Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 647(†) Domkirche, nördlicher Seitenchor 1686

Beschreibung

Verlorene Inschrift vom Epitaph für den Auxiliarbischofbischof Franz Weinhart, ehemals außer dem gitter beym St. Stephans-Altar1), also im nördlichen Seitenchor an der Wand. Das Gesamtdenkmal ist heute verloren, kann aber aufgrund der Abzeichnung in der ABAdW, Grabsteinbuch beschrieben werden2). Erhalten hat sich das zentrale Bildrelief. Fünfstöckiger Aufbau, unten ein nach außen gewölbter Sockel mit Akanthusverzierung, darüber in einem Zwischengeschoß zwei vorkragende Postamente, oben mit Totenschädeln und Knochen verziert, an der Seite mit einem geflügelten Engelskopf. In der Mitte aufgesetzte querovale Schriftkartusche im Akanthusrahmen, die sich über das Sockelgeschoß und das Zwischengeschoß wölbt, darin die fünfzehnzeilige Inschrift I. In der Hauptzone in einem mit Akanthusblättern ornamentiertem Rahmen zwischen zwei korinthischen Doppelsäulen befand sich das heute noch vorhandene Relief mit der Darstellung der Arbeiter im Weinberg3), Seitenhänge mit je einem Putto und Akanthusblattornamenten. Im Architrav ein querrechteckiges, an den Seiten mit je einem Halbkreis besetztes Feld mit der zweizeiligen Inschrift (II). Darüber in einer akanthusblattgeschmückten Kartusche das Vollwappen, zu beiden Seiten je ein sitzender Putto, der rechte ein Tuch vor den Mund haltend.

Text nach Cranner.

  1. I.

    Sta viator! en non procul hinc iacet sedulus ac sobrius vinitor reverendissimus et perillustris Dominus Franciscus Weinhardt S(acro)S(anctae) Theologiae doctor, episcopus Liddensis, cathedralis ecclesiae ratisbonensis Suffraganeus canonicus capitularis Consistorii praeses, vicarius generalis, et officialis, qui in vineam Domini conductus nunquam stetit otiosus a mane usque ad Vesperum, [ad] aetatis suae annum LXVIIII laboravit fideliter, portavit pondus diei et aestus annis ferme XL, ergo ad coelestum denarium vocatus R(equiescat) I(n) P(ace)

  2. II.

    Ite et vos in vineam meam, et quid iustum / fuerit dabo vobis, Matth. XX.

Übersetzung:

Bleib stehen, Wanderer! Siehe, nicht weit von hier liegt ein eifriger und nüchterner Winzer, der hochwürdigste und sehr erlauchte Herr, Herr Franz Weinhardt, Doktor der hochheiligen Theologie, (Titular-)Bischof von Lydda4), Auxiliarbischof der Regensburger Kirche, Kanonikus, (Dom-)Kapitular, Vorsitzender des Konsistoriums, Generalvikar und Offizial, der, nachdem er sich in den Weinberg des Herrn verdungen hatte, vom Morgen bis zum Abend nie müßig gestanden ist, (sondern bis zum) 69. Jahre seines Lebens treu gearbeitet und fast 40 Jahre lang die Last des Tages und der Hitze getragen; darum ist er zum Empfang des himmlischen Denars gerufen worden, möge er ruhen in Frieden. (I)

Gehet auch ihr in meinen Weinberg, und ich werde euch geben, was recht ist. (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Mt 20,4. (II)
Wappen:
Weinhart5).

Kommentar

Der Inschriftentext nimmt das Gleichnis der Arbeiter im Weinberg (Mt 20, 1-16) zur Grundlage für die Interpretation des Lebens des Franz Weinhart.

Das Epitaph für Franz Weinhart wurde im Zuge der Restaurierung des Domes im 19. Jahrhundert entfernt6) und nur das Relief der Arbeiter im Weinberg in der Kirche belassen. Zur Biographie und zur Grabstätte des Auxiliarbischofs, die sich in unmittelbarer Nähe des Epitaphs befand, s. Kat.-Nr. 646.

Anmerkungen

  1. Cranner 91; Freytag/Hecht 54.
  2. ABAdW, Grabsteinbuch 90.
  3. Vgl. Mt 20, 1-16. Niedermayer 81; Kdm Regensburg I, 112; das Relief befindet sich heute in der Apsis des nördlichen Seitenchors an der Nordwand; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 731 (Abb. 2474).
  4. Lydda (heute Lod bzw. al-Ludd/Israel), Titularbistum in partibus infidelium.
  5. Tir 19.
  6. Schuegraf Dom II, 44.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; Zirngibl, Epitaphia 23; Cranner 91; Bernclau, Episcopatus 441f.; ABAdW, Grabsteinbuch 90; Mayer, Thesaurus III, 69; Schuegraf, Dom II, 44f.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 647(†) (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0064702.