Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 608 Kapitelhaus, Lapidarium, Nordwand, 2. Joch 1640

Beschreibung

Inschriftentafel vom Epitaph für Theophil von Kumerstat aus Schiefer, ehemals im südlichen Seitenschiff beim St. Annen-Altar an der Wand1), heute in der Vorhalle des Kreuzgangs an der Nordwand aufgerichtet2). Sein Nachfolger im Amt, der spätere Bischof Albert IV. von Törring, ließ 46 Jahre nach dem Tode des Kanonikers im Jahr 1594 das Epitaph mit Gedenkinschrift für seinen Vorgänger errichten3). Heute ist nur noch die Inschriftentafel mit einer 26-zeiligen zentrierten Inschrift vorhanden, deren Buchstaben mit Gold gefasst waren. Die Umrahmung ist verloren, kann aber aufgrund der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch beschrieben werden4). Demnach war die Tafel eingefügt in einen vertieften Rahmen auf einem gekehlten Podest, flankiert von zwei korinthischen Säulen, darüber ein Architrav mit einem leeren, an den Seiten gerundeten Feld in der zurückgesetzten Mitte. Oben in einer ornamentierten Kartusche ein großes Rundfeld mit Vollwappen. Als Bekrönung mittig ein geflügelter Engelskopf vor einer kleinen Muschelnische. Zu beiden Seiten je ein Akanthusblatt und eine brennende Fackel auf kleinem Podest. Sowohl die Schriftgestaltung der Tafel als auch die verlorene Architektur weisen große Ähnlichkeiten mit dem Denkmal für den Auxiliarbischof Otto Heinrich Pachmayr (s. Kat.-Nr. 600) auf. Der Zustand der Inschriftentafel ist relativ gut.

Maße: H. 75 cm, B. 58 cm, Bu. 2-3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. THEOPHILO DE KVMERSTAT / VIRO NOBILITATE IVXTA AC VITAE INTE=/GRITATE NECNON DIVINARVM HVMANA=/RVMQVE RERVM NOTITIA CLARISSIMO, / AEDIS HVIVS AVGVSTAE QVONDAM CANONICO, / ET BOIOARIAEPRINCIPVM CONSILIARIO, / ABHINC LVSTRIS AMPLIVS NOVENIS, / ANNO VIDELICET REPARATAE SALVTIS, / SVPRA SESQVIMILLESIMVM NONAGESIMO / QVARTO. XIV. CALEND(AS) QVINTIL(IS) AD MELI=/ORA VOCATO, PAVLOQVEa) INFRA TERRAE AC / OBLIVIONI MANDATO MONVMENTVM / HOCCE PIA SVCCESSORIS TVNC CANONICI, / NVNC IMPRIPOLENSIVM PRAESVLIS ET / PRINCIPIS LIBERALITAS EREXIT, ET / PER ID MEMORIAM ILLIVS RESVSCITAVIT / VERVM SANCTAE ET SALVBRIS COGITA=/TIONIS, QVAb) PRO DEFVNCTIS EXORARE / CHARITAS CHRISTIANA MOVETVR. / SYMBOLVM / TV VIATOR HVMANAE SORTIS MEMOR, / ANIMAE HVIC VITAM AETERNAM TIBI / MORTEM BONAM PRECARE FAVSTVM / BONAE AETERNITATIS AVSPICIVM. / M. DC. XXXX.c)

Übersetzung:

Theophil von Kumerstat, einem seines Adels, der Lauterkeit seines Lebenswandels und seiner Kenntnis auf geistlichen und weltlichen Gebieten wegen gleichermaßen hoch angesehenen Manne, weiland Kanoniker an dieser erhabenen Kirche und Rat der Fürsten von Baiern, der vor mehr als 45 Jahren, nämlich am 14. (Tag) vor den Kalenden des Quintilis des Jahres 1594 nach der Wiederherstellung des Heiles, in eine bessere (Welt) berufen und ein wenig unterhalb (dieser Stelle) der Erde und der Vergangenheit anheim gegeben worden ist, hat die fromme Freigebigkeit seines damaligen Nachfolgers (im Amte), eines Kanonikers und jetzigen Fürstbischofs von Regensburg dieses Denkmal errichten lassen und dadurch die Erinnerung an ihn, ein wahres Zeichen der heiligen und heilsamen Gesinnung, von der die christliche Nächstenliebe bewogen wird, für Verstorbene zu beten. Du (aber), Wanderer, bete, des menschlichen Loses eingedenk: Für diese Seele, um das ewige Leben, für dich um einen guten Tod, das beseligende Vorzeichen einer seligen Ewigkeit! (Im Jahre) 1640.

Datum: 1594 Juni 18.

Wappen:
Kumerstat5).

Kommentar

Theophil von Kumerstat (Commerstadt) stammte aus Meißen/Sachsen; im Jahre 1548 studierte er in Padua, 1549 in Wittenberg/Sachsen-Anhalt und 1558 in Bologna sowie in Leiden/Niederlande und Orléans/Frankreich. In Ingolstadt erwarb er die Titel eines Licentiatus und Doktors utriusque iuris. Zwei Jahre lang hielt er sich am Reichskammergericht in Speyer auf. Im Jahre 1560 kam er nach Bayern und war 28 Jahre lang Mitglied der camera ducalis. 1577 ist er als fürstlicher Kammerrat nachzuweisen6).

Am 20. Oktober 1589 wurde er in das Regensburger Domkapitel aufgenommen7). Für Theophil von Kumerstat war eine heute nicht mehr vorhandene Grabplatte im Boden des südlichen Seitenschiffs wohl vor dem Epitaph eingelassen (s. Kat.-Nr. 559 †).

Textkritischer Apparat

  1. E mit accentus gravis.
  2. A mit accentus gravis.
  3. Die Worttrenner sind kleine Quadrangeln.

Anmerkungen

  1. Zirngibl, Epitaphia 15; Cranner 102; Freytag/Hecht 27.
  2. Kdm Regensburg I, 198.
  3. Cranner 103.
  4. ABAdW, Grabsteinbuch 81.
  5. Si1 162.
  6. Die biographischen Daten sind zusammengefasst nach Wolff, Juristenfakultät 309f.; Resch/Buzás, Verzeichnis der Doktoren und Dissertationen I, 86; zu seiner Karriere am bayerischen Hof s. Lanzinner, Fürst, Räte und Landstände 318.
  7. Leoprechting 132.

Nachweise

  1. Archiv Alte Kapelle, sign 506; Zirngibl, Epitaphia 15; ABAdW, Grabsteinbuch 81; Paricius, Nachricht 98; Cranner 102f.; Ried, Collectio 14r.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 608 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0060802.