Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 374 Kreuzgang, Mittelhalle, Westseite, 4. Joch 1506

Beschreibung

Grabplatte für Johannes Gkrad aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die zwischen zwei Linien auf erhöhtem Rand erhaben herausgehauene Inschrift beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet ebenda. Im vertieften Feld die leicht nach links gewandte Gestalt des Domherren, bekleidet mit Chorgewand, Almucia und Birett, die Hände zum Gebet gefaltet. Darüber verschlungenes Rankenwerk. Zu seinen Füßen links der von einem Engel gehaltene Wappenschild. Der Zustand der Grabplatte ist gut.

Maße: H. 196 cm, B. 99 cm, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno d(omi)ni Mo ccccco vj / die xxviij July Obyt Egregius licenciat(us) d(omi)n(u)s / Johannes Gkrad / Canonic(us) Rat(isbonensis) Cuius a(n)i(m)a in pace Requiescat

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1506 am 28. Tag des Julis starb der hervorragende Lizentiat Herr Johannes Gkrad, Domherr in Regensburg. Seine Seele möge ruhen in Frieden.

Datum: 1506 Juli 28.

Wappen:
Gkrad2).

Kommentar

Johannes Gkrad (Grad, Ekrad, Kgrad, Gleradt) stammte vermutlich aus Weißenkirchen in Österreich3) und gehörte in seinen jungen Jahren zum Klerus der Diözese Gran in Ungarn. Seit Mitte der 60er Jahre des 15. Jahrhunderts ist er regelmäßig in den Quellen nachzuweisen. Er hatte sich in Regensburg niedergelassen, wo er als Notar und Prokurator tätig war und erstmals 1465 urkundlich belegt ist3). Im Jahre 1473 gehörte er bereits zum engeren Kreis um die Domherren Johannes Neuhauser und Georg von Preysing. 1475 trifft man ihn erstmalig in Rom, um die für den Klerus lebensnotwendigen Pfründe vom Papst zu erbitten. 1478 schrieb er sich in Rom in die Bruderschaft von S. Spirito in Sassia ein. Er wurde noch im selben Jahr als Kanoniker im Kollegiatstift St. Johann in Regensburg aufgenommen; hier führte er bereits den Titel eines Magisters4). Ab 1484 stand er diesem Stiftskapitel als Propst vor. Da er häufig in Rom weilte, übertrug er während seiner Amtszeit die Jurisdiktion an den Stiftsdekan und resignierte sein Amt 1487 oder 14885). Spätestens seit 1484 zählte er zu den Familiares um den Kardinal Francesco Todeschini Piccolomini, den späteren Papst Julius III.6), der ihm dann auch 1485 die wertvollste Pfründe, das durch den Tod des Domherren Johannes Tröster vakante Kanonikat, verschaffte7). Zudem erhielt er die Pfarrei Schwandorf8).

Als Regensburger Domherr studierte er an der Universität in Siena, die er wohl am 5. Januar 1486 verließ9). 1487 findet man ihn unter den gelehrten Räten Herzog Albrechts IV.; zusammen mit Johannes Neuhauser war er herzoglicher Gesandter an der päpstlichen Kurie10).

1493 wurde Johannes Gkrad neben anderen Domherren vom Propst der Alten Kapelle, Ambrosius Schwarzenhofer, zum Prokurator bestellt11). Der Domherr verfasste auch historiographische Schriften, unter anderem ein Calendarium Ratisbonense, das aber bislang nicht näher untersucht worden ist12). Im Jahr 1503 stiftete der Domherr die Oktav des Festes Maria Himmelfahrt als neuen Festtag13). Die Grabplatte wird dem Regensburger Dommeister Wolfgang Roritzer zugeschrieben14).

Anmerkungen

  1. Schuegraf, Dom II, 102; Freytag/Hecht 19; Kdm Regensburg I, 175.
  2. Gespalten in verwechselten Farben, jeweils eine Kugel in der Mitte; Leoprechting 100.
  3. In Österreich gibt es drei Orte mit dem Namen Weissenkirchen: Im Pol. Bez. Vöcklabruck/OÖ, im Pol. Bez. St. Pölten-Land/NÖ und im Pol. Bez. Krems-Land/NÖ. Daten und Fakten zusammengefasst nach der bislang ausführlichsten Biographie zu Johannes Gkrad: Thomas Feuerer, Klosterpolitik 188-195; Schultz, Notariat 134; Schmid, Urkunden-Regesten I, 199, 207.
  4. Feuerer, Klosterpolitik 191.
  5. Güntner, Pröpste 42f., hier ausführlich zum Rücktritt von der Präpositur; Feuerer, Klosterpolitik 192.
  6. Märtl, Familienbriefwechsel 77 (Anm. 23); Fuchs/Märtl, Literarisches und geistiges Leben im 15. Jahrhundert 911; Feuerer, Klosterpolitik 191.
  7. Paricius, Nachricht 47: 1486; Scherg, Bavarica aus dem Vatikan Nr. 740: 13. Dezember 1485; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 395; zu Johannes Tröster s. DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) Kat.-Nr. 280; zu weiteren Pfründen s. Ries, Generalschematismus 63: 1486 Benefizium Herrieden, 1488 Benefizium Öberau, 1500 Pfarrei Obermünster, 1501-1506 Pfarrei Schwandorf.
  8. Schwandorf/Opf. Vgl. Bernclau, Episcopatus 222; Matrikel des Bistums Regensburg 655ff.
  9. Vgl. Feuerer, Klosterpolitik 193: Johannes Gkrad wurde zum licentiatus iuris canonici promoviert, als der er auch in der Inschrift auf seiner Grabplatte bezeichnet wird.
  10. Lieberich, Die gelehrten Räte 143, 171; Feuerer, Klosterpolitik 193f.
  11. Schmid, Alte Kapelle 91.
  12. Wurster, Geschichtsschreibung 86 (Anm. 106); vgl. hierzu auch Märtl, Familienbriefwechsel u. Fuchs/Märtl (wie Anm. 6); Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 396.
  13. Gemeiner Chronik IV, 73.
  14. Liedke in DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) LVIII.

Nachweise

  1. Eppinger 18; Zirngibl, Epitaphia 55; Ried, Collectio 29r; Feuerer, Klosterpolitik 195; Deutsch, Ehegerichtsbarkeit 396 (Anm. 102).

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 374 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0037401.