Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 156 St. Andreas, Schatzkammer 1620–1630

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet; getrieben, graviert. In einem der Pässe des zweifach abgestuften, sechs­passigen Fußes mit profiliertem Stehrand ein ovales, von Strahlen umgebenes Medaillon mit Jesusmonogramm (A); in den Pässen links und rechts davon je ein mit Blickrichtung auf das Monogramm knieender Engel vor Architektur; in dem dem Monogramm gegenüberliegenden Pass ein Kreuz und in den benachbarten Pässen jeweils die Halbfigur eines männlichen Heiligen in Priesterkleidung. Der Heilige auf der linken Seite trägt eine Stola, die ein weiteres Jesusmonogramm (B) zeigt; vielleicht ist Ignatius von Loyola dargestellt, als dessen Attribut häufig das bei den Jesuiten sehr verbreitete Monogramm begegnet.1) Der Heilige auf der rechten Seite hält in der rechten Hand eine Lilie, das Attribut des jesuitischen Heiligen Aloysius von Gonzaga.2) Bei beiden Heiligen zu beiden Seiten im Hintergrund Architektur. Über dem hochgezogenen Fuß ein vasenförmiger Nodus mit drei geflügelten Engelsköpfen und eine glatte, wohl erneuerte Kuppa. In den Stehrand eingeschlagen ein nicht eindeutig erkennbares, vielleicht Kölner Beschauzeichen sowie ein verschlagenes Meisterzeichen,3) das von Clasen als jenes des Kölner Meisters mit Sparren und drei Kleeblättern4) identifiziert wurde.

Maße: H. 22,5 cm; Dm. 14,5 cm (Fuß); Bu. 0,5 cm (A), 0,2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Gerda Hellmer) [1/3]

  1. A

    IHSa)5)

  2. B

    IHSb)5)

Kommentar

In Inschrift A sind bei I und H die Schäfte in Konturschrift mit Schraffur in den Zwischenräumen ausgeführt; der auffällig breite Mittelbalken des H ist doppellinig, das S einfach mit leichter Bogenschwellung und einem leicht eingerollten oberen Bogenende ausgeführt. Inschrift B ist einfach graviert; die Sporen am Balken des I und dem linken Balken des H sind miteinander verbunden; der Sporn am unteren Ende des rechten Balkens von H geht in den unteren Bogen des S über.

Der Kelch wird auf 1620–1630 datiert, seine Herkunft mit „Köln (?)“ angegeben.6) Diese Angaben stützen sich auf die Aussage von Schürmann, die 1978 darauf hinwies, dass der Kelch „formal den Kölner Ciborien von Wendel Dederichs vergleichbar“7) sei, dessen Arbeiten um 1610 bis um 1630 in Köln entstanden sind und der 1649 verstarb.8) Clasens Identifizierung des Meisterzeichens als das des Kölner Meisters mit Sparren und drei Kleeblättern9) passt zu diesen Angaben, kann anhand des heutigen Zustands des Zeichens jedoch nicht mehr geprüft werden. Irmscher, der die Identifizierung von Clasen übernimmt, und den Kelch ohne weitere Angaben auf „etwa 1625/1634“10) datiert, verweist auf die zeittypische Dekoration des Nodus mit geflügelten Engelsköpfen.11) Im Abbildungsteil hat er jedoch nicht diesen, sondern den jüngeren Kelch aus St. Andreas (Nr. 205) abgebildet.12)

Der Kelch gehört zu den ersten Ausstattungsgegenständen der Andreaskirche. Dass die Heiligendarstellungen auf den Pässen jesuitische Heilige zeigen, ist nicht nur durch die Zugehörigkeit zur Düsseldorfer Jesuitenkirche, sondern auch die zweifache Verwendung des bei den Jesuiten verwendeten Jesusmonogramms sehr wahrscheinlich. Für die Identifizierung als Ignatius und Aloysius spricht auch die Darstellung dieser Heiligen bei den Ende des 17. Jahrhunderts geschaffenen Silberstatuen von St. Andreas. Ignatius hält in der Rechten einen Strahlenkranz mit Jesusmonogramm, Aloysius in der Linken einen Lilienstab.13)

Textkritischer Apparat

  1. Befund: Über dem Balken des H ein Kreuz, bei dem das obere Ende des Balkens sowie die seitlichen Balken als Dreiecke ausgeführt sind, aus dem unteren Balkenende sprießen Blätter oder Blüten. Unter IHS ein Herz mit drei Nägeln, rechts und links des Herzens je zwei Blutstropfen oder kleine Flammen.
  2. Befund: Über dem Balken des H ein Kreuz; unter IHS ein Herz ohne die sonst üblichen Nägel.

Anmerkungen

  1. C[hrista] Morawa, Art. Ignatius von Loyola, in: LCI 6, Sp. 568–574, 569. Auf die Möglichkeit einer Ignatius-Darstellung wird auch hingewiesen in Kat. Frommer Reichtum, S. 269, Nr. 43 (S[onja] Schü[rmann]), Kat. Erster Pfalzgraf, S. 107, Nr. 89; u. Kat. St. Andreas, S. 128, Nr. A 60 ([Sonja Schürmann]).
  2. V[incent] Mayr/L[ieselotte] Schütz, Art. Aloysius (Luigi) Gonzaga, in: LCI 5, Sp. 100f.
  3. Zu den Zeichen vgl. Kat. Frommer Reichtum, S. 269, Nr. 43 (S[onja] Schü[rmann]); Kat. St. Andreas, S. 128, Nr. A 60.
  4. Clasen, Silbermarken, S. 94, Nr. 266e.
  5. Zu den unterschiedlichen Möglichkeiten, dieses Monogramm aufzulösen, s. Kap. 1 der Einleitung.
  6. Kat. Frommer Reichtum, S. 269, Nr. 43 (S[onja] Schü[rmann]); Kat. Erster Pfalzgraf, S. 107, Nr. 89; Kat. St. Andreas, S. 128, Nr. A 60 ([Sonja Schürmann]).
  7. Schürmann in: Kat. Frommer Reichtum, S. 269, Nr. 43.
  8. Zu Dederichs Scheffler, Goldschmiede, Bd. 1, S. 489, Nr. 1214; Clasen, Silbermarken, S. 73, Nr. 211. Vgl. auch Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 258f., u. Tafelbd., Abb. 53–55.
  9. Clasen, Silbermarken, S. 94, Nr. 266e; dort werden Stücke des Meisters aus der Zeit von „um 1630“ bis 1636 aufgelistet.
  10. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 276.
  11. Ebd., S. 277.
  12. Ebd., Tafelbd., Abb. 119.
  13. Vgl. dazu die Angaben und Abbildungen zu den Statuen in Kat. St. Andreas, S. 220f., Nr. A 33 (Ignatius) u. S. 222f., Nr. A 36 (Aloysius) (beide [Sonja Schürmann]), der auch vor der 1893 erfolgten Überarbeitung durch Beumers eine Lilie trug (dazu Zacher, Kirchenschatz, S. 107 Abb.).

Nachweise

  1. Kat. Frommer Reichtum, S. 269, Nr. 43 (S[onja] Schü[rmann]) (Erwähnung der Monogramme) u. S. 76 Abb. 8 (Abb. Kelch).
  2. Kat. Erster Pfalzgraf, S. 107, Nr. 89 (Erwähnung der Monogramme).
  3. Kat. St. Andreas, S. 128, Nr. A 60 (Sonja Schürmann) u. Abb. S. 131 (Abb. S. 129 u. S. 131 verwechselt).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 156 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0015604.