Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 167 St. Lambertus, Schatzkammer 1637 o. später

Beschreibung

Tafelbild mit dem Porträt des Dechanten Dr. theol. Wilhelm Bont. Öl auf Holz, Rahmen aus Holz; in schlechtem Erhaltungszustand mit mehreren Rissen und zahlreichen Schäden in der Farbschicht. Unter einem gerafften Vorhang ist Bont in Dreiviertelfigur leicht nach links gedreht und den Betrachter anblickend in Chorkleidung dargestellt, in den gefalteten Händen einen Rosenkranz haltend. Unterhalb des Kreuzes am Rosenkranz hängt ein Medaillon mit einem Marienbildnis (?). Zur Linken Bonts steht ein mit einem Tuch bedeckter Tisch (Hausaltar?), auf dem ein Kruzifix aufgestellt ist, daran in Schwarz auf weißem Grund der Kreuztitulus (B). Neben dem Kreuz liegt ein Buch, auf den beiden aufgeschlagenen Seiten ein Gebet (C), ebenfalls in Schwarz auf weißem Grund. Im Hintergrund sind ein Einrichtungsgegenstand aus Holz sowie zwei Säulen zu erkennen. Inschrift A, eine Bildbeischrift mit cursus honorum und Sterbevermerk, verläuft in Gold auf dem Rahmen zunächst umlaufend von links unten über drei Seiten bis rechts unten; der Name, die Angabe seiner Stellung im Stift und der Sterbevermerk wurden auf dem unteren Teil des Rahmens nicht umlaufend, sondern in zwei Zeilen in üblicher Leserichtung angebracht.

Das Porträt hing 1844 über dem Grab Bonts „in der Kirche neben dem ersten Beichtstuhle (an dem Eingange zur Kirche neben der Sakristei)“1), 1906 noch2) und 1916 nicht mehr bei seinem Grab „oberhalb der Sakristeitür“, sondern im Nordwesten der Kirche,3) und schließlich 1925 in der Sakristei.4) Heute befindet es sich in der im ehemaligen Kapitelsaal eingerichteten Schatzkammer über der Tür.

Maße: H. 131 cm (ohne Rahmen), 146,5 cm (mit Rahmen); B. 77,5 cm (ohne Rahmen), 94 cm (mit Rahmen); Bu. 2,2–2,4 cm (A), 1,5 cm (A, letzte Zeile), 1,1 cm (B), 1,0 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Gerda Hellmer) [1/2]

  1. A

    PIETATE ET DOCTRINA VENERABILIS VIR APOSTOLICVS, RESTITVTOR ECCLESIASTICAE DISCIPLINAE, / PROTONOTARIVS APOSTOLICVS, S(ERENISSI)MIa) PRINCIPIS WOLFGANGI / WILHELMI, COMITIS PALAT(INI) RHENI BAVAR(IAE) JVL(IAE) CLIV(IAE) AC MONT(IVM) DVCIS IN ECCLES(IASTICIS) CONSILIARIVS. / WILHELMVS BONT, / WEDANVS, S(ANCTAE) THEOL(OGIAE) DOCT(OR) A(NN)Ob) 1611 MARIANAE HVJVS ECCLESIAE DECANVS, OBIIT 1637.

  2. B

    I N R I5)

  3. C

    MORS / TVA / CHRISTE / ROGO // SI[.]c) / MIHI / VITA / SALVS6)

Übersetzung:

Der für seine Frömmigkeit und Gelehrsamkeit verehrungswürdige, apostelgleiche7) Mann, Wiederhersteller der kirchlichen Ordnung, apostolischer Protonotar, des durchlauchtigsten Fürsten Wolfgang Wilhelm, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogs in Bayern, Jülich, Kleve und Berg, Rat in kirchlichen Angelegenheiten, Wilhelm Bont aus Wied, Doktor der heiligen Theologie, im Jahr 1611 Dechant dieser Marienkirche (geworden), starb 1637. (A)
Dein Tod, Christus, bitte ich, möge mir Leben (und) Heil sein. (C)

Versmaß: Pentameter (C).

Kommentar

Bis auf zwei Ausnahmen werden die Kürzungen in A durch einen Punkt auf der Grundlinie kenntlich gemacht. Die Schrift in A ist insgesamt sorgfältig und sauber ausgeführt. Sie besitzt nur wenige Auffälligkeiten wie I und J mit Punkt und zeigt gewisse Ähnlichkeiten mit der Schrift auf der Predella des 1623 von Bont gestifteten Altares (Nr. 141), z. B. in den Linksschrägen- und Bogenverstärkungen und der Gestaltung der Bogen- und Schaftenden; allerdings sind diese Elemente nicht so ausgeprägt wie in der älteren Inschrift. Zudem wirkt die Schrift des Sterbevermerks insgesamt sehr viel schlanker als die ältere Inschrift und weist keine us-Abkürzungen, keine Nexus litterarum und keine vergrößerten Anfangsbuchstaben auf. Ähnlichkeiten zu der Stifterinschrift auf der Predella bestehen auch im Formular bei der Angabe der einzelnen Ämter. Zudem ist die Darstellung des Dechanten auf der Predella in Kleidung, Gesicht und Haltung nahezu identisch; der Bildausschnitt ist allerdings kleiner gewählt. Möglich ist mithin, dass das Porträt Bonts bereits um 1623 angefertigt wurde und als Vorlage für das kleinere Bild auf der Predella diente oder dass beide Bilder auf eine Vorlage zurückgehen.8) Die Inschrift auf dem Rahmen kann allerdings frühestens nach dem Tod des Dechanten im Dezember 16379) angefertigt worden sein. Die Buchstaben in B und C weisen nicht die Linksschrägen- und Bogenverstärkungen von A auf, die Schrift ist breiter.

Über die Stifterinschrift von 1623 hinausgehend wird Bont als RESTITVTOR ECCLESIASTICAE DISCIPLINAE bezeichnet. Zwar sind bislang aus seiner Amtszeit keine Statutenreformen oder vergleichbare Vorgänge bekannt. Bont stand jedoch in schwieriger Zeit an der Spitze der Düsseldorfer Kanoniker.10) So fielen in seine Amtszeit der Streit um die Nachfolge in Jülich-Kleve-Berg und die Jahre vor dem Übertritt Pfalzgraf Wolfgang Wilhelms zum katholischen Glauben,11) die Pest, die besonders in den zwanziger Jahren mit dem Höhepunkt um 1627/28 mit angeblich 3000 Toten wütete,12) und die Explosion des Pulverturms 1634 mit ihren Folgen auch für die Stifts­kirche.13) Bayerle14) berichtet zudem über einen Vorfall, der sich zwischen 1611, dem Amtsantritt Bonts, und 1614, dem Übertritt Wolfgang Wilhelms zum Katholizismus, am Fronleichnamstag ereignet haben soll.15) Trotz eines Verbotes, öffentlich Gottesdienste zu halten, sollen sich die ebenfalls teilnehmenden Katholiken aus Bilk und Hamm nach dem von Bont gehaltenen Hochamt in Prozessionsordnung aufgestellt und dadurch auch die Düsseldorfer zur Teilnahme bewogen haben, so dass mit dem Dechanten und der übrigen Geistlichkeit eine sehr große und feierliche Prozession ungehindert durch die Stadt gezogen sei. Möglicherweise wird mit RESTITVTOR ECCLESIASTICAE DISCIPLINAE auch auf die Beteiligung Bonts am Übertritt des Pfalzgrafen hingewiesen. Ob er tatsächlich den Pfalzgrafen vor dem Übertritt im katholischen Glauben unterwiesen hat16) oder lediglich an den Feierlichkeiten in der Stiftskirche beteiligt war,17) lässt sich nicht mehr klären. Weitere Angaben zur Person des Wilhelm Bont vgl. oben Nr. 141.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch hochgestellte und durch zwei kurze waagerechte Striche unterstrichene Endsilbe.
  2. Kürzung durch hochgestellten und durch zwei waagerechte Striche unterstrichenen Endbuchstaben.
  3. Das Ende des Wortes ist durch den rechten Rand des Gemäldes abgeschnitten; wohl SIT.

Anmerkungen

  1. Bayerle, Kirchen, S. 55 Anm.
  2. Dattenfeld, St. Lambertuspfarre, S. 29.
  3. Schumacher, Topographie, S. 87, das Zitat ebd.
  4. Krahe/Theissen, St. Lambertus, S. 86.
  5. Nach Io 19,19.
  6. Vgl. dazu Walther, Proverbia, Bd. 2, Nr. 15207: „Mors tua, Christe, mihi vita est, victoria, regnum.“ Vgl. auch das Gebet zum Gekreuzigten in der Danksagung nach der Feier der hl. Messe mit den Worten „mors tua sit mihi vita indeficiens“ (Römisches Messbuch, S. 492). S. auch DI 33 (Jena), Nr. 83; DI 39 (Landkreis Jena), Nr. 241.
  7. Vgl. zu dieser Übersetzung Lexicon Latinitatis Nederlandicae, Vol. 1, Sp. A 432: „dignus qui cum apostolis comparetur“.
  8. Kampmann, Kunstdenkmälerverzeichnis St. Lambertus, S. 37, datiert es auf „um 1630/40“; Peters, Ausstattung, S. 148, auf „um 1640“.
  9. Vgl. dazu die Angaben im Kommentar zu Nr. 141.
  10. Vgl. z. B. Aders, Geschichte, S. 33.
  11. Vgl. dazu Kap. 2.1.1 der Einleitung.
  12. Müller, Herrschaft, S. 15f.
  13. Vgl. dazu Brzosa, Geschichte, S. 95–97 mit sehr ausführlichen Anmerkungen; vgl. auch Müller, Herrschaft, S. 15.
  14. Zum Folgenden Bayerle, Kirchen, S. 55f.; vgl. dazu auch Brzosa, Geschichte, S. 518f.
  15. Vgl. jedoch zu Zweifeln an der Darstellung Bayerles Brzosa, Geschichte, S. 519 Anm. 10.
  16. Dattenfeld, St. Lambertuspfarre, S. 28.
  17. Vgl. dazu Richter, Übertritt, S. 133.

Nachweise

  1. Clemen, KDM Düsseldorf, S. 43 (A unvollst., nur die Zeilen auf der unteren Rahmenleiste).
  2. Kampmann, Kunstdenkmälerverzeichnis St. Lambertus, S. 37 (A, C).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 167 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0016709.