Inschriftenkatalog: Regensburg III (Dom II)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 95: Stadt Regensburg (2016)

Nr. 361 Kreuzgang, Mittelhalle, Mittelreihe, 5. Joch 1503

Beschreibung

Wappengrabplatte für Johannes Tolhopf aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die Inschrift auf erhöhtem Rand beginnt oben links, läuft um den ganzen Stein und endet ebenda. Im Feld: Großes Vollwappen unter Kielbogen. Die oberen Zwickel füllen jeweils kleine Wappenschilde, im unteren Viertel in zwei quadratischen Feldern jeweils ein Wappenschild. Die Grabplatte ist in der unteren Hälfte quer gebrochen und gebessert.

Maße: H. 177 cm, B. 84 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno d(omi)ni Mo ccccco iijo die / xxviii mensis aprillisa) Obyt [cl]arissimus vir d(omi)n(u)s / Johannes Tolhopff p(rae)po=/sit(us) in vorcham ac [ca]nonic(us) Rat(isbonensis) c(uius) a(n)i(m)a i(n) pace Re(quiescat)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1503 am 28. Tag des Monats April starb der hochberühmte Mann, Herr Johannes Tolhopf, Propst in Forchheim und Domherr in Regensburg, seine Seele möge ruhen in Frieden.

Datum: 1503 April 282).

Wappen:
Tolhopf3)Berncloe von Schönreut4)
Tanndorf5)Zirkendorf6)

Kommentar

Johannes wurde um 1445 in Kemnath (Lkr. Tirschenreuth/Opf.) als Sohn des Friedrich Tolhopf und der Margarethe Berncloe von Schönreuth geboren7). 1465 immatrikulierte er sich an der Universität Leipzig, wo er 1466 an der artistischen Fakultät den Titel eines Baccalaureus und im Wintersemester 1468/69 den Titel des Magisters erwarb8). Er wechselte 1472 als Theologe und Mathematiker an die neu gegründete Universität Ingolstadt und erhielt dort eine der Kollegiaturen am Collegium vetus9).

Er etablierte sich sowohl an der Universität Ingolstadt, wo er im Sommersemester 1473 als Rektor nachzuweisen ist, als auch an der Universität Leipzig, hier ebenfalls als Rektor im Jahr 1474. Im Sommersemester 1475 war er in Ingolstadt Dekan der artistischen Fakultät. Vom Herbst 1475 bis 1477 weilte er wohl wegen der von Papst Sixtus geplanten Kalenderreform in Rom. Durch Protektion Herzog Ludwigs des Reichen konnte er bis 1478 trotz Abwesenheit seine Ingolstädter Kollegiatur beibehalten. In den Jahren 1479 bis 1480 und 1481 bis 1482 war er Hofastrologe des ungarischen Königs Matthias Corvinus. Als er seine Leipziger Kollegiatur verloren hatte, bemühte sich Johannes Tolhopf an der päpstlichen Kurie um kirchliche Pfründe. So bekam er zusätzlich zu dem Kanonikat in Breslau im Jahr 1484 das Kanonikat in Regensburg und die Propstei der Kollegiatskirche in Forchheim/OF.10). Von 1485 bis 1497 hatte er das Benefizium der Zwölfboten in Kemnath inne11). Zudem erlangte er den Titel eines päpstlichen Familiaris und Cubicularis. Im Winter 1492/93 beauftragte er den berühmten Humanisten Conrad Celtis, der sich zu dieser Zeit in Regensburg aufhielt, mit der Leitung der Domschule12). 1493 erhielt er die Pfarrei Mockersdorf13). In den 90er Jahren wurde er zum doctor decretorum promoviert. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Regensburg; hier führte er einen regen Briefwechsel mit dem berühmten Humanisten Conrad Celtis und wurde auch Mitglied der von Johann Aventin gegründeten Celtischen Gesellschaft14). Die Grabplatte wird dem Regensburger Dommeister Wolfgang Roritzer zugeschrieben15).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Walderdorff, Regensburg, 168; Freytag/Hecht 50; Kdm Regensburg I, 182; Brekle, Domkreuzgang 76.
  2. Schottenloher, Tagebuchaufzeichnungen 16; Freytag/Hecht 50 und Kdm Regensburg I, 182: 1500; Eppinger 29: 1502.
  3. Hylmayr, Wappenbuch 122; Kä 142ff.; seit 1476 nannte er sich Dr. Janus Tolophus, auf diesen Vornamen bezieht sich das von ihm gewählte Wappenbild, s. Wigger, Zwei Kemnather Bürger an einer Zeitenwende 182.
  4. BayA1 129.
  5. Scheibler`sches Wappenbuch 457; Brechtl, Wappenbuch 277.
  6. BayA1 195.
  7. Wigger, Zwei Kemnather Bürger an einer Zeitenwende 181.
  8. Erler, Matrikel der Universität Leipzig I, 250; er immatrikulierte sich gemeinsam mit seinem Bruder Georg.
  9. Liess, Die artistische Fakultät der Universität Ingolstadt 13f.
  10. Scherg, Bavarica aus dem Vatikan 703, 706.
  11. Ries, Generalschematismus 139.
  12. Biographisches Lexikon 65.
  13. Mockersdorf, Gde. Neustadt am Kulm, Lkr. Neustadt an der Waldnaab/Opf.; Mayer, Thesaurus III, 105; Bernclau, Episcopatus 420; Ries, Generalschematismus 139.
  14. Zusammenfassung der biographischen Fakten und Daten nach Biographisches Lexikon 438f.; vgl. hierzu auch Fuchs/Märtl, Literarisches und geistiges Leben 911; Wolff, Juristenfakultät 354: hier ist zudem die Immatrikulation in Köln verzeichnet; Schuegraf, Dom II, 95f.; Reiser, Regensburg 87; Reger, Namhafte Priester aus der Stadt Kemnath 47f.
  15. Liedke in DI 74 (Stadt Regensburg II, Dom I) LVIII.

Nachweise

  1. Eppinger 19 (nur die vier Wappen), 29; Bernclau, Episcopatus 420; Schuegraf, Dom II, 96.

Zitierhinweis:
DI 95, Stadt Regensburg, Nr. 361 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di095m017k0036100.