Inschriftenkatalog: Hohenlohekreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 73: Hohenlohekreis (2008)

Nr. 650 Neunstetten (Stadt Krautheim), ev. Pfarrkirche 1612

Beschreibung

Grabplatte der Amalia von Berlichingen geb. von Grumbach. Innen an der Nordwand neben der Kanzel. Sandstein. Umschrift (A) zwischen schmalen profilierten Rahmenleisten; im oberen Felddrittel, das nach unten hin durch eine weitere Leiste abgegrenzt ist, befindet sich eine roll- und beschlagwerkgerahmte Tafel mit Bibelspruch (B); im Feld darunter zwei aneinandergeschobene Vollwappen, oben und unten jeweils umgeben von vier Ahnenwappen mit Beischriften in Schriftbändern: heraldisch rechte Ahnenprobe mit (C1) bis (C4), linke Ahnenprobe mit (D1) bis (D4); in den vier Ecken um die beiden Vollwappen sind die erhaben ausgehauenen Ziffern einer Jahreszahl (E) angeordnet. Mit Steinfarbe gestrichen, ringsum eingeputzt; rechter Rand leicht beschädigt.

Maße: L. 191,5, B. (ursprünglich) 93, Bu. 3,2 (A), 3,0 (B), 2,5 (C, D), Zi. 5,0–6,2 cm (E).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B), Humanistische Minuskel mit Frakturelementen (B), Fraktur (C, D).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    AN(N)O · DOMINI · 1612 · MONTAGS · DEN · 17 / AVGVSTŸ · IST · IN · GOTT · SEELIGLICHEN · ENTSCHLAFFEN · DIE · EDLE · VND · THVGE=/NTREICHE · FRAW · AMALIA · VON · BERL=/ICHINGEN · GEBORNE · VON · GRVMBACH · WITTIBIN · DEREN · SEELL · GOTT · GNAD ·a)

  2. B

    Alsso hatt Gott die weltt / gelieibtb) das er seinen ein/geboronenb) Sohn gab · auf / das alle die an in glaub=/en nitt verlohren sein · / Sonder dasz ewig Leben / haben ·a) IOHAN · 3 ·c)1)

  3. C1–4

    Geÿer · Gailinge(n) 
    Speszhart Dÿngen 

  4. D1–4

    Grumbach Martina · 
    Hutten · Fuchs · V(on) · D(ornheim) · 

  5. E

    1//6/1//2d)

Datum: 27. August n. St.

Wappen:
Berlichingen, Grumbach;
Geyer von GiebelstadtGailingGrumbachMortena2
SpessartThüngenHutten3Fuchs

Kommentar

Der Steinmetz verwendet drei unterschiedliche Schriftarten. Auffälligste Merkmale der Kapitalis sind die vergrößerten Anfangsbuchstaben, G mit nach links eingerückter Cauda, I mit großem quadrangelförmigen Punkt sowie oben und unten zugespitztes O. Das A am Beginn der Inschrift ist besonders ausgezeichnet: der linke Schrägschaft ist geschwungen und bildet unter der Grundlinie eine Schlinge, der rechte Schrägschaft ist nach links durchgebogen. Dieselbe Buchstabenform findet sich auch am Beginn der Inschrift (B), die in einer Mischschrift ausgeführt ist. Sie kombiniert Merkmale der Fraktur (Bogenbrechungen bei a, b, g, Form von v und w) mit Elementen der Humanistischen Minuskel (Ausrundung der Bögen, stumpf auf der Grundlinie endende Schäfte, Kapitalisversalien). Für die Wappenbeischriften schließlich ist eine Fraktur mit Kapitalisversalien eingesetzt. Aus derselben Werkstatt sind dem Schriftbefund zufolge weitere Inschriften im Bearbeitungsgebiet erhalten4.

Amalia war eine Tochter des Karl von Grumbach zu Estenfelden und der Sophia von Grumbach zu Rimpar5. Die heraldisch linke Hälfte des Wappenarrangements bezeichnet also ihre (verschobene) Ahnenprobe, die um ein Wappen der Urgroßelterngeneration (Fuchs) erweitert ist. Die heraldisch rechte Hälfte bildet entsprechend eine verschobene und um ein Urgroßelternwappen (Thüngen) erweiterte Ahnenprobe von Amalias Ehemann Hans Gottfried von Berlichingen zu Neunstetten († 1588)6. Die Ehe mit Hans Gottfried wurde 1580 geschlossen7.

Textkritischer Apparat

  1. Das letzte Quadrangel als Interpunktionszeichen durch oben und unten angesetzte Zierhäkchen hervorgehoben.
  2. Sic!
  3. Quadrangel zu einer zeilenfüllenden Zierranke ausgezogen.
  4. Ziffer 6 spiegelverkehrt, der eingerollte Bogen unten spitz; eckige 2.

Anmerkungen

  1. Jh 3,16.
  2. Halbgeteilt und gespalten, 1. Lilie, 2. gestielte Eichel, 3. linkshalber Adler am Spalt.
  3. Hier: zwei Schräglinksbalken.
  4. Vgl. Einl. 70f., 77f., 82f.
  5. Vgl. Biedermann, Steigerwald, tab. CCXVII.
  6. Vgl. dessen Epitaph nr. 433 mit vollständiger Achtahnenprobe beider Eheleute und die kurzen Erläuterungen von Leistikow, Inschriften von Krautheim 502f.; Vierengel, Ergänzungen 95 nr. 366.
  7. Heiratsabsprache 1580 VI 22; vgl. Kraus, Urkundenregesten Jagsthausen 228 Nr. 289.

Nachweise

  1. DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) nr. 366.

Zitierhinweis:
DI 73, Hohenlohekreis, Nr. 650 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di073h016k0065007.