur selten werden die Todesstunde (nrr. 241, 457), nähere Todesumstände (nr. 37/B) oder Grabbezeugungen (nrr. 193/B, 237, 265, 483) mitgeteilt.

Breiter als bei weltlichen Ständen ist auch das verwendete Begriffspektrum aus dem Wortfeld „sterben“. Neben die finiten Verbformen obiit und starb treten ab dem 16. Jahrhundert die lateinischen Wendungen (in) mortem obiit (nrr. 185, 230), mortuus (nr. 150), vita functus est (nr. 294), ex hac vita migravit (nr. 328), (pie) obiit in domino (nrr. 37 B, 522), e vita hac misera ad caelos migravit (nr. 241), clausit diem (nr. 329) oder die deutschen Formulierungen ist (in Christo) verschieden (nrr. 287, 457) bzw. ist in Gott entschlafen (nr. 479).

Die teilweise an das Amt und die erlangten Würden des Verstorbenen gekoppelten Anreden und Epitheta können im 14. Jahrhundert noch fehlen (nrr. 14, 45), werden aber ab dem 15. Jahrhundert zumindest in Prosa-Inschriften regelmäßig gesetzt. Eine Ausnahme bildet lediglich der Sterbevermerk auf dem Tischgrabmal für Markgraf Friedrich IV. von Baden, Bischof von Utrecht (nr. 213). Die häufig verwendete Anrede dominus bzw. Herr setzt keine Mindestanforderungen an den sozialen Rang und die Würden des Verstorbenen voraus. Pater bzw. Vater steht nur bei Ordensangehörigen (nrr. 108, 125, 178, 193/B, 265, 328, 387, 395, 483), während für Weltgeistliche als Pendant der Begriff vir mit entsprechenden Attributen gewählt wurde (nrr. 82, 109, 150, 230, 241, 288, 294, 522). Die Junktur pater (ac) dominus bzw. dominus et pater bleibt im untersuchten Material den Äbten vorbehalten, in der Regel kombiniert mit dem Epitheton reverendus und der Erweiterung in Christo (nrr. 108, 178, 265, 328, 387, 483). Doch findet sich reverendus auch vor dem Namen eines Pfarrers (nr. 37 B) und eines adeligen Kirchherrn (nr. 241). Das Epitheton venerabilis stand indessen einem größeren Amtsinhaberkreis zu und findet sich bei Namen von Äbten (nr. 108), Pröpsten (venerabilis et egregius nr. 109; venerabilis et clarissimus nr. 230), Stiftskustoden (nrr. 129, 150, 243), Kirchherren (nrr. 105, venerabilis ac dignus nr. 237), Stiftsvikaren (nr. 248) sowie Dekanen von Landkapiteln (nr. 288). In Verbindung mit den übrigen Priestern, darunter Stiftsherren ohne Dignität, Pfarrer und Kapläne, erscheinen die Epitheta bzw. Junkturen honorabilis (nr. 130, 203), doctissimus et providus vir ac dominus (nr. 522), der (ehr)würdig (geistlich) Herr (nrr. 204, 457, 479) oder würdig wohlgelehrt (nr. 287). Für einen Vikar des Kollegiatstifts ist außerdem honorandus belegt (nr. 294).

[Druckseite LXVIII]

Nach dem Namen folgen fast regelmäßig Angaben zur näheren Identifizierung des Verstorbenen (Ausnahmen: nrr. 45, 82, 125). Dazu gehören überwiegend Hinweise auf die von ihm bekleideten Ämter und auf dessen lokale Herkunft (nrr. 37 B, 82, 109, 129, 130, 150, 203, 204, 243, 287, 329, 395, 522) oder akademische Qualifikationen (nrr. 109, 129, 150, 243, 248). Seltener ausgewiesen sind die Amtsdauer (nr. 241), die Ordenszugehörigkeit (nrr. 193/B, 329) und das Benefizium (nrr. 130, 287, 479).

Auch auf den Grabplatten der Geistlichkeit setzen abschließende Fürbitten erst im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts ein (Erstbeleg nr. 97). Meist handelt es sich um die Formel cuius anima (feliciter) requiescat in pace (amen) in verschiedenen Variationen (nrr. 37 B, 97, 105, 108, 109, 129, 130, 185, 203, 237, 243, 265, 288, 387, 483, 522). An Alternativen lassen sich cuius anima deo vivat (nr. 248, 294), cui optimus Deus frui concedat … (nr. 230) oder die deutschen Wendungen dem / der Seele Gott gnad / gnädig sein wolle (amen) o. ä. (nrr. 193/A, 204, 287, 395, 457, 479) anführen. Bitten um Fürbitte, wie z. B. orate pro eo (nrr. 237, 241), sowie Heilsvergewisserungen (nr. 241, 483) bleiben Einzelfälle.

Auf den sicher identifizierbaren Epitaphien sind die stets zeilenweise ausgeführten Inschriften in der Regel mit den entsprechenden Wappen kombiniert (nrr. 230, 241, 329, 387, 457). Bisweilen ist zusätzlich die Figur des Verstorbenen in Anbetung des Gekreuzigten (nrr. 329, 457) oder der Anna Selbdritt (nr. 230) wiedergegeben. Die zwei aufwendig gestalteten Tischgrabmäler für Konrad von Fürstenberg (nr. 24) und Friedrich IV. von Baden, Bischof von Utrecht (nr. 213), tragen umlaufende Grabschriften, von denen die ältere von innen, die jüngere hingegen von außen lesbar ist. Beide zeigen im Binnenfeld das ganzfigurige Abbild des Verstorbenen.

Die Struktur des Inschriftenformulars auf Epitaphien und Tischgrabmälern weicht nur manchmal von jener auf Grabplatten ab, gegebenenfalls durch ein ausführlicheres Totenlob und umfangreichere biographische Informationen (nrr. 241, 329). Ausschließlich darauf beschränkt bleiben Weiheformeln (nr. 329), Gebete (nrr. 329, 444), Klagen (nrr. 213) sowie Stifterangaben (nrr. 241, 329).

Grabplatten für Äbtissinnen und Nonnen

Grabplatten für weibliche Angehörige geistlicher Orden sind im Bearbeitungsgebiet bis auf eine Ausnahme (nr. 218) nur aus dem Zisterzienserinnenkloster Lichtenthal bekannt (nrr. 121, 126, 201, 404, 491). Vier davon lassen sich dessen Äbtissinnen zuordnen (nrr. 126, 201, 404, 491), eine weitere einer niederadeligen Nonne, die sich offenbar besondere Verdienste um die Abtei erworben hatte (nr. 121). Eine sechste Platte lag in der Stiftskirche zu Baden und erinnerte an eine sonst unbekannte Ottilia von Albersdorf (nr. 218).

Die Grabplatten entstanden allesamt erst in der Zeit zwischen 1493 und 1625 und wurden stets mit einer am Rand umlaufenden Inschrift versehen. Handelt es sich bei den Verstorbenen um Äbtissinnen, so zeigen die Binnenfelder regelmäßig einen Krummstab, dem erst zum Ende des 16. Jahrhunderts die Wappen der Eltern (nr. 404) bzw. des Vaters und der Abtei (nr. 491) beigefügt wurden. Für die niederadeligen Nonnen ist an gleicher Stelle die Ausführung ihres ganzfigurigen Abbildes im Ordenshabit bezeugt, ebenfalls flankiert von den elterlichen Wappen (nrr. 121, 218).

Sämtliche Inschriften wurden in Prosa und überwiegend in deutscher Sprache verfaßt. Nur die älteste von 1493? (nr. 121) und die jüngste von 1625 (nr. 491) sind lateinisch formuliert.

Die Texte setzen regelmäßig mit der Datierung ein, die ausschließlich durch die Anno-Domini-Junktur eingeleitet wird und die den Todestag immer mit dem Monatsdatum angibt. Neben den das Absterben bezeichnenden Verben obire (nr. 491) und sterben (nr. 218) verwendete man verscheiden (nrr. 126, 404) bzw. Tods verscheiden (nr. 201). Die der Namensangabe voranstehenden Epitheta korrelieren teils mit der sozialen Abkunft und teils mit dem ausgeführten Amt. So verweist das erste Beiwort ehrwürdig (nrr. 126, 201, 404) bzw. venerabilis (nr. 491) vor den Namen von Äbtissinnen auf deren ehemalige Funktion im Kloster, während sich das zweite nach ihrem sozialen Stand richtet und für Töchter der Markgrafen von Baden hochgeboren Fürstin (nr. 126, 201), sonst edel (nr. 404) lautet oder entfällt (nr. 491). Ist kein Amt anzugeben, so steht für niederadelige Frauen die übliche Junktur edel und tugendhaft (nr. 218). Die Anrede Frau oder Domina wird indessen unabhängig von Stand und Amt gebraucht (nrr. 201, 218, 404, 491). Nach dem Namen folgen bei Hochadeligen die ausdrückliche Bezeugung der Amtsinhaberschaft, wie z. B. Äbtissin dieses Gotteshauses Lichtenthal (nrr. 126, 201, 404), und danach die Erwähnung ihrer Abkunft (nrr. 126, 201). Bei Bürgerlichen wird indessen zuerst die lokale Herkunft genannt (nrr. 404, 491). Der jüngste Beleg von 1625 teilt überdies das Alter und die Regierungszeit mit (nr. 491), der älteste verweist mit hic sepulta explizit auf die Grabstelle (nr. 121). Abschließende Fürbitten fehlen nie und entsprechen den üblichen Formeln cuius anima requiescat in pace (nr. 121), der / deren Seele Gott gnad / gnädig sei (amen) (nrr. 126, 201, 218, 404) oder cuius anima deo vivat amen (nr. 491).

[Druckseite LXIX]

4.2. Glocken

Für das Bearbeitungsgebiet sind aus dem Berichtszeitraum 13 mit Inschriften versehene Glocken bezeugt,552) von denen jedoch nur noch fünf vorhanden sind (nrr. 5, 56, 59, 102?, 319). Sieben (nrr. 54, 56, 59, 62, 63, 77, 102) entstanden im 15., vier (nrr. 163, 319, 330, 339) im 16., jeweils eine im 13. (nr. 5) und im 17. Jahrhundert (nr. 429). Für neun Glocken ist der jeweilige Gießer durch die Inschrift bekannt oder aufgrund stilistischer Vergleiche erschließbar. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielten nachweislich Hans Huter (nr. 54) in Weißenburg (dép. Bas-Rhin, Elsaß) sowie vermutungsweise Heinrich Hafengiesser in Schaffhausen (nr. 59) und Peter zu der Glocken in Speyer (nrr. 62, 63) entsprechende Aufträge. In der zweiten Hälfte des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts sind es dann überwiegend Straßburger Gießereien, die die Glocken lieferten. Zu den Meistern zählen Hans Kloss (nr. 319), Georg Amons (nr. 339) und Hans Jakob Miller (nr. 429). Nur eine einzige Glocke (nr. 163) könnte aus der Stadt Baden selbst stammen, sofern Bonifaz Heilg hier bereits 1508 ansässig war. Die vom Bearbeitungsgebiet entfernteste Gießhütte gehörte Peter van den Ghein zu Mechelen in Antwerpen, der 1569 ein kleines, bis 1904 in Selbach verwendetes Glöckchen (nr. 330) goß.

Bei den Inschriften handelt es sich vor allem um Meistersignaturen (nrr. 54, 63, 163, 319, 330, 339, 429), Funktionsbezeichnungen (nrr. 5, 59, 319), Namensansagen (nrr. 54, 63, 319, 339, 429), Datierungen bzw. Gußvermerke (alle außer nr. 5), Anrufungen (nrr. 56, 62), Bildtituli (nrr. 62?, 63) und Devisen (nrr. 319, 339). Sie sind überwiegend in deutscher Sprache verfaßt (Ausnahme nrr. 5, 163, 330). Abgesehen von der kleinen Glocke Peters van den Ghein von 1569 (nr. 330) wurden insbesondere die Signaturen in lockere Reimverse eingebunden, in denen in der Regel die auf … goß mich endende Gießernennung unmittelbar auf eine Namensansage der Glocke folgt, die mit den Worten … heiß ich schließt (nrr. 54, 63, 319, 339, 429). Allerdings unterliegen Silbenzahl und prosodische Struktur dabei keinem festen Schema. Nur die älteste Glocke aus dem 13. Jahrhundert (nr. 5) trägt eine metrisch fest gefügte Funktionsbezeichnung in Form eines leoninischen Hexameters, der in Deutschland auch andernorts in zahlreichen Varianten bezeugt ist: Vox ego sum vitae voco vos orare venite.553) Die Tradition, inschriftliche Aussagen auf Glocken in der ersten Person Singular mitzuteilen, läßt sich im Bearbeitungsgebiet über den gesamten Berichtszeitraum hinweg nachweisen (nrr. 5, 54, 59, 63, 319, 330, 339, 429). Sämtliche Datierungen wurden stets in Prosa und reimlos formuliert. Die erste Reduzierung der üblichen Anno-Domini-Junktur (nrr. 54, 56, 59, 63, 102) auf Anno allein ist für 1448 belegt (nr. 62, s. a. nr. 339), andere Varianten wie im Jahr als man zahlt nach Christus unseres Herrn Geburt (nr. 319) oder die isolierte Angabe der Jahreszahl (nrr. 77, 330, 429) treten erst in späterer Zeit auf. Anrufungen verschiedener Heiliger kommen nur in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor, einmal in der traditionellen Wendung hilf Gott und Maria und Sankt … (nr. 56)554) und zumindest ein weiteres Mal in der Nennung der vier Evangelisten (nr. 62). Auf einer anderen Rastatter Glocke dienen die Namen vor allem als Bildtituli. Diese Funktion erfüllt auch der inschriftlich ausgeführte Apostelname bei einem Relief des hl. Andreas auf einer 1562 gegossenen Glocke zu Durmersheim (nr. 319). Hier ist außerdem das als protestantische Devise verwendete Bibelzitat Des Herrn Wort bleibt ewig amen in deutscher und lateinischer Ausführung überliefert, woraus die Konfession des Auftraggebers eindeutig hervorgeht (nr. 319). Der gleiche Befund ergibt sich aus den Inschriften einer verlorenen Glocke zu Scherzheim, die mit demselben zweisprachig ausgeführten Bibelzitat versehen war (nr. 339). Sie bietet überdies den ersten Nachweis für ein Abweichen von der traditionellen Anordnung der Inschriften, die üblicherweise Schulter oder Schlag umlaufen. Hier wurden sämtliche Inschriften erstmals zeilenweise und zentriert auf die Flanke gesetzt.

Die Glockenzier läßt sich aufgrund der geringen Belegdichte nur an Einzelbeispielen vorstellen. Eine figürliche Ausgestaltung ist erstmals für die 1450 von Peter zu der Glocken gegossene Glocke bezeugt (nr. 63), die die Symbolwesen der Evangelisten aufwies. Zwei jüngere Glocken aus den Straßburger Gießereien des Hans Kloss und Georg Amons wurden mit dem Bildnis des hl. Andreas bzw. dem Andreaskreuz versehen (nrr. 319, 339). Die ältere von beiden ist überdies auf der Flanke mit einem Putten- und einem Blattfries ausgestattet. Das Glöckchen von Peter van den Ghein zeigte einen Geigenspieler und einen tanzenden Bären (nr. 330). Die Verzierung der Kronenbügel mit Zopfbändern bzw. Kordeln ist für zwei Straßburger Glocken von 1562 und 1605 nachgewiesen (nrr. 319, 429).

[Druckseite LXX]

4.3. Bauwerke

In diese Rubrik fallen all diejenigen Inschriften, die sich an sakralen und profanen Gebäuden, an Brunnenanlagen oder an größeren freistehenden Denkmälern befinden. Es handelt sich dabei um Bau- und Stiftungsinschriften, Spruchweisheiten, Klagen, Mahnungen, Tröstungen sowie Bild- und Wappenbeischriften, daneben auch um Gebete, amtliche Maßbezeichnungen oder Meistersignaturen. Das Gesamtaufkommen dieser Inschriften liegt in 166 Katalogartikeln vor. Der weitaus größte Teil davon (112 Katalognrr.) besteht aus einfachen Bauzahlen, die allenfalls noch von Namensinitialen begleitet werden. Diese bezeichnen in der Regel den Bauherrn, seltener kürzen sie die übrigen Wörter der Bauinschrift (nr. 187?) oder auch Heiligennamen ab (nrr. 286/A, 475/B). Die älteste bekannte Jahresangabe im Bearbeitungsgebiet, die in keine syntaktisch vollständige Bauinschrift eingebunden ist, findet sich auf einem figürlich bearbeiteten Mauerquader von der Burg Altwindeck und stammt vom Jahre 1352 (nr. 32). Die Verwendung arabischer Ziffern ist an Bauwerken ab der Mitte des 15. Jahrhunderts belegt (nrr. 71, 74). Eine Einleitung durch Anno domini (nrr. 44, 269) oder Anno (nrr. 205, 251) wurde isolierten Jahreszahlen nur selten vorangestellt. Bauinschriften in syntaktisch annähernd vollständiger Form lassen sich erst seit dem Ende des 15. Jahrhunderts nachweisen. Häufig sind andere Inschriftensorten, wie Stiftungsinschriften, Amtsträgernennungen, Sentenzen oder Bildbeischriften damit verknüpft oder lassen indirekt auf ein Baugeschehen schließen. Hier sollen zunächst diejenigen Texte vorgestellt werden, die im engeren Sinne als Bauinschriften aufzufassen sind, d. h. die zumindest den Bauherren nennen oder ein Verb aus dem Wortfeld von bauen integrieren. Dazu zählen vor allem zwei Grundsteinlegungsinschriften aus Ottersweier (nrr. 168, 189), die den Beginn der Bauarbeiten an der Kirche (1517) und am dortigen Pfarrhaus (1512) überliefern. Nach der Datierung auf Jahr und Tag folgt beidemal die Formulierung ist der erste Stein gelegt dieses Baues, woran sich der Name des Kirchherrn anschließt, der das Vorhaben ermöglichte. Im Gegensatz dazu nennt sich der Bauherr des Unteren Schlosses zu Neuweier, Philipp V. Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, in der Inschrift am Bogenfeld des Hauptportals an erster Stelle und in der Ich-Form (nr. 274). Ungewöhnlich ist hier die ausdrückliche Begründung des privaten Bauvorhabens, das die Erinnerung an dessen Urheber sicherstellen soll. Dieser drückt abschließend seine Demut vor Gott aus und zitiert die Devise Zeit bringt Rosen. Im Gegensatz dazu beschränken sich die meisten anderen Bauinschriften auf knappe Angaben zum Auftraggeber und zur Zeit des Baugeschehens. So nennt die 1617 verfaßte Inschrift am Alten Rathaus zu Gernsbach zwar auch den Bauherrn an erster Stelle, doch folgt danach nur die Formel has aedes fieri fecit und die Jahresangabe (nr. 476). Eine Reimbindung ist erstmals in einer Inschrift aus dem Jahre 1571 zu beobachten, die die Befestigung eines Fußweges bezeugt (nr. 335). Der einzige längere Text in lateinischer Sprache wurde 1573 an die Westwand des Schwarzacher Münsters gemalt (nr. 343). Der in Prosa formulierte Wortlaut setzt mit der Weiheformel D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) ein, nennt das von der Renovierung betroffene Gebäude, lobt erst dann den verantwortlichen Prior und schließt nach der Formulierung renovatio facta est mit der Datierung. Andere Bauinschriften verzichten auf eine syntaktische Vollständigkeit der Inschrift und erwähnen lediglich den Bauherrn (nrr. 437, 474). Ein Sonderfall ist die in eine historische Nachricht eingebundene Mitteilung über die Erbauung des Klosters Lichtenthal (nr. 460). Hier weicht der Zeitpunkt der Erstellung der Inschrift das einzige Mal deutlich von jenem des mitgeteilten Baugeschehens ab.

Früher noch als Bauinschriften sind im Bearbeitungsgebiet Bildtituli bzw. Bilderläuterungen an Bauwerken bezeugt. Der älteste Nachweis befindet sich auf einem Tympanon aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und setzt sich aus drei Heiligennamen zusammen, die die in Relief abgebildeten Kirchenpatrone identifizieren (nr. 1). Deutlich umfangreicher sind indessen die erklärenden Beischriften innerhalb von Wandmalereien. Das früheste Beispiel dafür – entstanden im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts – bietet der alte Chor der Pfarrkirche zu Loffenau (nr. 98). Hier werden verschiedene alt- und neutestamentliche Figuren sowie Heilige namentlich benannt. Den Aposteln sind ihre jeweiligen Credo-Abschnitte in Schriftbändern beigegeben. Daneben finden auch die im Bild vorgestellten Legenden um das Heilige Kreuz ihre sprachliche Erläuterung. Ziel war es offenbar, dem Betrachter die Interpretation tiefgründiger ikonographischer Szenen durch die beigesetzten Texte zu erleichtern. Ähnliche Aufgaben erfüllten die Inschriften innerhalb der Chorausmalung der Rastatter St.-Bernhards-Kirche, doch haben sich hier nur minimale Reste erhalten (nr. 141). Vollständig verloren sind die Wandmalereien in der Pfarrkirche zu Ottersweier, die nach den überlieferten Beischriften die Übertretung der Zehn Gebote vor Augen führten und gegenüber eine Stifterfigur in Anbetung des auferstandenen Christus zeigten (nr. 216). Zum großen Teil politisch motiviert waren die zu Beginn des 17. Jahrhunderts umgesetzten Bildprogramme im Kloster Lichtenthal, das während [Druckseite LXXI] der Oberbadischen Okkupation555) um sein Fortbestehen zu fürchten hatte. Damals hoffte man, durch die monumentale Zurschaustellung der ehrwürdigen Klostergeschichte (nr. 460) sowie durch die bildliche Präsentation der aus angesehenen Adelsfamilien stammenden Äbtissinnen (nr. 471), aber auch durch inschriftliche Mahnungen in Form von Zitaten aus der Apokalypse (nr. 469) die künftige Existenz sichern zu können.

Im profanen Bereich sind vor allem die Bildzyklen in den Festsälen landesherrlicher Residenzen zu nennen, wie sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Palas des Neuen Schlosses zu Baden-Baden (nr. 371) oder auf Schloß Neueberstein (nr. 361) ausgeführt wurden. Beide Räume waren mit Ahnenreihen versehen, deren ganzfigurig abgebildete Mitglieder durch die entsprechenden Namen, Titel und biographischen Daten identifiziert wurden. Der von Tobias und Abel Stimmer ausgestaltete Fürstensaal zu Baden-Baden zeigte überdies an der Decke zwei allegorische Bildfolgen zur tugend- und lasterhaften Lebensweise, die sich dem Betrachter durch lateinische und deutsche Verse näher erschlossen. An den Wänden und Fensterlaibungen waren außerdem Monatsbilder und Tierkreiszeichen wiedergegeben, die ebenso wie die Deckenmalerei des Erkers, die sich der Herleitung der Monarchie widmete, inschriftlich erläutert wurden. Über die wohl erst um die Mitte des 17. Jahrhunderts vorgenommene Ausmalung in den Erdgeschoß-Räumen des Palas, welche die mythische Abkunft der badischen Markgrafen von Jupiter vor Augen führte, ist dagegen fast nichts bekannt (nr. 531).

Außerhalb von Wandmalereien sind Bildtitel an Bauwerken nur selten bezeugt (nr. 504). Häufiger finden sich hingegen Spruchweisheiten, Devisen, Klagen, Tröstungen oder Mahnungen, die vor allem an Portalen oder auf Wappentafeln angebracht wurden. In diese Rubrik fallen vermutlich bereits die nicht mehr vollständig zu entziffernden Schriftfragmente aus der Mitte des 14. Jahrhunderts auf Ebersteinburg (nr. 29). Anscheinend handelte es sich hierbei um eine Sentenz oder Devise. Der nächstjüngere Beleg aus der Mitte des 16. Jahrhunderts befindet sich an einem Gernsbacher Renaissanceportal unbekannter Herkunft und beklagt sarkastisch die Unmöglichkeit, nach dem Geschmack aller Mitbürger zu bauen (nr. 272). Ein anderes Portal, das durchaus von demselben Gebäude stammen könnte, greift das Vanitas-Motiv auf, indem es menschliches Streben nach irdischem Gut mit der Endlichkeit des Lebens kontrastiert (nr. 282). Spiegeln diese Texte frühneuzeitliches und humanistisch geprägtes Gedankengut, so lassen andere durch Bibelzitate auf die Haltung ihrer Auftraggeber in geistlichen Dingen schließen. Von starker Verweiskraft auf das religiöse Bekenntnis war im 16. Jahrhundert das von Petrus aufgegriffene Wort des Propheten Jesaja Verbum domini manet in aeternum (Is 40,8; I Pt 1,25), das von den Protestanten als Devise verwendet wurde (nr. 289).556) Hingegen scheinen die Worte Christi Ego sum via et vita et veritas, eingemeißelt am Eingang zur Schloßkapelle in Baden-Baden (nr. 357), oder auch der an Gottes universelle Mitwirkung erinnernde Psalmvers 127,1 Wenn der Herr nicht das Haus baut etc. (nr. 370) keine konfessionelle Aussage zu implizieren. In anderer Hinsicht mehrdeutig ist die nur vordergründig die Frömmigkeit preisende Lebensweisheit des Gernsbacher Murg- und Rheinschiffers Jakob Kast, dem es darauf ankam, seinen legendären Reichtum mit einer besonders großen Gottesfurcht zu rechtfertigen (nr. 391/C). In seiner politischen Intention unmißverständlich war ein 1632 im Jesuitenkolleg der Stadt Baden verfertigtes Chronogramm, das die Besetzung und Plünderung des Reichs durch schwedische Truppen unverhohlen kritisierte (nr. 516). Die Absicht der zum Ende des Berichtszeitraumes bezeugten Sentenzen carpe diem (nr. 526) und memento mori (nr. 494) beschränkte sich indes darauf, die Vergänglichkeit von Zeit und Leben in Erinnerung zu rufen.

Abschließend seien noch einige Inschriftensorten genannt, die sich im Bearbeitungsgebiet nur in Einzelfällen an Bauwerken nachweisen lassen. Eng verwandt mit den Bauinschriften sind Stiftungs- bzw. Stifterinschriften, die sich von ersteren oftmals nur in genauer Kenntnis des ursprünglichen Standorts oder Bezugsobjekts unterscheiden lassen. Selten wird der Stiftungsvorgang so ausdrücklich erwähnt wie auf der 1495 gefertigten Memorientafel in der Stiftskirche zu Baden-Baden. Der darauf verzeichnete Text bezeugt mit den Worten missam … cantandam instituit eine Meßstiftung des Propsts Johannes Horn und sollte als Rechtstext deren regelmäßige Einhaltung sicherstellen (nr. 124). Eine offenbar nur wenige Jahre jüngere Inschrift nennt den Stifter der Ölbergnachbildung in Baden-Baden und wählt dafür die Formulierung hat … dies Werk machen lassen (nr. 131). Auf den Namen verknappt ist die Stifterinschrift auf einem Gewölbeschlußstein der Kirche zu Steinmauern (nr. 188). Eine Verknüpfung von Stifternennung und Gebet findet sich im Bearbeitungsgebiet nur einmal (nr. 216/D-E). Ein umfangreicherer, metrisch verfaßter Gebetstext ist für ein verlorenes Tympanon [Druckseite LXXII] am Schwarzacher Münster überliefert. Darin bittet der Abt im Namen des Konvents den Allmächtigen, ihnen die Tür zum Münster und mithin zum wahren Leben zu öffnen (nr. 73). Damit gibt er sich indirekt auch als Auslöser einer unbestimmten Baumaßnahme zu erkennen. Ein anderes Gebet auf einem Auferstehungsrelief vom Alten Friedhof der Stadt Baden (nr. 210) zitiert eine Sequenz aus der Totenmesse und beschränkt seine Aussage auf die Bitte um Erlösung.

Neben Stifterpersönlichkeiten und Bauherren weisen die Inschriften an Gebäuden bisweilen auch die für den Bau verantwortlichen Amtsträger aus. Dies ist erstmals 1502 der Fall auf der Portalinschrift am Beinhaus von Kappelwindeck, in der die Heiligenpfleger namentlich benannt werden (nr. 151). In ganz ähnlicher Art ist diese übliche Form der Amtsträgernennung, die in keinen syntaktisch vollständigen Satz eingebunden ist, noch etwa 100 Jahre später am Rathaus (nr. 449) und an einer Zehntscheuer zu Bischweier (nr. 424) nachweisbar.

Meistersignaturen (nrr. 6, 113), Maß- und Volumenbezeichnungen (nrr. 51, 419) sowie Inhaltsangaben (nr. 212) bleiben ebenso wie die etwas kuriose Vermählungsanzeige Vff Tag Esto michi seindt Jacob von Windeck vnd Frow Gutta bischlaff a(nn)o Lxxvi (nr. 100) an Bauwerken des Bearbeitungsgebiets Einzelfälle.

4.4. Ausstattungsgegenstände von Kirchen und sakralen Räumen

Der Katalog enthält in 61 Artikeln die Inschriften solcher Gegenstände, die entweder einen Kirchenraum ausgestalten oder darin den Vollzug liturgischer Handlungen gewährleisten sollten. Zu den bedeutendsten Objekten in dieser Rubrik zählen elf Altarretabel bzw. Altarbestandteile (nrr. 27, 114, 127, 153, 161, 176, 177, 199, 211, 224, 374). Dazu gehören vier kleinere Retabel, die offenbar an privater Stelle der individuellen Andacht gedient haben (nrr. 27, 211, 224, 374). Abgesehen vom ältesten und jüngsten Beleg fällt die Herstellung stets in das letzte Viertel des 15. bzw. in das erste Viertel des 16. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammen außerdem die meisten der isoliert überlieferten Heiligenfiguren (nrr. 80, 116, 145, 147, 149, 160, 164), die sicher auch im Zusammenhang mit später verlorenen Altaraufsätzen entstanden. Die Jahrzehnte um 1500 stellen somit eine kulturelle Blütezeit des Bearbeitungsgebietes dar, in der sowohl die finanziellen Voraussetzungen zur Beschaffung kirchlicher Ausstattungsgegenstände gegeben waren als auch zahlreiche, auf hohem künstlerischen Niveau arbeitende Werkstätten existierten.

Ein großer Teil der Schreine barg Marienfiguren. Einschränkend ist hierbei jedoch anzumerken, daß dieser Befund auch die größeren, isoliert überlieferten Schnitzfiguren einbezieht, die sich anderen Stellen kaum sinnvoll zuordnen lassen. Maria erscheint teilweise als Gottesmutter mit dem Jesusknaben (nrr. 116?, 127), häufig eingebunden in eine mehrfigurige Darstellung (Epiphanias: nr. 114; Heilige Sippe: nr. 153; Anna Selbdritt: nrr. 116?, 160, 164), oder auch im Zusammenhang einer Pietà (nrr. 80, 145, 211). Als Assistenzfigur in einer Kreuzigungsszene ist sie lediglich im Schrein eines kleinen Tischaltärchens (nr. 224) wiedergegeben. Außer Maria fungieren nur wenige andere Heiligen als zentrale Hauptfiguren in einem Altarschrein. Dazu zählt der hl. Dionys in der Kirche zu Baden-Baden-Oos (nr. 161), vielleicht auch der hl. Eucharius in der ihm geweihten Kirche zu Baden-Baden-Balg (nr. 147).

Was die Ikonographie der Assistenzfiguren im Schrein und der übrigen Bildwerke an den Altären anbelangt, so läßt sich festhalten, daß unter den zahlreichen Heiligendarstellungen (siehe Reg. 10c) besonders häufig die Märtyrerinnen Katharina (nrr. 127, 149, 176, 224), Margareta (nrr. 127, 224, 374), Barbara (nrr. 176, 224, 374) sowie die Heiligen Wolfgang (nrr. 153, 176) und Nikolaus (nrr. 153, 176) abgebildet wurden. Neben Szenen aus der Passion Christi (nr. 127), dem Marienleben (nrr. 27, 114), dem Martyrium der hl. Ursula (nr. 127) oder aus den Legenden um Maria Magdalena (nr. 127) sei hier außerdem das seltener aufgegriffene Motiv einer Lactatio des hl. Bernhard von Clairvaux durch die Gottesmutter hervorgehoben (nr. 211).

Die auf den Altären angebrachten Inschriften haben vorrangig eine identifizierende Funktion, vor allem in Form von Nameninschriften (nrr. 127, 153, 211, 374), die überwiegend den Nimben eingeschrieben sind, oder von Zitaten, die der im Bild vorgestellten Bibelstelle entstammen (nr. 27, 114). Daneben sind es Glaubensbekräftigungen (nr. 127/O), Gebete (nr. 211/E), Meistersignaturen (nrr. 127/B, 161/A) oder Stifterinschriften (nr. 374/C), die entweder in Schriftbändern oder ohne besondere Abgrenzung vom Umfeld zeilenweise im Bild erscheinen. Die Schnitzfiguren wurden bevorzugt an den Gewandsäumen mit Inschriften versehen. Diese können unter anderem die entsprechenden Namen (nrr. 145, 147, 160, 164), Gebete (nrr. 145/C, E, 147/A), Bitten um Fürbitten (nrr. 147/B, D, H, 161/C), Incipits liturgischer Texte (nrr. 145/A, C, 164/B) oder auch bloße Buchstabenreihen (nr. 149, 161/B, D) enthalten.

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Zu den Ausstattungsstücken sakraler Räume gehören auch die in neun Katalognummern erfaßten Glasmalereien und Scheibenzyklen. Ein Großteil davon entstand im Zeitraum zwischen 1450 und 1550 (nrr. 76, 89, 106, 107, 173, 186, 196, 410?). Nachweislich älter sind lediglich die Stifterscheiben aus der Chorverglasung der Lichtenthaler Klosterkirche, die bereits aus dem einsetzenden 14. Jahrhundert stammen (nr. 7). Sie zeigen die markgräflichen Stifter im Betgestus, die durch entsprechende Namen und Titel am Fensterrand identifiziert werden. Auch die Inschriften auf den jüngeren Scheiben haben häufig die Funktion, die abgebildeten Stifter zu benennen (nrr. 76, 107, 173, 186, 196). Daneben können sie Gebete (nr. 76) oder Bitten der Stifter um Fürbitte (nr. 106, 107, 186) formulieren oder auch liturgische bzw. biblische Texte (nr. 89) wiedergeben. Die entsprechenden Inschriften sind am Fensterrand (nr. 7, 196), auf Spruchbändern (nrr. 106, 107) oder auch in aufgeschlagenen Büchern (nr. 89) verzeichnet.

Aufgrund der reichen Bestände des Zisterzienserinnenklosters Lichtenthal ist die Anzahl an inschriftlich bezeichneten Textilien im Bearbeitungsgebiet vergleichsweise hoch. So existieren noch heute in der Abtei sechs innerhalb des Berichtszeitraumes angefertigte und mit Inschriften versehene Stickereien (nrr. 135, 367, 368, 369, 398, 409). Ergänzt werden diese Stücke durch ein Korporalienkästchen (nr. 208) und den Deckel einer Hostienbüchse (nr. 505), die beide mit Stoff bespannt und ebenfalls bestickt sind. Daneben sind aus anderen geistlichen Einrichtungen des Bearbeitungsgebietes nur zwei Belege für Inschriften auf Textilien bekannt. Sie betreffen ein Meßgewand aus Ottersweier (nr. 200) und eine Gruppe von vier Dalmatiken aus dem Benediktinerkonvent in Schwarzach (nr. 377). Bezeichnenderweise stammen sämtliche Arbeiten entweder noch aus der Zeit vor der Reformation oder aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, als die katholischen Markgrafen Philipp II. und Eduard Fortunat von Baden-Baden für die Ausstattung der Klöster ihres Herrschaftsgebietes Sorge trugen. Die jeweiligen Inschriften nennen teils die Stifter (nrr. 200, 208/G, 367/D, E, 368, 369, 398), teils sind es Bildtitel (nr. 208/C-F), oder sie verdeutlichen die Funktion des Inschriftenträgers (nr. 208/H, 409, 505). Andere zitieren liturgische Texte (nr. 377/C), formulieren Gebete (nr. 367/C) oder sind als Anrufungen zu verstehen (nr. 377/A-B).

An inschriftlich bezeichneten vasa sacra sind im Bearbeitungsgebiet von jeder Gattung nur wenige erhalten bzw. bezeugt. So konnten lediglich zwei Abendmahlskelche (nrr. 61, 389), drei Altar- bzw. Vortragekreuze (nrr. 2, 66, 284), ein Weihrauchfaß (nr. 468), ein Weihrauchschiffchen (nr. 535), eine Monstranz (nr. 140), ein Eucharistiekästchen (nr. 16), eine Paxtafel (nr. 91) und ein Äbtissinnenstab (nr. 495) erfaßt werden. Daneben ist auf drei Pokale aus den Klöstern Lichtenthal (nr. 402) und Schwarzach (nrr. 530, 533) zu verweisen, die keine liturgische Funktion erfüllten, sondern allein der Schatzkunst zuzurechnen sind. Gattungsspezifische Entwicklungen und Besonderheiten lassen sich auf der Grundlage dieser geringen Materialbasis nicht aufzeigen. Ein großer Teil der Inschriften aller verschiedenen vasa sacra verweist auf die Stifter (nrr. 16/Y, 61, 91/A, 389/A, 402/A, 468?, 530, 535). Teils handelt es sich dabei um syntaktisch vollständige Sätze, deren Prädikate unter anderem comparavit (nr. 16/Y), hat machen lassen (nr. 91/A) oder donavit (nr. 402/A) lauten, teils wurden nur die Stifternamen mit der entsprechenden Titulatur ausgeführt (nrr. 61, 389/A, 530, 535?). Außerdem finden sich Gebete (nr. 16/F), Anrufungen an Heilige (nrr. 140, 389/B) oder Namen als Bildtituli (nrr. 16/A, D, G, H etc., 284, 495), Bibelzitate als Bilderläuterungen (nr. 16/C, E, I etc., 66) sowie Wappenbeischriften (nr. 533) und Gewichtsangaben (nr. 91/B).

Zu den größeren Ausstattungsstücken von Kirchen gehören schließlich auch vier Sakramentshäuschen (nrr. 88, 90, 133, 199/II), vier Gestühle (nrr. 120, 170, 198, 355?), zwei Weihwasserbecken (nrr. 146, 158), ein Taufstein (nr. 197) und eine Kanzel (nr. 436). Die darauf angebrachten Inschriften sind in der Regel recht knapp gehalten. Sie verweisen größtenteils auf das Entstehungsjahr (nrr. 90, 120, 158, 170, 197, 199), teilweise auch auf die Stifter (nrr. 133?, 146?) oder die mit der Ausführung beauftragten Meister (nrr. 170, 436). Ein längeres Gotteslob in Form von mehreren Bibelzitaten ist lediglich für das Ottersweierer Chorgestühl überliefert (nr. 198). In derselben Kirche war außerdem auf einem hölzernen, nicht genau identifizierbaren Inschriftenträger („ane einer hültzen Bünden“) ein Lobpreis der Fürbitte für Verstorbene ausgeführt (nr. 355). Eine kurze Bildbeischrift findet sich an der von Thomas König 1606 gefertigten Kanzel in der Klosterkirche zu Lichtenthal (nr. 436).

4.5. Eigenständige Tafelbilder

Aus dem Bearbeitungsgebiet sind bis 1650 insgesamt 32 mit Inschriften versehene Tafelbilder bezeugt, die zumindest nicht nachweislich in andere Objekte – wie beispielsweise Altäre – eingebunden waren (30 Katalognrr.). Allerdings ist der primäre Bestimmungsort dieser Gemälde nur in Einzelfällen (nr. 332) überliefert, so daß ihre ursprüngliche Funktion größtenteils erschlossen werden [Druckseite LXXIV] muß. Etwa die Hälfte davon greift zentrale Motive der christlichen Ikonographie auf,557) die übrigen stellen annähernd zeitgenössische Porträts historischer Persönlichkeiten dar.558)

Die meisten Bilder der ersten Kategorie werden erstmals im Besitz des Klosters Lichtenthal erwähnt. Die ältesten stammen aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts (nrr. 132, 136, 137). Zu den behandelten Bildthemen zählen die Verkündigung an Maria (nr. 143), die Heilige Familie (nr. 246), die Kreuzigung (nrr. 132) und die Beweinung Christi (nrr. 142, 236) sowie seine Darstellung als Schmerzensmann (nrr. 136, 174). Die Gottesmutter mit dem Kind auf dem Arm (nr. 239) und Anna Selbdritt (nr. 166) bilden auf zwei Gemälden den zentralen Bezugspunkt innerhalb einer Anbetungsszene. Andere Heilige werden als Hauptfiguren im Geschehen einer mit ihnen verknüpften Legende gezeigt (nr. 137). Teilweise war ihr Abbild auch zur individuellen oder gemeinschaftlichen Heiligenverehrung gedacht, wie beispielsweise das Porträt des sel. Bernhard von Baden (nr. 155, s. a. nrr. 154, 332, 496). Ein Lichtenthaler Gemälde mit den vier Kirchenvätern, die den Blick des Betrachters auf Zitate aus ihren Büchern über die Jungfräulichkeit lenken, sollte offenbar sowohl belehren als auch moralische Stütze sein (nr. 144).

Die auf den religiösen Bildern ausgeführten Inschriften haben größtenteils die Aufgabe, die dargestellten Personen bzw. das Motiv näher zu identifizieren. Dies geschieht einerseits durch Namenbeischriften (nrr. 132, 137, 144, 154, 166, 239) und andererseits durch Bibelzitate bzw. liturgische Texte, die in einem inhaltlichen Bezug zur Bildszene stehen (nrr. 143, 239, 246). Daneben finden sich Gebete (nr. 142), Formen des Lobpreises (nr. 239, 496) oder auch eine Ablaßverkündung (nr. 136). Maler- bzw. Stiftersignaturen sind nur in Einzelfällen nachweisbar (nrr. 174, 496) und gewöhnlich am Rand ausgeführt. Die übrigen Inschriften wurden in den Nimben (nrr. 132, 154, 166), auf Schriftbändern (nrr. 142, 143, 239, 246), ohne Abgrenzung zum Hintergrund in unmittelbarer Nähe der abgebildeten Figuren (nrr. 137, 144) oder zeilenweise im unteren Bildbereich wiedergegeben (nrr. 136, 496).

Die Porträts historischer Persönlichkeiten sind größtenteils zu deren Lebzeiten erstellt worden (Ausnahme nr. 232?). Der Erstbeleg ist ein von Hans Baldung Grien 1515 gemaltes Brustbild Markgraf Christophs I. von Baden (nr. 184). Wie hier werden die Personen auch später überwiegend im Halbprofil gezeigt. In der Regel sind sie durch die beigesetzten Namen mit entsprechenden Jahres- und Altersangaben näher bestimmt. Im 17. Jahrhundert lassen sich überdies eine Devise (nr. 490) und eine Bezeugung der Amtsinhaberschaft (nr. 512) nachweisen. Erst zu dieser Zeit finden sich auch längere Texte mit ausführlichen biographischen Informationen oder einer Würdigung der Person (nr. 492). Ein Sonderfall bleibt die offenbar mitsamt der Inschrift nachgetragene Fürbitte auf einem Porträt Markgraf Christophs I. von Baden (nr. 232). Meistersignaturen sind auch für Bildnisse, deren Sujet außerhalb der christlichen Ikonographie liegt, nur selten und an unscheinbarer Stelle belegt (nr. 174, 184/B, 253/C, 517/A). Immerhin haben sich dadurch sowie durch stilistische Untersuchungen Hans Baldung Grien (nrr. 166, 174, 184), Nikolaus Kremer (nrr. 211?, 239, 246, 253), Hans Besser (nr. 275) und Wilhelm Panneels (nrr. 517, 518, 519, 520) als Maler namentlich ermitteln lassen.

Zitationshinweis:

DI 78, Baden-Baden und Raststatt (Landkreis), Einleitung, 4. Die Inschriftenträger – Form und Formular (Ilas Bartusch), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di078h017e001.

  1. Zur Typologie der Grabmäler vgl. Anneliese Seeliger-Zeiss, Grabstein oder Grabplatte? – Anfragen zur Terminologie des mittelalterlichen Grabmals (Grundsatzreferat), in: Epigraphik 1988, 283–291. »
  2. Vgl. zum Inhalt von Grabschriften allg. Harald Drös, Biographisches in mittellateinischen Grabinschriften Südwestdeutschlands, in: Mittellateinische Biographie und Epigraphik / Biografía latina medieval y epigrafía, hg. v. Walter Berschin, Juan Gómez Pallarès u. José Martinez Gázquez, Heidelberg 2005, 121–132; Scholz, Totengedenken 37–59; Walter Koch, „Dem Got genad“. Grabformular und Aufgaben der Epigraphik, in: Der Tod des Mächtigen. Kult und Kultur des Todes spätmittelalterlicher Herrscher, hg. v. Lothar Kolmer, Paderborn 1997, 281–297; Fidel Rädle, Literarische Typik und historischer Einzelfall in den lateinischen Epitaphien, in: Vom Quellenwert der Inschriften. Vorträge und Berichte der Fachtagung Esslingen 1990, hg. v. Renate Neumüllers-Klauser (Supplemente zu den Sitzungsberichten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse 7), Heidelberg 1992, 239–251. »
  3. Die in den folgenden Kapiteln aufgeführten Zitate aus Inschriften werden stets in normalisierter Schreibung und ohne Kennzeichnung von Abkürzungen wiedergegeben. Die Schrägstriche markieren hier nicht den Zeilenumbruch, sondern trennen verschiedene Formulierungsvarianten, während in runde Klammern gesetzte Wörter mögliche Texterweiterungen darstellen. »
  4. Zum Anno-Domini-Formular vgl. Scholz, Totengedenken 51–54. »
  5. Zu den inhaltlichen Komponenten antiker Grabschriften vgl. Meyer, Einführung 69–74. »
  6. Zum Aufleben des antiken Totenlobs in frühneuzeitlichen Inschriften vgl. Bartusch, Konventionen 321–347. »
  7. Vgl. nrr. 12, 13?, 15, 28?, 31?, 36, 37?, 38, 41, 42, 49?, 53, 68, 69, 78, 81, 86?, 103, 104, 115, 123, 156, 175?, 179, 182, 183, 202, 206, 222?, 249, 260, 285?, 340?, 381?, 401?. »
  8. Vgl. zur teilweise schwierigen Unterscheidung von Epitaph und Grabplatte Seeliger-Zeiss (wie Anm. 533) 288–290; RDK, Bd. 5, Sp. 872–921; Kloos, Einführung 79; Fidel Rädle, Epitaphium – Zur Geschichte des Begriffes (Diskussionsbeitrag), in: Epigraphik 1988, 305–310. »
  9. Vgl. unter Einbeziehung der Doppelgrabmäler für Eheleute nrr. 36, 53, 55?, 67, 92, 95, 99?, 101, 194, 222?, 238, 259, 278, 291, 303, 348?, 462»
  10. Vgl. Einl. Kap. 4.1, LXIII»
  11. Vgl. nrr. 37/C, 52?, 57, 75, 110, 118, 134?, 152, 165, 192, 209?, 219, 221, 223, 228, 254, 261, 292, 293, 295, 308, 309, 310, 347, 351, 362, 388, 390, 396, 399, 413, 423, 434, 440, 498, 508, 513?, 527, 536»
  12. Vgl. nrr. 296, 316, 416, 417, 422, 425, 426, 432, 433, 441, 442, 443?, 450?, 493?, 515, 521»
  13. Vgl. nrr. 52?, 75/B, 118, 134, 165, 219, 221, 223, 292, 293, 295, 308, 309, 351, 362, 498»
  14. Vgl. nrr. 37/C, 75/B, 296, 316, 347, 388, 390, 396, 399, 423, 432, 433, 434, 441, 443, 450, 508, 513, 515, 521, 527»
  15. Vgl. wie Anm. 540»
  16. Vgl. nrr. 37/C, 57, 110, 192, 254, 261, 296, 308, 310, 316, 347, 362, 388, 396, 399, 423, 432, 433, 434, 440, 443, 450, 508, 515, 521, 527»
  17. Vgl. wie Anm. 540»
  18. Vgl. nrr. 20?, 26, 43, 72?, 83, 162, 169, 221, 255, 292, 297, 308, 315, 334, 362, 372, 375, 393, 456, 461, 509, 514»
  19. Vgl. nrr. 14, 24, 33, 34, 37/B, 39, 45, 82, 97, 105, 108, 109, 125, 129, 130, 150, 178, 185, 193, 195, 203, 204, 213, 227, 230, 231, 237, 241, 243, 248, 265, 270, 287, 288, 294, 301, 328, 329, 387, 395, 444, 457, 479, 483, 522. Grabmäler für kirchliche Amtsträger nachweislich evangelischer Konfession sind aus dem Bearbeitungszeitraum nicht überliefert. »
  20. Vgl. die Nachweise in Reg. 8. Inschriftenträger. »
  21. Vgl. die Nachweise in nr. 5 Anm. 4–6. »
  22. Vgl. zu diesem Anrufungsformular Otte, Glockenkunde 124. »
  23. Vgl. dazu Einl. Kap. 2, XVIIIf»
  24. Vgl. Stopp, Verbum Domini, passim. »
  25. Vgl. nrr. 132, 136, 137, 142, 143, 144, 154, 155, 166, 174, 236, 239, 246, 332, 496»
  26. Vgl. nrr. 184, 232, 253, 275, 326, 452, 467, 490, 492, 502, 512, 517, 518, 519, 520»