Die Inschriften des Altkreises Witzenhausen

4. Die Inschriftenträger, ihre Typen, ihre Texte und ihre Sprache, ihre Hersteller

Die Inschriftenträger des Bearbeitungsgebietes erfuhren wie die gesamte kulturelle Hinterlassenschaft sehr unterschiedliche Schicksale. So konnte an vielen Stellen eine hohe Verlustrate jener Träger festgestellt werden, die aus Bunt- oder edleren Metallen bestanden. Vor allem die kriegerischen Ereignisse um 1637 (Kroatenjahr) brachten große Einbußen an Glocken und Edelmetallgeräten der Kirchen und Rathäuser; aber auch zahlreiche Bauten mit Inschriften gingen verloren, da Privathäuser und auch öffentliche Bauten größtenteils in Holz gebaut waren. Im Bereich der Inschriften auf Stein wirkten sich neben vielen andern Faktoren seit dem 16. Jahrhundert auch die im Konfessionswechsel angelegten Modernisierungszwänge aus, wie die an eine Kapellenwand geschriebenen Namen früher in der Liebfrauenkirche Bestatteter (Kat.-Nr. 83) zeigen. Der Bestand an frühen Grabmälern dürfte ohnedies nicht groß gewesen sein, da es kein länger existierendes Kloster gab, das eine frühe Grablege ausgebildet und bewahrt hätte. Zwar tragen Glocken zu einem knappen Drittel der mittelalterlichen Inschriften bei, doch ist das Dutzend vorreformatorischer Glocken, die mit einer einzigen Ausnahme erst nach 1450 entstanden, nicht gerade beeindruckend. Angesichts dessen müssen Auswertungen hinter den Erwartungen zurückbleiben, es sei denn, man verlegt sich auf jüngere Bestände, die vornehmlich bei Grabsteinen eine wenigstens punktuell höhere Dichte aufweisen (s. 4.1.2).

4.1 Denkmäler des Totengedächtnisses

4.1.1 Die allgemeine Entwicklung

Aus der Zeit vor 1500 ist im Bearbeitungsgebiet eine einzige Grabplatte erhalten (Kat.-Nr. 2). Sie stammt aus dem Jahr 1371. Ihr durch eine Umschrift zwischen Linien definiertes Mittelfeld zeigt (in Ritztechnik unter einem Maßwerkbogen) ein Bild des Verstorbenen, der auf Knien zu Christus betet. Am Rande läuft die lateinische Inschrift um, die das verbreitete Anno domini-Formular benutzt (Jahreszahl – hier Datum ohne Tagesangabe, Sterbevermerk, Fürbitte). Es erscheint nicht in Reinform, denn bei der Fürbitte fehlen die Worte in pace. Für sie reichte der Platz nicht mehr, denn da der Verstorbene von Erfurt kam, musste sein Herkunftsort angegeben werden.

An diesen Typ einer spätmittelalterlichen Grabplatte erinnern noch deutlich die wenigen erhaltenen Exemplare aus dem 16. Jahrhundert, indem sie eine reliefierte Figur des Verstorbenen mit Umschrift zeigen (Kat.-Nrr. 56, 61, 66, 88, 120). Und die Inschriften selbst – auch wenn sie fast alle nur fragmentarisch erhalten sind – lassen das Anno-domini-Formular noch durchschimmern, variieren es aber und erweitern es: Benutzt wird z. B. Anno Christi statt Anno domini, der Sterbetag wird ergänzt, statt lateinischem obiit schreibt man ist im Herrn selig entschlaffen oder formuliert als Latein schreibender Pfarrer: OBIIT [Druckseite XXXVII] PLACIDE IN DOMINO. Zum Namen des Verstorbenen treten Epitheta (VIR DOCTVS AC REVERENDVS, PVER BONAE INDOLIS); die Fürbitte lautet nun GOT SEY DEREN SEELEN GNEDIG AMEN oder sie weicht der nachdrücklich geäußerten Überzeugung künftiger Auferstehung AD AETERNAM GLORIAM RESVRECTVRVS.

Zu den Grabplatten, die eine umlaufende Inschrift tragen, gesellt sich ein Grabdenkmal mit einer Inschrift in gleichlaufenden zentrierten Zeilen, der Grabstein des 1490 verstorbenen Witzenhäuser Bürgermeisters Hans Kindervater (Kat.-Nr. 116). Er entstand erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und geht wohl auf einen alten Typus zurück, ggf. sogar auf eine Umschriftplatte. Zwar weicht das Formular von deren Standard ab, doch könnte ein Teil der Vitaldaten übernommen sein. Dieser Stein ist also kein datierter Beleg für einen Typ spätmittelalterlicher Grabmalkunst jenseits der Umschriftplatte.

Nach 1600 kam es im Bearbeitungsgebiet anscheinend außer Gebrauch, Verstorbene auf Grabplatten darzustellen; dieser Befund stimmt mit dem im Landkreis Hersfeld-Rotenburg ungefähr überein.67) An die Stelle des Bildes trat ein Text, z. B. aus der Bibel oder ein Gedicht zur Charakterisierung des Toten (Kat.-Nrr. 129, 136, 141, 147, 149, 152, 163, 164, 165, 186, 191, 204 u. ö.). Die Umschrift begann noch eine Zeit lang mit dem Jahr, dem Tag und dem Monat des Todes, zu denen mehrfach die Stunde hinzugefügt ist. Dann erscheint der Name an erster Stelle, gefolgt z. B. von der Funktion/dem Amt, dem Geburtsjahr, dem Todesjahr und einer Altersangabe (so erstmalig in Kat.-Nr. 163 und noch in Kat.-Nr. 309, einem späten Beispiel aus dem 18. Jahrhundert; ähnlich Kat.-Nr. 303). Die Mitteilung, in welchem Alter ein/eine Verstorbene/r hinschied, ist freilich viel älter, im Bestand setzt sie schon 1575 (Kat.-Nrr. 61, 63, 94, u. ö.) ein.

Aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts haben sich einige hochrechteckige, mit Umschrift versehene Grabplatten erhalten, bei denen die Hauptinformationen nicht mehr in der Umschrift, sondern im Mittelfeld geschrieben stehen, die Umschrift enthält jetzt z. B. einen Bibelspruch (Kat.-Nrr. 200, 204, 205, 241). Ob diese Platten auf dem Grab gelegen oder eher als Epitaphien an der Wand gestanden haben, ist nicht immer leicht zu entscheiden.

Hochrechteckige Grabdenkmäler, seien sie zum Liegen oder Stehen gedacht, ohne Umschrift (Kat.-Nr. 306) scheint es erst wieder im 18. Jahrhundert gegeben zu haben.

Auch Epitaphien sind nur in geringer Zahl erhalten, sie wurden zumeist zwischen 1575 und 1611 geschaffen (Kat.-Nrr. 63, 71, 73, 94, 100, 103, 136), dann erst wieder nach 1690. Fünf aus dem früheren Zeitraum zeigen die Verstorbenen zusammen mit ihrer Familie: auf dem großdimensionierten Bodenhausen-Epitaph (Kat.-Nr. 63) als vollplastische Figuren, auf dreien in Halbrelief und auf dem hölzernen Motz-Epitaph in gemalter Darstellung. Zahlreich sind die inhaltlichen und formalen Parallelen, die hier nur angedeutet werden können: betende Personen, die Auferstehung Christi, begleitende Bibelverse, Gott als Weltenherrscher, eine Hauptinschrift und mehrere Begleittexte, ein mit Wappen belegter architektonischer Rahmen, neben überwiegend deutschem Text auch Latein (Sprichwort, Kurzgedicht).

Bei zwei Epitaphien steht ein langer lateinischer Text in elegischen Distichen im Mittelpunkt. Den einen hat Landgraf Moritz von Hessen verfasst, er galt seinem geschätzten Gesandten, Berater und Vertrauten Georg Meisenbug, der mit 39 Jahren verstarb (Kat.-Nr. 100). Ahnenwappen schließen den Text ein, aber der übliche reiche figürliche Schmuck ist nicht vorhanden, nur zwei Engel sieht man trauern, ganz als ob Moritzʼ Verbesserungspunkte [Druckseite XXXVIII] schon erlassen gewesen wären. Leider ist dieses Epitaph 1886 beim Brand der Lichtenauer Stadtkirche stark beschädigt und nicht wieder hergestellt, sondern vernichtet worden. Dagegen kann man das Epitaph für den Bürgermeister Johannes Motz noch in der Witzenhäuser Liebfrauenkirche (Kat.-Nr. 136) betrachten. Mit gut 20 Versen erreicht das Gedicht durchaus einen beträchtlichen Umfang, ist aber nur etwa halb so lang wie das des Landgrafen Moritz für Georg Meisenbug. Ein Detail der Darstellung scheint bemerkenswert: Es schließt erkennbar an die figürlichen Gottesdarstellungen an, wenn es an deren Stelle ein Tetragramm, den hebräischen Namen Gottes, in die Bekrönung setzt.

Als dritte Art Grabdenkmal sind die frei und aufrecht stehenden, oft beidseitig beschrifteten Grabsteine zu erwähnen. Das früheste Beispiel ist in Großalmerode erhalten und stammt aus dem Jahr 1597 (Kat.-Nr. 101). Der kleinformatige Stein hat einen Dreiecksgiebel, was nur bei einem stehenden Stein sinnvoll erscheint. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass es sich um ein Epitaph handelt; darauf könnte die Darstellung der betenden Familie hindeuten.

Ein beidseitig beschrifteter Stein ist erstmalig belegt im Jahr 1630 durch ein Fragment, das sich in Hessisch Lichtenau auf dem Friedhof befindet (Kat.-Nr. 150). Aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts sind solche Grabsteine in größerer Zahl erhalten (Kat.-Nrr. 191, 213, 218(?), 237, 238, 245, 256, 269 u. a. m.). Sie sind gewöhnlich mit einem gestuften Volutengiebel oder einem halbrunden Kopfteil versehen, andere Formen gibt es nur wenige; sie mehren sich erst im 18. Jahrhundert (Kat.-Nr. 212, 217, 222, 233, 247, 276, 285 u. a. m.)

Die gestuften Volutengiebel haben folgendes Aussehen: Die Vorderfläche der unteren Stufe gleicht einem Trapez, bei dem die geradlinigen Schenkel gegen konkave Bögen ausgetauscht wurden. Diese sind am unteren Ende nach außen zu Voluten eingerollt. Die zweite Stufe stellt sich als Halbkreis oder Halboval dar; der Bogen beginnt und endet aber nicht an den oberen Ecken des Trapezes, sondern wurde auf der geradlinigen Oberseite des Trapezes ein kurzes Stück nach innen verschoben. Über dem Bogenscheitel erhebt sich dann als Abschluss ein weiterer kleiner gestufter Teil (Kat.-Nrr. 177, 191, 213, 234, 237, 238, 251, 278, variiert in 287).68)

Eine andere Form zeigen Grabsteine der 1680er und folgenden Jahre (Kat.-Nrr. 212, 217, 222, 228, 233): Der Kopf ist etwa halbkreisförmig abgerundet mit einer C-förmigen Volute im linken und einer dazu spiegelbildlichen im rechten Bereich; zwischen den Voluten ist eine dreieckige Spitze aufgesetzt. Ähnliche Steine gibt es mehrfach, wobei die Lage der C-Voluten und die Gestaltung der „Spitze“ ein wenig variieren. Die Grundform wurde weitgehend beibehalten, zwar variiert, doch noch für Überarbeitungen bewahrt.

Auffällig ist, dass die Steine mit gestuftem Volutengiebel nur in Allendorf anzutreffen sind, während andererseits der abgerundete Kopfteil fast ausschließlich an Steinen im Westen des Bearbeitungsgebietes erscheint, namentlich in Großalmerode, Kammerbach, Laudenbach und Hausen. Lediglich in Kleinvach ist ein Stein mit halbrundem Kopfteil durch Foto belegt, zu finden war er nicht.69) Diesen Steinen ist eine gesonderte Betrachtung (Kap. 4.1.2) gewidmet.

Der aus dem Jahr 1666 stammende Grabstein des Magnus Hartung (Kat.-Nr. 192, Reichenbach) bietet im Bearbeitungsgebiet den frühesten Beleg für einen Grabstein mit architektonischer Rahmung. Im östlichen Teil fällt der erste Beleg ins Jahr 1688 (Kat.-Nr. 234). [Druckseite XXXIX] Bis weit ins 18. Jahrhundert bleibt sie ein gern genutztes Schmuckelement, das vermutlich auf die Epitaphien des 16. Jahrhunderts zurückgeht.

Deren Einfluss zeigt sich wohl auch darin, dass nach über 50 Jahren Unterbrechung wieder die Angehörigen des Verstorbenen auf dem Grabstein im Bild dargestellt werden, allerdings nicht mehr auf Knien. Beispiele dafür findet man in Reichenbach, Kammerbach, Großalmerode, Laudenbach, Velmeden (Kat.-Nrr. 192, 212, 252, 273, 279, 285, 297, 308). Dass nur der Verstorbene dargestellt ist, kommt ungleich seltener vor, nämlich beim Grabstein der Töchter Pressler (Kat.-Nr. 207), auf dem die Köpfe der Mädchen wiedergegeben sind, und auf zwei Reichenbacher Grabsteinen (Kat.-Nrr. 250, 289), die beide ein Bildnis einer verstorbenen Tochter zeigen. Auf den in Allendorf erhaltenen Grabsteinen gibt es keine Personendarstellungen, lediglich Wappen (Kat.-Nrr. 191, 213, 238, 244, 251, 284, 304) oder Engelköpfe sind zu finden (Kat.-Nrr. 234, 237, 287), manchmal nur ein Ornament.

Auf manchen Grabsteinen sind die Inschriften statt von einem Architekturrahmen von einem Kranz umgeben (Kat.-Nrr. 237, 250, 256, 277, 288, 289). Umkränzte Inschriften, die zusätzlich architektonisch gerahmt sind, gibt es im 18. Jahrhundert (Kat.-Nrr. 276, 297). Auf den Denkmälern des Totengedächtnisses erscheinen die folgenden Vergänglichkeitssymbole: Totenschädel, meist über gekreuzten Knochen (Kat.-Nrr. 202, 242, (250), 277, (287), 289, 292, 297, 300, 311); Totenschädel zwischen Palmwedeln bzw. Akanthusblättern oder unter Flügeln (Kat.-Nrr. 222, 228, 276, 291, 297, (305)); Stundenglas (Kat.-Nrr. 94, (114), 208, 227, 250, 276, (277), 285, 286, 287, 289, 292, 300, 303); Gerippe mit Sense (Kat.-Nrr. 300, 303); Sarg (Kat.-Nrr. 242(?), 262); trauernde Engel mit Gebein (Kat.-Nr. 242); Birnen als schnell vergehende Frucht (Kat.-Nr. 285).

Die zentralen Texte auf Denkmälern des Totengedächtnisses, also die jenseits der Bibelzitate und prosaischen wie versifizierten Lobreden, zielen auf zwei Aspekte, die in den jüngeren Inschriften regelmäßig zusammenwirken, nämlich auf den Sterbevermerk mit Todesdatum und die Grabbezeugung. Dementsprechend kommen jeweils Verben der Wortfelder „Sterben“ und „Begraben sein“ vor. Da hier keine kargen Inschriften der Frühzeit zu behandeln sind, sind die meisten Formulare komplex und können beide Aspekte umfassen und mit vielen zusätzlichen Informationen befrachtet sein.

Die zeitliche Schichtung der Denkmäler bringt es mit sich, dass das Aufkommen des Anno domini-Formulars,70) das vor allem in den westlichen Teilen des Reiches am Rhein seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert weit verbreitet ist, nicht nachverfolgt und in seinen Varianten beurteilt werden kann. Es kommt hier den Text einleitend bei der einzigen spätmittelalterlichen Grabplatte von 1371 (Kat.-Nr. 2) vor, außerdem bei Glocken (Kat.-Nrr. 5, 11, 12, 13, 16, 25, 26, 29, 32, 35), Bauinschriften (Kat.-Nrr. 8, 9, 10/I, II, 17, 28, 43/II u. ö.) und verschiedenen Objekten (Kat.-Nrr. 20, 27), später dann in reduzierter Form (z. B. Kat.-Nr. 39) und auch deutscher Entsprechung (z. B. Kat.-Nr. 63), auch auslautend (z. B. Kat.-Nr. 70). Insofern fügt sich der Bestand in das bekannte Bild, es fehlen freilich die verbreiteten Umschriftplatten mit dem Anno domini-Formular. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts treten dann viele Varianten hinzu, die sich aber alle auf die Inkarnation beziehen, etwa anno Christi ( Kat.-Nrr. 61, 63, 73, 80, 92, 109 u. a. m.), im Jahr (Kat.-Nrr. 63, 200, 244 u. a. m.), anno post orbem redemptum (Kat.-Nr. 70), anno salutis humanae [Druckseite XL] (Kat.-Nr. 71), anno recuperatae salutis (Kat.-Nr. 96), aber auch verklausuliert in einem Chronogramm, Chronostichon oder Chronodistichon (Kat.-Nrr. 136, 294, 302, 314) bzw. bei offiziellen Inschriften auch zusätzlich nach Amtsträgern (Kat.-Nrr. 78, 80, 92, 96, 137, 294, 301, 302, 312).

Der Sterbetag wird in der uns geläufigen Weise angegeben, wie es bei der späten Entstehungszeit der Grabdenkmäler zu erwarten ist. Nach römischer Art ist ein einziges Mal datiert (PRIDIE KALENDAS OCTOBRIS, Kat.-Nr. 71 von 1581) – von einem humanistisch gebildeten, Latein schreibenden Pfarrer, der gleichzeitig den Sterbevermerk seiner Tochter auch auf Deutsch mit der gewöhnlichen Datierung abgefasst hat (1 OCTOBRIS). Und auch nur ein einziges Mal wird nach dem Kirchenkalender datiert (IM IHAR · 1 5 · 5 · 1 SONDAGS INVOCAVIT, Kat-Nr. 63).71)

In der Regel benutzen die Inschriften des Totengedenkens die deutsche Sprache; eine Anzahl von Pfarrern, manchmal ein Bürgermeister oder ein höherer Beamter, selten ein Adliger schreiben lateinisch. Beispiele gibt es noch im 18. Jahrhundert (Kat.-Nrr. 274, 277, 287, 288, 289, 290, 291, 292, 296, 299, 301, 303, 304, 308, 316).

Dem Grabstein des Conrad Thon (Kat.-Nr. 186 von 1664) ist zu entnehmen, dass sich inzwischen ein neues Formular herausgebildet hat. Eine Grabbezeugung macht den Anfang (ALHIR HAT SEINE RUHSTEHT), dann folgt der Name, begleitet von Epitheta und Funktionsbezeichnungen, anschließend ist der Geburtstag angegeben und zuletzt werden der Sterbetag und das Alter mitgeteilt.

Welche typischen Einzelheiten das Formular bei verheirateten Personen bestimmten, zeigt der Grabstein des Pfarrers Bornmann (Kat.-Nr. 177 von 1655). Angegeben werden der Name der Ehefrau und die Zahl der ehelich gezeugten Kinder, hier sogar alle deren Namen.

Wie genau die Entwicklung zu diesem Formular verlief, muss offenbleiben. Denn die Belege beleuchten sie nur streiflichtartig. Das Geburtsdatum wurde im Bearbeitungsgebiet vor 1642 in die Grabinschriften aufgenommen, wie die Belege zeigen (Kat.-Nrr. 163, 164, 165). Die Altersangabe ist 1575 bei den Bodenhausen (Kat.-Nr. 63) und bei Wilkin Behn (Kat.-Nr. 61) erstmalig belegt, dann 1597 bei Meisenbug (Kat.-Nr. 99), weiterhin vereinzelt, seit 1651 (Kat.-Nr. 170) fast regelmäßig. Die Grabbezeugung gehört zum alten, schon frühchristlichen Formular, das periodisch in Mode kommt und in meist schlichten Worten gehalten ist, aber auch wie 1546 (Kat.-Nr. 42) und 1631 (Kat.-Nr. 152) im gelehrten Umfeld der Pfarrerschaft eine individuelle Fassung erhalten kann.72) Den besonderen Hinweis auf die Grabstätte findet man bei Pfarrer Antonius Koch, sowohl in den lateinischen als auch in den deutschen Versen der Grabinschrift für zwei seiner Kinder (Kat.-Nr. 152 von 1631). Diese Art der Grabbezeugung ist bekanntlich schon antik und im Lateinischen häufig. Da ist es schon erstaunlich, dass man eine solche Angabe in deutscher Prosa im hiesigen Raum erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts findet. Doch das mag an den Zufälligkeiten der Überlieferung liegen, finden wir doch lateinisches hic iacet und vergleichbare Formeln früh in den ehemaligen römischen Provinzen und dann punktuell, aber weiträumig verbreitet und deutsches hier liegt begraben o. ä. schon ab dem 15. Jahrhundert z. B. im Südosten des [Druckseite XLI] deutschen Sprachraums73) bzw. in den ehemaligen Provinzen des römischen Reiches im Westen.74)

Grabinschriften, die in gedrängter Kürze fast alle Bestandteile des beschriebenen Formulars enthalten, liegen vor in Kat.-Nrr. 187, 197, 206, 207, 208, 217, 222, 228, 234 u. a. m. Auch lange Grabinschriften, die eine ganze Biographie wiedergeben, greifen auf solche Angaben zurück, z. B. Kat.-Nrr. 109, 213, 233. Erstaunlicherweise fehlt in mehreren Grabinschriften das Todesdatum – es ist nicht etwa verlorengegangen – und kann fallweise mit Hilfe von Geburtsdatum und Lebensalter angenähert rekonstruiert werden (Kat.-Nrr. 212, 239, 262), die beiden jüngeren Epitaphien der Homberg zu Vach; manchmal fehlt nur der Tag (Kat.-Nrr. 253, 256).

Abschließend seien noch die Beispiele für Wortspiele mit dem Namen des Toten bzw. etymologische Ausdeutungen erwähnt; Anlass dafür boten die Namen Christian (Kat.-Nr. 191), Starck (Kat.-Nr. 204), Schirmer (Kat.-Nr. 304) und Andreas (Kat.-Nr. 308).

4.1.2 Verwandte Grabsteintypen im Meißner-Land

Die Kammerbacher Grabsteine, die in diese Untersuchung einbezogen wurden, offenbaren schon bei einem flüchtigen Blick zahlreiche ausgeprägte Ähnlichkeiten. Die Steine gliedern sich in einen nach unten schmaler werdenden Sockel, ein nach unten und oben durch Gesims begrenztes Mittelfeld und einen oberen Teil, im Folgenden als Aufsatz (Kopf, Giebel) bezeichnet. Dieser Aufsatz ist einheitlich gestaltet: Er ist an den Übergängen von den Langseiten zur oberen Schmalseite gerundet; auf der Vorderseite links an der Rundung eine C-förmige, beidseitig eingerollte Volute in Halbrelief, rechts eine dazu spiegelbildlich gestaltete. Zwischen den Rundungen erhebt sich ein Mitteleinsatz, eine Art Spitze. Auch dieser ist mit reliefierten Voluten geziert. Im Feld zwischen Voluten und Gesims ein Engelskopf, ausnahmsweise einmal die Darstellung einer Familie. Die Mittelfelder zeigen zweierlei Gestalt: ein vorgewölbtes Schriftfeld zwischen Halbsäulen auf den Steinen des Hans Rüppel, der Martha Brill und des Nikolaus Rüppel (Kat.-Nrr. 222, 223, 228) oder ein ebenes Schriftfeld zwischen Pseudopilastern, diese mit floralem Schmuck belegt (Kat.-Nrr. 212, 217). Bei den beiden Steinen mit Pseudopilastern wird das ebene Feld des Sockels an den Seiten von aufgelegten, schneckenartig eingerollten Voluten abgeschlossen. Einen ähnlich begrenzten Sockel hat einer der Halbsäulensteine (Kat.-Nr. 223), doch ist das Feld dazwischen gewölbt. Die beiden andern weisen im Sockel Postamente auf, die mittig mit einem Perlenstrang geschmückt sind und sich volutenförmig vom Stein in den Raum erheben. Auf dieser Grundlage wird im Folgenden von zwei verwandten Grabsteintypen gesprochen, von „Halbsäulensteinen“ und von „Grabsteinen mit Pilastern“; „verwandt“ sind sie, da ihre Aufsätze (Köpfe, Giebel) in Form und Dekor übereinstimmen und da ihre Rückseiten schlicht gehalten sind; sie weisen überwiegend Schrift auf, bisweilen Leerstellen, an Schmuck höchstens Ritzzeichnungen.

Derartige Halbsäulensteine mit volutenförmigen, perlenstranggeschmückten Postamenten haben sich im Bearbeitungsgebiet noch anderweitig erhalten, so der Grabstein des Peter Thon (†1688) in Laudenbach (Kat.-Nr. 233) und der des Johannes Heckemann (†1693) in Hausen (Kat.-Nr. 247). Sie stammen, wie man an einer Signatur erkennt, von demselben Steinmetzen, einem Meister, der erstmals 1687 auf einem Kanzelfuß (Kat.-Nr. 130) und einem Ofenstein (Kat.-Nr. 229) erscheint.

[Druckseite XLII]

Da nun von dem Meister – er wird im Folgenden nach seinem Zeichen u. a. als Meister S14 bezeichnet – vier signierte Werkstücke vorhanden sind, kann man darauf hoffen, seine gestalterischen Mittel zu erkennen und ihm weitere Werke zuweisen zu können. Seine beiden Grabsteine sind einander sehr ähnlich, vor allem in Aufbau und Dekor: im Zentrum ein vorgewölbtes Schriftfeld, das von Halbsäulen mit Kapitellen gerahmt ist, leichten Seitenhang aufweist und nach oben und unten mit Gesims abgeschlossen ist. Auf dem zentralen Teil ruht ein Aufsatz (Kopf, Giebel), der zweifach gerundet und mit Voluten versehen ist, zwischen den Rundungen in der Mitte ein Einsatz, auch dieser mit Voluten verziert. Die Halbsäulen ruhen auf volutenartig geschwungenen Postamenten mit einem mittig verlaufenden Perlenstrang. Im Aufsatz einmal ein Engelskopf mit Flügeln in Relief, das andere Mal ein Porträtkopf in Relief; im Sockel einmal ein Schriftfeld, das andere Mal zwei leere Kartuschen. Die Rückseiten sind schlicht gehalten: einmal Voluten wie auf der Vorderseite, darunter eine Schrifttafel, mit einem Band an einen Haken gehängt; das andere Mal nur Schrift. Die Inschrift auf der Vorderseite beginnt jeweils auf dem Gesims mit GRABMAHL, zentriert geschrieben in Kapitalis. Im Schriftfeld folgen dann auf dem einen Stein in Kapitalis DES EHRBAREN UND EHRENGEACHTETEN HERRN PETER THON (Kat.-Nr. 233), auf dem anderen Stein in Fraktur Des Ehrengeachten Johanes Heckemann (Kat.-Nr. 247); die weitere Inschrift auf dem ersten Stein in Kapitalis, auf dem anderen in Fraktur mit Kapitalis. Auf der Rückseite jeweils unter einer Überschrift ein Grabgedicht, auf dem Stein Thon in Kapitalis, die Überschrift in Fraktur; auf dem Stein Heckemann alles in Fraktur mit wenig Kapitalis. Schriftähnlichkeiten zwischen diesen beiden Steinen sind kaum zu erwarten, da unterschiedliche Schriftarten bevorzugt wurden, doch stimmen in der Fraktur das versale N und das versale L überein. Es liegt nun nahe, die Grabsteine von Hans Rüppel, Andreas Rüppel und Johannes Heckemann, die alle in Fraktur geschrieben sind, auf Schriftähnlichkeiten zu untersuchen. Solche zeigen sich vor allem bei den Frakturversalien L, N, S und vor allem J und der runden 2, sogar auch auf dem Stein des Peter Thon, der nur eine Zeile in Fraktur aufweist. Darum kann es kaum zweifelhaft sein, dass die beiden Steine der Rüppel in Kammerbach demselben Meister zuzuweisen sind, der für Laudenbach und Hausen Grabsteine angefertigt hat. Das wäre auch an der Rückseite des Grabsteins Nikolaus Rüppel (Kat.-Nr. 228) deutlich zu erkennen, hätte man dort nicht den Leichtext gelöscht und die Grabschrift für Anna Speck angebracht, seine Witwe, die laut Kirchenbuch nach Wiederverheiratung im Jahre 1721 starb. Der Grabstein der Martha Brill (†1686, Kat.-Nr. 223) kann wegen eines abweichenden Steinmetzzeichens dem Meister S14 nicht zugewiesen werden. Damit sind Halbsäulensteine für den Zeitraum 1686 bis 1693 nachgewiesen. Da nun diese vier Steine alle mit leichtem Seitenhang versehen sind und ihrer Schrift Kapitalis beigemischt ist, scheinen auch diese Merkmale zu den Eigenschaften der Halbsäulensteine zu gehören.

Von einem Halbsäulenstein stammt das Fragment des Grabsteins Hesse (Kat.-Nr. 218) in Trubenhausen: Es weist nicht nur ein vorgewölbtes Schriftfeld zwischen Halbsäulen auf, sondern zeigt auch Ähnlichkeiten in der Schriftgestaltung. Man vergleiche den Frakturversal J und das aus zwei getrennten Bögen gebildete S am Wortschluss, und beachte, dass der in Fraktur gehaltenen Inschrift in geringem Umfang Kapitalis beigemischt ist. Doch verbleibt eine gewisse Unsicherheit, da an dem Fragment keine weiteren Übereinstimmungen aufgezeigt werden können. Die vorhandenen Indizien reichen aber wohl aus, den nicht datierten Stein dem 1683 verstorbenen Hans Jakob Hesse mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zuzuweisen.

Es wurde noch nicht erwähnt, dass die beiden signierten Steine in der Gestaltung der Kapitelle variieren: Auf dem Stein Thon ist über dem Kapitell auf dem Gesims als Schmuck ein Blatt eingefügt, auf dem Stein Heckemann wie auch auf den Steinen Rüppel ist diese [Druckseite XLIII] Stelle leer. Dieses Detail bekommt seine Bedeutung, wenn im Folgenden Steine aus der Zeit nach den 1680er Jahren eingehender betrachtet werden.

Auch der Grabstein Hennemog (†1693, Kat.-Nr. 245) in Dudenrode zeigt über den Kapitellen ein Blatt. In seinem Aufbau kann er durchaus den Halbsäulensteinen entsprochen haben, doch ist Vorsicht geboten, da über dem Gesims oberhalb des Blattes nur noch der Ansatz der Voluten erhalten ist. Zwar sind auch hier kapitale Buchstaben in den Frakturtext eingestreut, aber weitere Schriftähnlichkeiten sind nicht feststellbar. Über die Rückseite ist keine Aussage möglich.

Der Grabstein des Johannes Hoffmann (†1695, Kat.-Nr. 252) in Großalmerode zeigt wieder die Merkmale der eingangs beschriebenen Steine: ein vorgewölbtes Schriftfeld zwischen Halbsäulen und darüber den abgerundeten Aufsatz mit dem Mitteleinsatz (jeweils mit den Voluten); auch die volutenartig geschwungenen Postamente mit dem mittig verlaufenden Perlenstrang fehlen nicht. Der Seitenhang erinnert in seinem Dekor an Engelsflügel; darin und in der Kontur gleicht er dem am Grabstein Thon. Die Frakturversalien J, L, S und T erscheinen so auch auf dem Stein Heckemann bzw. den Steinen Rüppel. Wiederum sind Fraktur und Kapitalis gemischt: der biographische Teil in Fraktur mit kapitalen Einsprengseln (H in Herr, M in HandelsMann), der Leichtext in Kapitalis. Neu an diesem Stein sind die Köpfe über den Kapitellen und die Darstellung der Familie im Aufsatz. Aussagen zur Rückseite sind nicht möglich, da der Stein vor einer Wand aufgestellt ist. Wenn man diesen Stein als ein Werk des Meisters S14 akzeptiert, kann man bei ihm eine Entwicklung in der Gestaltung der Kapitelle konstatieren: Zunächst war darüber kein Schmuck, dann ein Blatt, schließlich ein Kopf, später kommen anscheinend Büsten hinzu, aber wohl schon bei Nachfolgern.

Zwei weitere hierher gehörige Grabsteine aus Dudenrode sind ähnlich zu beurteilen wie der Grabstein Hennemog. Beim Grabstein Fige (†1700, Kat.-Nr. 264) sind keine Aussagen über einen Aufsatz möglich, während beim Grabstein Pfusch (†1700, Kat.-Nr. 265) der Aufsatz nicht hinreichend beurteilbar ist, aber immerhin Reste von Voluten zeigt. Bei der in Fraktur gehaltenen Inschrift Fige gibt es drei Versalien und einen Monatsnamen in Kapitalis; die Frakturversalien J und S und die runde 2 belegen die Schriftähnlichkeit mit dem Stein Heckemann. Auf dem Stein Pfusch sind ein Wort und ein Buchstabe in Fraktur, alles Übrige ist in Kapitalis geschrieben. Köpfe über den Kapitellen sind an beiden Steinen feststellbar. Demnach gilt für beide Steine, dass die Zugehörigkeit zum Meister S14 nicht gesichert ist. Sie kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.

Insgesamt erweist die Analyse der Grabsteine, dass im westlichen Teil des Bearbeitungsgebietes (im Bereich Großalmerode – Trubenhausen – Laudenbach – Dudenrode – Kammerbach – Hausen – Walburg) Halbsäulensteine spätestens seit den 1680er Jahren bis nach 1700 verbreitet waren. Es ist dann nicht realistisch, anzunehmen, dass alle derartigen Steine von derselben Werkstatt oder gar von demselben Steinmetzen hergestellt worden seien. Doch eine gewisse Zeit lang wird diese Annahme zutreffen. Unter den Halbsäulensteinen scheinen die mit den Postamenten bei weitem zahlreicher gewesen zu sein als die mit aufgelegten Voluten, die nur durch den Stein der Martha Brill vertreten sind (Kat.-Nr. 223).

Die den Halbsäulensteinen verwandten Grabsteine mit Pilastern haben sich nicht in ähnlich großer Zahl erhalten. Daher sind differenzierte Aussagen zu ihnen schwieriger. Denn man muss sich im Wesentlichen auf die beiden oben genannten Kammerbacher Steine stützen. Der Grabstein des Johannes Brill (Kat.-Nr. 212) ist aber eine nicht datierte Zweitverwendung des Grabsteines eines Johannes Speck, und auch der Grabstein Trube (Kat.-Nr. 217) ist umgearbeitet worden.

Georg Trube, dessen Grabschrift auf der einen Seite steht, starb 1682. Zu diesem Jahr passen der gerundete Aufsatz des Steines, der Mitteleinsatz und der Engelskopf auf der einen [Druckseite XLIV] Seite des Steines sowie die Ritzzeichnung der Voluten und des Engelskopfes auf der anderen Seite. Die Schrift aber passt nicht zu diesem Jahr. Vielmehr weist sowohl die Inschrift für Georg als auch die für Andreas (†1721) so viele Ähnlichkeiten mit der für Anna Speck (Nachtrag auf dem Grabstein des Nikolaus Rüppel, Kat.-Nr. 228) auf, dass alle drei Inschriften 1721 entstanden sein müssen. Übereinstimmungen zeigen sich nämlich in den Frakturgemeinen g mit weit offenem Unterbogen, in dem Frakturversal C mit leichtem Knick in der Bogenmitte, in den kapitalen, leicht nach rechts schrägliegenden A mit leicht geschwungenem Linksschaft, in der asymmetrischen Spaltung der 1 und in der spitzen 2. Auch ist ohne jeden Zweifel zu erkennen, dass für Georgs Inschrift zunächst ein Leichtext beseitigt wurde. Denn von der Bibelstellenangabe ist auf dem Stein noch eine 13 zu lesen. Wenn nun gerade Georgs Grabschrift an die Stelle des beseitigten Leichtextes getreten ist, muss man folgern, dass Georgs Grabschrift von ihrer ursprünglichen Stelle entfernt, aber weiterhin bewahrt werden sollte. Wenn man diese von der Vorderseite auf die Rückseite übertrug, war der Pietät gegenüber Georg Genüge getan, und der gerade verstorbene Andreas konnte zu seiner größeren Ehre, wie es sich gebührt, vorn auf der würdigeren Seite erscheinen. Georg, der laut Inschrift als Junggeselle verstarb, hatte ja auch keine Nachkommen, die sich 39 Jahre nach seinem Tod noch gegen eine Umwidmung des Grabsteins hätten wehren können. Sonst müsste die Familie Trube einen Grabstein aus fremdem Besitz „gebraucht“ erworben haben, und es müsste ein anderer Grund für die Übertragung von Georgs Grabschrift erkennbar sein. Es ergibt sich demnach als plausibelste Lösung, dass der Stein ursprünglich für den 1682 verstorbenen Georg Trube angefertigt wurde, also aus dem Jahr 1682 stammt.

Der Grabstein der Schwestern Susanna und Ottilia Pressler (†1677, Kat.-Nr. 207), der einzige, auf den man sich sonst stützen kann, lässt trotz Begradigung oben und an den Langseiten deutlich die den Aufsatz abrundenden Voluten erkennen, ebenso die im Sockel an den Seiten aufgelegten Schnecken und das Gesims, das das ebene Mittelfeld oben und unten begrenzt. Dieses enthält oben in den Ecken Kapitelle, unter denen nichts dargestellt ist, sondern nur Text geschrieben steht. Das ist verwunderlich, doch erklärlich: Für die Grabschrift der beiden kurz nacheinander verstorbenen Mädchen wurde viel Platz benötigt, und so entfernte man die ursprünglich auf dem Stein vorhandenen Pseudopilaster, ließ aber die Kapitelle stehen. Dabei ist von der Annahme ausgegangen, dass es in Steinmetzwerkstätten so etwas wie Rohlinge für Grabsteine gab. Wenn das akzeptabel erscheint, sind Grabsteine mit Pilastern für die Zeit von 1677 bis 1682 belegt. Nun verzeichnet das Kirchenbuch im Jahr 1679 den Tod eines „Hans“ Speck, und so kann man diesen mit Wahrscheinlichkeit als denjenigen ansehen, für den der später Johannes Brill (Kat.-Nr. 212) gewidmete Grabstein ursprünglich gefertigt wurde.

Es hat darüber hinaus den Anschein, als sei der Grabstein mit Pilastern früher in Gebrauch gewesen als der Halbsäulenstein. Er ist sicher einfacher und preiswerter in der Herstellung gewesen, aber eben deswegen konnte er Besitz und Bedeutung der führenden Familien weniger gut zur Schau stellen als die Halbsäulensteine. Sie waren wohl beliebter und haben ihn verdrängt. In diesem Zusammenhang ist zu ergänzen, dass es unter den Halbsäulensteinen auch solche kleineren Formats gab, dass der Dekor üppiger oder bescheidener ausfallen konnte oder dass die Rückseite unbearbeitet bleiben konnte. Wenn man das Repräsentationsbedürfnis als Hauptmotiv der Grabsteinwahl ansieht, so folgt, dass 1682 bei der Bestattung des Georg Trube Halbsäulensteine noch nicht zur Verfügung standen, sondern erst kurz danach „erfunden“ wurden. Dann muss auch die Bestattung des Johannes (Hans) Speck vor 1685 stattgefunden haben, wie die Zuweisung oben gleichfalls nahelegt.

[Druckseite XLV]

Der Laudenbacher Grabstein des Johann Nikolaus Thon (†1705, Kat.-Nr. 276) zeugt von einer Neuerung an den Halbsäulensteinen. Das vorgewölbte Schriftfeld wird wie früher von Halbsäulen gerahmt, die auf Postamenten mit mittig verlaufendem Perlenstrang ruhen, weiterhin befinden sich Köpfe über den Kapitellen, ist die Rückseite (mit einem Märzenbecherstrauß in Flachrelief über dem Leichtext und großer leerer Fläche) recht schlicht gestaltet, und wie früher findet man sowohl Kapitalis als auch Fraktur auf dem Stein, Letztere mit dem typischen J-Versal, dem zweibogigen Schluss-s und der gerundeten 2, doch an die Stelle des gerundeten Aufsatzes mit den Voluten und dem Mitteleinsatz ist eine andere Giebelform getreten, die waagerecht geteilt und gestuft ist und an Volutengiebel von Renaissancehäusern erinnert. Eine Steinmetzsignatur, die wohl mit der Steinmetzfamilie Koch in Verbindung steht (vgl. Einleitung 4.6.2), liefert den letzten Beweis, dass ein neuer Meister diesen Stein geschaffen hat.

An die Halbsäulensteine des Meisters S14 knüpfte augenscheinlich noch ein weiterer Steinmetz an. Denn als dieser den Grabstein für Johannes Thon (†1712, Kat.-Nr. 285) in Laudenbach schuf, hielt er sich im Aufbau an das Vorbild der älteren Steine (vorgewölbtes Schriftfeld zwischen Halbsäulen auf Postamenten mit Perlenstrang, gerundeter Aufsatz mit Voluten und Mitteleinsatz). Im Aufsatz stellte er aber die Familie des Verstorbenen dar, und im Mitteleinsatz sieht man zwei Engel ein Stundenglas halten. Darum sind Aufsatz und Einsatz etwas größer ausgefallen. Seinem Vorbild folgte er, indem er die Rückseite recht schlicht gestaltete: Oben versah er sie mit einer Blüte, flankiert von seiner Steinmetzsignatur EH (Elias Hupfeld, s. Einleitung 4.5.2), und darunter gab er die Leichtexte für den Verstorbenen und seine Ehefrau wieder. Außerdem mischte auch er Kapitalis im biographischen Teil mit Fraktur in den Leichtexten. Und schließlich liest man wie auf den beiden signierten Steinen des Meisters S14 als Einleitung die Worte: GRABMAHL / DES EHRENVESTEN UND / VORACHTBAREN / HERRN JOHANNES THONS.

In der Folgezeit sucht man Grabsteine mit solchen gerundeten Aufsätzen im Bearbeitungsgebiet fast vergeblich, nur in Walburg ist aus dem Jahr 1721 noch einer erhalten,75) gleichfalls signiert mit EH; er konnte nicht im Katalog berücksichtigt werden, da er die Kriterien nicht erfüllt. Inzwischen wurden die Aufsätze häufiger so gestaltet wie beim Stein des Johann Nikolaus Thon, also mit einem „Renaissancegiebel“, und ab 1719 erscheinen noch andere Formen des Aufsatzes. Doch findet man weiterhin an den Grabsteinen den vorgewölbten, von Halbsäulen gerahmten Mittelteil und die volutenartig geschwungenen und in der Mitte mit einem Perlenstrang gezierten Postamente, so z. B. bei den Grabsteinen Magdalena und Johann Heinrich Koch (Kat.-Nrr. 291, 295) in Walburg. Wann diese Gestaltung außer Gebrauch kam, ist hier nicht zu untersuchen; doch ist festzuhalten, dass ab 1721 andere Formen vorkommen.

Ein Nachkömmling der Grabsteine mit (Pseudo)pilastern, die ein ebenes Schriftfeld rahmen, wie es der Stein der Trube zeigt, ist aus dem Jahr 1722 erhalten, nämlich der Walburger Grabstein Wilhelm,76) der nicht in den Katalog aufgenommen werden konnte, da er die Kriterien nicht erfüllt. Dieser Stein trägt eine Signatur, die auf ein bestimmtes Mitglied der Steinmetzfamilie Koch in Großalmerode hinweist (s. Einleitung 4.5.2).

Abschließend muss nochmals auf die Steine in Kammerbach eingegangen werden. Sie zeigen nicht nur die beiden verwandten Grabsteintypen, sondern auch drei verschiedene Arten, wie man Grabsteine umarbeitete. Beim Stein Rüppel/Speck (Kat.-Nr. 228) ist der Vorgang deutlich nachvollziehbar: Die Beschriftung für Nikolaus Rüppel innerhalb der Säulen [Druckseite XLVI] stammt von 1687, die gleichzeitige Rückseite mit dem Leichtext wurde durch den Nachtrag der Inschrift Speck von 1721 verändert, indem der neue Text für Anna Speck in ein vertieftes Rechteck geschrieben wurde, Reste des Leichtexts jedoch seitlich erhalten blieben. Anders ist die Situation beim Stein Trube (Daten 1682 und 1721, Kat.-Nr. 217) zu beurteilen. Hier wurden beide Seiten 1721 neu geschrieben: Die Inschrift zum älteren Todesfall von 1682 verdrängte mittels vertieftem Feld den alten Leichtext, von dem noch die Zahl 13 (als Bezeichnung des Bibelverses) auf dem Rand steht, und die Inschrift zum jüngeren Todesfall von 1721 trat an die Stelle der alten Grabschrift. Das ergibt sich, wie oben erwähnt, aus der paläographischen Übereinstimmung der Inschrift zu 1682 mit der zu 1721 auf der Vorderseite; zugleich stimmen beide mit dem Nachtrag für Anna Speck (Kat.-Nr. 228) so stark überein, dass alle drei Inschriften etwa zur selben Zeit entstanden sein müssen. Die Umarbeitung hat wohl auch dazu geführt, dass auf der Vorderseite des Steins an den Kapitellen keine inneren Voluten vorhanden sind.

Beim Stein Brill bewahrte man nun vom Text der alten Grabschrift nur noch den Namen Johannes Speck. Im Übrigen wurde wie beim Stein Trube aus der alten Vorderseite eine neue. Die Kapitelle über den Pseudopilastern waren am Stein Brill mit je zwei Voluten versehen; die inneren sieht man noch, außen sind sie bis auf einen Rest verschwunden, denn anscheinend wurde der Stein an den Langseiten begradigt. Ein asymmetrischer Volutenrest am rechten Pseudopilaster des Steines Brill ragt ein wenig eigenartig in das Feld mit der Blütenranke und scheint so unbeabsichtigt auf die Umgestaltung hinzuweisen.

4.2 Wand-, Glas- und Tafelmalerei

Aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit sind einige wenige Wandmalereien erhalten. Sie waren infolge der Bilderfeindlichkeit der evangelisch-reformierten Glaubensrichtung überdeckt worden und sind im 20. Jahrhundert bei Renovierungsarbeiten wieder zum Vorschein gekommen. Danach wurden sie überarbeitet, so dass sie sich nicht mehr im Originalzustand befinden (Kat.-Nrr. 3, 4). Dargestellt sind Szenen biblischen Inhalts (Gnadenstuhl, Kreuzigung Christi, jüngstes Gericht; die törichten Jungfrauen), eine Hostienmühle mit Maria, Aposteln und Kirchenvätern, ein Zyklus vom Leben der hl. Elisabeth und eine Anzahl weiterer Heiliger. Soweit die Inschriften lesbar sind, handelt es sich um Namensbeischriften; andere waren, wie Spruchbänder zeigen, vorhanden, sind aber verloren. Eine Teilinschrift in Kursive harrt noch der Deutung (Kat.-Nr. 3). In der Kirche zu Hausen waren wohl nur den an die Decke gemalten Evangelisten Namensbeischriften beigegeben, nicht auch den Szenen vom Leben und Sterben Christi auf den Wänden (Kat.-Nr. 4). Verloren ist eine Darstellung der hl. Elisabeth in der Liebfrauenkirche zu Witzenhausen, eine Beschreibung mit einer Jahreszahl ist kopial überliefert (Kat.-Nr. 6). In derselben Kirche wurden weitere Malereien freigelegt: an der Decke Symbolfiguren von Tugenden, an einem Bogen Medaillons mit Aposteln und an der Wand die Darstellung eines Schulmeisters und eines Opfermanns, alle mit Namensbeischriften (Kat.-Nr. 83); eine Liste Verstorbener (ohne Daten) dürfte sich auf verlorene bzw. durch Baumaßnahmen entfernte Grabstätten beziehen. Es hat auch, wie überliefert ist, einen Raum in dieser Kirche gegeben mit Bildern der Ratsherren des Jahres 1582; hinzugefügt waren Bibeltexte, wie sie als Rathausinschriften Verwendung finden: Ermahnungen an Amtsleute und Richter, sich korrekt zu verhalten (Kat.-Nr. 77).

Erhalten sind weiter drei von Großalmeröder Gläsnern gefertigte bemalte Humpen, einer mit Widmungsinschrift und der Darstellung der Familie Franz Gundelach mit Namensbeischriften (Kat.-Nr. 123). Der zweite war im Besitz des Salzgrafen Johann Feige und zeigt dessen Wappen und das seiner Frau sowie die Namen und eine Jahreszahl (Kat.-Nr. 145). [Druckseite XLVII] Der dritte trägt als Inschrift u. a. die Initialen des Allendorfer Bürgermeisters und Apothekers Johann Sahme und einen Spruch (Kat.-Nr. 168).

Im Salzmuseum in Sooden hat sich ein Bildnis Philipps des Großmütigen erhalten, das einen Titulus trägt; es ist das einzige Beispiel aus dem Bereich der Tafelmalerei (Kat.-Nr. 267). Das Bildnis scheint nicht sehr bekannt zu sein und wurde wohl bisher kunsthistorisch noch nicht eingeordnet. Es ist einem Kupferstich so ähnlich, dass dieser als seine Vorlage gelten kann.

4.3 Glocken

Im Bearbeitungsgebiet sind aus der Zeit bis 1700 31 mit Inschrift versehene Glocken erhalten oder wenigstens durch die Überlieferung ihrer Inschrift belegt.

Sieben Glocken gehören dem 15. Jahrhundert an, davon sind drei noch vorhanden (Kat.-Nrr. 5, 13, 16), vier verloren (Kat.-Nrr. 11, 12, 15, 24). Ihre Inschriften befinden sich an der Schulter zwischen Rundstegen oder Kordelstegen. Diese bilden den einzigen Schmuck der ältesten Glocke (Kat.-Nr. 5). Schon die zweitälteste von 1463 war nach Wenzels Beschreibung mit kleinen Reliefs versehen, erst recht die nächste von 1468, sie ist die älteste, auf der Pilgerzeichen belegt sind, und weist Doppelkreise und Malteserkreuze als Worttrenner auf (Kat.-Nr. 12). Dagegen fehlt der Kammerbacher Glocke von 1477 außer Kordelstegen jede weitere Zier, nicht einmal Worttrenner sind vorhanden (Kat.-Nr. 13). Wie die Glocke von 1487 (Kat.-Nr. 15) und die undatierte (Kat.-Nr. 24) geziert waren, ist nicht bekannt, und so ist die Glocke von 1496 in Retterode die erste, die mit einem floralen Fries versehen ist (Kat.-Nr. 16). Sie ragt auch sonst hervor, da sie drei Pilgerzeichen zeigt und ihre aus zwei Bibelzitaten gebildete Inschrift nur selten belegt ist, jedoch einen besonderen Akzent bezüglich des Wetterbanns setzt.

Diese Glocken aus dem 15. Jahrhundert enthalten alle bis auf eine in ihrer Inschrift eine Datierung; zweimal (Kat.-Nrr. 5, 13) ist neben dem Jahr der Tag genannt.77) Den Gießer teilt nur die älteste Glocke mit: Es war ein sonst nicht sicher bekannter Albertus. Der verbreitete Glockenspruch o rex christe veni cum pace erscheint zweimal in seiner Spätphase (Kat.-Nrr. 11, 12),78) auch das sonst weit verbreitete laudo deum verum (Kat.-Nr. 24) ist belegt, und einmal erscheint die Fürbitte Sancta Elisabeth ora pro nobis (Kat.-Nr. 15). Wie aus den Zitaten hervorgeht, war die Sprache der Glockeninschriften im 15. Jahrhundert noch ausschließlich Latein.

Aus dem 16. Jahrhundert stammen insgesamt elf Glocken, von denen sich acht erhalten haben. Mit zu den ältesten gehört die verlorene Campanae Erfordensis soror, „Schwester der Erfurter Glocke“, wie sie in ihrer wohl nur zum Teil überlieferten Inschrift bezeichnet ist (Kat.-Nr. 37). Über ihren Schmuck ist nichts bekannt. Reich geziert ist die Kortrog-Glocke von 1505 in Witzenhausen (Kat.-Nr. 25): doppelte Rundstege, ein Lilienfries, ein Rosettenfries, verschiedenartige Worttrenner (Rosetten, Bügelschere, sechsstrahlige Sterne), dazu ein Relief der Marienkrönung mit umlaufender Inschrift, ein weiteres Relief mit Petrus und Paulus sowie drittens eine Plakette der hl. Anna, ein Pilgerzeichen, wie es auch die 1506 für Obermelsungen gegossene Glocke aufweist.

Die Glocke von Hilgershausen (Kat.-Nr. 57) ist dagegen fast schlicht zu nennen, ist sie doch außer mit zwei doppelten Rundstegen nur mit zwei Reliefs versehen, Maria mit dem [Druckseite XLVIII] Kind und Jesus am Kreuz mit Maria und Johannes. Bescheiden geschmückt ist auch die Glocke in Wendershausen (Kat.-Nr. 32), auch sie mit zwei doppelten Rundstegen und ohne Worttrenner, jedoch mit einem Pilgerzeichen, einer kleinen Pieta. Schmuckreich, aber weniger aufwendig verziert als die Witzenhäuser Glocke ist dagegen die ebenfalls von Kortrog gegossene Glocke in Fürstenhagen (Kat.-Nr. 29). Als Worttrenner werden Rosetten und ein einziges Mal ein männliches Gesicht benutzt, daneben erscheint ein im Vergleich zu früheren Friesen recht breiter Kreuzblumenfries; am unteren Rand befindet sich als einziges Relief ein Männerkopf.

Von den restlichen fünf Glocken des 16. Jahrhunderts trägt eine einen schmalen Fries mit Lilien(?) (Kat.-Nr. 85), eine andere einen Fries aus dreiteiligen hängenden Blättern (Kat.-Nr. 89) und eine dritte einen breiten Fries, in dem anscheinend florale Elemente verwendet sind (Kat.-Nr. 112). Weiteren Schmuck haben sie nicht, wenn man von Rundstegen absieht. So auch die verbleibenden zwei Glocken.

Die Glockeninschriften des 16. Jahrhunderts verraten fast alle das Jahr des Gusses und geben gewöhnlich den Namen des Gießers an, wo nicht, lässt er sich meist erschließen. Zu den Ausnahmen gehören die Glocke aus Unterrieden (Kat.-Nr. 26), von der nur die Jahreszahl überliefert ist, und die oben erwähnte Schwesterglocke (Kat.-Nr. 37). Auf der Kortrog-Glocke von 1505 heißt es in gotischen Minuskeln: meister hans kortrock von homberg dem got gnade me fecit. Doch 1512 benutzt er für die Meisterangabe einen Model mit einer frühen Kapitalisvariante und schreibt (Kat.-Nr. 29): MEISTER HANS KORT[ROG] / VON HOMBERG GOIS M[ICH]. Die beiden Glocken Kat.-Nrr. 32 und 35† können wegen des Glockenspruches (s. u.) Andreas Botger zugewiesen werden. Bei ihm sind letztmalig gotische Minuskeln benutzt. Die Glocke von 1570 (Kat.-Nr. 57) stammt von einem Gießer aus Ershausen namens Heckmann; die Inschrift ist vom Typ x heiß ich, y von z goss mich. Drei Glocken schuf Dietrich Reinhard (Kat.-Nrr. 54, 85, 89), eine davon zusammen mit Merten Has (oder Hase), der 1600 die Glocke in Rommerode goss (Kat.-Nr. 112). Auf zwei Glocken Reinhards finden wir neben Gießervermerk und Datierung den Spruch WAS GOTT BESCHERT BLEIBT UNERWERT, der auf Glocken sonst anscheinend nicht belegt ist. Dagegen sind der Spruch Botgers hilf got maria berot usw. (Kat.-Nr. 32) wie auch die Reimverse von Has: AUS DEM FEVR FLVS ICH / MERTEN HAS GVS MICH (Kat.-Nr. 112) weiter verbreitet. Und Reinhards Glocke von 1592 (Kat.-Nr. 89) ist im Bearbeitungsgebiet die erste, auf welcher der zur Zeit des Gusses amtierende Pfarrer und andere Funktionsträger der kirchlichen oder weltlichen Gemeinde genannt sind.

Wie die Zitate zeigen, ist die Sprache der Glockeninschriften im 16. Jahrhundert Deutsch. Kortrogs Glocke von 1505 zeigt den Sprachwechsel an, indem sie Latein und Deutsch in demselben Satz gebraucht. Auf der späteren Kortrog-Glocke lesen wir einen deutschen Gießervermerk neben einer lateinischen Widmung.

Aus der Zeit von 1601 bis 1700 sind sieben Glocken erhalten (Kat.-Nrr. 127, 140, 154, 174, 180, 219, 225/I), vier weitere sind bezeugt (Kat.-Nrr. 132, 216, 225/II, 254), doch fehlen dabei Angaben zur Glockenzier (Kat.-Nrr. 132, 216). Drei der erhaltenen zeigen reichen Schmuck: Die Glocke von 1617, ein Werk der lothringischen Wandergießer François Breutel und Thomas Simon, weist neben zwei Friesen oberhalb und unterhalb der Inschrift noch einen dritten in der Glockenmitte auf; hinzu kommen neun Reliefs, darunter Maria mit dem Kind, ein Kruzifixus, der hl. Sebastian und zwei Gießermarken (Kat.-Nr. 140). Ähnlich reich ausgestattet ist die von Gottfried Kohler 1634 gegossene Glocke in der Marienkirche zu Sooden: unter der Schulterinschrift drei Friese, am Wolm ein Fries aus Akanthusblättern, eine zweite Inschrift auf dem Rand mit den Namen der Pfarrer und Stifter oder Funktionsträger (Kat.-Nr. 154). Die Glocke in Quentel, die Franz Seitze bei J. Bergmann in Bremen gießen ließ, fällt auf durch zwei breite Friese mit Motiven aus der Tier- [Druckseite XLIX] und Pflanzenwelt; sie schließen zwei Inschriftenzeilen ein, die durch Rundstege und Zwischenräume voneinander wie von den Friesen abgesetzt sind (Kat.-Nr. 174). Nicht ganz so prächtig ist die Glocke, die Heinrich Lütken 1655 für Marzhausen goss (Kat.-Nr. 180). Hier wird eine dreizeilige Inschrift von zwei Bogenfriesen mit Maßwerk eingeschlossen. Ein dritter Maßwerkfries befindet sich im unteren Bereich der Glocke. Schlichter gehalten ist die Witzenhäuser Glocke von 1603 des Gießers Hans Jonas, auf der ein Fries zwar vorhanden ist, aber nicht umläuft, sondern nur ein kurzes Stück des Umfangs belegt; außerdem gibt es Initialen und drei nicht bestimmbare Marken oder Pilgerzeichen (Kat.-Nr. 127). Nahezu schmucklos, weil sehr klein, ist die Berlepsch-Glocke, die nur zwei schmückende Elemente aufweist: sternförmige Worttrenner und mehrere Rundstege (Kat.-Nr. 219). Noch schlichter, fast kahl die Schirnbein-Glocke von 1686 (Kat.-Nr. 225): Rundstege und ein Engelsgesicht am Textbeginn.

Von den Glocken dieses Abschnitts ist nur eine ohne Angabe des Gießers (Kat.-Nr. 219). Der Gießervermerk folgt meist geläufigen Mustern: 1) X IN Y GOSS MICH (Kat.-Nr. 132), 2) IM NAMEN GOTTES BIN ICH GEFLOSSEN X HAT MICH GEGOSSEN (Kat.-Nr. 127), 3) GOSS MICH X AVS/IN Y (Kat.-Nr. 225, 254), 4) X ZU Y GOSS MICH IN/NACH Z GEHÖRE ICH (Kat.-Nr. 154, 216), 5) X Y M’ONT FAIT (Kat.-Nr. 140), X ME FECIT, hier das alte Formular ergänzt mit IN Y (Kat.-Nr. 180). Neben diesen Informationen enthalten mehrere Texte ein Bibelzitat (Kat.-Nrr. 16, 132, 174, 254). Ungewöhnlich ist die Inschrift von Kat.-Nr. 174: FRANZ SEITZE HAT SICH BEFLISSEN VND MICH ZV BREMEN LASSEN GISSEN BEI IVRGEN BERGMAN DEN JVNGER O HERE HILF O HER LAS WOL GELINGEN, aber sie ist nicht singulär, denn es existiert eine Schwesterglocke mit der gleichen Inschrift im unweiten Waldkappel.

Zwei Glocken aus dem 18. Jahrhundert sind in den Anhang des Katalogs aufgenommen. Die eine, die 1773 von Chr. Peter aus Homberg für Epterode gegossen wurde, hat sich nicht erhalten (Kat.-Nr. 313). Nach Wenzel trug sie Peters Gießerzeichen (gekreuzte Schlüssel); an den Enden der beiden Zeilen befanden sich eine Blume und ein Vogel, und unter ihnen lief ein Band aus Blattwerk um. Ihre Inschrift enthielt einen Gießervermerk mit Datierung sowie einen Spruch, beides auf Lateinisch. Sehr ähnlich ist die noch erhaltene Glocke desselben Gießers in Wendershausen (Kat.-Nr. 315), nur die Sprüche sind verschieden.

4.4 Bauwerke, kirchliche Ausstattungsstücke und sonstige Inschriftenträger

Die älteste Bauinschrift des Bearbeitungsgebietes befindet sich am Schloss Berlepsch; sie stammt von 1369 und ist zugleich die älteste aller hier erhaltenen Inschriften (Kat.-Nr. 1/I). Sie wird vom alten Sparrenwappen begleitet und nennt den anderweitig nicht überlieferten Tag der Fertigstellung des Baues, von dem eine damalige Urkunde als dem „nuwen huse Berleybischin“ spricht. Mit dieser Inschrift beginnen die rund 75 über den Katalog verteilten Bauinschriften und Baudaten. Sie zählt zu den informationsreicheren, da sie nicht nur aus einer (höchstens von einem Namen oder von Initialen begleiteten) Jahreszahl besteht. Dieser einfache Typ, dem knapp die Hälfte der 75 Bauinschriften angehört, bleibt hier beiseite; lediglich die Wappensteine bzw. ihre Verwandten seien genannt (Kat.-Nrr. 17, 36, 40, 44, 46, 65, 139, 235, 243, 281, 282, 293).

Die zweitälteste Bauinschrift (Kat.-Nr. 7) befindet sich an einem der Stadttürme in Witzenhausen, am Diebesturm. Sie nennt das Jahr 1413, aber man erkennt nicht mehr, was genau es mit dem Bau zu tun hat. Eine zweite Stadtmauerinschrift, die sich in Allendorf erhalten hat, zeugt von einer Renovierung im Jahre 1684 (Kat.-Nr. 235).

15 der informationsreicheren Bauinschriften befinden sich an Kirchen. Die ältesten aus dem 15. Jahrhundert teilen in lateinischer Sprache mit, wann der Bau(abschnitt) begonnen [Druckseite L] wurde, unter Angabe des Tages nach dem Heiligenkalender (Kat.-Nrr. 8, 9, 10). Am Schloss Berlepsch (Kat.-Nr. 1/II) teilt eine Inschrift den Beginn von Neubauten und deren Abschluss durch die Söhne mit, freilich ohne Tagesdaten. Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind zwei kürzere deutsche erhalten, die eine (Kat.-Nr. 86) nennt, wie sich aus einer anderen Quelle ergibt, den Tag des Richtfestes, die andere Baumeister und Pfarrer (Kat.-Nr. 84). Drei weitere lateinische aus dieser Zeit sind ausführlicher: Eine spricht über den Turm (Kat.-Nr. 80), eine vom teilweisen Abbruch der alten Kirche und der Grundsteinlegung der neuen, wobei Pfarrer und Patron erwähnt werden (Kat.-Nr. 96), und aus der dritten erfährt man etwas über die Gründung und Wiederherstellung der verfallenen Andreaskapelle zu Kleinvach (Kat.-Nr. 111).

Erneuerung und Erweiterung von Kirchen gaben auch den Anlass für zwei lateinische Inschriften des 17. Jahrhunderts (Kat.-Nrr. 199, 230) und fünf lateinische des 18. Jahrhunderts (Kat.-Nrr. 283, 294, 302, 312, 314); unter den letztgenannten sind zwei Versinschriften und drei mit einem Chronogramm oder Chronostichon.

Eine kleine Gruppe für sich im Rahmen der informationsreicheren Bauinschriften bilden solche, die sich an öffentlichen Gebäuden befinden. Beim Versammlungshaus des Gläsnerbundes (Kat.-Nr. 39) oder dem Brauhaus (Kat.-Nr. 137) oder der Pfennigstube (Kat.-Nr. 151) merkt man dem Text die Bestimmung des Bauwerks nicht an; bei Schulen dagegen (Kat.-Nrr. 60, 268), einer Brücke (Kat.-Nr. 68) und einem Rathaus (Kat.-Nr. 176) erkennt man ihn deutlich. Die Inschriften auf Schulgebäuden sind passenderweise in Latein verfasst und mindestens zum Teil in Versen.

Adlige und wohlhabende oder einflussreiche Bürger, zu denen manchmal auch ein Pfarrer gehörte, liebten es, ihre Häuser mit Bauinschriften zu schmücken; diese enthielten gewöhnlich neben den Angaben zum Bauwerk einen gereimten Spruch oder ein Bibelzitat, manchmal beides, wie die 16 derartigen Beispiele aus dem Bearbeitungsgebiet zeigen: Kat.-Nrr. 44, 46, 266 (Adel), 59, 131 (Pfarrer), 48, 64, 70, 126, 157, 158, 209, 236 (Bürger). Auf Dörfern scheint es solche Häuser im Erfassungszeitraum kaum gegeben zu haben (Kat.-Nrr. 144, 224, 261). Besonders die Versinschriften am Wohnhaus des Pfarrers Behn – acht deutsche Reimverse und vier lateinische Distichen – ragen hervor (Kat.-Nr. 59). Eindrucksvoll sind auch die Verse, die der Zimmermann Christian Schönewolf von dem dichtenden Mathematiker Hemeling für das Haus seiner neu geschlossenen Ehe übernahm (Kat.-Nr. 298).

Zu den Bauinschriften im weiteren Sinne zählen die Inschriften auf Altären, Kanzeln und Taufsteinen.

Nur zwei der sechs Altarinschriften nennen mehr als eine Jahreszahl, nämlich Pfarrer und Stifter, dazu vielleicht noch die Initialen des Handwerkers (Kat.-Nrr. 184, 189).

An Taufsteinen, die mit Inschriften versehen sind, haben sich elf erhalten; alle sind datiert. Bei neun von ihnen ist das Becken achtseitig, eins ist sechsseitig (Kat.-Nr. 87), eins zylindrisch (Kat.-Nr. 142). Die beiden ältesten sind aus der Zeit vor der Reformation (Kat.-Nrr. 27, 33). Der ältere aus dem Jahr 1506 trägt in einem seiner Felder eine Datierung und den Namen des hl. Albanus, in den übrigen Feldern Wappen und Maßwerkornamente. Er belegt ein bisher nicht bekanntes Albans-Patrozinium. Der jüngere von 1516 (Kat.-Nr. 33) enthält in jedem Feld ein Stück der Inschrift, aus der nur die Datierung und der Name Jesus deutbar sind. Der Taufstein aus Hausen von 1566 (Kat.-Nr. 50) weist nur eine Datierung auf, ist aber in den andern Feldern reich geschmückt, u. a. mit reliefierten Portraits, und trägt auf seinem Fuß anscheinend die Initialen des Handwerkers. Auf dem Fürstenhagener Taufstein mit der Jahreszahl 1568 (Kat.-Nr. 53) sind die Initialen der Stifter zu finden, daneben die des Steinmetzen Hans Kremer und ein Steinmetzzeichen. Geschmückt ist der [Druckseite LI] Stein mit Relieffiguren (Aposteln) in Rundbogennischen, auf deren unterem Schrägrand sich die Teile der Inschrift befinden. Der Taufstein in Dudenrode hat als Inschrift nur eine Jahreszahl; seinen Schmuck bilden u. a. vier Wappenschilde und ein Maßwerkornament (Kat.-Nr. 55). Beim Taufstein aus Retterode, der aus dem Jahr 1575 stammt, verteilt sich die Inschrift auf drei mit Rundbogen verblendete Felder; sie enthält eine Datierung samt den Initialen des Kirchenpatrons, den Namen des Pfarrers und weitere Initialen, die wohl einen Steinmetzen bezeichnen (Kat.-Nr. 62). Am Taufstein in Trubenhausen (Kat.-Nr. 72) sind die Seitenfelder mit bildlichen Darstellungen belegt (Engel, Rose, Frau mit Schaf, zwei Wappen, Mann). Weiter enthalten die Seitenfelder eine Datierung, die Initialen der beiden Kirchenpatrone, die Namen des Pfarrers und eines Stifters(?), die Initialen und das Steinmetzzeichen des Handwerkers. Zusätzlich ist noch oben am Fuß ein Spruch angebracht. Der Taufstein in Ellershausen (Kat.-Nr. 87) weicht in mehrfacher Hinsicht vom Bisherigen ab: Er ist sechsseitig, und die Inschrift nennt nur eine Datierung und die beiden Stifter. Am Taufstein in Hessisch Lichtenau sind am Becken weder Darstellungen noch Inschriften zu finden, die Jahreszahl steht auf dem Fuß, und die Initialen des Steinmetzen liest man auf dem Schaft (Kat.-Nr. 91). Nicht ganz so schlicht ist der Taufstein in Hilgershausen (Kat.-Nr. 95): Als Schmuck trägt er Wappen, Engelsköpfchen, Rosetten u. a. Seine Inschrift beschränkt sich auf eine Jahreszahl und die Initialen des Pfarrers. Der jüngste der erhaltenen Taufsteine in Bischhausen hat ein zylindrisches Becken und einen ebensolchen Fuß (Kat.-Nr. 142). Eine Kartusche im umlaufenden ornamentalen Fries enthält nur die Jahreszahl 1619.

Die vergleichende Betrachtung der Taufsteine des 16. Jahrhunderts erweist also neben der Jahreszahl vor allem folgende bildlichen oder inschriftlichen Elemente als üblich: Angabe des Patrons durch Wappen und/oder Initialen, Angabe des Pfarrers, Angabe des Stifters, Angabe des Handwerkers. Es scheinen aber nicht oft alle diese Elemente auf einem Stein versammelt und noch dazu von einem Spruch begleitet zu sein (Kat.-Nr. 72).

An Kanzeln mit Inschriften sind neun erhalten (Kat.-Nrr. 31, 92, 117, 124, 130, 166, 221, 271, 275). Während die vorreformatorische Kanzel in Großalmerode nur eine Jahreszahl zeigt (Kat.-Nr. 31), sind auf der Kanzel in Velmeden (Kat.-Nr. 92) zu finden: eine Jahreszahl, der Name des Pfarrers, die Namen von vier Stiftern und einige deutsche Verse. Die Kanzel in der Liebfrauenkirche in Witzenhausen ist undatiert (Kat.-Nr. 117). Sie ist mit Malerei geschmückt, die Jesus und vier Apostel darstellt; die Namen sind beigegeben. Die Kanzel von Hausen ist verloren; als Inschrift werden ein Bibelspruch und eine Jahreszahl überliefert (Kat.-Nr. 124). Die Kanzel in Uengsterode weist zwei Jahreszahlen auf, die wohl auf das Jahr der Herstellung der Kanzel bzw. der Erneuerung ihres Fußes Bezug nehmen (Kat.-Nr. 130). Auch die Kanzel in Ellershausen ist datiert, sie weist ferner die Initialen des Pfarrers auf (Kat.-Nr. 166). Eine bemerkenswerte Barockkanzel befindet sich in Allendorf (Kat.-Nr. 221); sie ist reich mit Schnitzwerk und Intarsien versehen, und oben in der Mitte des Schalldeckels zeigt sie einen Pelikan auf dem Nest, der sich mit dem Schnabel die Brust ritzt. Drei Inschriften liest man auf der Unterseite des Schalldeckels: die in der Mitte enthält einen sachlich passenden Bibelspruch, die beiden am Rande nennen namentlich mit genauer Funktionsangabe samt akademischem Titel die beiden leitenden Kirchenmänner. Ferner sind zwei von sechs Randfeldern des Schalldeckels mit einer Jahreszahl und Meisterinitialen, drei mit Ornamenten belegt. Künstlerisch mindestens ebenso reich ausgestattet ist die Kanzel in Ermschwerd (Kat.-Nr. 271), wo das Motiv des Pelikans wiederkehrt. Den vollplastischen Figuren der Evangelisten sind die Namen beigegeben, und so erinnert sie vom Typ her an die Kanzel in Witzenhausen. Aus dem Jahr 1702 stammt die Kanzel in St. Marien in Sooden (Kat.-Nr. 275). Wie bei der aus Allendorf lesen wir bei ihr mehrere Inschriften: Ein Bibelspruch nimmt das Zentrum der Unterseite des Schalldeckels ein; an seinem Rand erscheint [Druckseite LII] der Name des Pfarrers, und am Korb, unterhalb der Ansatzstelle der Treppe, hat der Schreinermeister seinen Namen und das Datum der Herstellung angebracht. Diesen Umgang mit Inschriften betreffend könnte die Soodener Kanzel sich ein Beispiel an der Allendorfer genommen haben, aber man muss auch mit der Existenz eines solchen Kanzeltyps rechnen, dem dann beide Hersteller gefolgt sind.

Im Bearbeitungsgebiet haben sich einige Vasa sacra erhalten, darunter etliche Kelche aus dem 15. bis frühen 16. Jahrhundert (Kat.-Nrr. 18, 21, 22, 23, vielleicht auch 38). Eine der Inschriften ist bemerkenswert, da sie die Stifter und die begünstigte Kirche nennt (Kat.-Nr. 21). Die Inschrift eines andern Kelchs bezeugt, dass er 1619 erneuert wurde; sie nennt auch die Stifter und den Pfarrer (Kat.-Nr. 23).

Danach sind erst wieder Vasa sacra et non sacra aus dem 17. Jahrhundert auf uns gekommen, außer Kelchen mehrere Kannen, fünf Patenen bzw. Abendmahlsteller und eine Taufschale. Ihre Inschriften begnügen sich meist mit der Jahreszahl und einer weiteren Angabe: Stifter, Stifterehepaar (ggf. mit Wappen) oder besitzende Kirche (Kat.-Nrr. 161, 162, 172, 178, 179, 188, 196, 201, 203, 215, 257, 258, 259, 260, s. a. unten mehr). Ein Sonderfall ist die silberne, heute als Patene genutzte Schale in Witzenhausen, eine reich mit Bildern geschmückte Beckenschlägerarbeit aus Nürnberger Massenproduktion; sie enthält neben der Datierung einen Bibelspruch als Beischrift zu der im Mittelteil dargestellten Szene der Noah-Geschichte; auf dem Rand sind vier Szenen mit Adam und Eva dargestellt (Kat.-Nr. 143); es könnte sich um einen modernen Nachguss handeln. Manchmal ist neben der Jahreszahl der Stifter zusammen mit der Kirche oder dem Pfarrer genannt (Kat.-Nrr. 148, 211, 248, 249) oder Stifter und ein Bibelspruch (Bibelstellenangabe) (Kat.-Nr. 169), Stifter und eine Gewichtsangabe (Kat.-Nr. 155). Etwas Besonderes haben eine Patene, ein Kelch und zwei Kannen an sich: Die Inschrift der Patene fügt zu Stifter und Jahreszahl die Initialen von Pfarrer und Diakon hinzu (Kat.-Nr. 153), dabei wird aus den Namen ein Kreuz gebildet. Ein Kelch kann Latein sprechen und erzählt in der 1. Person, Uengsterode habe ihn aus Mitteln des Kirchenkastens angeschafft (Kat.-Nr. 195). Die Inschrift einer Ermschwerder Kanne legt in elf Zeilen dar, von wem, aus welchem Grund und welcher Kirche sie gestiftet wurde (Kat.-Nr. 232). Und auf einer Kanne in Quentel erscheinen neben der Gemeinde die Initialen eines Stifters sowie der Geldbetrag, mit dem er sich beteiligt hat (Kat.-Nr. 257).

Insbesondere bei den Kannen, einem neuen und typisch evangelischen Kirchengerät, zeigt sich, dass die aus Zinn geschaffenen Objekte zu den künstlerisch bescheidenen und epigraphisch kargen Produktionen gehören und von der relativen Armut bzw. starken Ausplünderung der Region Zeugnis ablegen. Sieht man von der Kanne Rüppels (Kat.-Nr. 232) ab, bewahrheitet sich die Aussage zu evangelischen Abendmahlsgeräten: „Alle theologisch wie künstlerisch bedeutsamen Geräte sind aus Silber gearbeitet.“79)

Zur kirchlichen Ausstattung zu rechnen ist weiter eine vollplastische Sitzfigur des Erzengels Michael (Kat.-Nr. 106). Tobias Homberg, der die Michaelskirche in Kleinvach errichten ließ, hat der neuen Kirche diese Statue gestiftet. Die Inschrift teilt den Namen Michael und seine Bedeutung mit und nennt Stifter und Grund der Stiftung. Zwei ebenso singuläre Inschriftenträger bzw. Ausstattungsstücke wie diese Statue sind ein hölzerner Opferstock, der [Druckseite LIII] in Hopfelde erhalten blieb (Kat.-Nr. 255), und ein Glöckchen an einem Klingelbeutel (Kat.-Nr. 119, 16. Jahrhundert), beides noch im Gebrauch. Eine Kreuzigungsszene ziert das Glöckchen, und ein Wappen mit Beischrift ist beigegeben.

Zu den Seltenheiten unter den profanen Inschriftenträgern gehört der sogenannte Hirsetopf in Allendorf (Kat.-Nr. 81, 1584). Er war wohl bei Festessen und Armenspeisungen im Gebrauch. Seinen Namen verdankt er den Hirsepflanzen, die ihn schmücken. Auch ein seltenes Stück ist die im Salzmuseum Sooden erhaltene Geldkiste (Kat.-Nr. 118). Die Inschrift SMCS verrät, dass es sich um die Salz Magazin Cassa Sooden handelt. Nicht mehr vorhanden ist ein Blasebalg, der mit dem Herstellernamen und einer Jahreszahl bezeichnet war (Kat.-Nr. 125).

An Flurdenkmälern mit Inschriften haben sich fünf Grenzsteine erhalten. Die beiden ältesten markierten, wie ein Wappen und ein W zeigen, ursprünglich die Grenze zwischen Witzenhäuser und Bodenhausischem Gebiet (Kat.-Nr. 41). Seit 1541 stehen sie an ihrem Platz. Dagegen existieren von zwei Grenzsteinen, die 1575 am Querenberg bei Großalmerode das Gebiet der von Berge von dem der Hundelshausen trennten, nur noch ein Foto in einer Ortschronik und das Oberteil eines Steines in einer Privatsammlung (Kat.-Nr. 68). Schließlich ist noch auf einen Grenzstein hinzuweisen, der ursprünglich am Zusammenstoß der Ämtergrenzen Reichenau–Melsungen–Spangenberg stand und nach zeitweiliger Entfernung jetzt wieder in der Nähe aufgestellt ist, allerdings außerhalb des Werra-Meißner-Kreises (s. Kap. 6).80)

4.5. Sprache – Konventionen und Individuelles

Neben den äußeren Formen der Denkmäler interessiert die sprachliche Bewältigung der Aufgaben von Inschriften. Daher wird allenthalben nach typenbezogenen Formularen Ausschau gehalten und bei entsprechender Belegdichte nach Gesetzmäßigkeiten und zeitlichen Schichtungen geforscht. Hier macht sich im Bearbeitungsgebiet der Mangel an mittelalterlichem Material und die Beschränkung des wenigen auf Faktisches nachteilig bemerkbar; alle Inschriften sind bis auf zwei bemerkenswerte Glocken (Kat.-Nrr. 16, 24) formelhaft bzw. nüchtern-faktisch formuliert; das gilt vor allem für die spätmittelalterlichen Bauinschriften. Wegen ihrer Menge bieten später Inschriften des Totengedächtnisses und an Bauten reichen Stoff, um die Folgen der protestantischen Bildungsinitiative nachzulesen und sowohl die formalen als auch die inhaltlichen Aspekte jenseits des Formelhaften zu erschließen. Unter den formalen interessieren etwa die Nutzung der lateinischen Poesie, der Rückgriff auf den cursus honorum und die Präsentation von Textkenntnissen und – geht man tiefer – auch Wortschatz und Wortspiel. Bei den inhaltlichen Aspekten wird sich auch die Umsetzung des Totenlobs im protestantischen Umfeld zeigen.

Da die älteste Grabinschrift von 1371 (Kat.-Nr. 2) zu den oben behandelten Anno Domini-Platten gehört, setzt die Untersuchung materialbedingt erst mit der verlorenen Grabinschrift des 1546 verstorbenen Pfarrers Georg Thomas (Kat.-Nr. 42) ein, für die Peter Nigidius d. Ä. nicht nur elegische Distichen konzipierte, sondern diese auch mit starkem Enjambement versah. Der Zeit angemessen weist die Inschrift darauf hin, dass Pfarrer Thomas' eifrige Lehre des Evangeliums noch keine sichere Tätigkeit war. Annähernd gleichzeitig stellen sich die bekannten versifizierten deutschsprachigen Bau- und Hausinschriften ein (Kat.-Nr. 46), während adäquate lateinische eine Generation zurückbleiben (Kat-Nrr. 59, 60), [Druckseite LIV] dann aber sprachlich und inhaltlich glänzen. Es gelingt nicht nur, Namen und Ämter in Distichen zu zwingen, sondern auch mit dem für den Schulbau sinnigen Satz „Grundlage des gesamten Staatswesens [sei] die rechte Erziehung der Jugend“ an Cicero und Melanchthon anzuknüpfen. Die einseitige Konzentration der daktylischen Verse auf die Witzenhäuser Liebfrauenkirche und ihre Umgebung zeigt an, dass auch die Texte etwas jüngerer Spezimina, die Epitaphien Bodenhausen (Kat.-Nr. 63) und Behn (Kat.-Nr. 73), sodann auch die Tafel mit dem Stadtwappen (Kat.-Nr. 78), von dem Bildungsimpetus des Pfarrers Justus Behn abhängen; auch die Grabplatte Geilfuß (Kat.-Nr. 88) galt einem ehemaligen Mitarbeiter Behns. Die Bauinschriften von Eichenberg (Kat.-Nrr. 80, 95) sind gleichfalls an die Mitwirkung des auch genannten Pfarrers Georg Jordan gebunden.

Eine besondere Stellung nimmt das Epitaph des Georg Meisenbug (Kat.-Nr. 100) ein, dessen architektonische Pracht noch von den 22 elegischen Distichen übertroffen wird, die Landgraf Moritz (und ein den Dichter lobender Zeitgenosse) dem offenbar sehr geschätzten Paladin darbrachten. Ebenfalls opulent, sprachlich jedoch bescheidener auf das weltliche Totenlob konzentriert, fiel das weit jüngere Epitaph auf den Namensvetter (Kat.-Nr. 274) aus. Der Adel ist im Bestand vergleichsweise unterrepräsentiert. Neben den beiden Meisenbug erhielten aber noch vier weitere Grabmäler bzw. Epitaphien teils lange lateinische Inschriften mit ansprechenden und ausführlichen Texten; sie gedenken Verstorbener aus der nobilitierten Familie der Homberg zu Vach (Kat.-Nrr. 239, 262) und der Hanstein (Kat.-Nrr. 292, 301).

Der Trend zu lateinischen Inschriften blieb in der protestantischen Geistlichkeit ungebrochen. Je nach Karriere und Familie kamen mehr oder weniger opulente Denkmäler mit durchaus unterschiedlich ambitionierten Texten auf die Nachwelt. Vom Umfang ragen einige jüngere heraus, bei denen der Text zur Hauptsache des Denkmals wurde (Kat.-Nrr. 288, 290, 299, 316). Der wie Kat.-Nr. 42 beginnende Grabstein Koch von 1631 (Kat.-Nr. 152) zeigt an, dass Formulierungen kopiert wurden oder Vorlagen verfügbar waren. Einen besonderen Akzent setzt die Grabplatte Gunther (Kat.-Nr. 149) mit ihren sapphischen Strophen.

Bei jüngeren Steinen (Kat.-Nrr. 291, 295 eingeschränkt, 300, 303) fällt auf, dass die zentrale Information und ggf. Bibelzitate in Deutsch geschrieben wurden, spruchartige Weisheiten zur Vergänglichkeit jedoch gern in Latein.

Beginnend mit dem Epitaph des Bürgermeisters Johannes Motz († 1611) (Kat.-Nr. 136) setzt gleichsam die sprachliche Emanzipation der Bürgerschaft ein, verspätet gegenüber vielen Beständen, aber mit einem Paukenschlag durch 13 elegische Distichen, davon ein Chronodistichon, den hebräischen Gottesnamen, die Widmung DTOMS, Anspielungen auf Pallas Athene, Bellerophon und Elysium. Erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entdecken die führenden Familien, Salzgreben, Amtmänner, Juristen und ein Arzt die lateinische Sprache, und ihre Familie oder der überlebende Ehepartner ließen oft nur leicht architektonisch gegliederte, von den Textfeldern bestimmte Denkmäler aufstellen (Kat.-Nrr. 191 [Arzt], 238 [mit lateinischem Bibelzitat], 213 [cursus honorum bei den Grafen von Isenburg], 241, 251, 255, 277, 287). Mit dem Kunstwort HALARCHA für den Obersalzgreben Starck (Kat.-Nr. 204) gelang sogar ein von der Metrik angeregter Neologismus. Ein leider stark fragmentiertes Objekt auf dem Lichtenauer Friedhof (Kat.-Nr. 269) bezeugt die Kenntnis von Melanchthons Texten.

Bei den Bau- und Hausinschriften kommen lateinische Texte als Informationsquelle mehrfach vor (u. a. Kat.-Nrr. 70, 106, 111, 137), nämlich in Kleinvach beim Kirchenausbau der Aufsteigerfamilie der Homberg (Kat.-Nrr. 106, 111) und in Witzenhausen am Brauhaus (Kat.-Nr. 137), sodann konzentriert bei den von Landgraf Karl (1670–1730) angestoßenen oder unterstützten Kirchenerneuerungen (Kat.-Nrr. 230, 263, 268, 294, 302 [Friedrich I.]).

[Druckseite LV]

Die lateinischen Spruchweisheiten, Sinnsprüche u. a. m. sind nicht, wie man erwarten würde, ein Thema hauptsächlich der Bau- und Hausinschriften – da sind nur zwei vertreten (Kat.-Nrr. 209, 266): PAULATIM ET PEDETENTIM und TANDEM PATIENTIA VICTRIX, wobei Letzteres sogar mit einem Memento mori verbunden ist. Viel häufiger thematisieren die knappen, aber eindringlichen Aussagen den unzeitgemäßen, den zu schnellen, den unabwendbaren und unerbittlichen Tod (Kat.-Nrr. 251, 253, 288, 291, 295, 300, 303) und warnen den Betrachter,81) nicht selten, doch eher zusätzlich (u. a. Kat.-Nrr. 100, 288, 300/G, 303/D)82) liefern sie Trost, zwar oft spektakulär, doch insgesamt rarer denn viele deutschsprachige Grabgedichte, deren Hauptzweck das zu sein scheint – man vergleiche die Registerbelege unter dem Lemma „Auferstehung“.

Nur bei den beiden jüngsten Glocken der Auswahl kommt Aphoristisches (Kat.-Nr. 313) bzw. ein Zitat religiöser Dichtung (Kat.-Nr. 315) vor.

Hinsichtlich der deutschen Sprache wird man feststellen müssen, dass in den Kreisen, die diese Ausdrucksweise bevorzugten, sehr unterschiedliche Standards galten und sich eine Annäherung an die Hochsprache über lange Zeit nur bedingt durchsetzen konnte. Die Auswahl für das 18. Jahrhundert verstellt ein wenig den Blick, da sie die lateinische Sprache und Verbindungen zu schon bekannten Familien, Pfarrern und anderen Honoratioren bevorzugte, somit also insgesamt ein höheres sprachliches Niveau impliziert. Dennoch mutet das der Mundart folgende Wort schaden für „Schatten“ noch 1701 (Kat.-Nr. 273) inmitten eines sonst unauffälligen Textes wegen der Doppeldeutigkeit befremdend an. Die offenbar in der Mundart angelegte Lautung <d> statt <t> ist mehrfach in die Texte übernommen, wie etwa der Grabstein Hennemog (Kat.-Nr. 245) von 1693 mit den Wörtern endschlafen83) und dage beweist. Insgesamt sind aber solche Phänomene in der Minderzahl, nicht gerechnet die zahlreichen Schreibvarianten und zeitgemäßen Konsonantenverdoppelungen.

Neben den zahllosen Grabinschriften mit reiner Sachinformation zur Person wie Lebensdaten, Heirat(en), Kinder und Ämtern samt Bibelzitaten, also den „Leichtexten“, finden sich erstaunlich viele und beachtliche deutschsprachige Grabgedichte (Kat.-Nrr. 152, 164, 165, 186, 233, 247, 273, 276, 284, 288, 289, 300, 305, 308, 309, 311), die Trost spenden, weil sie die Erlösung gerade von Kindern mit großer Sicherheit erwarten. Sie können großen Umfang erreichen (Kat.-Nrr. 284, 308), Bibelzitate variieren (Kat.-Nrr. 276, 305) oder als Nachrede der HinterLasenen kinder (Kat.-Nr. 233) oder Des verstorbenen abScheidsRede (Kat.-Nr. 247) kommunizieren.

4.6 Meister und Werkstätten

Die älteste Inschrift, in der ein Meister seinen Namen nennt, steht auf einer Glocke (Kat.-Nr. 5). Albertus – so heißt der nicht weiter bekannte bzw. nicht sicher identifizierbare Gießer – folgt damit dem Beispiel seiner Berufskollegen, die etwa ab dem 14. Jahrhundert gewöhnlich ihren Namen auf ihr Werk schrieben. Von ihnen war im Abschnitt zu den Glocken schon die Rede.

[Druckseite LVI]

Unter den übrigen Herstellern von Inschriftenträgern wird man vergeblich nach namhaften Künstlern suchen. Doch findet man eine Reihe von geschickten, lokal tätigen Handwerkern, denen mitunter ansprechende Werke gelungen sind. Soweit deren Name Eingang in die Fachliteratur, z. B. in ein Künstlerlexikon fand oder mehr als eins ihrer Werke vorhanden ist, sind sie in die folgende Übersicht aufgenommen, die zunächst die Bildhauer und Steinmetzen (4.5.1–2), sodann die Baumeister (4.5.3) behandelt. Ein Überblick über die Marken auf Gold-, Silber- und Zinngerät bildet den Abschluss (4.5.4).

4.6.1 Bildhauer und Steinmetzen

Hans Kremer war Mitarbeiter des landgräflichen Bildhauers Wilhelm Vernukken in Kassel. Er erhielt 1587 von Landgraf Georg I. den Auftrag, ein Epitaph für die verstorbene Landgräfin Magdalena zu schaffen, starb aber vor dem 4. März 1588.84) Ihm wird der Taufstein von Fürstenhagen zugeschrieben (Kat.-Nr. 53).85) Worauf sich das gründet, ist nicht bekannt. Weitere Werke von Hans Kremer waren im Bestand nicht zu finden.

Andreas Herber (ca. 1530–1614), Urenkel des Johann Herber, der für Landgraf Ludwig als Werkmeister und Zimmermann tätig war, betrieb in Kassel eine Bildhauerwerkstatt und schuf vor allem für den Landadel in Nordhessen eine Anzahl eindrucksvoller Epitaphien und Wappensteine.86) Neben Werken, die er signiert hat – entweder mit AB (mit Nexus litterarum, s. Signatur AB) oder mit dem Namen –, entstammen der Herberwerkstatt auch eine Reihe unsignierter Werke. Von Andreas Herber stammen das Epitaph der Elisabeth Behn in der Witzenhäuser Liebfrauenkirche, signiert mit AB (Kat.-Nr. 71), und das Berlepsch-Epitaph in derselben Kirche, unsigniert (Kat.-Nr. 73). Folgt man der Auffassung von Zimmermann, so ist nur das signierte von Herbers eigner Hand, das andere eine Gesellenarbeit, die er „künstlerisch betreut bzw. autorisiert“ hat; der Autor geht anscheinend davon aus, nur signierte Werke seien eigenhändige, das ist aber, wie man an Studien an Rhein und Mosel sehen kann, eine vereinfachende Sichtweise.87)

Der Steinmetz Hans „Leuchtenroth“, dem Eckhardt das 1571 gefertigte Gitter bei der Berlepschgrabstätte (Kat.-Nr. 58) zuweist, leistete 1596 – als Hans Leucherodt bezeichnet – in Witzenhausen den Bürgereid.88)

David Kappus ist als Steinmetz belegt, da er 1590 am Umbau des Witzenhäuser Rathauses mitgearbeitet hat. Er hatte am 23. Dezember 1580 das Witzenhäuser Bürgerrecht erworben.89) Es werden wohl seine Initialen und sein Steinmetzzeichen sein, die auf dem Taufstein in Trubenhausen erscheinen (Kat.-Nr. 72) und sich am Gutshaus der von Buttlar in Ermschwerd (Kat.-Nr. 44/VI) wiederholen. Doch ein Beweis fehlt. DK könnte auch nach dem nahen Großalmerode weisen, wo etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts eine Steinmetzfamilie Koch nachgewiesen ist (s. u.) und wo dasselbe Steinmetzzeichen 1615 erscheint, allerdings zusammen mit den Initialen EF (Kat.-Nr. 138).

[Druckseite LVII]

David und Jakob Kappus waren, wie Eckhardt vermutet, Söhne des Steinmetzen Heinrich Kaps, der aus Lichtenau stammte und 1570 in Kassel heiratete. 90) Dort ist er 1573 bis 1575 als Bildhauer und Mitarbeiter des Adam Liquier (Beaumont) nachgewiesen, dem er aus Kassel in den Dienst bei Herzog Julius im Braunschweigischen folgte. Dass Kaps im Jahr 1575 den mit HK signierten Taufstein in Retterode (Kat.-Nr. 62) geschaffen hat, ist leicht vermutet, aber nicht durch weitere Fakten zu stützen.

Einer der Steinmetzen, die am Witzenhäuser Rathaus gearbeitet haben, hat nicht nur dessen Wappenstein angefertigt, sondern war auch in Ziegenhagen tätig. Denn das Steinmetzzeichen auf dem Wappenstein über der Rathaustür, der von 1590 stammt, wiederholt sich am Gutshof des Jost Oswald von Buttlar, und zwar erscheint es am Nebengebäude, das die Jahreszahl 1596 trägt, über dem Wappenstein am Bogenscheitel der gequaderten Luke (Kat.-Nr. 47). Am Portal des Schlosses Berlepsch von 1593 (Kat.-Nr. 1/IV–V) findet sich sein Zeichen zweimal und man erfährt dort auch seine Initialen CH.

In Sontra, das etwas südlich von Eschwege im Werra-Meißner-Kreis gelegen ist, lebte die Steinhauersippe Stein.91) Hans Kraft Stein hat, wie seine Initialen zeigen, den Taufstein in Lichtenau (Kat.-Nr. 91) geschaffen, wo sein Neffe Johannes Pfarrer war. Von einem anderen Mitglied der Familie Stein könnte die Altarmensa in Velmeden (Kat.-Nr. 189) umgearbeitet worden sein.

Zu beachten sind auch Werkstattzusammenhänge, die nicht durch Zeichen abgesichert werden können. Exemplarisch sei auf eine offenbar in Witzenhausen gelegene Werkstatt hingewiesen, die für mehrere Grabsteine zwar unterschiedliche Schriften, Kapitalis (Kat.-Nrr. 163, 164, 165) und Fraktur (Kat.-Nr. 170), benutzte, jedoch eine einheitliche Disposition, einheitliches Formular und sogar über die Schriftgrenzen hinaus den Sonderfall von U mit Trema.

Am Haus der von Buttlar, dem sogenannten Ermschwerder Schloss, erscheint mehrmals das Zeichen eines unbekannten Meisters, ein von einer Haste durchschnittenes S, somit zu lesen als IS oder SI (Zeichen SIGIS/SI, Kat.-Nr. 44/VIII, IX, XI)). An diese Signatur erinnert ein späteres Zeichen. Es erscheint erstmals 1687 auf einem Kanzelfuß (Kat.-Nr. 130) und einem Ofenstein (Kat.-Nr. 229), später auch auf zwei Grabsteinen (Kat.-Nrr. 233, 247). Wie das in Ermschwerd zeigt es ein S, das von einer Haste bzw. einem I durchschnitten wird, doch vom unteren Ende der Haste bzw. des I spreizen sich zwei Schrägschäfte ab, deren linker durchstrichen ist (S14), und somit ergibt sich eine Mischung aus graphischem Zeichen und S, aus der nicht zwingend gefolgert werden kann, dass der Betrieb, der dieses Zeichen führte, den von Ermschwerd fortsetzte.

Dieser Meister wurde unter der Bezeichnung S14 oben schon erwähnt. Denn er hat Halbsäulensteine hergestellt, und so wurden seine Werke und die Produktionen seiner Werkstatt bzw. die von Nachfolgern und Konkurrenten in Kap. 4.1.2 berücksichtigt, wo die beiden Gruppen von Grabsteinen im nordwestlichen Vorland des Meißners behandelt sind.

4.6.2 Die Steinmetzen Koch und Hupfeld in Großalmerode92)

Im 17. Jahrhundert ist in Großalmerode der Steinhauer Georg Koch I nachgewiesen. Denn nach einem Kirchenbucheintrag ist „George Koch sen.; Steinhauer“ am 24.6.1712 im Alter von 76 Jahren 6 Monaten begraben worden. Sonst gibt es keine gesicherte Mitteilung über [Druckseite LVIII] ihn: Man liest nichts von einer Heirat, nichts von Taufen seiner Kinder, nichts vom Begräbnis einer Ehefrau, obwohl doch bald nach seiner Geburt die Kirchenbücher einsetzen, höchstens seine Konfirmation 1650 könnte festgehalten sein. Dieses Datum passt aber auch zu Görge Koch (s. u.), die Altersangabe 12 Jahre sogar besser. All das legt den Schluss nahe, dass Georg I unverheiratet war.

Neben ihm ist Georg Koch II belegt, auch Steinhauer, denn als er am 23.11.1699 Barbara Elisabeth Jüngling heiratete, vermerkte das Kirchenbuch seinen Beruf und nannte Görge Koch, Schreiner, als seinen Vater. Dieser Görge Koch ist – was im Folgenden begründet wird – identisch mit Görge Koch, dem Sohn des Pfarrers Antonius Koch aus Velmeden, der sich 1637 mit Frau und Kindern nach Kassel geflüchtet hatte und wohl dort verstarb. Die Frau lebte später mit den Kindern Görge und Gertrud in Großalmerode, wo sie am 25.4.1673 begraben wurde. Görge, Sohn des Pfarrers, verheiratete sich am 11.10.1666 in Großalmerode mit Catharina Dölle aus Witzenhausen. Aus dieser Ehe gingen u. a. die Söhne Elias (~2.9.1671), George (~18.1.1674) und Peter (~4.1.1687) hervor. Eliasʼ Taufeintrag gibt Schreiner als Beruf des Vaters an, bei George und Peter ist der Beruf nicht mitgeteilt.

Aus Taufeinträgen, die deren Kinder betreffen, ergibt sich aber, dass Elias, George und Peter Brüder waren: 1. George, Elias Sohn, ~17.4.1713, hat als Paten den Bruder des Vaters, Mstr George Koch, Steinhauer. 2. Peter, Georges (Steinhauer) Sohn, ~10.3.1715, hat als Paten des Vaters Bruder Peter Koch. 3. Peter, Elias Sohn, ~23.1.1718 hat als Paten des Vaters Bruder Peter Koch, Schreiner.

Weitere Klarheit über die Eltern der Brüder schaffen zwei Einträge zu Peter Koch. 1. Er wurde laut Traueintrag am 23.11.1717 mit Magdalena „Rüpel“ (d. i. Rüppel!) getraut; als sein Vater ist „George K. verstorbener Mstr.“ vermerkt. 2. Peter Kochs Beerdigungseintrag am 22.12.1733 vermerkt die Eltern George und Catharina, den Beruf des Vaters, Schreiner, und die Ehefrau Magdalena geb. „Rippel“ (d. i. Rüppel!), ferner das Alter (47 Jahre, 46 Wochen, 2 Tage) und die Kinder, „in 16jähriger Ehe 2 Töchter“.

Aus diesem Traueintrag ergibt sich außerdem, dass der Schreiner Görge Koch vor 1717 starb. Seine Beerdigung fehlt im Kirchenbuch. Die Überlegungen insgesamt machen deutlich, dass Georg Koch I und Georg Koch II gewiss nicht als Vater und Sohn anzusehen sind; vielleicht waren sie Onkel und Neffe.

Görges Sohn Elias wird später auch Schreiner, heiratet 1708 Elisabeth Ulrich und bekommt 1713 den Sohn Georg Koch IV, bei dem wie erwähnt „sein Bruder Mstr. George Koch Steinhauer“ als Pate eingetragen ist. Dieser hatte schon seit einigen Jahren einen Sohn Georg Koch III, er war 1707 getauft worden. 1708 starb Georges Frau Barbara Elisabeth, und er schloss eine zweite Ehe mit Catharina Casselmann am 4.10.1709. Georg Koch II, „Steinhauer und Fenstermacher“, starb am 27.6.1726 im Alter von 52 Jahren.

Ob nun Georg III (~1707, konf 1720, co 1729) oder Georg IV (~1713, konf 1726, co 1753) Steinhauer war, ist nicht ohne Weiteres zu erkennen, es ist aber ein Georg Koch, Steinhauermeister, 1742 als Pate bei Johann George Störmer belegt. Ein zweiter Sohn des Georg II, Johann Franz Koch, ~1717, heiratete 1742; als Vater wird Georg Koch†, Steinhauermeister, angegeben, also Georg Koch II. Auch Johann Franz ist im Kirchenbuch als Steinhauermeister bezeichnet.

Es liegt nun sehr nahe zu vermuten, dass die Grabsteine obigen Typs das Werk der Steinmetzen aus Großalmerode sind; zu ihnen gehört neben den Koch noch Elias Hupfeld (*7.9.1679, †8.3.1723), der gleichfalls in Großalmerode tätig war. Schon die räumliche Nähe zwischen den Werken und den Werkmeistern macht diese Annahme plausibel, und der Umstand, dass an dem einen oder anderen Stein ihre Signatur zu finden ist, verleiht ihr eine weitere Stütze. Folgt man dieser Hypothese, ergibt sich zunächst, dass S14 das Steinmetzzeichen des Georg Koch I ist. Denn die Grabsteine der 1680er Jahre sowie der Kanzelfuß und [Druckseite LIX] der Ofenstein können nur Georg Koch I zugewiesen werden, da Georg Koch II (*1674) und Elias Hupfeld (*1679) zu jung waren. Diese beiden haben dann um 1690 – der eine etwas früher, der andere etwas später – etwa im Abstand von fünf Jahren mit der Steinmetzlehre begonnen. Es ist nicht sicher, aber gut möglich, dass sie denselben Lehrherrn hatten, nämlich Georg Koch I. So wäre es ganz natürlich, dass beide den Grabsteintyp ihres Meisters beherrschten.

Nun sind in den Jahren 1705 bis 1727 auf vier Grabsteinen drei verschiedene Signaturen verwendet, die sich an die Initialen GK anlehnen und daher, wie die Ausführungen von Cornelius nahelegen,93) der Werkstatt Koch zuzuordnen sind. Eine erscheint 1705 (S16, Kat.-Nr. 276) und wiederholt sich 1711, sie enthält vielleicht noch ein weiteres Zeichen, das wohl nicht als F gemeint ist, auch wenn es daran erinnert und mit „Fenstermacher“ oder „fecit“ auflösbar wäre. Lässt man dieses weitere Zeichen beiseite, bleibt genau die Signatur übrig, die 1722 benutzt wurde94) und nur zu Georg Koch II gehören kann; sie ist gebildet aus G und K mit Nexus litterarum. Dann hätte aber Georg II zwei Steinmetzzeichen, falls man nicht annehmen möchte, Georg I hätte im hohen Alter von etwa 70 Jahren noch gearbeitet und sein Steinmetzzeichen gewechselt. Nun ist zu bedenken, dass das Zeichen von 1705 recht kompliziert ist. Georg II könnte es also vereinfacht haben, zumal die Steinmetzsignaturen von 1727 (Kat.-Nr. 295) und die des Elias Hupfeld (Kat.-Nr. 285) nur aus Initialen bestehen.

4.6.3 Baumeister

Was die mit Inschrift versehenen Häuser des Bearbeitungsgebiets betrifft, sind von ihren Baumeistern anscheinend nur zwei namentlich bekannt, die mehr als einen Bau errichtet haben: Nikolaus Kaufunger und Hans Wetzel. Ob sie aber die Inschriften eigenhändig hergestellt haben, muss offenbleiben.

Zwei der Witzenhäuser Fachwerkbauten mit Inschrift hat der Baumeister Nikolaus Kaufunger 1572 errichtet (Kat.-Nrr. 59, 60). In der einen Inschrift nennt er sich mit diesem Namen, während die andere von BLUME KAUFFUNGER spricht. Man nimmt an, dass beide Personen identisch sind; den Namen Kauffunger soll der Baumeister bekommen haben, da er von dort stamme.95) Weitere Fachwerkhäuser werden ihm zugeschrieben, darunter das Meinhardsche Haus Ermschwerder Straße 4 (Kat.-Nr. 70).

Dem Meister Hans Wetzel, der nachweislich den Bau des Witzenhäuser Rathauses leitete und der zumindest einige Zeit in Witzenhausen wohnte, weist Eckhardt aufgrund stilistischer Merkmale weitere Witzenhäuser Bauten zu, u. a. das Haus Am Markt 7.96) Da es im Katalog erscheint (Kat.-Nr. 82), ist Hans Wetzel hier berücksichtigt. Der vielbeschäftigte und äußerst gefragte Baumeister stammte aus Birkenfelde, einer Ortschaft, die nördlich von Bad Sooden-Allendorf im Eichsfeld liegt.97) 1551 wurde er zum Werkmeister bei der Saline Allendorf bestellt.98) 1560 richteten Schwan und Kurt von Steinberg auf Bodenburg ein Gesuch an Landgraf Philipp und baten darum, ihnen zur Verbesserung ihres Salzwerkes zu [Druckseite LX] Salzdetfurth kurzfristig den Allendorfer Werkmeister Hans Wetzel zu überlassen.99) Am 26. Januar 1564 verlieh Philipp der Großmütige „unserm Werkmeister und lieben Getreuen Hansen Wetzeln ... unsere Behausung zu Witzenhausen in der Marktgasse gelegen“.100)

In demselben Jahr verlangte man aus Haina nach Wetzel zur Fertigstellung einer Blechschmiede,101) und die Stadt Magdeburg bat um Überlassung des Wasserbaumeisters Hans Wetzel zu Allendorf a. W. zur Wiedererbauung ihrer zerstörten Elbbrücke.102) Etwas später war er für Kurfürst August I. von Sachsen an den Solquellen in Auleben beschäftigt.103) Dort war es „nach jahrelangen ergebnislosen Bemühungen 1568 (gelungen), die Solquelle zu fassen und in zwei Siedehütten das erste Salz zu produzieren. Nach kurzer Zeit nahm der Salzgehalt der Brunnensole noch weiter ab. Der Kurfürst, enttäuscht darüber, dass der große Nutz- und Überschuss schon so lange ausgeblieben war, verdächtigte nunmehr den Leiter der Bauarbeiten, den hessischen Salinenfachmann Hans Wetzel, absichtlich die Salzgewinnung zu hintertreiben. Wetzel entwich heimlich vor dem Zorn des Kurfürsten in seine Heimatstadt Allendorf in der Landgrafenschaft Hessen-Kassel. Schon nach wenigen Monaten merkte Kurfürst August, dass er auf den fachkundigen Salinisten nicht verzichten konnte, und bat den Landgrafen, ihm diesen erneut zu schicken. Kurz darauf kam es allerdings zum endgültigen Bruch mit dem hessischen Baumeister. 1572 erließ Kurfürst August endlich den Befehl, das hoffnungslose Unternehmen einzustellen ...“

1570 legte Wetzel die Wasserleitung vom Balzersborn nach Sooden.104) 1571 und 1574 ist er als landgräflicher Baumeister in Kassel tätig.105) Zur selben Zeit war er in Allendorf mit Wiederherstellungsarbeiten an einer Brücke betraut, die 1573 abgeschlossen wurden.106) 1577 wurde er als Baugutachter angefordert.107) 1579 besaß er in Allendorf einen Garten, den er lebenslang ohne Zins frei gebrauchen durfte. Für seine Behausung gab er 2 f. Zins an das Kloster zum Annenberge zu Kassel.108) 1580 war Hans Wetzel als Mitarbeiter des Kasseler Baumeisters Hans Müller im Auftrage des Landgrafen Wilhelm in Bad Ems. Dort war er an der Planung eines neuen Bades beteiligt.109) 1581 gab es einen Schriftwechsel zwischen Landgraf Wilhelm IV. und Landgraf Georg von Hessen-Darmstadt über den Werkmeister Hans Wetzel und über eine Beteiligung an dem neuen Bergwerk im Amt Ludwigstein zu Hundelshausen.110) 1582 baute Wetzel in Allendorf die Wasserleitung vom Altenhain zum Marktbrunnen und in die Brauhäuser.111) Unter dem 16. Juni 1583 finden wir ihn in einem [Druckseite LXI] Rechenschaftsbericht über das landgräfliche Schloss in Eschwege.112) 1585 wird er zum Salzwerksbau nach Schmalkalden abgeordnet.113) 1589 bedankt sich Graf Friedrich zu Württemberg und Mümpelgart bei Landgraf Wilhelm IV. für die überlassenen Berghauer und bittet nochmals um Überlassung des Baumeisters Hans Wetzel.114) Auch beim Bau der Wilhelmsburg in Schmalkalden hat Wetzel mitgewirkt. Von dort hatte 1590 der Amtmann und Rentmeister über die fehlerhafte Anbringung eines Stützbalkens berichtet und den Baumeister Hans Wetzel angefordert.115) 1590 leitete er den Bau des Witzenhäuser Rathauses.116) 1591–1592 ersuchte der Rat zu Aschersleben um Verlängerung der Abordnung des Werkmeisters Hans Wetzel aus Allendorf bis zur Vollendung des Salzwerkes.117) Von dort holte man ihn jedoch wegen Hochwasserschäden nach Sooden zurück.

4.6.4 Marken an Häusern und Metallarbeiten (Gold-, Silber- und Zinnarbeiten)

Im Untersuchungsgebiet haben sich nur wenige Hausmarken erhalten; dagegen existieren mehrere Gold-, Silber- und Zinngegenstände meist aus dem 17. Jahrhundert, die mit Marken und Beschauzeichen versehen sind. Fünfmal erscheint als Beschauzeichen das Kleeblattwappen der Stadt Kassel (M12), einmal zusammen mit der Werkstattmarke des Johann Riess (M11), ein andermal mit der des Johann Jehner (M15). Aus Nürnberg stammen ein vergoldeter Kelch (M2) und zwei Zinnkannen (M17) sowie eine Schale (M6). Ein weiterer Kelch ist eine Arbeit des Göttinger Goldschmieds Rudolf Doven (M7). Noch nicht bestimmt sind die Zinnmarken M13, M14, M16, M18, M19 und M20 (GAS, CB, HA[.], W, IW, IWR). Auch der Allendorfer Goldschmied CEZ (M9) ist unbekannt. Dagegen gehört die Marke AK (M10) zum Allendorfer Goldschmied August Königsee, der 1655 für den Rat der Stadt einen Kelch und eine Patene anfertigte.

Zitationshinweis:

DI 87, Witzenhausen, Einleitung, 4. Die Inschriftenträger, ihre Typen, ihre Texte und ihre Sprache, ihre Hersteller (Edgar Siedschlag), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di087mz13e001.

  1. Vgl. DI 91 (Hersfeld-Rotenburg) XXX»
  2. In Allendorf sind weitere solche Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten. Sie sind nicht in den Katalog aufgenommen, weil bei zweien die Inschrift gänzlich verloren ist und der z. T. lesbare dritte erst dem 18. Jahrhundert angehört. »
  3. s. Zietz 275 unten rechts. »
  4. Entstehung und Entwicklung dieses Formulars sind regelmäßig Gegenstand der Einleitungen zu den DI-Bänden. Frühe Überlegungen stellten Fuchs, Katharinenkirche 139f., 150 und ders. in DI 71/2 (Trier II/2) 129 sowie Scholz 51f. an. »
  5. Dieser Sachverhalt ist aus der dünnen Überlieferung des Spätmittelalters zu erklären. Bei Inschriften mit Bezug zu Herstellungsdaten sieht das anders aus: Mehrfach wird nach dem Kirchenkalender datiert (feria tertia in pasca, Kat.-Nr. 1 / die Lamberti martyris, Kat.-Nr. 5 / feria iii post ascensionis Christi, Kat.- Nr. 8 / sequenti die sancti Urbani, Kat.-Nr. 9 / quarta feria post penthecosten und feria 4 post trinitatis, Kat.-Nr. 10 / die sancti Augustini, Kat.-Nr. 13 / in profesto sancti Iacobi apostoli, Kat.-Nr. 25 / Albani, Kat.-Nr. 27»
  6. Obwohl zeitlich weit auseinanderliegend, arbeiten beide Inschriften mit demselben Versatzstück: MOLLITER HIC RECUBANT»
  7. Man vergleiche die DI-Bände zu Nürnberg, Passau und etwa Krems. »
  8. Dazu sind die DI-Bände 60, 79 zum Rhein-Hunsrück-Kreis und 70f. zu Trier aufschlussreich. »
  9. s. Cornelius in Chronik Walburg 162. »
  10. s. Cornelius in Chronik Walburg 163f. mit Abb. der Vorderseite. »
  11. Den zumeist sommerlichen Gusstag anzugeben ist ein Phänomen, das in der weiteren Umgebung häufiger vorkommt als anderweitig, vgl. dazu DI 71/1 (Trier II/1) Nr. 384 mit Anm. 13 u. DI 66 (Lkr. Göttingen) 22»
  12. Vgl. zu zwei Phasen dieses Glockenformulars in DI 91 (Hersfeld-Rotenburg) XXXIV»
  13. Fritz 36. Die umfangreiche Sammlung präsentiert zwei Doppelseiten mit Kasseler Objekten, sonst wenig aus Hessen. Es zeigt sich immerhin die Abneigung der Reformierten gegen Bilder und die Bevorzugung des Wortes in langen Inschriften, heißt es doch 1631/32 abschließend UT CRESCAT DIVINI GLORIA VERBI, s. Fritz 458 zu Nr. 257. »
  14. Der Grundstein der Werrabrücke in Allendorf (Kat.-Nr. 69) liegt in einer Wiese nebenbei, stellt aber kein Flurdenkmal dar, weil er ursprünglich einen stromauf liegenden Brückenpfeiler oben abschloss. »
  15. Nicht berücksichtigt ist nachfolgend die Wendung Memento mori und ihre leichten Abwandlungen, die aus dem Register zu erfahren sind. »
  16. Kat.-Nr. 288: NECATUR UT VIVAT; Kat.-Nr. 300/G: POST FATA QUIESCIT / TOTA LAETA SUM; 303/D: SPLENDET POST NUBILA PHOEBUS / LAETAQUE SUBSTITUET TRISTIBUS IPSE DEUS»
  17. Dieses Phänomen auch 1695 beim Grabstein Hoffmann (Kat.-Nr. 252). Andere Belege sind Kat.-Nr. 276 zu DUGENTSAMMEN, Kat.-Nr. 305 zu BROD»
  18. s. DI 49 (Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau) Nr. 263, s. auch Kramm, Hofbildhauerwerkstätten 388f. »
  19. Anzeigetafel im Museum, vgl. Cornelius, Taufstein 108. »
  20. Über Herbers Biographie und Werke schreibt ausführlich Zimmermann, Herber 28ff.; leider geht er auf die Werke in Witzenhausen nicht ein; s. auch Knetsch, Bildhauerfamilie und Kramm, Herber und ders., Hofbildhauerwerkstätten. »
  21. Vgl. etwa DI 71/2 (Trier II/2) 140–143, 162–165 zu Hans Ruprecht Hoffmann und Konkurrenten. »
  22. Reyer, Witzenhausen 28. »
  23. Eckhardt, Bürgerbauten 18. »
  24. Zu Heinrich Kaps s. Knetsch, Baugeschichte 324f. Kaps starb 1582 in Kassel. »
  25. Auf sie hat Cornelius in Chronik Velmeden 362 aufmerksam gemacht und die Initialen gedeutet. »
  26. Zu den Daten der Familienmitglieder Koch vgl. Pforr 69f., 139, 203, 284f. »
  27. Vgl. Chronik Velmeden 360. »
  28. Die Grabsteine von 1711 und 1722 sind nicht in die Edition aufgenommen und nur in dem Beitrag von Cornelius in der Chronik Velmeden bearbeitet. »
  29. Zum Namen s. Eckhardt, Bürgerbauten 28. »
  30. Eckhardt, Bürgerbauten 24ff. Ob die Zuweisungen berechtigt und mit Wetzels anderen Tätigkeiten vereinbar sind, wird hier nicht untersucht. Vgl. auch zum Haus Kespermarkt 9 (Kat.-Nr. 115). »
  31. Reccius 196 Anm. 23. »
  32. HStAM Best. 55 a Nr. 1142. »
  33. HStAM Best. 55 a Nr. 1092. »
  34. Eckhardt, Bürgerhäuser 19ff. »
  35. HStAM Best. 55 a Nr. 74. »
  36. HStAM Best. 3 Nr. 2082: Akten des Landgrafen Philipp, des Kammerrats Simon Bing und des Landgrafen Wilhelm: Briefwechsel mit Ratmannen und Innungsmeistern der Altstadt Magdeburg, Herzog Heinrich von Braunschweig, zwischen Landgraf Philipp und Landgraf Wilhelm, Briefwechsel Bings mit Alexander Pflüger und Heinrich Merkel in Magdeburg. Enthält: 1564 Mai. Bitte der Stadt um Überlassung des Wasserbaumeisters Hans Wetzel zu Allendorf a. W. zur Wiedererbauung ihrer zerstörten Elbbrücke. »
  37. s. Emons 89. – In Auleben traf Rhenanus auf Wetzel, s. Reccius 166 zu S. 87a. »
  38. Reccius 196 Anm. 23. »
  39. Knetsch, Baugeschichte 323. »
  40. Reccius 196 Anm. 23. »
  41. HStAM Best. 4 f Staaten K Nr. Köln, Erzstift 9: Einholung eines Gutachtens des hessischen Zimmermeisters Hans Wetzel für einen vom Kurfürsten Salentin von Köln in Arnsburg beabsichtigten Bau, auch Anfertigung eines Modells (hangendes Dachwerk). »
  42. s. Salbuch von 1579, Eckhardt, Quellen Allendorf 407; 415. »
  43. s. https://www.uni-kassel.de/ub/ueber-uns/projekte/dfg-landgraf-moritz-online-praesentation/die-zeichnungen/orte-ausserhalb-hessens/bad-ems (Stand 11.4.2023). »
  44. HStAM Best. 55 a Nr. 2088. »
  45. Reccius 196 Anm. 23. »
  46. s. Eckhardt, Bürgerbauten 19. »
  47. HStAM Best. 55 a Nr. 1099. »
  48. HStAM Best. 55 a Nr. 496. Laufzeit 1589. »
  49. HStAM Best. 17 e Nr. Schmalkalden 100: Bericht des Amtmanns und Rentmeisters zu Schmalkalden über die fehlerhafte Anbringung eines Stützbalkens beim Bau der Wilhelmsburg sowie Anforderung des Baumeisters Hans Wetzel. Laufzeit 1590. »
  50. s. Reyer, Rathaus 26. »
  51. HStAM Best. 55 a Nr. 635: Gesuch des Rates zu Aschersleben um Verlängerung der Abordnung des Werkmeisters Hans Wetzel aus Allendorf bis zur Vollendung des Salzwerkes. Laufzeit 1591–1592. »