Die Inschriften des Landkreises Göppingen

3. Die nicht-originale Überlieferung der Inschriften

Für die Inschriften des Landkreises Göppingen gibt es eine verhältnismäßig reiche, gleichwohl sehr inhomogene, Kopialüberlieferung. Der Zahl von 272 erhaltenen Inschriften (54,2%) können so immerhin 223 verlorene und nur mehr kopial überlieferte Inschriften (44,4%) gegenübergestellt werden, dazu kommen sieben Inschriftenträger mit mehreren Inschriften, von denen die Mehrzahl nur noch kopial auf uns gekommen ist (1,4%)72). Aus dieser Zählung ausgeklammert sind die in vier Sammelnummern zusammengefaßten 219 Wappentafeln von Badgästen aus Göppingen, Jebenhausen und Überkingen (nrr. 258260, 427), von denen nur 13 erhalten sind, der Anteil der Kopialüberlieferung somit 94% beträgt. Daß sich der ursprünglich einmal vorhandene Inschriftenbestand aber trotz der umfangreichen nicht-originalen Überlieferung nicht einmal annähernd rekonstruieren läßt, erhellt schon aus der Tatsache, daß gerade für die als Grablegen sicher bedeutenden Kloster- und Stiftskirchen Wiesensteig, Adelberg, Boll und Faurndau so gut wie keine Abschriften von mittelalterlichen Grabinschriften existieren73). Und je genauer und vollständiger die Wiedergabe des epigraphischen Bestands einzelner Standorte ist – wie etwa die unten vorgestellten Kirchenbeschreibungen Wollaibs für den Bereich des ehemals ulmischen Herrschaftsgebiets –, desto eher läßt sich ermessen, wie viel Vergleichbares an anderen Orten ohne entsprechende Kopialüberlieferung verschwunden ist.

Eine unschätzbare Quelle für die Epigraphik stellen die reichhaltigen Aufzeichnungen und Sammlungen des württembergischen Leibarztes und Hofhistoriographen Oswald Gabelkover (1539–1616) dar, die von seinem Sohn Johann Jakob (1578–1635) fortgeführt und ergänzt wurden. Der Gabelkover-Nachlaß, der im Hauptstaatsarchiv und in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart aufbewahrt wird, kann hier nicht in seiner Gesamtheit charakterisiert werden. Teils handelt es sich um reine Materialsammlungen, die nach topographischen oder genealogischen Gesichtspunkten geordnet sind, teils um ausgearbeitete Abhandlungen zu bestimmten historischen [Druckseite XXVI] oder genealogischen Themen. Wichtig im Zusammenhang der Inschriftenüberlieferung ist die Betrachtung von Gabelkovers Arbeitsweise. Er sammelte und notierte auf seinen Reisen, die ihn ins gesamte württembergische Herrschaftsgebiet, aber auch in angrenzende Territorien führten, seinen historischen Interessen entsprechend alles, was ihm irgendwie historisch oder genealogisch verwertbar schien. Inschriften, die diesem Zweck nicht dienlich waren, wie Ausstattungsinschriften, Inschriften auf Glocken, Wandmalereien oder liturgischen Geräten sowie inschriftliche Texte rein theologischen Inhalts, berücksichtigte er nicht. Vornehmlich enthalten seine Sammlungen Grabinschriften, die er allerdings gelegentlich nur auszugsweise unter Berücksichtigung der wichtigsten Namen und Daten kopierte und die oft nur aus dem Zusammenhang, in dem sie stehen, als Inschriften zu identifizieren sind, ferner Bau- und andere Gedenkinschriften von chronikalischem Wert. Gabelkover arbeitete keineswegs „flächendeckend“. Die komplette Beschreibung eines Standorts und seiner Inschriften ist – auch in den topographisch geordneten Sammlungen – nie beabsichtigt. So beschränkte er sich in der Regel auf die Wiedergabe der Grabinschriften Adeliger; Bürgerliche waren für seine genealogischen Forschungen nicht von Belang. Erschwerend für die Erschließung des Gabelkover-Bestands kommt hinzu, daß in die einzelnen Materialsammlungsmappen sowohl eigene vor Ort angefertigte flüchtige Aufzeichnungen als auch später übertragene Notizen gelangten, ferner Exzerpte aus anderen Quellen oder diese selbst. Der bei weitem größte Teil der von Gabelkover tradierten Inschriftentexte dürfte freilich auf Autopsie beruhen. Der besondere Wert der Collectaneen liegt in dem Sammeleifer Gabelkovers, der auch Gegenstände erfaßte, die sonst völlig unbeachtet geblieben wären, wie etwa wappengeschmückte Möbel, Kissen oder Tapeten auf Burgen oder in Wohnhäusern. Um diesen „Schatz“ für die epigraphische Forschung zu erschließen, war es notwendig, die wichtigsten Teile der Gabelkover-Überlieferung systematisch zu sichten74). Bei der unüberschaubaren Menge des Materials ist freilich nicht auszuschließen, daß die eine oder andere Inschrift unentdeckt geblieben ist. Für insgesamt 48 verlorene Inschriften des Göppinger Bestandes ist Gabelkover der einzige Gewährsmann, sein Sohn Johann Jakob steuerte zwei weitere bei (nrr. 427, 452); für zwölf Inschriften gibt es eine Zweitüberlieferung, wobei Gabelkover meist den besseren Text bietet, dazu kommen 15 noch im Original erhaltene Inschriften. Einen Schwerpunkt bilden die Grabinschriften der Rechberger in der Donzdorfer Pfarrkirche75).

Genealogische, landes- und ortsgeschichtliche Interessen veranlaßten auch den Rudersberger Pfarrer Johann Georg Waltz (1608–58)76), zahlreiche Inschriften zu kopieren. Aus seinem Nachlaß enthalten fünf Handschriften im Hauptstaatsarchiv und in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart Nachrichten über Inschriften des Bearbeitungsgebiets. Genealogisch orientiert sind die Rechbergische Chronic und das Rechbergische Stammbuch (WLB, Cod. hist. F 30. 1 und F 30. 2). Waltz verkürzt den Wortlaut der Inschriften – in den genannten Handschriften fast ausschließlich Sterbeinschriften – oft erheblich, gelegentlich formuliert er den Text sogar zu einer Art Regest um. Dies läßt sich bei den acht Inschriften, die erhalten sind, sowie bei den 13 Inschriften, die noch durch andere Quellen (meist Gabelkover) überliefert sind, zeigen. Der besondere Wert der Waltzschen Aufzeichnungen liegt daher nicht in der Textwiedergabe, sondern in ergänzenden Beschreibungen der Inschriftenträger und der Angabe ihrer Standorte. So vermerkt Waltz die Anordnung der Wappen auf den Grabmälern in der Regel vollständiger als Gabelkover, gelegentlich erwähnt er figürliche Darstellungen. Eine Scheidung in Epitaphien und Totenschilde ist somit oft nur durch Waltz’ Beschreibung möglich. Für insgesamt 13 Inschriften bietet er zudem die einzige Überlieferung. Dies betrifft einige Grabinschriften der von Rechberg (nrr. 149, 181, 254, 266, 330, 345) in Donzdorf, Rechberghausen und Weißenstein sowie in den Miscellanea Historica et Genealogica (HStAS, J1 Nr. 44) eine Grabschrift und eine Ahnenreihe der Familie von Degenfeld (nrr. 207, 256) und vereinzelte Bauinschriften und Wappen mit Beischriften an Göppinger Häusern (nrr. 240, 245, 344). In die letzte Gruppe gehört auch die Mahninschrift eines Göppinger Obervogts an seine Bürger (nr. 279), die Waltz in der ansonsten für inschriftliche Texte unergiebigen Württembergischen Städt und Closter Chronik von 1649 (HStAS, J1 Nr. 48l) mitteilt. Die Miscellanea Historica enthalten ferner eine Liste von 60 Nameninschriften aus dem Göppinger Sauerbrunnenbad, die bislang nicht bekannt waren77). Für die berühmte Barbarossainschrift in Hohenstaufen (nr. 360) läßt sich durch ihre Überlieferung in einem Brief von 1656, der in Waltz’ Waiblinger Stadt und Ambts Chronicon (WLB, Cod. hist. F 169a) eingebunden ist, die Entstehung noch im Bearbeitungszeitraum sichern.

[Druckseite XXVII]

Wie bereits eingangs erwähnt, liegen für die ehemaligen Klöster und Stifte des Kreisgebiets keine Inschriftensammlungen vor, so daß ihr ehedem sicher reicher Inschriftenbestand als verloren angesehen werden muß. Lediglich für Adelberg gibt es einige spärliche Nachrichten. Der Tübinger Professor und Historiograph Martin Crusius (1526–1607) gibt in seinen 1595/96 erschienenen Annales Suevici drei heute verlorene Inschriften wieder, die auch Friedrich Rommel (Romelius) in der handschriftlichen Geschichte des Klosters Adelberg von 1629/30 (HStAS, J1 Nr. 238) mitteilt, eine davon sogar gegenüber Crusius in der vollständigeren Version (nr. 132). Crusius hat außerdem den Text der chronikalischen Beischriften zu den Wandmalereien der Adelberger Ulrichskapelle (nr. 188) in ihrer Fassung vor der barocken Überarbeitung bewahrt.

Die Kirchen des ehemals ulmischen Herrschaftsgebiets mit ihren Inschriften sind in einer außergewöhnlich ausführlichen Handschrift, dem „Paradysus Ulmensis“ des Pfarrers Marcus (Marx) Wollaib, beschrieben (Stadtarchiv Ulm, G1/1714). Wollaib (1641–1733) war nach seinem Studium in Tübingen und Straßburg78) ab 1677 Pfarrer in Hörvelsingen (Langenau, Alb-Donau-Kreis), wechselte 1686 nach Aufhausen und war anschließend von 1692 bis 1712 Pfarrer in Altenstadt, danach in Urspring (Lonsee, Alb-Donau-Kreis). Während seiner Amtszeit bereiste er die Kirchen des ulmischen Gebiets, fertigte eingehende Beschreibungen der Gebäude und ihrer Ausstattung an und faßte diese, ergänzt durch historische und prosopographische Nachrichten zu den einzelnen Kirchen, 1714 in einer Reinschrift „in usum privatum“ zusammen unter dem Titel „Paradysus Ulmensis. Ulmischer Paradys Garten vorstellend und ergreiffend der Christlichen Kirchen und Religionen zu Ulm Anfang, Wachsthum und Fortpflantzung biß auff gegenwertige Zeit, zugleichen, deß Münsters, und etlicher anderer Kirchen Erbauung, Beschaffenheit und Beschreibung nach deroselben vornehmsten Stücken, Inscriptionen, und verschiedenen Zieraden ...“. Den größten Raum nimmt die Beschreibung des Ulmer Münsters ein. Die Abschnitte über die Kirchen im Bearbeitungsgebiet dürften in Wollaibs Aufhausener und Altenstädter Amtszeit entstanden sein. Ein Zwischentitel zu dem besonders umfangreichen Abschnitt über die Türkheimer Inschriften (nr. 417), der 1704 datiert ist, bestätigt dies. Wollaib verfolgte keine genealogischen Interessen, sein Ziel war vielmehr die vollständige Beschreibung der Kirchenbauten mit sämtlichen erwähnenswerten Einzelheiten. Der unschätzbare Wert der Quelle ist darin zu sehen, daß sämtliche Inschriften, soweit sie noch lesbar waren, im vollen Wortlaut, gelegentlich sogar in Nachzeichnung der Schriftformen, wiedergegeben werden und daß die Wiedergabe durchweg auf Autopsie beruht. Oft sind die Inschriftenträger detailliert beschrieben. Auf orthographisch genaue Wiedergabe der Inschriften legte Wollaib allerdings keinen Wert, wie sich durch Vergleich mit erhaltenen Inschriften zeigen läßt. Berücksichtigt sind sowohl Inschriften an den Kirchenwänden als auch auf Glocken, Geräten, Ausstattungsstücken und Grabmälern. Man darf also davon ausgehen, daß der damals noch vorhandene Inschriftenbestand in den von Wollaib besuchten Kirchen komplett überliefert ist. Damit gewinnt man ein anschauliches Bild von der einstigen epigraphischen Ausstattung der lutherischen Kirchen um 1700, von der – vor allem was die Wandinschriften betrifft – heute fast nichts mehr erhalten ist. Freilich beschränkt sich die Sammlung streng auf die Kirchenbauten. Sie enthält somit keine Inschriften an profanen Gebäuden. Auch die Grabsteine außerhalb der Kirchen auf den Friedhöfen sind nicht aufgenommen. So fehlen etwa die zahlreichen erhaltenen Grabsteine des Rorgensteiger Friedhofs völlig. Insgesamt ist Wollaib für 77 Inschriften, von denen 35 vor 1600 entstanden sind, der einzige Textzeuge79).

Die Heilbäder im Bearbeitungsgebiet haben als spezifische Art von Inschriftenträgern die Wappentafeln der Badgäste mit Nameninschriften aufzuweisen80). 94% der überlieferten Inschriften sind nur mehr kopial bezeugt. In der Gabelkoverschen Materialsammlung zur Stadt Göppingen (HStAS, J1 Nr. 136 I) ist eine Liste von 15 Wappentafeln aus dem Christophsbad (nr. 427) überliefert, von denen nur acht noch erhalten sind. Eine umfangreichere Auflistung von 60 Wappentafel-Inschriften, die ebenfalls dem Göppinger Sauerbrunnenbad zuzuordnen sein dürften (nr. 259), findet sich in Waltz’ Miscellanea Historica et Genealogica zusammenhanglos zwischen Notizen zur Familie von Rechberg eingebunden. Für das Jebenhausener Bad veröffentlichte Johann Georg Brebiß in seiner 1723 im Druck erschienenen „Neueste(n) Beschreibung des Sauerbronnens zu Jebenhausen“ die lange Liste von 133 Inschriften (nr. 258). Brebiß bemühte sich offensichtlich, den Wortlaut samt der Orthographie gewissenhaft wiederzugeben. Davon zeugen paradoxerweise die zahlreichen Verlesungen, [Druckseite XXVIII] die sich in den meisten Fällen paläographisch herleiten und emendieren lassen. Wilhelm Friedrich Burger teilte in seiner 1809 erschienenen „Historisch-statistisch-topographischen Beschreibung des Dorfes Überkingen ... und des daselbst befindlichen berühmten Sauerbrunnens und Bades“ 22 aus dem Berichtszeitraum stammende Inschriften auf Wappentafeln mit, von denen fünf die Zeiten überdauert haben (nr. 260). Die Lesungen Burgers ermöglichen vielfach, die mittlerweile durch Restaurierungen verfälschten Texte der Originale zu emendieren. Die reiche Bäderliteratur des 17. bis 19. Jahrhunderts wurde auch für die übrigen Bäder im Bearbeitungsgebiet eingesehen, doch fanden sich keine weiteren kopial überlieferten Inschriften. Das 1602 in deutscher Übersetzung erschienene „New Badbuch und Historische Beschreibung Von der wunderbaren Krafft vnd würckung des Wunder Brunnen vnd Heilsamen Bads zu Boll“ des Johannes Bauhin verzeichnet keine Inschriften aus dem Boller „Wunderbad“, wohl aber als einziger Textzeuge eine am Karner (?) bei der Boller Stiftskirche angebrachte Versinschrift von 1464 (nr. 77).

Der Pfarrer und Geschichtsforscher Joseph Alois Rink (1756–1825) aus Weißenstein, nach Studium und Priesterweihe 1780 von der rechbergischen Herrschaft als Hauslehrer in Schloß Weißenstein, ab 1782 als rechbergischer Landes-Schuldirektor angestellt, 1783 Pfarrer auf Hohenrechberg, 1785 zu Weißenstein, ab 1790 zu Böhmenkirch und 1806 schließlich zu Donzdorf, 1815 Dekan von Geislingen, 1821 Dekan von Eybach81), widmete sich seit seiner Anstellung als Pfarrer von Hohenrechberg dem Studium der Familiengeschichte der Herren von Rechberg. Die Ergebnisse seiner Forschungen faßte er in der 1806 abgeschlossenen fünfbändigen „Familien-Geschichte der Grafen und Herren von Rechberg und rothen Löwen“ zusammen, die in zwei Exemplaren (Kopie von 1821) im Gräflich Rechberg’schen Archiv in Donzdorf verwahrt wird (A 729–732). Rink zitiert etliche Inschriften, die jedoch mit Ausnahme einer Wandmalerei in Treffelhausen (nr. 158) durchweg noch vorhanden sind. Sicherlich auf seine Initiative geht die Anlage des Rechberg-Epitaphien-Albums zurück, in dem ab 1809 Abzeichnungen, zuletzt auch Fotografien von Grabmälern der Familie inner- und außerhalb des heutigen Kreisgebiets gesammelt wurden. Eine Rechberghausener Kindergrabplatte (nr. 358a) ist nur in dieser Sammlung überliefert. Die Wiedergabe der Inschriften ist von sehr unterschiedlicher Qualität. Einige Fehllesungen von Donzdorfer Inschriften in der Literatur sind offensichtlich auf Benutzung der Zeichnungen und der Rinkschen Abschriften ohne Überprüfung am Original zurückzuführen.

Unter den Archivalien im Gräflich Rechberg’schen Archiv sind für die Inschriftenüberlieferung vor allem die Bestände A 662 und A 675 ergiebig, die neben zahlreichen erhaltenen oder anderweitig überlieferten insgesamt sieben bislang unbekannte verlorene Grabinschriften aus Donzdorf (nrr. 137, 214, 401) und Rechberghausen (nrr. 346, 349, 394, 395) enthalten.

Die durchgesehenen Archivalien im Familienarchiv der Grafen von Degenfeld-Schonburg brachten dagegen nur zwei nicht anderweitig bezeugte Eybacher Inschriften zutage (nrr. 367, 381). Das Schicksal der Gedenk- und Mahninschrift Christoph Martins von Degenfeld aus der Dürnauer Pfarrkirche (nr. 496) ist in einem eigenen Aktenbüschel (Aktenkasten 14 F) dokumentiert, in dem die Begleitumstände und rechtlichen Hintergründe der Anfertigung der noch erhaltenen notariell beglaubigten Kopie ausführlich erläutert werden.

Daß der Geislinger Inschriftenbestand so gut dokumentiert ist, wird außer der Wollaib-Überlieferung dem Sammeleifer des Theologen und Altertumsforschers Alfred Friedrich Klemm (1840–97) verdankt82), der von 1876 bis 1887 als Helfer und Bezirksschulinspektor in Geislingen tätig war. Historische, epigraphische und heraldische Forschungen faßte er in zahlreichen Aufsätzen, gedruckten Vorträgen und kleinen Monographien zusammen, in denen die Inschriften stets als historische Quellen gebührend berücksichtigt werden. Besonders ausführlich sind die Beschreibungen der Geislinger Stadtkirche. Ergänzungen zu den gedruckten Arbeiten Klemms bringen die handschriftlichen Ortsnotizen in seinem Nachlaß (WLB, Cod. hist. Q 347). Sieben Inschriftenträger sind nur durch Klemm bezeugt, außerdem hat nur er bei den beidseitig beschrifteten und heute in die Wand der Stadtkirche eingemauerten Grabsteinen des frühen 17. Jahrhunderts vom Rorgensteiger Friedhof den Text der nunmehr unzugänglichen Rückseiten abschriftlich festgehalten.

Durch die reichhaltige übrige kopiale Inschriftenüberlieferung enthalten die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts entstandenen amtlichen Oberamtsbeschreibungen und die Kunstdenkmalinventarbände von 1914 kaum zusätzliche, nicht bereits anderweitig tradierte Inschriftentexte. In den Akten des Topographischen Büros zur Oberamtsbeschreibung von Göppingen und Geislingen [Druckseite XXIX] (StAL, E 258 VI, Spezialia, Konvolut 17 und 19) finden sich Abzeichnungen von zwei heute verlorenen Grabplatten aus Drackenstein und Schlierbach (nrr. 17, 82) sowie der Text einer Bauinschrift aus Treffelhausen (nr. 228). Die gedruckten Oberamtsbeschreibungen sind die einzigen Textzeugen für eine Kabinettscheibe aus Wiesensteig (nr. 376) und eine Wandmalerei mit Versinschrift aus Maitis (nr. 487).

Die beiden Kunstdenkmalinventarbände für die Oberämter Göppingen (von Hans Klaiber) und Geislingen (von Julius Baum) geben sehr viele, auch nur mehr abschriftlich tradierte Inschriften wieder, häufig im vollen Wortlaut und in der Regel recht zuverlässig. Der Göppinger Band enthält drei anderweitig nicht bezeugte Inschriften (nrr. 143, 305, 421). Für die früher zu den ehemaligen Oberämtern Schorndorf, Welzheim und Gmünd gehörenden Orte fehlen vergleichbar gründliche Inventare.

Weniges steuern schließlich noch die handschriftlichen Pfarrbeschreibungen und -chroniken in den katholischen und evangelischen Pfarrarchiven bei (nrr. 81, 115, 499), die freilich nicht vollständig ausgewertet werden konnten83). Die Glockenbeschlagnahmeakten von 1917 im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart sind nur für eine Glocke (nr. 68) der einzige Überlieferungsträger. Überhaupt waren die Verluste an Glocken aus dem Bearbeitungszeitraum im gesamten Kreisgebiet in beiden Weltkriegen sehr gering. Dagegen sind viele Glocken bereits im 19. Jahrhundert eingeschmolzen und umgegossen worden.

Einen Sonderfall der Textüberlieferung stellt die Stiftungsinschrift auf einem barocken Drackensteiner Kelch dar (nr. 215), deren Wortlaut offenbar von einem älteren, vermutlich umgeschmolzenen Stück übernommen wurde. Ebenfalls um eine inschriftlich ausgeführte Kopie handelt es sich bei zwei Dürnauer Tafeln mit einer Gedenk- und Mahninschrift (nr. 496). Sie wurden etwa 60 Jahre nach Anfertigung des Originals hergestellt, wobei die textliche Übereinstimmung mit dem verlorenen Original sogar auf dem neuen Inschriftenträger notariell beglaubigt wurde. Einige Inschriftenträger sind nur mehr durch Fotografien dokumentiert (nrr. 12, 114, 117, 425). Von einer im 2. Weltkrieg eingeschmolzenen Geislinger Glocke schließlich ist nur mehr ein Teilabguß in Gips erhalten (nr. 283).

Zitationshinweis:

DI 41, Göppingen, Einleitung, 3. Die nicht-originale Überlieferung der Inschriften (Harald Drös), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012e004.

  1. Die Summe der Inschriften ist größer als die Zahl der Katalognummern, da einige Inschriften in Sammelnummern zusammengefaßt, in der Statistik aber einzeln gezählt sind. »
  2. Vgl. auch Kap. 6: In etlichen Fällen ist zwar noch der Inschriftenträger bezeugt, der Text der Inschrift aber nicht tradiert. »
  3. Die für das Bearbeitungsgebiet relevanten Bestände sind im Verzeichnis der ungedruckten Quellen zusammengestellt. »
  4. Vgl. oben S. XXII. »
  5. Zu seinem handschriftlichen Nachlaß vgl. Klein, Handschriften 40f. »
  6. Vgl. unten S. XXVII. »
  7. 1664 Magister; vgl. Burkhardt, Wollaib 146. »
  8. Ein großer Teil der von Wollaib mitgeteilten Inschriften ist bislang unpubliziert. Auszüge, die verschiedene Ortschaften betreffen, hat Burkhardt, Wollaib 146–157 veröffentlicht; den Abschnitt über Süßen hat Walter Ziegler (Von Siezun bis Süßen 106–114) ediert. »
  9. Vgl. Kap. 4. 5. »
  10. Vgl. Heribert Hummel, Joseph Alois Rink. Ein vergessener schwäbischer Heimatforscher, in: Schwäb. Heimat 31 (1980) 193–201. »
  11. Max Bach, Art. „Klemm, Alfred“, in: ADB 51 (1906) 202–204. »
  12. Systematisch durchgesehen wurden alle Pfarrbeschreibungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in den ev. Dekanatarchiven Göppingen und Geislingen sowie die Pfarrchroniken der kath. Pfarrämter, die in Kopie im Kreisarchiv Göppingen vorhanden sind. »