Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 578 Kapitelhaus, Vorhalle zum Kreuzgang, Nordwand 1616

Beschreibung

Inschriftentafel vom Epitaph für Johannes Christoph von Gumppenberg aus Kalkstein, ehemals bei der St. Florinuskapelle im nördlichen Seitenschiff1), heute an der Nordwand der Vorhalle zum Kreuzgang2). Der obere Teil des Epitaphs ist verloren, kann aber aufgrund der Abzeichnung in ABAdW, Grabsteinbuch beschrieben werden3). Heute ist nur noch die querrechteckige Inschriftentafel mit der 13-zeiligen Inschrift I, deren Buchstaben golden gefasst waren, und das Mittelrelief mit der Auferstehung Christi vorhanden. Nach der Abzeichnung befand sich über der in der Sockelzone angebrachten Schrifttafel, deren Umrahmung nicht abgezeichnet wurde ein dreigeteilter Aufbau. In einem einer Predella vergleichbaren Bereich befand sich in der Mitte die Darstellung des Abendmahls, links daneben kniete der Verstorbene im Chorgewand im Gebet. Auf zwei vorkragenden Rechtecksockeln befanden sich zu beiden Seiten untereinander angeordnet je zwei Wappen in Rundmedaillons. Außen in Rechteckfeldern je ein Engel mit den Leidenswerkzeugen Christi. Im mittleren Bereich ist mittig zwischen zwei korinthischen Säulen unter einem Rundbogen die heute noch vorhandene Szene der Auferstehung Christi dargestellt4). In den Zwickeln geflügelte Engelsköpfe. Zu beiden Seiten, ebenfalls unter Rundbögen, auf kleinen Konsolen stehend links Johannes der Täufer, rechts Christophorus, also die Namenspatrone des Verstorbenen. Darüber am gestuften Architrav das Vollwappen. Im Auszug in einer ornamentierten Kartusche mit geflügeltem Engelskopf im Scheitel ein großes Rundfeld mit Jesusmonogramm (II) mit Kreuz und brennendem Herzen. Als Bekrönung in der Mitte ein auf Kugeln gelagerter Obelisk. Zu beiden Seiten je eine Engelsgestalt. Der Zustand der Inschriftentafel ist trotz Abwitterungen relativ gut.

Maße: H. 38 cm, B. 72 cm, Bu. 1,5-2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission (Julia Knorr) [1/1]

  1. I.

    VIANTES / ILLACRYMATE MEIS; VESTRISQ(VE) FATIS. IOANNES CHRISTOPHORVS DE GVMPENBERG; / FLOS QVIDEM DECIDV(VS), SED ANTE DIEM PERTINACI CONTABESCE(N)S MORBO AETATV(M) IN FLORE CARPT(VS) HIC SIT(VS) SVM, NEMPE IN VTERO ISTHOC OMNIPARE(N)TIS HEV PERFRIGIDO PRAEDVROQ(VE)a) / LECTO GENEROSVS ATQ(VE) ILLVSTRIS QVONDAM SANGVIS PERAMPLA MEORVM SPES NVNC / NOMEN ET VMBRA, LVDVS ET DELICIVM IN PENITA HVMO PROSERPENTIVM EVANID(VS) OM(N)IS / AD EXSVCTA VSQ(VE) OSSA. MOLLES CORPORIS DELICIAS ACCVRATVM ITE, QVI FVNERA IN BREVI / NON MOLLIVS ME CVBABITIS, TVMVLOQ(VE) COMP(O)SITI MELIVS NO(N) HABEBIMINI E PRIMIS / ATQVE INTIMIS SVI RATISBONAE IN PONTIFICIO, NVM AEVITATE ETIAM IN COELI TEMPLO? HVIC IPSI VOSb) / SVPPLICES IDEM MIHI COMPRECATIONIB(VS) IMPETRATE: NO(N) ENIM ALIOS MIHI PRAEOPTO / SITICINESc). AN(N)O CHRISTIANO M DC XVI PROPRIDIE CALENDAS APRILES SENA LVS=/TRA MORTALIS ABIJ A VOBIS AD IMMORTALIS, NVNC QVE(M) AVTVMATIS IN MODVM IMMORTALIS. BENE DE ME SPERATE, VOBIS TIMETE.

  2. II.

    IE(SV)Sd)

Übersetzung:

Wanderer, beweinet mein und euer Geschick! – Ich, Johann Christoph von Gumppenberg, (gleichsam) eine vergängliche Blume, aber, vor der Zeit an einer hartnäckigen Krankheit dahinsiechend, in der Blüte meines Alters gepflückt, bin hier begraben, also in diesem, ach, eiskalten Leibe und steinharten Bette der Allgebärerin (Erde), (ich,) vormals ein edler und erlauchter Spross, die große Hoffnung meiner Angehörigen, jetzt (aber nur noch) ein (bloßer) Name und ein Schatten, ein Spiel(ball) und ein Leckerbissen der im Inneren des Erdreiches (auf mich) zukriechenden (Würmer), bis auf die Knochen ganz vergangen – und (selbst) die sind ausgesogen! (So) gehet (denn) hin, die weichlichen Annehmlichkeiten des Leibes zu pflegen, ihr, die ihr (schon) bald auf Totenbetten, die nicht weicher als meines sind, liegen und euch, im Grabe liegend, nicht wohler (als ich) fühlen werdet! (Denn) glaubt ihr etwa, ihr, die ihr in Regensburg zu den ersten und engsten (Räten) im Bistum zählt, dass ihr (eine gleiche Stellung) auch in Ewigkeit im Himmelreich (innehaben werdet)? Versuchet, mir in demütigen Gebeten zu diesem (Himmel) selbst eben dies durch Bitten zu verschaffen! Denn andere Musikanten wünsche ich bei meiner Beerdigung nicht. – Nachdem ich 30 Jahre lang sterblich gewesen war, bin ich am 30. März des Jahres 1616 der christlichen Zeitrechnung von euch unter die Unsterblichen gegangen, jetzt, wie ihr wähnt, selbst unsterblich. Hoffet für mich – und fürchtet um euch!

Datum: 1616 März 30.

Wappen:
Gumppenberg5)Seiboldsdorf6)
Seiboldsdorf6)Taufkirchen(?)7)

Kommentar

Johannes Christoph wurde im Jahr 1586 als Sohn des Heinrich von Gumppenberg und der Maria Sabina von Seiboldsdorf geboren8). Er erhielt am 19. Februar 1599 die Praebende und wurde am 30. Mai 1612 in das Regensburger Domkapitel aufgenommen9). Im Jahr 1602 erhielt er ein Kanonikat in Augsburg10). 1610 immatrikuliert er sich an der Universität Siena11). Er starb im Alter von 30 Jahren.

Textkritischer Apparat

  1. Die Buchstaben OQ sind kleiner.
  2. Das S überschneidet den rechten Bogen des O.
  3. Das Wort siticines, Musikanten am Grabe, ist ein sehr altertümlicher Ausdruck, er stammt wohl aus A. Gallius, Noctes Atticae 20,2.
  4. IHS.

Anmerkungen

  1. Cranner 105f.; Zirngibl Epitaphia 17f. und Ried Collectio 15r: Ad portam aulae.
  2. Freytag/Hecht 20; Kdm Regensburg I, 202.
  3. ABAdW, Grabsteinbuch 73.
  4. Heute befindet sie sich im südlichen Nebenchor im Südteil des Polygonschlusses; für diesen Hinweis bedanken wir uns bei Angelika Wellnhofer M.A.; Hubel/Schuller, Dom, Fotodokumentation 731 (Abb. 2472).
  5. Bay38.
  6. Bay 10.
  7. Si1 78.
  8. Bernclau, Episcopatus 230; Krick, Stammtafeln 117, Tafel 52 und Gumppenberg Ludwig Albert, Geschichte der Familie Gumppenberg 294, Stammtafel XI.
  9. Leoprechting 135; Bernclau, Episcopatus 228; Paricius, Nachricht 60.
  10. Ries, Generalschematismus 111; Haemmerle, Die Canoniker des hohen Domstiftes zu Augsburg 59.
  11. Weigle, Die Matrikel der Deutschen Nation in Siena 190, Nr. 4356.

Nachweise

  1. Bernclau, Episcopatus 228f.; Archiv Alte Kapelle, sign 506; Zirngibl, Epitaphia 17f.; ABAdW, Grabsteinbuch 73f.; Cranner 105f.; Ried, Collectio 15r.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 578 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0057805.