Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 379 Lauenau, Gut Schwedesdorf 1600

Beschreibung

Wappenstein. Der Stein ist über der Tür zum Treppenturm an der Südostseite des Hauptflügels des Gutshauses eingemauert. Er zeigt ein Vollwappen im Relief, darunter die erhaben in vertieftem Feld gearbeitete Inschrift. Vor der Jahreszahl eine Rosette als Worttrenner.

Maße: H.: ca. 90 cm; B.: ca. 70 cm; Bu.: ca. 9 cm.

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. OTTO VON MVNNICHAVSEN / ANNO D(OMI)NIa) · 1600b)

Wappen:
Münchhausen1)

Kommentar

Eng spationierte schrägliegende Kapitalis mit schmaler Strichstärke. Mehrere Ligaturen. S mit langgestrecktem Mittelteil. Der aus geschwungenen Schäften und geschwungenem, links und rechts überstehendem Mittelbalken bestehende Versal A in ANNO (Inschrift A) gleicht demjenigen auf einem Wappenstein am Landsbergschen Hof in Stadthagen (Nr. 385) und auf der Grabplatte für Börries d. J. von Münchhausen (Nr. 411). Der Schaft der 1 ist unten gegabelt, wobei das nach rechts weisende Ende oberhalb der Grundlinie ansetzt. Die Buchstabenformen sowie die Rosette vor der Jahreszahl weisen auf den Stadthäger Bildhauer Werner Bartermann (s. Nr. 412 u. Einleitung Kap. 8.4), der wahrscheinlich auch den von Otto von Münchhausen in Auftrag gegebenen Wappenstein Nr. 380 und den Stein Nr. 388 sowie die Grabplatte für Ottos Sohn Ernst Julius (Nr. 374) anfertigte.

Otto von Münchhausen wurde am 6. August 1561 als Sohn Börries’ d. Ä. von Münchhausen und Heilwig Büschens (Nr. 307 u. 346) geboren.2) Wie sein älterer Bruder Claus (Nr. 350) besuchte er die Stadtschulen in Hannover und Braunschweig sowie das Pädagogium in Marburg3) und immatrikulierte sich zusammen mit ihm im Oktober 1576 an der Universität Tübingen.4) Anschließend hielt er sich am landgräflich hessischen Hof in Marburg auf und bereiste in der Zeit um 1580 Frankreich, England und Italien.5)

Otto von Münchhausen war zusammen mit seinem Bruder Claus Drost in Lauenau, von 1592 an war er auch Drost des Amtes Arensburg. In einem Erbteilungsvertrag mit seinen Brüdern Claus und Ludolf im Jahr 1594 erhielt Otto Lauenau.6) Zwischen 1596 und 1600 ließ er dort das Gut Schwedesdorf erbauen (vgl. Nr. 388, 443, 444, 445). Neukirch vermutet, dass der Hamelner Baumeister Johann Hundertossen das Gebäude errichtete.7) In Lauenau richtete Otto von Münchhausen ferner ein Armenhaus ein (Nr. 380).

Ihm wird in der Leichenpredigt große Frömmigkeit bescheinigt; er soll wiederholt die Bibel auf Latein und Deutsch durchgelesen und sich eine Sammlung von Sprüchen exzerpiert haben; außerdem stellte er ein eigenes Gebetbuch zusammen, das im Anhang der Leichenpredigt abgedruckt ist.8)

Otto von Münchhausen starb am 7. April 1601 in Lauenau, nachdem er fünf Wochen zuvor in Wunstorf (Region Hannover) auf der Hochzeit des Claus von Haus und der Sabine von Calenberg in ein Handgemenge mit einem Knecht und zwei „Gesellen“ verwickelt wurde und sich dabei eine Verwundung am linken Arm zuzog.9) Otto von Münchhausen wurde am 30. April in Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont) begraben.10)

Zu seinen Ehefrauen Adelheid von Saldern und Anna von Fronhorst s. Nr. 331 u. 443.

Textkritischer Apparat

  1. D(OMI)NI] dei Stölting/von Münchhausen.
  2. 1600] 1606 Kdm.

Anmerkungen

  1. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  2. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 212, S. 102f.
  3. Matrikel Marburg, Teil 3, S. 14 (Eintrag von 1574).
  4. Matrikel Tübingen, Bd. 1, S. 554, Nr. 103.
  5. Leichenpredigt für Otto von Münchhausen, fol. F IIIIv–G Ir. Entsprechende Reisetagebücher sind erhalten; vgl. NLA BU, Dep. 6 GH A Nr. 526 Vol. I+II sowie S 2 D Nr. 341 (nach Findbuch); vgl. König, Bildungswege, S. 90–94; Brage Bei der Wieden, Reisetagebuch Otto und Ludolf von Münchhausens, in: Kastler/Lüpkes (Hg.), Weser, Bd. 2, S. 260f.
  6. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausen, S. 276.
  7. Neukirch, Renaissanceschlösser Niedersachsens, Bd. 1, S. 244.
  8. Leichenpredigt für Otto von Münchhausen, fol. G Iv. Die Gebete im Anhang fol. K Ir-Bb IIIIv. Die zumeist deutschen Texte – mit wenigen lateinischen Einsprengseln – sind überschrieben mit: Christliche außerlesen Gebet / so er in ein besonder Buch mit eigner Hand zusamen geschrieben vnd zum theil selber gemacht hat. Mehrere der Texte beziehen sich auf Augustinus, zwei auch auf den Mystiker Johannes Tauler.
  9. Leichenpredigt für Otto von Münchhausen, G IIIv-H Ir. Ein vom 26. März 1601 datierender Bericht über den Vorfall, der offenbar von seinen Brüdern Claus und Ludolf von Münchhausen verfasst wurde, in NLA BU, Dep. 6 GH A Nr. 330. Vgl. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 176f.
  10. Leichenpredigt für Otto von Münchhausen, Titelblatt.

Nachweise

  1. Mithoff, Fürstenthum Calenberg, S. 114.
  2. Parisius, Das vormalige Amt Lauenau, 1911, S. 172.
  3. Stölting/von Münchhausen, Rittergüter, S. 206.
  4. Hesse, Heimatkundliche Wahrzeichen, S. 159, Nr. 417.
  5. Kdm. Kreis Springe, S. 116 (nur Jahreszahl).
  6. Althammer, Idyll zwischen Brunnen und Bäumen, S. 88 (mit Abb.).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 379 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0037906.