Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 117† Kreuzherrenkirche 1608

Beschreibung

Votivtafel. Die angeblich steinerne Tafel1) ließ Johann Bertram Reichsfreiherr von Scheidt genannt Weschpfennig aus Anlass einer Reise ins Heilige Land an der Westwand der Kirche anbringen. 1901/02 überliefert Scheider vom Scheid die Inschriften auf der zu diesem Zeitpunkt verlorenen Tafel ohne Angabe seiner Quelle. Die Trostsprüche in Form eines Bibelzitats (A) und einer Bibelparaphrase (B), der Stiftervermerk (C) und die Fürbitte (D) werden im Druck durch einen größeren Zeilenabstand voneinander abgesetzt; die letzte Zeile, die in A, C und D im Druck nur aus einem Wort besteht, ist jeweils zentriert gesetzt. Ob diese Anordnung und Verteilung der tatsächlichen Ausführung auf der Tafel entsprach, ließ sich nicht klären. Der gesamte Wortlaut ist mit einem die Umrisse der Tafel nachahmenden Rahmen versehen, in dessen Ecken Löcher für eine Anbringung zu erkennen sind. Angaben zu Größe oder Ausschmückung der Tafel sind nicht bekannt. Die Votivtafel wurde vermutlich 1819 während der Profanierung der Kirche beseitigt.2)

Nach Scheider vom Scheid.

  1. A

    Selig ist der das brod isset im reiche gottes3)

  2. B

    Der herr herr Jesus Christus ist mein leben sterben mein gewinn4)

  3. C

    15 april a(nno) d(omini) 1608 hat der ehrsame und ritterliche herr Joh(ann) Bertram von Scheid-Weschpfenning ambtmann zu Angermund freiherr zu Heltorf diese votivtafel als er seine reise nach dem heiligen lande vorgenommen aufrichten lassen

  4. D

    Gott gebe ihm fröhliche widerkunft amen

Kommentar

Johann Bertram von Scheidt gen. Weschpfennig, Herr zu Heltorf und Inhaber zahlreicher weiterer Besitzungen, wurde am 16. November 15805) als Sohn des Solinger Amtmannes und Kellners von Burg Wilhelm von Scheidt und seiner Frau Maria von Troisdorf geboren.6) Als Rat schon 1603 belegt,7) zählte er zu den wenigen Räten, die 1609 den Possidierenden ohne Widerstand den Huldigungseid leisteten.8) 1610 wurde er zum Amtmann von Angermund ernannt.9) Bis 1652 begegnet er als Amtmann von Angermund und Landsberg, als bergischer Marschall bis 1641; 1643 wurde er zum Oberhofmeister ernannt. In zahlreichen Verhandlungen und Gesandtschaften war er als Unterhändler tätig.10) 1642 wurde er zum Geheimen Rat und in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Niederau nennt ihn auch als „Prinzenerzieher, Wohltäter der Stadt, der Armen, kirchlicher Gemeinden“.11) Johann Bertram von Scheidt war verheiratet mit Margarete von Tengnagel.12) Die Ehegatten13) sind Mitglieder der 1657 an der Kreuzherrenkirche wiedererrichteten Rosenkranzbruderschaft gewesen.14) Am 4. Juni 1662 im Alter von 81 Jahren verstorben, soll Johann Bertram von Scheidt gen. Weschpfennig in der Kreuzherrenkirche beigesetzt worden sein.15) Angaben über eine entsprechende Grabplatte oder ein Epitaph liegen nicht vor.

Die Votivtafel wurde nicht als Zeichen des Dankes für einen bereits erfolgten Schutz bei der Reise, über die nichts bekannt ist, sondern als Bittzeichen errichtet.16)

Anmerkungen

  1. Dieses Material gibt Scheider vom Scheid, Familien, S. 4, an.
  2. Vgl. zur Profanierung der Kirche Kap. 2.1.2 der Einleitung.
  3. Lk 14,15; in der Übersetzung der Lutherbibel von 1545.
  4. Paraphrase nach Phl 1,21; vielleicht auch nach der Lutherbibel von 1545.
  5. So Scheider vom Scheid, Familien, S. 4; 1581 nach Füchtner/Preuss, Inventar, S. 752.
  6. Zu Wilhelm von Scheidt, seiner Gemahlin und einem Teil seiner Kinder vgl. Kurt Niederau, Die Schenkerliste einer Burger Doppelhochzeit von 1597, in: ders., Beiträge zur Solinger Geschichte, Solingen 1983, S. 68–128 u. 201–204; vgl. zu Wilhelm auch ders., Genealogie, S. 162–164.
  7. Füchtner/Preuss, Inventar, Nr. 51.
  8. Cürten, Organisation, S. 225; zum Verhalten der Räte nach dem Tod Herzog Johann Wilhelms vgl. auch Richter, Räte, S. 131–134.
  9. Füchtner/Preuss, Inventar, Nr. 412; zu seinen Titeln vgl. auch den Eintrag in PfA St. Lambertus Düsseldorf-Altstadt, Hss. 8, fol. 8v, sowie die Zusammenstellung bei Paul Eberhard v. Scheidt gen. Weschpfennig, Stammfolgen der Familie Scheidt-Weschpfennig, in: MWGFk 44 (2009/2010), S. 201–205, 204.
  10. Vgl. Tornow, Verwaltung, S. 155 (Register); Füchtner/Preuss, Inventar, S. 752f. (Register). Es soll seinem Verhandlungsgeschick zu verdanken sein, dass Düsseldorf und das Bergische Land in den 40er Jahren des 17. Jahrhunderts keine spanische Besetzung hinnehmen mussten. Vgl. dazu Jegodtka, Grabstätten, S. 147. Zu Angermund und dem Besitz von Heltorf vgl. auch Schmitz, Land, Bd. 1, S. 30 (mit zu korrigierenden Datumsangaben), 91, 98 u. 210f; Bd. 2, S. 149–151.
  11. Niederau, Bemerkenswertes, S. 235. Vgl. ebd., S. 235f. weitere Angaben. Zu seinen Verdiensten für die Stadt vgl. auch Ferber, Wanderung, Bd. 1, S. 25. 1621 wird er auch in einer Urkunde des Kollegiatstiftes genannt (Höroldt, Inventar St. Lambertus, Nr. 101).
  12. Hermann Lohausen, Kirchenbuchnotizen aus St. Lambertus in Düsseldorf, betr. Familie Spee, 1600–1800, in: Düsseldorfer Familienkunde 14 (1978), S. 44–46, 45; Strahl, Trauregister, Bd. 5, S. 640.
  13. Ihre Wappen von 1627 befinden sich noch heute auf dem von ihnen 1626 erworbenen Haus Altestadt 14. Vgl. dazu Nr. 150.
  14. PfA St. Lambertus Düsseldorf-Altstadt, Hss. 8, fol. 8v.
  15. Fahne I, S. 381; Scheider vom Scheid, Familien, S. 4; Niederau, Bemerkenswertes, S. 234.
  16. Vgl. zu Votivgaben als „Bitt- und Dankzeichen“ und ihrer herkömmlichen Ausschmückung W[olfgang] Brückner, Art. Votive, Votivbilder, in: LCI 4, Sp. 472–474, 472 und Art. Votiv- und Weihegaben, in: Lexikon der Kunst 7, S. 675.

Nachweise

  1. Scheider vom Scheid, Familien, S. 4.

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 117† (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0011704.