Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 594† Domkirche, Nordchor 1627

Beschreibung

Inschriften am ehemaligen St. Stephans-Altar im Nordchor; Cranner überliefert die 26-zeilige Inschrift I auf der linken Seite, also im Norden, und die 28-zeilige Inschrift II auf der rechten Seite. Die Zeilenumbrüche wurden nach der Transkription Cranners übernommen1).

Text nach Cranner.

  1. I.

    D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / Deiparae maximae Matri, maximae Virgini / Divo Protomartyri Stephano, / in cujus saxum aedem anno DCCXC episcopalem suam sedem / Adalwinus ex Divi Em(m)erami migravit; / D(ivinis)a) Coelitibus / quorum arae pie olim, sed sine lege positae, pie et ex / formula exornandae ecclesiae cesserunt, ad honorem, / piis deinde subnotorum altarium fundatoribus / Henrico II Episcopo, qui aram D(ivinae) Barbarae V(irginis) M(artyris), / Georgio Prennero D(omino) Canonico, qui S(ancti)S(imae) Trinitatis, / Nicolao de Redwitz Canonico, qui S(anctorum)b) Sebastiani, Luciae et Dionys(ii) / Caspari Kantnero D(omino) Canonico, qui Transfigurationis Domini, / et S(anctorum)c) Crispini et Crispiniani M(artyrum)d) / Conrado Sinzenhofero Canonico, qui S(ancti) Bartholomei Apostoli, / caeterisque / qui S(ancti) Thomae, Trium Regum, S(anctorum)c) Georgii, Mauritii, Pantaleo/nis et Aegidii aras soli nunc Deo cognita liberalitate fundarunt, / ad perennem devoti affectus, piaeque munificentiae memoriam, / sibi denique / per bona opera (non per solam fidem)e) vocationem suam / et electionem certam facere satagenti ad aeternam salutem / lethi memor hanc aram condidit, / ipsisque S(ancti) Stephani feriis eidem devote dicavit / Albertus IV Comes de Toering Episcopus ratisbonensis, sacri / rom(ani) imperii Princeps anno M.DC.XXVII.

  2. II.

    Siste viator et disce. / Hanc qui Deo, Divisque statuit aram / non omnem in ea consumsit liberalitatem, / ut cum Deo inter Coelites viveret, / Deum et Coelites, cum viveret, munifica sollicitus manu / multimode ac permagno sumptu, eoque ex haereditario / asse collecto est veneratus. / Turres principe campana tectoque, Sacrarium vestitu precioso, / sacris D(ivini) Justini lipsanis, praegrandibus ex aere candelabris, / locupletavit. / chorum geminis his aris S(anctis) Stephano et Andreae sacris / cinxit. / Eundem marmoreis aperuit gradibus, fabraque sumtuose / cancellatum clausit transenna. Parietes nobili utrinque / penicillo: fornicem concameratione ad chorum producta, co-/lumnarum epistylia, parietumque projecturas basilico distinxit / auro, atque ita te quoque Divos colere, et tua de Sub-/stantia Deum honorare vivus docuit. / Nam aurum testamentarium, haeredi quidem aurum Deo prope / est scoria. Invita illud erogat manus, retentura, nisi mors / fecisset liberalem, cui gratiam, qui accipit, debet. / Sane cum nostri esse desinimus, non nostra sed aliena damus. / I licet Viator, / et tam luculento doctus exemplo praemitte opes ad supre-/mum puteal, sequeris expeditior, ditior, laetior. / Ita pollicetur sibique, tibique / Albertus IV Comes de Toering Episcopus ratisbonensis Sacri rom(ani) / Imperii Princeps hujus arae munificentissimus fundator.

Übersetzung:

Gott, dem Allmächtigen und Allgütigen. – Der Mutter Gottes, der größten Mutter (und zugleich) größten Jungfrau, dem Heiligen Stephan, dem Ersten Märtyrer, auf dessen heiligen Felsen Adalwin2) im Jahre 790 seinen Bischofssitz von St. Emmeram herverlegt hat, den Heiligen und Himmlischen (Engeln), deren einst in frommer Absicht, aber ohne rechtliche Genehmigung errichtete Altäre der in frommer Gesinnung und vorschriftsmäßig vorgenommenen Verschönerung der Kirche haben weichen müssen, zu Ehren; sodann den frommen Stiftern der unten verzeichneten Altäre, (nämlich) Bischof Heinrich II.3), der den Altar der heiligen jungfräulichen Märtyrerin Barbara, Herrn Kanonikus Georg Prenner4), der den der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, dem Kanonikus Nikolaus von Redwitz5), der den der Heiligen Sebastian, Lucia und Dionisius, dem Herrn Kanonikus Kaspar Kantner6), der den der Verklärung des Herren und den der heiligen Märtyrer Krispin und Krispinian, dem Kanonikus Konrad Sinzenhofer7), der den des heiligen Apostels Bartholomäus, und den anderen (Herren), die die Altäre des Hl. Thomas, der (Hl.) Drei Könige und der Heiligen Georg, Moritz, Pantaleon und Egid mit einer Freigebigkeit, die jetzt nur (noch) Gott allein bekannt ist, gestiftet haben, zur unvergänglichen Erinnerung an ihre (Gott) ergebene Gesinnung und fromme Großzügigkeit; schließlich sich selbst im Bemühen, seine Berufung und Erwählung zum ewigen Heile durch gute Worte – nicht durch den Glauben allein – zu sichern, hat Albert IV. Graf von Törring, Bischof von Regensburg, Fürst des Heiligen Römischen Reiches, im Jahre 1627, des Todes eingedenk, diesen Altar gegründet und am Festtag des Hl. Stephan eben diesem (Heiligen) in Ehrerbietung geweiht. (I)

Bleibe stehen, Wanderer, und lasse dir sagen: Der (Mann), der Gott und den Heiligen gestiftet hat, hat seine Freigebigkeit nicht zur Gänze darin erschöpft, (sondern,) um (dereinst) inmitten der Himmlischen bei Gott leben zu dürfen, Gott und die Himmlischen mit großzügiger Hand auf vielerlei Weise unter sehr großem Aufwand, namentlich aus seinem ererbten Vermögen, eifrig verehrt. Die Türme hat er mit der größten Glocke8) und einem Dache, das Gotteshaus (selbst) mit wertvoller Gewandung, heiligen Reliquien des Hl. Justin und riesigen ehernen Leuchtern ausstatten lassen. Dem Chor(raum) hat er mit dem hier stehenden Paar gleicher Altäre, dem des Hl. Stephan und dem des Hl. Andreas, rahmen lassen; auch hat er ihn (den Chorraum) mit marmornen Stufen zugänglich machen und mit einer aufwändig gefertigten Chorschranke abschließen lassen. Die Wände hat er auf beiden Seiten mit erlesenem Pinsel (bemalen lassen); das Gewölbe – die Bögen erstrecken sich ja bis in den Chor(raum) - , die Verbindung zwischen den Pfeilern und die Wandvorsprünge hat er mit königlichem Gold schmücken lassen; und so hat er zu Lebzeiten auch dich gelehrt, die Heiligen zu verehren und Gott aus deinem Vermögen zu verherrlichen. Denn vererbliches Gold mag zwar für den Erben Gold sein: für Gott ist es fast nur Schlacke. Nur widerwillig gibt es die Hand aus, noch im Begriffe, es zurückzuhalten, wenn sie nicht der Tod Freigebig gemacht hätte: Ihm ist der Empfänger zu Dank verpflichtet. – Nun gehe deines Weges, Wanderer, und schicke, von einem so leuchtendem Vorbild belehrt, deine Schätze in den letzten Brunnen voraus: Dann wirst du (ihnen) leichter, reicher, froher folgen. So verheißt sich und dir Albert IV. Graf von Törring, Bischof von Regensburg, Fürst des Heiligen Römischen Reiches, dieses Altares höchst großzügiger Stifter. (II)

Datum: 1627 Dezember 26.

Kommentar

Bischof Albert IV. von Törring (s. Kat.-Nr. 619) stiftete diesen Altar, dessen Weihe am 26. Dezember 1627 stattfand, als Pendant zum ebenfalls von ihm errichteten St.-Andreas-Altar (s. Kat.-Nr. 589 †); dafür wurden drei ältere Altäre abgebrochen, nämlich die zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit, des Hl. Sebastian und der Hll. Crispin und Crispinian. Im Zuge der Purifizierung im 19. Jahrhundert entfernte man beide barocken Altäre und verbrachte sie in die Regensburger Karmelitenkirche. Im Dom wurde der spätgotische Baldachinaltar, der ursprünglich der Hl. Ursula und danach dem Hl. Hieronymus geweiht war, vom vierten südlichen Langhauspfeiler in den Nordchor transferiert; heute ist er den Hl. Drei Königen geweiht9). Albert IV. stiftete für den St. Stephans-Altar und den St. Andreas-Altar im Südchor für 1400 fl. je eine Lampe mit dem Ewigen Licht10).

Textkritischer Apparat

  1. DD. als Pluralkürzung.
  2. Cranner überliefert SSS als Kürzung für die drei Heiligen.
  3. SS. als Pluralkürzung.
  4. MM. als Pluralkürzung.
  5. Diese Klammern im Text.

Anmerkungen

  1. Cranner 29-31; Hübner, Barocke Ausstattung 33f.
  2. Adalwin, Bischof von Regensburg (791/92-816/17), s. Hausberger, Geschichte I, 34f.
  3. Bischof Heinrich von Rotteneck s. DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) Kat.-Nr. 15 †.
  4. Georg Prenner s. Kat.-Nr. 435.
  5. Nikolaus von Redwitz s. DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) Kat.-Nr. 233.
  6. Kaspar Kantner s. Kat.-Nr. 371 †.
  7. Konrad von Sinzenhofen DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) Kat.-Nr. 298 †.
  8. Bei dieser Glocke handelt es sich um die Kleine Fürstin (s. Kat.-Nr. 577), die 1615/1616 gegossen wurde.
  9. Loers, Barockausstattung 234; Wellnhofer, Drei Altäre aus dem Regensburger Dom 117; Hübner, Barocke Ausstattung 30; diese drei Altäre waren ursprünglich der Hl. Barbara, der Hl. Dreifaltigkeit und den Hll. Sebastian, Lucia und Dionysius geweiht, vgl. DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) XXIVf.
  10. Schuegraf, Dom II, 33 (Anm. 59).

Nachweise

  1. Zirngibl, Epitaphia 9f. (Zuordnung zum Geburtsaltar); Cranner 29-31; Ried, Collectio 9r, v (Zuordnung zum Geburtsaltar im Südchor); Schuegraf, Dom I, 130 (Inschrift I); Sammlung Resch 308 (Inschrift I); Hübner, Barocke Ausstattung 33f.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 594† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0059409.