Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 350 Apelern, Schloss Münchhausen 1595

Beschreibung

Wappenstein. Der von einer Ädikula gerahmte Stein befindet sich an der Südseite des Torgebäudes über der Einfahrt. In der von zwei ionischen Säulen gerahmten Nische der Ädikula zwei Vollwappen, darüber Inschrift A, darunter Inschrift B. Im Sockelfeld Inschrift C. Die Namen sind in zwei Kolumnen nebeneinander angebracht. In der ersten Zeile am Ende der linken Kolumne ein Blatt, am Ende der rechten Kolumne ein kleiner Schaft. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, die Inschriften B und C erhaben in vertieftem Feld. Im Giebelfeld der Ädikula ein Engelskopf.

Maße: H.: ca. 200 cm; B.: ca. 130 cm; Bu.: ca. 6 cm.

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    ANNO · DOMINI · 1595

  2. B

    NACH GODT VND EHR · / STEHT MEIN BEGER1)

  3. C

    CLAVS VON · / MONNICHAVSEN : // VRSVLA · VON · QVITZOVW

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Wappen:
Münchhausen,2) Quitzow3)

Kommentar

Spitzovales O mit deutlicher Bogenverstärkung. R mit kleinem Bogen und geschwungener Cauda. Teilweise gegabelte Schaft- und Bogenenden bei L, C, G und S. Beim Q entsteht ein plastischer Effekt, da die Cauda gewissermaßen innen hinter dem Bogen hervorkommt und dann nach rechts über den Bogen gelegt ist (vgl. Nr. 337 u. 358). Das Z ist in Form einer runden 2 mit Mittelbalken gestaltet (vgl. Nr. 345). Beim Versal A ist der linke Schrägschaft unten eingerollt und nach links durchgebogen. Die Buchstaben der Inschrift C weisen eine scharrierte Oberfläche auf (vgl. Nr. 337 u. 349). Das Stück gehört zu einer Gruppe von Werken, die aufgrund ihrer Buchstabenformen derselben Werkstatt zugeordnet werden können; vermutlich sind sie Johann Robin zuzuschreiben (s. Einleitung Kap. 8.4).

Claus von Münchhausen, Herr auf Apelern und Nienfeld, wurde am 31. März 1560 in Apelern geboren. Sein Vater war Börries d. Ä. von Münchhausen, seine Mutter Heilwig Büschen (Nr. 307 u. 346). Er besuchte die Stadtschulen in Hannover und Braunschweig, von 1574 an das Pädagogium in Marburg4) und immatrikulierte sich zusammen mit seinem Bruder Otto (Nr. 379) im Oktober 1576 an der Universität Tübingen.5) In der Leichenpredigt wird seine Neigung zu geistiger Betätigung betont; auch noch nach vielen Jahren habe er Partien aus Ovids Metamorphosen auswendig rezitieren können.6) In den Niederlanden und in Frankreich war er an Kriegshandlungen beteiligt. Nach seiner Rückkehr wurden sein Bruder und er zu Drosten von Lauenau ernannt. Anton Mensching (Nr. 606) attestiert ihm in der Leichenpredigt eine gerechte und unbestechliche Amtsführung.7)

Am 7. Juli 1588 heiratete Claus von Münchhausen in Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont) Ursula von Quitzow (geb. 14. Februar 1566), die Tochter Dietrich von Quitzows und der Ilse von Veltheim. Aus der Ehe gingen elf Kinder hervor. Auf Schloss Münchhausen in Apelern hat sich eine Kindergrabplatte erhalten, die vermutlich ihrem Sohn Henning zugeordnet werden kann (Nr. 377).

Da Claus von Münchhausen 1597 mehr als 37.000 Taler an Herzog Heinrich Julius verlieh, der ihm dafür das Amt Ohsen verpfändete, muss er über nicht unerhebliche Geldmittel verfügt haben. Sein politischer Einfluss zeigt sich darin, dass er 1602 der Kommission zur Prüfung der Beschwerden der Landstände in der Grafschaft Schaumburg angehörte.8) Claus von Münchhausen und Ursula von Quitzow stifteten 1594 die Kanzel der Kreuzkirche in Hannover; sie wurde 1658 in der Kirche von Lauenau eingebaut.9) In Apelern ließen sie ein Erbbegräbnis für die Familie von Münchhausen errichten (Nr. 493).

Ursula von Quitzow starb am 6. März 1610 in Apelern an den Pocken. Claus von Münchhausen starb am 10. Januar 1617 in Kirchohsen (Lkr. Hameln-Pyrmont) und wurde in Apelern begraben (vgl. Nr. 494).10)

Anmerkungen

  1. In der Leichenpredigt für Claus von Münchhausen (fol. F Ir) wird seine Devise in leicht abgewandelter Form als „Nach Gott und Ehren steht mein begehren“ wiedergegeben (vgl. auch Treuer, Gründliche Geschlechts-Historie, S. 58). Dielitz weist den Spruch auch als Devise der Familie von der Schulenburg nach (Dielitz, Wahl- und Denksprüche, S. 199).
  2. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  3. Wappen Quitzow (schräggeteilt: 1. Stern, 2. Stern); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 6, S. 17 u. Tafel 15.
  4. Matrikel Marburg, Teil 3, S. 14.
  5. Matrikel Tübingen, Bd. 1, S. 554, Nr. 102; von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 211, S. 101.
  6. Leichenpredigt für Claus von Münchhausen, fol. E IIIv.
  7. Leichenpredigt für Claus von Münchhausen, fol. E IVr.
  8. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 211, S. 101f.; zu den Kindern vgl. Nr. 286–296, S. 122–123.
  9. DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 183.
  10. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 211, S. 101f.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 28.
  2. Hesse, Aus dem ehemaligen hessischen Kreise Grafschaft Schaumburg, S. 348 (B, A u. C in Paraphrase).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 350 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0035004.