Inschriftenkatalog: Stadt Freising

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 69: Stadt Freising (2010)

Nr. 103 Domkreuzgang Vor 1461

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Domherrn Nikolaus Schlegel von Nikolsburg. Im Südflügel im sechsten Joch an der Südwand. Ursprünglich in der Benediktuskirche im Boden des Chors1), seit 1716 am heutigen Standort. Adneter Kalkstein. Erhaben gearbeitete Umschrift zwischen zwei Leisten, nach innen gerichtet (I). Im Mittelfeld unter einem Fünfpaßbogen aus Maßwerk Darstellung des Verstorbenen im Meßgewand, auf dem Kopf ein Birett, in der Linken ein Kelch, die Rechte darüber segnend erhoben; am Kragen des Amikts eine erhaben gearbeitete Schrift (II). In den unteren beiden Ecken der Platte Wappenmedaillons, die Schriftleiste unterbrechend. Leicht abgetreten.

Maße: H. 191 cm, B. 110 cm, Bu. 8,5 cm (I), 3 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    Anno · d(omi)nj · mo · cccco 〈· lxi ·〉 / obyta) · ven(erabi)lisb) · vir · d(omi)n(u)s · Nicola(us) · Sleg(e)l · Cano(n)ic(us) · eccl(es)iec) // fris(ingensis) · ac · Rectorc) · // ecc(les)ie · p(ar)rochialisd) · i(n) · Trostperg 〈· octaua · Noue(m)brise) ·〉

  2. II.

    [ave] // ma[ri]af)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1461 starb der ehrwürdige Mann Herr Nikolaus Schlegel, Kanoniker der Freisinger Kirche und Rektor der Pfarrkirche in Trostberg, am achten November. (I)

Gegrüßet seist du, Maria. (II)

Wappen:
Schlegel2), Unbekannt3).

Kommentar

Die Grabplatte wird von Volker Liedke der Münchner Werkstätte der Haldner zugewiesen4). Die Gestalt des Verstorbenen fällt im Vergleich mit den Werken der Haldner-Werkstatt jedoch schmaler und gestreckter aus, was am Faltenwurf des Gewandes und an den schmalen, langen Händen deutlich wird. Dagegen zeigen sich weitaus mehr Parallelen zur Grabplatte des Johannes Türndl von Schalldorf (Nr. 101). Zu den Schriftformen s. Einleitung XCIXf.

Nikolaus Schlegel von Nikolsburg erhielt 1423 ein Kanonikat in Freising5), das ihm Papst Eugen IV. 1431 wieder entzog, weil er trotz Exkommunikation weiterhin liturgische Feiern zelebrierte6). 1451 erscheint er jedoch wieder als Freisinger Domherr7) und war vor seinem Tod 1461 laut Inschrift auch Pfarrer in Trostberg8). Im Stiftungskalender der Freisinger Domkirche ist unter dem 20. September ein Jahrtag für Nikolaus Schlegel verzeichnet9), ebenso veranlaßte er Meßstiftungen nach St. Veit10).

Über der Platte befindet sich eine gemalte Tafel mit Inschrift von 1716, die voraussichtlich 2011 nach Befund und kopialer Überlieferung erneuert wird: NICOLAVS SLEGL CAN(ONICVS) O(BIIT) A(NN)O 1461. / 8 NOVEM(BRIS)11).

Außerdem gab es in der Benediktuskirche eine quadratische Bodenplatte aus der Zeit von Bischof Eckher mit der Inschrift: Nicolaus Schlögl Can(onicus) O(biit) 8. Nov(embris) 146112). Diese Platte ging spätestens im Zuge der Bodenerneuerung 1830 verloren.

Textkritischer Apparat

  1. Vorangestelltes Zeichen in Form eines nach unten weisenden Hammers (Schlegel).
  2. lis hochgestellt.
  3. Nachfolgend Unterbrechung durch Wappenmedaillon.
  4. lis hochgestellt.
  5. Worttrennzeichen paragraphenförmig.
  6. Die Inschrift auf beide Kragenseiten verteilt.

Anmerkungen

  1. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 52r.
  2. Gespalten, vorn zwei Schräglinksbalken, hinten ein linkshalber Adler.
  3. Fünfmal geteilt, darüber ein Rautenkranz.
  4. Liedke, Haldner 24-26, 165.
  5. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 52r.
  6. Der Grund für seine Exkommunikation ist nicht bekannt, s. Repertorium Germanicum I 36 Nr. 172; Schlecht, Inschriften III 60.
  7. Meichelbeck, Historia Frisingensis II,2 286 Nr. 351.
  8. Vgl. Geiß, Trostberg 217, 247; Trostberg, Lkr. Traunstein.
  9. BayHStA HL Freising Nr. 569 p. 49b; BayHStA HL Freising Nr. 570 fol. 29r; MGH Necrologia III Liber Oblagiorum 94; Boegl, Jahrtagsverzeichnis 5.
  10. BayHStA KL Freising – St. Veit Nr. 62 fol. 18v, 27v.
  11. Vgl. AEM H 482a p. 833; AEM H 64 p. 613; AEM H 465 fol. 226v.
  12. BSB Oefeleana 10 IV p. 208; die Platte wird noch 1794 erwähnt, s. BayHStA HL 3 Fasz. 155/15.

Nachweise

  1. BSB Cgm 1716 Catalogus Canonicorum fol. 52r; BSB Oefeleana 10 IV p. 96; BSB Cgm 1717 p. 807; AEM H 482a p. 833; BSB Cgm 1718 1 nach p. 410; AEM H 76 p. 331; HVO Ms. 318 fol. 57r; AEM H 61 p. 197; AEM H 465 fol. 226v, Appendix fol. 7v; HVO Geissiana 454 p. 8 Nr. 54; Geiß, Trostberg 217; Schlecht, Inschriften III 59f. Nr. 20; Liedke, Haldner 25, 165; Glaser, Grabsteinbuch 339 Nr. 108.

Zitierhinweis:
DI 69, Stadt Freising, Nr. 103 (Ingo Seufert), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di069m012k0010304.