Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 280† Teuchern, St. Georgii 1650

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

„Große“ Glocke (Schlagton f’),1) 1942 zur Kriegsverwendung abgeliefert.2) Auf der Haube drei Stege. An der Schulter eine historische Nachricht, ein Stiftungsvermerk und ein Segenswunsch (A), von Stegen eingefaßt. Darüber und darunter ornamentale Friese. Auf der Flanke nebeneinander zwei Vollwappen mit Wappenbeischriften (B). Neben und unter den Wappenbeischriften je eine Rosette. Inschrift C (mit Namen) befand sich vermutlich auf dem gegenüberliegenden Abschnitt der Flanke. Am Wolm drei breite Stege mit Fries; am äußeren Rand zwei Stege, dazwischen der Gießervermerk (D) in Form einer Glockenrede. Ein großer Teil der Schriftzeile allerdings von einigen, in großen Abständen gesetzten Ornamenten eingenommen. Sämtliche Inschriften erhaben.

Nach Fotografie, ergänzt nach Büttner.3)

Maße: D.: 114 cm.4)

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    IM MDC VND L [IAHR,AM OSTERDIENSTAGE, MERCKET KLAR,IST DER THVRM DIESER ORTENSAMT DEN GLOCKEN] ZU NICHT WORDEN ·DOCH / SO WOLLN WIR [FVERa) ALLENVNSERM GOTT ZV FVSSE FALLEN,DASSb) ER VNS HINFORT NICHT MEHR STRAFFET]ALSO SEHR STIFFTN NVN ALS / KIRCHEN GLIEDE[RSOLCHE GLOCKEN FORTHIN WIEDERGOTT ZV EHREN, DER KIRCHEN VND GEMEIN,GOTT] DER WOLL IHR SCHVTZHERR SEIN

  2. B

    CASPAHRRc) VON / BERLEPS COLLA/TOR // MARGARETHA VON BER/LEPSCH GEBORNE VON / WOLFFERSDORFd)

  3. C

    [HERR JOHANN BLVMENAVER, PFARRHERR. JACOBVS HILPERT,RICHTER, VND MELCHIOR BRAVER, DAMALS VERORDNETEBAVHERREN, HANSSe) HAVPT VND CHRISTOPH WARTMANN,DIESER ZEIT VERORDNETE KIRCHVAETERf)]

  4. D

    DVRCHS [FEVER BIN ICH GEFLOSSEN,PETER STENGEL IN LEIPZIG HAT MICH GEGOSSEN, 1650]

Versmaß: Zehn (Zeile 1 bis 6 und 8 bis 11 von A) bzw. zwei deutsche Reimverse (D).

Wappen:
Berlepsch5)Wolffersdorff6)

Kommentar

Die Buchstaben sind schmucklos, mitunter etwas unregelmäßig gebildet und gelegentlich nach links geneigt. Die Anfangsbuchstaben der Vor- und Familiennamen in B sind deutlich überhöht. Am Ende der ersten Zeile von A ist ein Ornament (Engelsköpfchen?), am Ende der zweiten und dritten Zeile stehen Rosetten.

Die historische Nachricht bezieht sich auf den Einsturz des Westturms der Kirche am 16. April 1650,7) durch den ein Neuguß der Glocke notwendig wurde. Da man den Turm nicht wiederherstellte, hängen die Kirchenglocken seitdem in einem Glockenhaus oberhalb der Kirche.

Caspar von Berlepsch war als Alleinerbe des Teucherner Gutes (seit 1628) Patronatsherr der Kirche. Als COLLATOR besaß er das Recht, die Pfarrei zu verleihen. 1625 heiratete er Margaretha von Wolffersdorff; 1654 ist er verstorben.8) Der Pfarrer Johann Blumenauer wirkte von 1645 bis 1677 (?) in Teuchern.9) Peter Stengel I wurde 1638 in Leipzig eingebürgert und ist als Glockengießer zwischen 1643 und 1657 nachgewiesen.10) Über die anderen Personen ist nichts bekannt. Jacobus Hilpert war als (Stadt-?)Richter sicherlich Mitglied des Stadtrats und zusammen mit Melchior Brauer wohl vom Stadtrat zur Bauaufsicht bestellt.

Textkritischer Apparat

  1. FVER] für Büttner; Schreibung in Großbuchstaben unklar.
  2. DASS] Daß Büttner; Schreibung in Großbuchstaben unklar.
  3. CASPAHRR] Der letzte Buchstabe spiegelverkehrt.
  4. WOLFFERSDORF] Der letzte Buchstabe möglicherweise auch verdoppelt.
  5. HANSS] Hanß Büttner; Schreibung in Großbuchstaben unklar.
  6. KIRCHVAETER] Kirchväter Büttner. Schreibung in Großbuchstaben unklar.

Anmerkungen

  1. Neumann 1928, o. S.
  2. Ablieferungsliste für das Glockenlager Hamburg 1942, o. S.
  3. Die Schreibung Büttners wurde beibehalten, dessen Schrift aber durch die fotografisch belegte Schriftform ersetzt.
  4. In BKD Prov. Sachsen 3, S. 60 f. und auf der Fotografie angegeben.
  5. In Analogie zu Nr. 231 vermutlich: Siebmacher II, 3, Taf. 6; VI, 13, Taf. 25.
  6. Siebmacher II, 3, Taf. 61; III, 2, Taf. 496.
  7. Büttner, Teil 1, S. 236; Dehio 1999, S. 813.
  8. Langenkamp 1942, S. 77–79. Nach König 2, 1729, S. 123 starb Caspar von Berlepsch schon 1652. Margaretha war eine Tochter Gottfrieds von Wolffersdorff (Wolffersdorff 1968, S. 82; zu Gottfried vgl. Nr. 238).
  9. Dietmann 3, 1754, S. 1114. Er ist wahrscheinlich identisch mit dem aus Lissen (Burgenlandkreis) stammenden Johann Blumenauer, der 1631 in Leipzig und 1636 in Jena immatrikuliert wurde (Matrikel Leipzig 4, S. 36; Matrikel Jena, S. 24, 467).
  10. Thieme/Becker 31, 1937, S. 589. Bei Otte 1884, S. 211 und Walter 1913, S. 882 wird die Glocke in Teuchern irrtümlich seinem Nachfolger Peter Stengel II zugeschrieben, der aber erst 1678 das Leipziger Bürgerrecht erhielt und erst seit etwa 1681 als Glockengießer nachweisbar ist (Thieme/Becker ebd.).

Nachweise

  1. Fotografie im Glockenarchiv des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, Halle.
  2. Büttner, Teil 1, S. 236.
  3. Otto 1796, S. 248 f. (in zeitgenössischer Gepflogenheit angepaßter Schreibweise).
  4. BKD Prov. Sachsen 3, S. 60 f. (nur A in einer zeitgenössischer Gepflogenheit angepaßten Schreibweise).
  5. Langenkamp 1942, S. 106 (A in einer zeitgenössischer Gepflogenheit angepaßten Schreibweise, B und C nur paraphrasierend, ohne D).
Addenda & Corrigenda (Stand: 21. Mai 2014):

  1. A

    IM MDC VND L [IAHR, AM OSTERDIENSTAGE, MERCKET KLAR, IST DER THVRM DIESER ORTEN SAMT DEN GLOCKEN] ZV NICHT WORDEN · DOCH / SO WOLLN WIR [FVERa) ALLEN VNSERM GOTT ZV FVSSE FALLEN, DASSb) ER VNS HINFORT NICHT MEHR STRAFFET] ALSO SEHR STIFFTN NVN ALS / KIRCHEN GLIEDE[R SOLCHE GLOCKEN FORTHIN WIEDER GOTT ZV EHREN, DER KIRCHEN VND GEMEIN, GOTT] DER WOLL IHR SCHVTZHERR SEIN

Versmaß: Zwölf (A) bzw. zwei deutsche Reimverse (D).

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 280† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0028008.