Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 558† Domkirche, nördlicher Seitenchor 1593

Beschreibung

Grabschrift für Bartholomäus Vischer aus rotem Marmor, ehemals beim Hl. Kreuz-Altar im südlichen Seitenschiff im Boden1), nach Cranner später außerhalb des Gitters beim St. Stephans-Altar im nördlichen Seitenchor2). Nach der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch3) handelte es sich um eine Grabplatte mit ornamentiertem Rahmen. In der oberen Hälfte befand sich eine 14-zeilige Inschrift (I) in Kapitalis, darunter ein querrechteckiges Feld mit dem Vollwappen des Klerikers, flankiert von zwei Engeln als Wappenhalter. Darunter eine weitere zweizeilige Inschrift (II).

Text nach Cranner.

  1. I.

    D(eo) O(ptimo) M(aximo) Ut moriens viveret, vixit ut moriturus sobrie juste pie Bartholomaeus Vischerus bojus S(acro)S(anctae) Theologiae Doctor, Protonotarius apostolicus. Cum huius sacrae aedis Decanus annos complures fuisset, eiusque sacrarii patrimonium pie ac sancte auxisset decorassetque, sepulchrum hoc vivens elegit, et in eo vita functus condi maluit. Vixit annos XLV. obiit reparatae salutis anno MDXCIII. XV calendas octobris.

  2. II.

    quisquis me nunc calcas vivus, cogita si sapis, idem mox futurum tibi.

Übersetzung:

Gott, dem Allmächtigen und Allgütigen. Um im Tode zu leben, hat er (so) gelebt, wie jemand, der sich des kommenden Todes bewusst ist, (eben) lebt: Nüchtern, gerecht, fromm. – Bartholomäus Vischer, Baier, Doktor der hochheiligen Theologie, apostolischer Protonotar. Nachdem er mehrere Jahre an dieser geweihten Einrichtung (Domkapitel) Dekan gewesen war und das Vermögen ihrer Schatzkammer pflichtgetreu und gewissenhaft vermehrt und vergrößert hatte, wählte er sich (noch) zu Lebzeiten dieses Grab aus, (denn) er wollte nach seinem Tode gerne in ihm bestattet werden. – Er lebte 45 Jahre; am 17. Dezember des Jahres 1593 (nach) der Wiedergewinnung des Heiles ist er gestorben. (I) Wer auch immer du sein magst, der du nun lebend auf mich trittst: Bedenke, wenn du weise bist, dass dich (schon) in naher Zukunft ein gleiches erwartet. (II)

Datum: 1593 September 17.

Wappen:
Vischer4).

Kommentar

Bartholomäus wurde 1548 als Sohn des bayrisch-herzoglichen Amtmanns Albert Vischer in Schloss Eck bei Deggendorf/NB. geboren. Er ging in Straubing und Deggendorf zur Schule. 1568 immatrikulierte er sich an der Artistenfakultät in Ingolstadt. Am Collegium Germanicum in Rom, das er seit 1573 besuchte, erwarb er 1576 den Titel eines Licenciatus der Theologie. Im Jahr 1577 nach der Feier der Primiz wurde er in Ingolstadt Administrator des Collegium Georgianum, Professor für Moral an der Universität5) und zugleich auch Pfarrer von St. Moritz. 1577/78 stieg er zum Vizerektor auf und wurde 1578 vierter Rektor der Universität Ingolstadt. Im Jahr 1579 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. Als Dekan der Theologischen Fakultät hatte er im Jahre 1580 zum zweiten Mal das Prorektorat inne. Zudem war er Protonotar des päpstlichen Stuhles. 1584 wurde er Generalvikar in Regensburg, wo er 1574 das Kanonikat am Domkapitel erhalten hatte. Er wurde am 14. August 1584 zum Domdekan und Vertreter des Domkapitels gewählt6). Wegen der Minderjährigkeit des Bischofs Philipp Wilhelm (s. Kat.-Nr. 562) leitete er neben anderen Geistlichen das Regensburger Bistum7). Bartholomäus Vischer unterstützte die ersten Jesuiten, die nach Regensburg kamen und versorgte sie ein Jahr lang mit allem Nötigen. Im Alter von 44 Jahren starb er8).

Anmerkungen

  1. Eppinger 5; Zirngibl, Epitaphia 45; Ried, Collectio 23r; zu den Altären s. DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) XXIV.
  2. Bernclau, Episcopatus 207: Sepultus in aede Cathedralis extra cratis altaris S. Stephani; Cranner 78; Freytag/Hecht 52.
  3. ABAdW, Grabsteinbuch 87. Der Text der Inschrift wird nach Cranner wiedergegeben, da dieser erfahrungsgemäß der zuverlässigere Kopist ist.
  4. Si4 187; Leoprechting 129.
  5. Seifert Arno, Die Universität Ingolstadt im 15. und 16. Jahrhundert 357f.; Vischer hatte die im Jahre 1580 erschienen Annales Ingolstadiensis academiae lizensiert und beurteilt.
  6. Biographische Daten zusammengefasst nach Biographisches Lexikon 455f. mit umfangreicher Literatur; Mayer, Thesaurus II, 101, III, 132-134; Bernclau, Episcopatus 207; Paricius, Nachricht 32, 58; Cranner 78; Steinhuber, Kollegium Germanikum 304f.; Schmidt, Collegium Germanicum 311; Freytag/Hecht 52; Ries, Generalschematismus 29; Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 17; Kausch, Geschichte der theologischen Fakultät Ingolstadt 46; Hausberger, Die kirchlichen Träger der katholischen Reform 117.
  7. Hausberger, Geschichte I, 327.
  8. Steinhuber, Kollegium Germanikum 305.

Nachweise

  1. Eppinger 5; Bernclau, Episcopatus 207f.; Zirngibl, Epitaphia 45; ABAdW, Grabsteinbuch 87; Cranner 78; Ried, Collectio 23r.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 558† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0055801.