Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 375 Steinbergen, St. Agnes-Kirche 1599

Beschreibung

Grabplatte für den Pastor Nicolaus Kleisen. Stein. Die Platte ist an der Südseite des Chors in der Nähe der Kanzel in die Wand eingemauert und wird zum Teil von der Kanzeltreppe verdeckt. Im Innenfeld ist der Verstorbene in Ganzfigur mit Talar und langem Bart dargestellt. In den Händen hält er ein Buch. Inschrift A läuft, unterbrochen von vier Medaillons mit je einer Rosette in den vier Ecken, erhaben in vertiefter Zeile um den Stein um. Am oberen Rand des Innenfelds eine vertiefte Schriftzeile mit der erhaben ausgehauenen Inschrift B. Am unteren Rand des Innenfelds eine vertiefte Schriftzeile mit der erhaben ausgehauenen Inschrift C. Zu Füßen des Dargestellten ein Wappen mit der erhaben in vertieftem Feld ausgehauenen Inschrift D. Die Platte ist an der rechten Langseite und oben links stark abgetreten, so dass die Inschrift teilweise nicht mehr lesbar ist.

Maße: H.: 218 cm; B.: 129 cm; Bu.: 7 cm (A), 6,6–7 cm (B, C), 5 cm (D).

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/2]

  1. A

    ANNO 1599 · DEN 13 DEC[EMB]/RIS AM TAG[E] [ . ]V[ . . ]A[E]a) [ . . . DE . . . . D . . . ]Rb) VN[D] WOLGELARTER NICOLAVS / KLEISEN PASTOR ZV STEINBARGE / IN GODT SELICH ENTSCHLAFFEN DES SELE[N] [G(ODT)] GNEDI[CH] [ - - - ]c)

  2. B

    [ . . . . . M]d) RESVRRECTIO ET [V]IT[A]1)

  3. C

    ME BRABANT GENVIT, SAXONIS · ORA TEGIT

  4. D

    N(ICOLAVS) K(LEISEN)

Übersetzung:

Ich bin die Auferstehung und das Leben. (B)

Brabant hat mich gezeugt, der Boden Sachsens bedeckt meinen Leichnam. (C)

Versmaß: Ein Pentameter (C).

Wappen:
Kleisen2)

Kommentar

Eng spationierte schrägliegende Kapitalis mit schmaler Strichstärke und zahlreichen Ligaturen. Die Cauda des R und der untere Schrägbalken des K sind stark gekrümmt; in PASTOR sowie beim K in Inschrift D ist die Krümmung spitz ausgezogen (vgl. Nr. 374, 385, 388, 412). S mit langgestrecktem Mittelteil. B mit weit nach rechts gezogenem unteren Bogen. Das untere Bogenende des C ist leicht einwärts gebogen. Die Cauda des G unten gegabelt. In ENTSCHLAFFEN ist der Schrägschaft des ersten N nach unten ausgezogen und leicht durchgebogen. Die Buchstabenformen sowie die Rosetten weisen auf den Stadthäger Bildhauer Werner Bartermann (s. Nr. 412 u. Einleitung Kap. 8.4).

Nicolaus Kleisen (Claissen) stammte aus ’s-Hertogenbosch in Brabant (Niederlande). Er war zunächst als Vizepleban in Steinhude tätig, anschließend von 1560 bis 1573 als Pastor in Lindhorst. Von 1573 bis zu seinem Tod bekleidete er in Steinbergen das Amt des Pastors.3) Er erhielt diese Pfarrstelle durch Tausch mit dem vorigen Steinbergener Pastor Joachim Poldemann auf Vermittlung des Kanzlers Anton von Wietersheim. Zwischen Kleisen und seiner Lindhorster Kirchengemeinde soll es zum Zerwürfnis gekommen sein, weil er einzelne Gemeindemitglieder zu Unrecht des Diebstahls verdächtigt hatte.4) Kleisen starb in Steinbergen im Jahr 1599.

Inschrift C ist nach dem Vorbild des Grabepigramms des Vergil gestaltet.5)

Textkritischer Apparat

  1. [ . ]V[ . . ]A[E]] LVCIAE Fauth.
  2. [ . . . DE . . . . D . . . ]R] IST DER WERDIGER Fauth.
  3. Vermutlich zu ergänzen zu [SEI]; so Fauth.
  4. Zu ergänzen zu [EGO SVM]; so Fauth.

Anmerkungen

  1. Io 11,25.
  2. Wappen Kleisen (Baum).
  3. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 81 u. 407f.; Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 206.
  4. Dies geht aus den chronikalischen Aufzeichnungen von Kleisens Nachfolger Ernst Nothold (Nr. 570) hervor (Hugo, Geschichte von Steinbergen, S. 105). Vgl. Nothold, Lindhorster Chronik, ed. Rausch, Kap. 14, S. 90f.
  5. Vgl. dazu Nr. 341, Anm. 15.

Nachweise

  1. Fauth, Steinbergen, S. 263f. (mit Abb.) (A–C).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 375 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0037501.