Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 654† Domkirche, nördliches Seitenschiff, 1. Joch 1695

Beschreibung

Epitaph für Ignaz Plebst, ehemals beim St. Leontinus-Altar, also im ersten Joch des nördlichen Seitenschiffes1). Das Epitaph ist verloren, kann aber aufgrund der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch beschrieben werden2). Demnach handelte es sich um eine Inschriftentafel mit 23-zeiliger Inschrift (II) in ornamentiertem Rahmen zwischen zwei korinthischen Säulen. Darunter ein gestuftes Podest mit einem geflügelten Totenschädel im querrechteckigen Feld, zu beiden Seiten vorspringend hochrechteckige Felder. Rechts und links Akanthusblätter. Die beiden Säulen werden außen flankiert von je einer großen weiblichen allegorischen Gestalt, links Fides mit Kreuz und Kelch, rechts Spes mit einer Krähe3). Im Architrav in ovaler Kartusche die Inschrift I. Als Bekrönung im gesprengten Giebel ein akanthusblattgeschmücktes Rundfeld mit dem Vollwappen. Hinter den Giebelteilen je ein geflügelter Putto.

Text nach Cranner.

  1. I.

    Hodie mihi, cras tibi

  2. II.

    Hic quiescit Reverendissimus et Praenobilis dominus Ignatius Plebst S(acro)S(anctae)a) Theologiae doctor, Serenissimi Reverendissimi Electoris coloniensis Josephi Clementis episcopi ratisbonensis Coadministrator et Vicarius generalis, hujus ecclesiae cathedralis canonicus et Custos, et ad S(anctum) Ioannem Praepositus, vir eloquentia et rerum peritia vere insignis, de dioecesi et ecclesia optime meritus, quam in vita laboriose direxit, et ne post mortem etiam deficeret, haeredem instituit. Ex hac umbra virtutes reliquas adumbra, et defuncto praemia aeterna praecare. obiit IV Aprilis MDC.XCV aetatis anno LXXII.

Übersetzung:

Heute mir, morgen dir. (I)

Hier ruht der hochwürdigste und hochedle Herr Ignaz Plebst, Doktor der hochheiligen Theologie, des durchlauchtigsten hochwürdigsten Kurfürsten von Köln und Bischofs von Regensburg Joseph Clemens, Koadministrator und Generalvikar, Kanonikus und Kustos dieser Bischofskirche und Propst bei St. Johann, ein in Beredsamkeit und Lebenserfahrung wahrhaft ausgezeichneter, um die Kirche und die Diözese bestens verdienter Mann: Zu Lebzeiten hat er sie unter Mühen geleitet, und damit er (ihr) auch nach dem Tode nicht fehle, hat er sie als Erbin eingesetzt. Entwirf (dir) aus diesem Schatten(bild) seine übrigen Tugenden und bete für ihn um den ewigen Lohn! Er ist am 4. April 1695 im 72. Lebensjahre gestorben. (II)

Datum: 1695 April 44).

Wappen:
Plebst5).

Kommentar

Ignaz Plebst stammte aus Landshut und studierte von 1641 bis 1648 am Collegium Germanicum in Rom; zudem immatrikulierte er sich auch (als Ignaz Hieronymus Plebst) im Wintersemester 1645 an der Universität Ingolstadt, wo er 1651 zum Doktor promoviert wurde6). Am 5. April 1652 wurde er in das Domkapitel aufgenommen, wo er die Ämter eines Kustos, des Generalvikars und Koadministrators des Bistums innehatte7). 1664 war er Stiftsdekan von St. Martin in Landshut. Dieses Amt resignierte er, als er 1670 Stiftspropst von St. Johann in Regensburg wurde8). Am 11. März 1669 wurde er zum fürstbischöflichen Konsistorial-, Hof- und Kammerrat ernannt9). Er stiftete 1689 für den Dom ein neues Chorgestühl, angefertigt vom Frauenzeller Schreiner Josef Strasser, das auch sein Wappen trug10), sowie die silbernen Bildbüsten Maria und Joseph am Hochaltar11). Er starb im Alter von 72 Jahren, die Domkirche war Erbe seines Vermögens12). In der Nähe des Epitaphs befand sich im Boden die heute ebenfalls verlorene Grabplatte (s. Kat.-Nr. 655 †).

Textkritischer Apparat

  1. SS-Kürzung, evtl. auch für Sanctissimae.

Anmerkungen

  1. Cranner 112; Freytag/Hecht 36.
  2. ABAdW, Grabsteinbuch 66.
  3. Das die Allegorie der Spes begleitende Attribut der Krähe geht als Neuerung auf den Antwerpener Bildhauer Cornelis Floris (1514-1575) zurück, der die römische Interpretation des Rufes der Krähe (cras, cras) als Hoffnung auf ein besseres Morgen übernimmt, s. Panofsky, Grabplastik 84.
  4. Leoprechting 146: ob(iit) 1694; Güntner, Pröpste 48: 5. April.
  5. Bg6 52.
  6. Ries, Generalschematismus 151; Steinhuber, Kollegium Germanikum 448, 450; Schmidt, Collegium Germanicum 285; Pölnitz, Matrikel Ingolstadt II, 1645, 703,5; Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 95.
  7. Leoprechting 146; Paricius, Nachricht 66; Bernclau, Episcopatus 333; Cranner 24.
  8. Güntner, Pröpste 48.
  9. BZAR ADK 171a.
  10. Loers, Barockausstattung 230f.
  11. Fuchs Friedrich, Der Dom St. Peter 227.
  12. Cranner 24.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; ABAdW, Grabsteinbuch 66; Bernclau, Episcopatus 333; Cranner 112; Zirngibl, Epitaphia 23; Ried, Collectio 17v.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 654† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0065405.