Inschriftenkatalog: Landkreis Weissenfels
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 62: Weißenfels (Landkreis) (2005)
Nr. 74 Weißenfels, Am Kloster 2 1500
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
An einem der vier achteckigen Pfeiler im sogenannten Kapitelsaal, einem großen gewölbten Raum im Erdgeschoß des Westflügels der Klausur, welcher der Kirche des ehemaligen Klarissenklosters im Westen vorgelagert war, eine zweizeilige Bauinschrift (?).1) Erhabene Buchstaben auf eingetieften Zeilen, partiell, vor allem in der zweiten Zeile, beschädigt.
Maße: H.: 21,5 cm; Bu.: 9–9,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
Nach christi · geburt · m · ccccc · an · xix · MAii · / d(omi)na · eufe(m)iaplausich ab[.]di[- - -]ilda) · d[- - -]b)
Textkritischer Apparat
- ab[.]di[- - -]ild] Der dritte Buchstabe, ein c oder e, mit Kürzungsstrich.
- An(no) nach christi geburt cccccmxix / d(omi)na eufemia plausich Schroeter. Dann könnte, so Schroeter, der Name Matilde folgen.
Anmerkungen
- Die Inschrift wird im Weißenfelser Kreisblatt 1873, o. S. erstmals erwähnt, ihre „verschlungene Mönchsschrift“ aber als nicht lesbar bezeichnet.
- Lepsius 2, 1854, S. 252, 254. Zur Klostergeschichte vgl. a. Einleitung, S. XVI.
- Die Tatsache, daß in den Klosterstatuten von 1513 mehrfach von Baumaßnahmen im Kloster die Rede ist (vgl. Doelle 1914, S. 356–362), spricht dafür, daß die Bautätigkeit noch weit über das Jahr 1500 hinaus andauerte.
Nachweise
- Schroeter 1909, S. 64 (unvollständig).
Addenda & Corrigenda (Stand: 26. März 2014):
Die erste Zeile der Inschrift ist wahrscheinlich richtig zu lesen, wie folgt:
-
An(no) · nach christi · geburt · m · ccccc · im · xix · ia(r)
Zitierhinweis:
DI 62, Weißenfels (Landkreis), Nr. 74 (Franz Jäger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di062l001k0007400.
Kommentar
Die Buchstaben sind sehr unregelmäßig gebildet. Kürzungen sind durch überschriebene Striche kenntlich gemacht. Als Worttrenner stehen Quadrangel mit Zierhäkchen an den oberen und unteren Spitzen. Durchgängig eingetieft ist nur der Mittellängenbereich; die Flächen für die Oberlängen und die Kürzungsstriche wurden einzeln ausgehauen. Die zweite Zeile beginnt unter dem Wort an.
Die Inschrift, die vielleicht als Bauinschrift zu verstehen ist, gibt einen Terminus ante quem für den Um- oder Neubau des dreigeschossigen Westflügels der Klosterklausur,3) der im wesentlichen noch sein spätmittelalterliches Aussehen bewahrt hat. An drei Seiten des Gebäudes sind Rechteckfenster mit Stabwerkgewände erhalten; im Inneren und an der Außenseite des Gebäudes befinden sich mehrere Spitzbogenportale mit vergleichbarer Gewändeprofilierung. Die hofseitigen Fenster und die Strebepfeiler an beiden Langseiten tragen viele Steinmetzzeichen. Die Äbtissin ( domina) des Klarissenklosters, Eufemia von Plausig, amtierte seit etwa 1510 und trat 1539, nach Einführung des lutherischen Ritus im Kloster, zurück.2) Die zeitliche Differenz zwischen der Erwähnung der Äbtissin in vorliegender Inschrift und deren anderweitig überlieferter Amtszeit läßt sich bislang nicht erklären.