Inschriftenkatalog: Passau II (Landkreis)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 101: Landkreis Passau II (2018)

Nr. 23 Aldersbach, Pfk. Mariä Himmelfahrt (ehem. Zisterzienserabteik.) vor 1409

Beschreibung

Grabinschrift für Wilhalm von Rottau und seine Ehefrau Margaretha, geb. von Layming, auf einer Wappengrabplatte. Innen, Südseite, fünfte Seitenkapelle von Osten, Westwand. Hochrechteckige Platte, Umschrift auf erhabenem Rand, im Feld Relief Vollwappen, darunter zweiter Wappenschild. Rotmarmor. Platte zu einem späteren Zeitpunkt mutmaßlich überarbeitet.

Maße: H. 231 cm, B. 121,5 cm, Bu. 10 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© BAdW München, Inschriftenprojekt [1/1]

  1. + Anno ∙ d(omi)ni ∙ Mo ∙ cccco <∙ iX ∙> / hiea) ∙ leit ∙ h(er) ∙ wilhalm ∙ von ∙ rotaw / ∙ vnd ∙ sein ∙ hawsfraw ∙ / margret ∙ die ∙ layminge//rinnb)

Wappen:
Rottau1), Layming2).

Kommentar

Die Schrift zeigt eine Gotische Minuskel, die stark dem Zweilinienschema angepasst ist. Oberlängen – wie bei h – und Unterlängen sind sehr stark reduziert. Das g ist sogar in den Mittellängenbereich eingestellt. Auch der A-Versal reicht nicht bis in die Oberlänge. Somit zeigt diese Schrift gewisse Anklänge an den Schrifttyp, der für Johannes den Geiselperger in Vilshofen konstatiert werden konnte (vgl. Nr. 7 und Einleitung 23) und der im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts auftritt, ohne direkt dieser Gruppe zugeordnet werden zu können.

Die Wappengrabplatte Wilhalms von Rottau wirft einige Fragen auf. Während die Formen der Schrift durchaus in die Zeit um 1409 passen, erscheint das Wappenrelief – besonders die Form der Helmdecke und der Flug – eher sonderbar. Zwar ist der Spitzschild für diese Zeit typisch. Der eher geometrisch anmutende, „abgeschnittene“ Flug wirkt hingegen sehr steif. Die Helmdecke, die am Bildrand abknickt und als Band hinter dem Helm zur anderen Seite geführt wird, entbehrt Vergleichsbeispielen. Regionale Stücke, die etwas älter sind, zeigen relativ kurze Helmdecken, etwas jüngere bereits sehr bewegte Ausprägungen3).

Auch die angeraute Oberflächenbehandlung des Reliefgrundes findet sich eher selten. Bei der Umschrift fallen diverse Lücken auf: so ist ein größerer Abstand zwischen dem Datum und der eigentlichen Grabinschrift ausgespart. Ebenso weicht die Umschrift im Bereich des Familiennamens der Ehefrau einer Oberflächenbeschädigung aus. Auch die Gestaltung des X in der Jahreszahl ist für die Zeit um 1409 eigentlich nicht denkbar und entspricht nicht dem Repertoire der Gotischen Minuskel.

Diese Ungereimtheiten könnten dadurch erklärt werden, dass es sich bei diesem Stück um die tatsächliche Grabplatte für Wilhelm von Rottau handelt, bei der eine Datierung ausgespart blieb. Sie wurde wohl nachträglich – vielleicht im Rahmen der Herstellung diverser Gedenkplatten im Kloster Aldersbach (vgl. Nr. 417†-441† und Einleitung 47f.) – überarbeitet, wobei das Datum (vgl. X) ergänzt und das Wappenrelief nachgearbeitet bzw. – eine mögliche ursprüngliche Ritzzeichnung – ausgehauen worden sein könnte.

Wilhalm von Rottau war der Sohn des Friedrich von Rottau und der Siguna, geb. Tuschl von Söldenau4). Seine Ehefrau war Margaretha, die Tochter des Erasmus von Layming und der Kunigunde, geb. Schönstetter5). Wilhalm von Rottau ist 1387 und von 1395 bis 1399 als Pfleger zu Griesbach nachgewiesen6). Eine Verbindung zum Kloster ist für Wilhalm von Rottau durch seine Vermittlertätigkeit in einer Rechtsangelegenheit im Jahr 1380 belegt7).

Textkritischer Apparat

  1. Nach der Jahreszahl bzw. zu Beginn der rechten Langseite größerer Platz frei, Schrift setzt erst wieder knapp über der unteren Hälfte ein.
  2. Wort weicht Beschädigung in der Steinoberfläche aus.

Anmerkungen

  1. Siebmacher BayA1 121.
  2. Siebmacher BayA1 18.
  3. Vgl. hierzu DI 67 (Stadt Passau): kurze Helmdecken: Nr. 65 (1363) Abb. 36 oder Nr. 75 (1373) Abb. 43 (Reste einer Ritzzeichnung); bewegte Helmdecken: Nr. 114 (1425) Abb. 63.
  4. Cgm 2290/23 fol. 374r.
  5. Cgm 2290/17 fol. 62r.
  6. Geiß, Reihenfolgen 24.
  7. BHStA KU Aldersbach 504 und 519, vgl. monasterium.net, URL <http://monasterium.net/mom/DE-BayHStA/KUAldersbach/00504/charter>, accessed at 2016-09-28+02:00 und URL <http://monasterium.net/mom/DE-BayHStA/KUAldersbach/00519/charter>, accessed at 2016-09-28+02:00.

Nachweise

  1. Cgm 5608 fol. 4r; BHStA KL Aldersbach 17 p. 475 Nr. 4; Cgm 2267/2, fol. 92r; Cgm 2290/23 fol. 374v; Cgm 2002 fol. 122v, linke Spalte; Kdm NB XIV (Vilshofen) 39; Högg, Aldersbach Nr. 13.

Zitierhinweis:
DI 101, Landkreis Passau II, Nr. 23 (Ramona Baltolu / Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di101m019k0002301.