Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 120 Evangelischer Kirchenkreis Düsseldorf 1611

Beschreibung

Abendmahlskelch. Silber, innen vergoldet, getrieben, gegossen, graviert. Auf dem sechspassigen Fuß mit profilierter Zarge sind umlaufend der Stiftervermerk (A) und in einem der Pässe das Eheallianzwappen der Stifter mit den Initialen (B) graviert; die Initialen links und rechts der Helmzier. Auf dem sechskantigen Schaft finden sich gravierte Muster, der Knauf ist mit plastischen geflügelten Engelsköpfen und Blattwerk auf den Schildflächen verziert. Darüber eine glatte, konische Kuppa. Links neben dem Wappenschild ist ein Kölner Beschauzeichen1), rechts das Meisterzeichen des Kölner Goldschmieds Friedrich Ernst2) eingeschlagen. Der Kelch wird seit der Umgestaltung der Berger Kirche zur Diakoniekirche in den 1980er Jahren beim Evangelischen Kirchenkreis Düsseldorf (früher: Gesamtverband der evangelischen Kirchengemeinden) aufbewahrt.

Maße: H. 19 cm; Dm. 10,1 cm (Kuppa), 14,3 cm (Fuß); Bu. 0,3 cm (A, B).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Ulrike Spengler-Reffgen) [1/2]

  1. A

    · IOHAN IACO/BI · A · WALHAVS/EN · ET · VXOR · / MARIA · D(ONVM) D(EDERVNT) · ECCLES(IAE)a) / · DVSSLD(ORPIENSI)b) INVA/RIATAE · CONF(ESSIONIS) AVG(V)S(TANAE) 1611c)

  2. B

    I(OHAN) I(ACOBI) // V(ON) W(ALHAUSEN)

Übersetzung:

Johann Jacobi von Wallhausen und seine Gemahlin Maria machten diesen Kelch der Düsseldorfer Kirche unveränderter Augsburger Konfession 1611 zum Geschenk. (A)

Wappen:
Jacobi von Wallhausen/unbekannt3)

Kommentar

Die schlichte Kapitalis weist keine Besonderheiten auf. Die Sporen sind, wenn vorhanden, rechtwinklig angesetzt. In Inschrift A sind aus Platzmangel bei dem letzten Wort und der Jahreszahl die Abstände zwischen den Buchstaben bzw. Ziffern deutlich schmaler als im Großteil der Inschrift ausgeführt. Als Worttrenner dienen sehr unregelmäßig ausgeführte Rauten, die mal konturiert graviert wurden, mal nahezu zu einem Schrägstrich reduziert.

Nach Irmscher zählt der Kelch zu einer Reihe von Kelchen mit „genuin nachgotischen Formen“, als deren Charakteristika er einen sechspassigen Fuß, einen prismatischen Schaft mit Maßwerkgravierungen und einen Rotelnknauf sowie eine glockenförmige Kuppa nennt.4) Allerdings werden hier statt Roteln am Knauf geflügelte Engelsköpfe gezeigt.

Von dem Kölner Goldschmied Friedrich Ernst, nach 1599 in Köln als Unverdienter eingeschrieben, ist nur dieser Kelch erhalten.5) Bezeugt ist allerdings ein zweites Stück, ein silberner Panzergürtel, der, versehen mit dem Prüfstempel des Schaumeisters Heinrich Groenbungart, an einen Deutzer Juden verkauft worden war. Ernst musste jedoch 1628 laut entsprechendem Ratsprotokoll vor dem Weseler Rat eingestehen, dass das Silber unterhaltig war.6)

Die Stiftung der Eheleute für die lutherische Gemeinde in Düsseldorf fällt in die kurze Zeitspanne zwischen dem Beginn des jülich-klevischen Erbfolgestreits und den Verträgen von Duisburg und Düsseldorf 1609 und dem Übertritt Pfalzgraf Wolfgang Wilhelms zum katholischen Glauben im Jahr 1614. In diesen Jahren konnten die evangelischen Gemeinden ihre Konfession frei ausüben und besaßen die Möglichkeit, das Abendmahl öffentlich einzunehmen.7)

Bei dem Stifter Johann Jakobi von Wallhausen (Verbandsgemeinde Rüdesheim, Landkreis Bad Kreuznach) handelt es sich möglicherweise um den gleichnamigen Militärschriftsteller (* um 1580, † 1627),8) der 1599 in die Dienste des Statthalters der Niederlande, Prinz Moritz von Oranien, getreten ist. Moritz von Oranien wiederum hatte zu Beginn des jülich-klevischen Erbfolgestreits die beiden Prätendenten Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Johann Siegmund von Brandenburg gegen den kaiserlichen Statthalter Erzherzog Leopold unterstützt.9) Später ist Johann Jakobi als Soldat in Ungarn und Russland nachweisbar, ab 1613 im Dienst der Stadt Danzig. 1616/17 ist er Direktor der in Siegen geplanten Kriegsschule im Dienst des Grafen von Nassau, 1620 steht er in Diensten des Kurfürsten von Mainz. Er hat eine Reihe umfangreicher kriegswissenschaftlicher Bücher geschrieben. Dass Johann Jakobi – möglicherweise – verheiratet war, war bislang unbekannt. Seine Ehefrau ist bislang an keiner anderen Stelle nachgewiesen.10) In welchem Kontakt die Eheleute zur lutherischen Gemeinde in Düsseldorf standen, ist nach bisherigem Kenntnisstand der Quellen nicht erkennbar.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzungszeichen fehlt.
  2. Sic!
  3. Die Buchstaben bzw. das Trennzeichen, die in der Edition jeweils hinter dem Zeichen für den Wechsel zum nächsten Pass (/) abgedruckt sind, stehen jeweils auf der Naht zwischen zwei benachbarten Pässen.

Anmerkungen

  1. Clasen, Silbermarken, S. 2, Nr. 3; Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Tafelbd., S. 749 unter I.I.g.
  2. Scheffler, Goldschmiede I, S. 487, Nr. 1199 u. ebd. II, S. 1122, Nr. 620; Clasen, Silbermarken, S. 80, Nr. 230.
  3. Schild gespalten: Vorn zwei schräg gekreuzte Schwerter, begleitet von drei Muscheln, hinten eine Hausmarke (Marke Nr. 20). Oberwappen nicht mehr deutlich erkennbar.
  4. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 244. Vgl. zur Beurteilung des Kelches als „typisch“ für die Nachgotik auch Kat. Frommer Reichtum, S. 268, Nr. 39 (K[arl] B[ernd] H[eppe]); Heppe, Beiderley Gestalt, S. 11.
  5. Vgl. die Angaben bei Scheffler und Clasen oben Anm. 1.
  6. Dazu zuletzt Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 74 Anm. 56. Zu weiteren Unregelmäßigkeiten, die in den Kölner Ratsprotokollen belegt sind, vgl. ebd., S. 203f.
  7. Vgl. Kat. Erster Pfalzgraf, S. 98, Nr. 73; Ackermann, Geschichte, S. 56–84; vgl. auch Wisplinghoff, Mittelalter, S. 294, und Kap. 2.1.4. der Einleitung.
  8. Vgl. Zopf, Jacobi von Wallhausen, S. 238.
  9. Wisplinghoff, Mittelalter, S. 206f.
  10. Zopf, Jacobi von Wallhausen, S. 238: „wohl ledig“.

Nachweise

  1. Kat. Ausstellung 1888, S. 82, Nr. 919.
  2. Kat. Reformatio, S. 173, Nr. 501.
  3. Kat. Frommer Reichtum, S. 268, Nr. 39 (K[arl] B[ernd] H[eppe]).
  4. Kat. Beiderley Gestalt, S. 174, Nr. 35 (K[arl] B[ernd] H[eppe]).
  5. Ackerrmann, Geschichte, S. 67 (A).
  6. Kat. Erster Pfalzgraf, S. 98, Nr. 73.
  7. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 244 Anm. 29 (A).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 120 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0012005.