Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 623 Kapitelhaus, Lapidarium, Nordwand, 2. Joch 1653

Beschreibung

Inschriftentafel vom Epitaph für Jakob Missel, einst in der Domkirche nach dem St. Annen-Altar im südlichen Seitenschiff an der Wand1), heute im Kreuzgang in der Vorhalle an der Wand aufgerichtet2). Die Umrahmung ist verloren, kann aber aufgrund der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch beschrieben werden3). Heute ist nur noch die Inschriftentafel aus schwarzem Schiefer vorhanden. Sie trägt eine 18-zeilige Inschrift (II), deren Buchstaben mit Gold gefasst waren. Die von zwei korinthischen Säulen flakierte Tafel war eingefügt über einem gekehlten Podest, , darüber ein Architrav in dem mittig Rechteckfeld mit an den Seiten angesetzten Halbkreisen in der Mitte mit der Inschrift (I) angebracht ist. Darüber in der Mitte ein Engelskopf und eine ornamentierte Kartusche mit einem Rundfeld, in dem sich das Vollwappen befindet. Als Bekrönung ein weiterer Engelskopf, auf beiden Seiten je eine brennende Fackel auf einem Podest4). Die Inschriftentafel ist auf der linken Seite beschädigt.

Text nach Cranner (I), ergänzt nach Text Cranner (II).

Maße: H. 81 cm, B. 56,5 cm, Bu. 2-4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    MORS OMNIA SOLVIT

  2. II.

    VIATORa) / QVISQVISa) ES SISTE GRADVM RECORDARE / TVAM, QVOQVE CLEPSYDRAM TANDEM ALI=/QVANDO EFLVXVRAMb). / QVOD TIBI CRAS PETERES DA MODO STANS HODIEc) / HIC OSSA QVIESCVNT ADMO(DVM) REVE(RENDI) NOBI(LIS) / [E]T CLARISSIMI DOMINI IACOBIa) MISSELYa) S(ACRO)S(ANCTAE) / THEO(LOGIAE) DOCTORIS, HVIVS ECCLE(SIAE) CATHE/DRALIS RATISBO(NENSIS) CANONICI, VENERAB(ILIS) / CONSISTORY DIRECTORIS VERVS ILLE / MISSELIVS, ANTE QVADRAGINTA QVINQVE / AN(N)OS, EX VTERO IN ORBEM MISSVS, MVLTIS / LABO[RI]BVS, DEFATIGATVS, VITAM, EX/ER[CITA]M ET LABORIOSAM PLACIDA TAN=/[DEM ET] QVIETA, PACE MVTAVIT, CVIVS / [ANIMA E] MORTALI CORPORE AD IM(M)ORTALI=/[TAT]EM EGRESSA ET TRANSMISSA, 18 / MAY, ANNO ∙ MDCLIIId)

Übersetzung:

Der Tod löst alles auf. (I) Wanderer, wer immer du sein magst: Halte den Schritt inne! Erinnere dich daran, dass auch deine Uhr endlich einmal abgelaufen sein wird! Bleibe (also) stehen und leiste (dem hier Bestatteten) heute (den Dienst), den du dir (schon) morgen (selbst) erbitten wirst! – Hier ruhen die Gebeine des sehr hochwürdigen, edlen und hochberühmten Herrn Jakob Missel, Doktors der Hl. Theologie, Kanonikers dieser Regensburger Bischofskirche (und) Direktors des ehrwürdigen Konsistoriums. Jener Missel, im wahren Sinne des Wortes – denn er ist vor 45 Jahren aus dem Mutterleib in die Welt entlassen (missus) worden – hat, als er von vielen Mühen erschöpft war, sein angestrengtes und mühevolles Leben endlich gegen den sanften und ruhigen Frieden eingetauscht: Am 18. Mai des Jahres 1653 ist seine Seele aus dem sterblichen Leibe in die Unsterblichkeit übergetreten und überstellt worden. (II)

Datum: 1653 Mai 18.

Wappen:
Missel4).

Kommentar

Jakob Missel wurde 1608 in Assmannshausen (Stadt Rüdesheim, Rheingau-Taunus-Kreis/Hessen) geboren; er immatrikulierte sich im Wintersemester 1622 an der Universität Ingolstadt, nochmals ist er hier im Wintersemester 1635 als sacrosanctae theologiae Baccalaureus et canonum praefectus verzeichnet5). Im Jahr 1636 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert6). Er war 1636 Pfarrer in Abensberg (Lkr. Kelheim/NB.) und 1640 in Kelheim/NB.; im Jahr 1642 wurde er in das Regensburger Domkapitel aufgenommen, zum Direktor des Konsistoriums und am 30. April 1644 zum Generalvikar ernannt7). Als die Einkünfte des Bischofs Albert IV. von Törring 1645 beschlagnahmt worden waren, unterstützte ihn Generalvikar Jakob Missel und forderte dafür das Recht, die Gefälle des Konsistoriums einbehalten zu dürfen8).

Sein Begräbnisort befand sich in der Domkirche im nördlichen Seitenschiff; die Grabstätte war durch eine heute verlorene Grabplatte gekennzeichnet. (s. Kat.-Nr. 624 †).

Textkritischer Apparat

  1. Vergrößerter Anfangsbuchstabe.
  2. Sic, kein Kürzungszeichen.
  3. Es folgt ein größerer Abstand zur nächsten Zeile.
  4. Vor und nach der Jahresangabe je ein Quadrangel.

Anmerkungen

  1. Cranner 109; Freytag/Hecht 31.
  2. Freytag/Hecht 31; Kdm Regensburg I, 198.
  3. ABAdW, Grabsteinbuch 82.
  4. Si5 16; Leoprechting 145.
  5. Pölnitz, Matrikel Ingolstadt II, 1622,434,10 u. 1635, 586,33.
  6. Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 20.
  7. Leoprechting145, Paricius, Nachricht 65; Bernclau, Episcopatus 306; Ries, Generalschematismus 86; Matrikel des Bistums Regensburg 1f., 283ff.; Freytag/Hecht 31.
  8. Federhofer, Albert von Törring 114.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; Zirngibl, Epitaphia 20; ABAdW, Grabsteinbuch 82; Paricius, Nachricht 97; Bernclau, Episcopatus 306; Cranner 109; Ried, Collectio 16r.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 623 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0062306.