Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)

Nr. 244† Weißenfels, Klosterkirche † 1620

Beschreibung

Steinerne Grabplatte für Johann Meißner mit biographischen Angaben und Setzungsvermerk (A) und einem eingelassenen „Messingen Blatte“ mit Sterbevermerk und Grabbezeugung sowie einem Bibelzitat und der Jahresangabe (B), einst nahe dem Altar im Chor der Klosterkirche gelegen,1) spätestens bei Abbruch der Klosterkirche 1882–1884 verlorengegangen. Die Schriftform und die Art der Ausführung nicht überliefert.

Nach Büttner.2)

  1. A

    Hayna cui cunas dederat clarosq(ue) Parentes,Lipsica quem juvenem perpoliitq(ue) Themis.3)Et cui Friburgum, simul (et)a) Cygnaea laborem,Leucopetra (et)a) Recti Cosmiab) Dresdavii.Olim ubi supremus sublimi Quaestor in AulaJOHANNES MEISNER fidus Erastus erat.Post lustrum vitae undeoimamc) (et)a) propè quattuor annos,Conditur hic ANNA,d) quem tumulavit amor.Felix ille sui meritum qui linquit amoremPer Christum (et)a) vitam non moriturus habet.

  2. B

    Allhier ruhet in Christo seinem Erlöser der Ehren Veste und Hochgeachte Herr Johann Meißner, weiland Chur-Fürstl(ich) Sächß(ischer)e) Land-Rentmeister zu Dreßden, welcher im Jahr M. D. Lxi. den xxiii Novembr(is) zu Hayn in Meissen gebohren, und allhier in Weissenfelß den xxii. Augusti des M. DC. XX. Jahres in Christo seelig entschlaffen, seines Alters LIX Jahr, weniger xiii Wochen und xi Tage. Sein Erlöser erwecke ihn zur ewigen Seeligkeit. / J(ohann) M(eißner) A(nna) M(eißner) / Ich will meinen Geist in euch geben, daß ihr wieder leben sollet. Hesekiel am xxxvii.4) / A(nno) Chr(isti) M. DC. XX. den xxiv. Augusti.

Übersetzung:

A Ihm gab (Großen-)Hain die Wiege und berühmte Eltern, den die Leipziger Themis als Jüngling bildete, dem Freyburg, wie auch Zwickau (und) Weißenfels Arbeit und die Dresdner den Schmuck des Gerechten (gaben), wo Johann Meißner einst als höchster Rentmeister am erhabenen Hofe ein treuer Erastus war. Er, den nach elf Jahrfünften und beinahe vier Jahren des Lebens die Liebe begrub, wird hier von Anna geborgen. Glücklich ist jener, der (zwar) die verdiente Liebe zu ihm zurückläßt, durch Christus (aber) das (ewige) Leben hat (und) nicht sterben wird.

Versmaß: Fünf elegische Distichen (A).

Kommentar

Johannes Meißner (1561–1620) studierte seit 1582 in Leipzig und wirkte von 1596 bis 1604 als Amtsvogt in Weißenfels. Im Jahr der Amtsübernahme pachtete er das ehemalige Klarissenkloster zu Weißenfels, das er 1606 schließlich kaufte. 1606 trat er auch als Stifter für das Laurentii-Hospital hervor.5) Weitere Stationen seiner Laufbahn als kursächsischer Hofbeamter (Freyburg an der Unstrut, Zwickau) sind bislang nur aus der vorliegenden Inschrift bekannt. Das Amt des kursächsischen Landrentmeisters, des höchsten Finanzbeamten des Kurfürstentums (supremus Quaestor), hat Johann Meißner vermutlich erst gegen Ende seines Lebens innegehabt.6)

Die Verwendung antiker und biblischer Amtsbezeichnungen und Namen entspringt der zeitgemäßen Neigung zu allegorisch überhöhter Darstellung der Lebenswirklichkeit. Sie sollen die besondere, einer alten (nämlich römischen) Tradition entspringende Würde des Amtes (Quaestor)7) und damit auch die Würde des Amtsinhabers und – mit Verweis auf die biblische Leitfigur Erastus – dessen besondere Rechtschaffenheit und Treue zum Ausdruck bringen. Erastus war ein hoher Finanzbeamter in Korinth (vermutlich der Stadtkämmerer) und ist als städtischer Beamter vielleicht sogar durch eine Inschrift des 1. Jh. bezeugt. Er gehörte der christlichen Gemeinde der Stadt und dem engeren Kreis um den Apostel Paulus an. Seine Identität mit einem von Paulus nach Mazedonien entsandten Christen gleichen Namens ist umstritten.8) Die Allegorie erlaubt auch eine verknappte Ausdrucksweise, wie sie in einem kurzen, auf engstem Raume anzubringenden biographischen Gedicht nötig ist.

Textkritischer Apparat

  1. et] Bei Büttner et-Ligatur.
  2. Cosmia] Wohl von to kosmion (Pl. ta kosmia), griech. der Schmuck.
  3. undeoimam] Sic! Für undecimam.
  4. ANNA] Nach Korrektur im Manuskript die Endung nicht mehr klar erkennbar. Möglich auch ANNAE.
  5. Sächßischer] Kürzung durch Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Büttner, Teil 2, S. 78 f.
  2. Zeilenumbruch in B nach Büttner. Die Übersetzung prüfte dankenswerterweise Dr. Sebastian Scholz, Mainz.
  3. Griechische Göttin der Rechtsordnung und der Gerechtigkeit. Gemeint ist die juristische Fakultät der Leipziger Universität.
  4. Paraphrase nach Hes 37, 5.
  5. Matrikel Leipzig 4, S. 287; Büttner, Teil 2, S. 171; Vulpius, Teil 3, 1, S. 91; Thielitz, Amtshauptleute, o. S.; Otto 1796, S. 171 f., 301; Heydenreich 1840, S. 102; Sturm 1846, S. 221, 231; Schroeter 1909, S. 62.
  6. Zu Quaestor vgl. a. Zedler 30, 1741, Sp. 47.
  7. Finanzbeamter der römischen Republik, dem u. a. die Verwaltung der Staatskasse oblag.
  8. Apg 19, 22; Rö 16, 23; 2 Ti 4, 20; Rienecker/Maier 1994, S. 412.

Nachweise

  1. Büttner, Teil 2, S. 78 f.

Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 244† (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0024402.