Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 646 Kreuzgang, Westflügel, 8. Joch 1686

Beschreibung

Fragment der Grabplatte für den Auxiliarbischof Franz Weinhart aus Kalkstein, ehemals wohl vor dem heute verlorenen Wandepitaph (s. Kat.-Nr. 648 †) außer dem gitter beym St. Stephans-Altar1), also im nördlichen Seitenchor der Domkirche im Boden eingelassen, heute im Kreuzgang an der Wand2). Das obere Drittel der Grabplatte ist abgeschnitten, heute noch vorhanden ist der untere Teil mit dem fünfzeiligen zentrierten Rest der Inschrift, darunter die Mitra mit schräggelegtem Pedum. Der Abzeichnung in der ABAdW, Grabsteinbuch zufolge handelte es sich um eine zehnzeilige Inschrift. Über der ersten Zeile befand sich ein gleicharmiges Kreuz. Der noch vorhandene Teil ist relativ gut erhalten.

Ergänzt nach Text ABAdW, Grabsteinbuch.

Maße: H. 75 cm, B. 65 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Humanistische Minuskel.

© Bildstelle der Stadt Regensburg (Peter Ferstl) [1/1]

  1. [+ / Hic Situs / R(everendissi)musa) Et Perill(ustris) D(ominus) D(ominus) Franciscus / Weinhardtb) Episcop(us) Liddensis, / Suffraganeus Ratisbon(ensis) Consist(orii) / Praeses, Official(is) Et Vicar(ius) Gen(eralis)]c) / Eccles(iae) Cathed(ralis) Canon(icus) Capitul(aris) / S(acro)S(anctae) Theol(ogiae) Doct(or) / Qui Obijt XXII. Jun(ii) / A(nn)od) MDCLXXXVI. AEt(atis) suae. LXIX. / Requiescat in Pace.

Übersetzung:

Hier liegt der hochwürdigste und sehr angesehene Mann, Herr Franciscus Weinhardt, Bischof von Lydda, Auxiliarbischof in Regensburg, Vorsteher des Konsistoriums, Offizial und Generalvikar, Domherr im Kapitel der Regensburger Kirche, Doktor der hochheiligen Theologie, der am 22. Juni des Jahres 1686 im Alter von 69 gestorben ist. Er möge ruhen in Frieden.

Datum: 1686 Juni 22.

Kommentar

Franz Weinhart wurde am 8. März 1618 als Sohn des aus Augsburg stammenden Arztes Paul d. Ä. Weinhart und dessen zweiter Frau Anna Burgkklechner in Innsbruck geboren. Hier besuchte er von 1631 bis 1637 das Gymnasium und war Mitglied der Marianischen Studentenkongregation. Nach der Schulzeit ging er für ein Jahr nach Trient und absolvierte anschließend einen vierjährigen Theologiekurs am Innsbrucker Servitenkloster. Im Jahr 1644 immatrikulierte er sich an der Universität Dillingen in den Fächern Theologie und Kanonisches Recht und erwarb am 2. August 1645 den Titel eines Doktors der Theologie3). Nachdem er bereits am 26. März 1644 in Brixen zum Priester geweiht worden war, erhielt er über das Kloster Fiecht die Pfarrei in Vomp (Pol. Bez. Schwaz i. Tirol/Ö.) und wurde Konsistorialrat in Innsbruck. Ab dem Jahr 1654 ist er in Regensburg nachzuweisen. Hier wurde noch im selben Jahr Konsistorialrat und Stiftsherr der Alten Kapelle; dieses Amt resignierte er aber bereits ein Jahr später4). Am 17. Dezember 1655 wurde er in das Domkapitel aufgenommen5). Seit 1655 war er Offizial und Generalvisitator. Nachdem der bisherige Generalvikar Johann Dausch (s. Kat.-Nr. 642) im Juni 1661 zum Domdekan gewählt wurde, übertrug Fürstbischof Wartenberg dieses Amt an Franz Weinhart, der es bis 1679 innehatte6). Am 26. Februar 1663 bestellte ihn Papst Alexander VII. zum Auxiliarbischof von Regensburg unter Verleihung des Titularbistums Lydda in Palästina7). Mit dem Suffraganeat erhielt er die Präsidentschaft im Konsistorium. Geweiht wurde er 1663 vom Salzburger Fürstbischof und Prinzipalkommissar Guidobald Reichsgraf von Thun in St. Emmeram. Nach dem Tod des Fürstbischofes Albrecht Sigismund von Bayern (1668-1685) leitete er das Bistum bis zur Wiederbesetzung des bischöflichen Stuhles.

Da die Bischöfe selbst ab 1666 wenig Präsenz in Regensburg zeigten, gilt Franz Weinhart, dem die Geschichte einen untadeligen, frommen Lebenswandel bescheinigt, über lange Jahre als der eigentliche Leiter des Bistums8).

Textkritischer Apparat

  1. Die Buchstaben mus sind hochgesetzt.
  2. Der Familienname ist in Fraktur wiedergegeben.
  3. Untere Schaftreste der letzten Zeile noch erkennbar.
  4. Der Buchstabe o ist hochgesetzt.

Anmerkungen

  1. Cranner 91; Schuegraf, Dom II, 44f.
  2. Freytag/Hecht 53f.; Kdm Regensburg I, 193.
  3. Matrikel der Universität Dillingen I, 717; Mayer, Thesaurus III, 166f.; Hye, Die Innsbrucker Familie Weinhart 7.
  4. Schmid, Alte Kapelle 151.
  5. Leoprechting 147; Paricius, Nachricht 66f.; Bernclau, Episcopatus 441f.; Hausberger, Geschichte I, 342: Aufnahme in das Domkapitel 1658.
  6. Hausberger, Geschichte II, 263; Kremer, Herkunft und Werdegang 357.
  7. Lydda (heute Lod bzw. al-Ludd/Israel), Titularbistum in partibus infidelium; Ries, Generalschematismus 47; Eubel, Hierarchia Catholica IV, 221.
  8. Die Daten und Fakten sind zusammengefasst nach Hye, Die Innsbrucker Familie Weinhart 7f. und Hausberger, Weihbischöfe 59f.; Gatz, Bischöfe 3, 563; Würdigung und Aufzählung aller Ämter in der am 26. Juni 1686 gehaltenen Leichenpredigt, gedruckt in Baumgarter, Leichpredigt 1686; Freytag/Hecht 53f.; zeitgenössisches Porträtgemälde bei Hye, Die Innsbrucker Familie Weinhart Abb. 8.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; ABAdW, Grabsteinbuch 115; Cranner 91; Ried, Collectio 17v (obiit-Vermerk); Mayer, Thesaurus Novus III, 69.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 646 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0064604.