Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Stadt Halle an der Saale

Anhang 1: Die baugebundenen Inschriften des Stadtgottesackers

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 85 Anhang 1: Stadtgottesacker (2012)

A1, Nr. 24 Bogen 24 (1562)

Beschreibung

Bibelzitate (AA–AC), in zwei Textblöcken nebeneinander angeordnet; Stiftervermerk mit Widmung und Glaubensbekenntnis (C). Im Bogenscheitel ein Medaillon mit Vollwappen. Steinmetzzeichen am rechten Bogenzwickel1) und am Gebälk.2)

  1. AA

    WAR[LICH . WARLICH . I]CH . SAGE . EVCH . WER . AN . MICH . GLEVBT . DE[R . H]AT . DAS . EWIGE . LE[BEN] [– – –] . WERDE [I]Na) A[M] [– – –]GSTE / TAGE [– – –] WER . MEIN . WORT . HORET . VND . GLEVBT . DEM . DER . MICH . GESANDT . HAT . DER . HAT . DAS . EWIGE . LEBEN . VND . KUMBT . NICHT . INS . GERICHT SVNDERN . / EHR · IS[T . S]CHON . VOM . TODE · ZVM . LEBEN . HIN . DVRCH . GETRVNGEN . VND . WI[R]T. DEN . DOT . NICHT . SEHEN . EWIGKLICH . IOANb) : AM . 5 . VND . 8 . CAP . 3)

  2. AB

    [B]EATI . MORTVI . QVI . IN . DOMINO . MORIVNTVR . APOCA : 144)

  3. AC

    SIVE . ENIM . VIVIMVS . DOMINO . VIVIMVS SIVE . MORIMVR DOMINO / MORIMVR . SIVE . ERGO . VIVIMVS . SIVE . MORIMVR DOMINI SVMVS . RO(M) A(M)c) . 145)

  4. C (†)

    Zu Bekäntnüß der frölichen Aufferstehung und zu Gedächtnüß ihres Geschlechts haben die Erbaren Lucas Christoph Daniel Jonas Hans Samuel und Philipp die Ockel Brüder und Vetter diesen 14. Bogen verfertigen lassen. Anno Domini 1532.d)

Übersetzung:

AB Selig sind die Toten, die im Herrn gestorben sind. (...)

AC Sei es denn, daß wir leben – wir leben dem Herrn; sei es, daß wir sterben – wir sterben dem Herrn. Ob wir also leben oder ob wir sterben, wir sind des Herrn. (...)

Wappen:
Ockel (?)6)

Kommentar

Als Worttrenner stehen in A auf der Grundlinie Dreiecke. Die Ausführung der Inschriften ist von mäßiger handwerklicher Qualität.

Die in C genannten Stifter sind die Söhne Andreas (nämlich Philipp) und Gregor Ockels (alle übrigen Söhne), zweier Brüder, die 1554 bzw. 1543 gestorben waren.7) Wenn die Brüder und Vettern stets so geschlossen aufgetreten waren wie in der Inschrift des Schwibbogens, dann hatten sie zweifellos einen erheblichen Einfluß auf die städtische Politik ihrer Zeit genommen. Viele von ihnen waren Talbeamte und fast alle Ratsmitglieder; von 1573 bis 1582 war die Familie sogar ununterbrochen durch die inschriftlich Genannten im sitzenden Rat vertreten. Der 1554 gewählte Ratsverwandte Lukas Ockel hat die Vollendung des Bogens nicht mehr erlebt. Er starb schon 1561.8) Jonas (1530–1596) war 1557 und 1561 Talvorsteher, von 1566 bis 1580 fünfmal Oberbornmeister und von 1575 bis 1581 Ratsverwandter.9) Unsicherheit besteht bei der Identifizierung des bei Dreyhaupt verzeichneten Hans/Johann (1537–1616) mit den aktenkundigen Amtsinhabern: Ein Hans Ockel war zwischen 1567 und 1579 und wiederum von 1593 bis 1611 Ratsverwandter. Die lange Unterbrechung der Amtszeit weist auf zwei namensgleiche Amtsträger hin. Der zuletzt amtierende oder ein anderer Hans Ockel wirkte von 1598 bis 1610 als Oberbornmeister.10) Der Gerichtsnotar Samuel (1541–1589) hat allem Anschein nach seine Ämter früh aufgegeben. Von 1571 an war er Talschöffe und Ratsverwandter bis 1576 bzw. bis 1574.11) Über Christoph (1525–1564)12) ist bislang nichts weiter bekannt; Daniel und Philipp Ockel werden in Zusammenhang mit anderen Inschriften vorgestellt (s. Nr. 195, 481).

Textkritischer Apparat

  1. IN] Ergänzung unsicher.
  2. IOAN] Der erste Buchstabe überhöht.
  3. ROM AM] Die Vokale ohne Abstand gesetzt und ein Kürzungsstrich darüber geschrieben.
  4. 1532.] Sic! Für 1562.

Anmerkungen

  1. Siehe Anhang 2, Nr. 15.
  2. Ebd., Nr. 15, 35, 38, 39.
  3. Jh 5,24, 6,54 (?), 8,51.
  4. Apc 14,13.
  5. Rm 14,8.
  6. Drei schwebende Balken mit verbreiterten Enden; Hz.: offener Flug. Bei Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, Taf. XXVIII jedoch ein anderes Wappen.
  7. Dreyhaupt 2, 1750, Beylage B, S. 104 f. („Geschlechts-Register derer Ockel“, „Continuatio I. des Ockelischen Geschlechts-Registers“).
  8. StAH H B 2, S. 79 f., 82; ebd., fol. 86r.
  9. Ebd., S. 89, 91 f.; ebd., fol. 85v, 86v, 87v, 89r/v, 90v, 91r; Dreyhaupt 1, 1749, Beylage A, S. 89. Auffällig ist das nahezu gleichzeitige Ausscheiden aus seinen Ämtern anderthalb Jahrzehnte vor seinem Tod.
  10. StAH H B 2, S. 85, 87 f., 90 f., 98, 100 f., 103 f., 106 f.; ebd., fol. 95v, 96v, 97r, 98r/v; Dreyhaupt 1, 1749, Beylage A, S. 89 f.
  11. StAH H B 2, S. 87, 89; ebd., fol. 89r/v, 90r.
  12. Das Todesjahr bei Hünicken 14, 1938, S. 293.

Zitierhinweis:
DI 85 Anhang 1, Stadtgottesacker, A1, Nr. 24 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di085l004a1002405.