Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)
Nr. 169 Markröhlitz, Kirche 1576
Beschreibung
Epitaph für Friedrich und Margaretha von Burkersroda an der Nordwand der Kirche. Großes mehrteiliges Relief aus Sandstein. Sockel mit hervorgezogenem Mittelteil, darauf Sterbevermerke und Fürbitten, die als geschlossene Textblöcke nebeneinander gesetzt sind (A, B). Seitlich je ein Vollwappen, von denen nur das rechte ausgearbeitet und mit einer Wappenbeischrift versehen (zu D), das linke aber als Bosse belassen wurde. An der Deckplatte des Sockels unvollendete Inschriften (C) mit den Altersangaben der Verstorbenen. Darüber das Hauptfeld mit zwei großen flachen Muschelnischen. Davor die Eheleute von Burkersrode in fast vollplastischer Darstellung, beide kniend vor einem mittig angebrachten Kruzifix mit dem Monogramm des Bildhauers (E) am Kreuzesfuß. Die Initialen des Kreuztitulus (F) an einer Konsole über dem Kreuz. Seitlich breite Einfassungen mit je zwei Vollwappen und Wappenbeischriften (D). Auf drei Konsolen ein hohes Gebälk mit zwei rollwerkverzierten Inschriftkartuschen, darauf Bibelzitate (G, H), und ein Lünettengiebel mit Relief der Taufe Christi. Neben dem Giebel zwei Engelsfigürchen, die zwei Vollwappen halten. Mit ihnen beginnt die seitlich von Hauptfeld und Sockel fortgeführte Ahnenprobe. Die Inschriften G und H erhaben, alle übrigen mit schmaler Kerbe eingetieft.
Maße: H.: 341 cm; B.: 232 cm; Bu.: 2,0–2,8 cm (A, B, C, E, G, H), 1,6 cm (F), 1,3–2,3 cm (D).
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
ANNO DOMINI ⟨1576a) DEN 2 MARTII⟩ / IST IN GOTT SELIGLICHENb)ENTSCHLAF/FEN DER GESTRENGE EDLE VND EHRN/VHESTEFRIEDERICH VON BVRCKERSRODAc) / WELCHS SEHLE DERALMECHTIGEd) / GOTT GNEDIG VND BARMHERZ[IG]K / SEIN ·AMEN
- B
ANNO DOM(I)N(I)e) ⟨1582 DEN · 24 · SEP(TEMBRIS)⟩f) IST IN / GOTTSELIGKLICHENg) ENTSCHLAFFEN / DIE EDLE VNDEHRENTVGENTSAME / FRAWE MARGARETHA VONBVRCKERSRO/TEh) EINE GEBORNE VON BOTHFELDT / [F]RIEDERICH[E]Ni) VON BVRCKESRODENj) / EHELICHEk)HAV[SFRA]W WELCHER SELEl)
- C
SEINS ALTERS 〈..〉 IHIRSm) ALTERS 〈..〉
- D
DER // V(ON) // TRASHW/ITZ / DER V(ON) // SCHLEINTZn) // DER V(ON) // GÖRSCH/EN / DER V(ON) // WERDER / ZV LÖSSEN // DER V(ON) // SCHÖLEN
- E
HK
- F
I(HESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)1)
- G
DAS IST MEIN LIEBER SONN / AN DEM ICH EIN WOLGEFALEN / HABE · MTH: 3 ·2)
- H
SIHE DAS IST GOTTES LAM WELCHS / DER WELT SVNDEo) TREGT / IOH · 1 ·3) 1576
Übersetzung:
F Jesus von Nazareth, König der Juden.
Burkersroda4) | Bothfeld5) |
Draschwitz6) | Görschen7) |
Schleinitz8) | Werder zu Lössen9) |
(leer) | Schkölen10) |
Textkritischer Apparat
- 1576] Lesung unsicher; 1570 BKD Prov. Sachsen 27. Das Spatium für die Jahreszahl deutlich größer als das entsprechende Spatium in B. Das untere Ende des Schafts der 1 anders als in B mit zwei Zierschleifen verziert; das obere Bogenende der 6 deutlich über die Oberlinie der (gedachten) Schriftzeile hinausragend.
- SELIGLICHEN] SELIG BKD Prov. Sachsen 27.
- BVRCKERSRODA] BVRCKERSRODE BKD Prov. Sachsen 27.
- ALMECHTIGE] Nexus litterarum von je zwei Buchstaben.
- DOMINI] Kürzung durch Doppelpunkt.
- SEPTEMBRIS] Kürzung durch Doppelpunkt.
- SELIGKLICHEN] SELIGLIGK BKD Prov. Sachsen 27.
- BVRCKERSROTE] BVRCKERSRODE BKD Prov. Sachsen 27.
- FRIEDERICHEN] FRIEDRICHEN BKD Prov. Sachsen 27.
- BVRCKESRODEN] BVRCKERSRODEN BKD Prov. Sachsen 27.
- EHELICHE] Am Fuß des linken Schafts des H irrtümlich ein Balken eingehauen. ELICHE BKD Prov. Sachsen 27.
- WELCHER SELE] Zu ergänzen ist: „Gott gnädig sei.“
- IHIRS] Sic!
- SCHLEINTZ] Der Balken des L nicht eindeutig erkennbar; deshalb auch der Nexus litterarum von H und L unsicher.
- SVNDE] Über dem V vermutlich ein diakritisches Zeichen, das die Diphtongierung VE (= Ü) anzeigt.
Anmerkungen
- Nach Io 19, 19.
- Mt 3,17.
- Joh 1,29.
- Siebmacher III, 1, Taf. 44; III, 2, Taf. 135.
- Siebmacher VI, 6, Taf. 15. Hier linksgewendet.
- Bei Siebmacher VI, 6, Taf. 24 ein hoher Hut, seitlich mit vier Pfauenfedern und oben mit sechs Hahnenfedern besteckt. Das Wappen hier linksgewendet und mit Büffelhörnern als Helmzier. Dieselbe Helmzier auch bei Nr. 157.
- Siebmacher II, 3, Taf. 30.
- Siebmacher II, 3, Taf. 53; VI, 6, Taf. 98.
- Siebmacher VI, 6, Taf. 119. Lössen liegt im Landkreis Merseburg-Querfurt.
- Siebmacher VI, 6, Taf. 97.
- Vgl. Nr. 153.
- Bei Dehio 1999, S. 522 wird nur allgemein auf eine inschriftliche Datierung 1576 verwiesen.
- Vgl. Anm. a und f.
- Vgl. BKD Prov. Sachsen 27, S. 313. Zum Schaffen des Monogrammisten HK vgl. Nr. 153.
Nachweise
- BKD Prov. Sachsen 27, S. 153 f. (nur A, B, G, H).
Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 169 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0016901.
Kommentar
Die Inschriften A und B vermitteln trotz geringfügiger Unterschiede in Schriftbild und Schreibung den gleichen Gesamteindruck. Die Schrift ist vergleichsweise regelmäßig ausgeführt, die Wortabstände sind etwa gleichbleibend. Die Schriftform entspricht weitgehend der vom Bildhauer, dem Monogrammisten HK, üblicherweise verwendeten Kapitalis.11) Trotz abweichender Details gleichen ihr im wesentlichen auch die Schriftformen der anderen Inschriften des Epitaphs. Unterschiede sind zumeist auf die Art der Ausführung zurückzuführen. Die Buchstaben der Inschriften von D sind bei wechselnder Größe in die Freiräume neben die Wappen gepreßt. Die R-Cauda schwingt weit aus. Die Inschriften G und H zeigen breite und stämmige Buchstabenformen mit kräftigen dreieckigen Sporen an den Bogen- und Schaftenden. Hier hat das M leicht gerade oder auch geneigte Hasten; sein bis auf die Grundlinie herabgeführtes Mittelteil ist nach rechts verschoben.
Die Inschriften G und H sind den Evangelienberichten über die Taufe Jesu entnommen; das Lünettenrelief scheint geradezu als Illustration des Matthäus-Evangeliums (G) konzipiert. Das Johanneszitat (H) verweist schon auf den Opfertod Christi am Kreuz, der im Zentrum des Epitaphs dargestellt ist, und stellt damit den Zusammenhang zwischen beiden Hauptteilen des Epitaphs her.
Wie Inschrift H bestätigt, war das Epitaph im Jahre 1576 vollendet.12) Begonnen wurde es wohl vor dem Tod Friedrichs von Burkersrode, da Spatien freigelassen wurden, um sein Alter und das seiner Gemahlin und beider Todesdaten nachzutragen. Die Todesdaten wurden mit mehr oder minder großem Geschick eingefügt, die Zeile mit den Lebensaltern blieb jedoch frei. Die Schriftform und kleinere Abweichungen wie die Schreibung der 1 und die Verwendung von Worttrennern in B unterscheiden die Nachträge nur unwesentlich voneinander und von dem übrigen Text der Inschriften A und B. Auffällig ist eher, daß es den Steinmetzen schwerfiel, den zur Verfügung stehenden Raum optimal zu nutzen.13)
Das Epitaph ist ein Hauptwerk des Monogrammisten HK. In Aufbau, Ikonographie und Stil ähnelt es sehr stark dem Epitaph eines Ehepaares von Breitenbauch in Zorbau (Burgenlandkreis), das ebenfalls dem Monogrammisten HK zugeschrieben wird.14) Ob zwei weitere Epitaphien in Zorbau von demselben Meister stammen, kann nur durch Autopsie geklärt werden. Sie und die beiden vorgenannten wären die einzigen bislang bekannten mehrfigurigen Grabmäler dieses Bildhauers.