Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)
Nr. 266 Stadthagen, Schloss 1576
Beschreibung
Kamin. Stein. Der Kamin „Triumph der vier Elemente“ befindet sich im Sitzungssaal. Der Kaminsturz liegt auf Konsolen auf, die von Hermenpilastern auf Postamenten getragen werden. Der Sturz zeigt einen vertieften Fries, der von Sol (links) und Luna (rechts) umrahmt wird. Im Innenfeld des Frieses von links nach rechts drei Krieger, die einem von zwei geflügelten Pferden gezogenen Wagen voranschreiten. Auf dem Kutschbock Saturn mit Stundenglas, Sense und Peitsche, auf dem Wagen die vier als junge Frauen personifizierten Elemente. Venus und Merkur folgen dem Wagen. Im Hintergrund in den beiden oberen Ecken zwischen Wolken je zwei Köpfe, die die Hauptwinde symbolisieren sollen. Auf einer etwa in der Mitte des Reliefs aus dem Hintergrund herausgearbeiteten Rollwerkkartusche die erhaben in vertieftem Feld ausgeführte Inschrift A.
Im Giebel des Kamins ein Vollwappen, als Schildhalter zwei Putten, die weitgehend von den Helmdecken verdeckt sind. Seitlich je ein Löwe. Aus dem mittleren Helm der Helmzier lugt ein dritter Löwe heraus. Auf dem geschwungenen Rahmen des Giebels erhaben in vertiefter Zeile die Inschrift B. An den Giebel lehnen sich von außen zwei allegorische Figuren, links Fides mit Kelch und Kreuz, rechts Spes mit Spaten und zum Gebet zusammengelegten Händen. In der Zwiebelspitzenbekrönung Caritas mit zwei Kindern. Sie sitzt auf einem Stein mit der Künstlersignatur C (M31). Auf der schrägen Fläche zu ihren Füßen die eingehauene Inschrift D.
Maße: H.: ca. 90 cm (Sturz); B.: ca. 303 cm; Bu.: 2,5 cm (A), ca. 5 cm (B, D), ca. 4 cm (C).
Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis (A), Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis (B), Kapitalis (C).
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/3]
- A
TRIVMPHVS / QVATVOR / ELEMENTORV(M)
- B
VON GOTTES GNADEN · OTTO GRAVE ZV / HOLSTAIN · SCHOVWE/NBVRGH VND STERNBARG · HERE ZV GEMEN ·
- C
A(REND) R(OBIN)
- D
15//76
Übersetzung:
Der Triumphzug der vier Elemente. (A)
| Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen1) |
Anmerkungen
- Wappen Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen (Herzschild Nesselblatt mit drei in der Mitte zusammentreffenden Nägeln belegt, diese in der Mitte mit einem Schildchen belegt (Holstein-Schaumburg); quadriert: 1. u. 4. Stern (Sternberg), 2. u. 3. Balken mit drei Pfählen belegt (Gemen)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 35 u. Tafel 39.
- Großmann (Hg.), Renaissance im Weserraum, Bd. 1: Katalog, Nr. 394 u. 395 (S. 223–229); vgl. Soenke, Triumph des Manierismus, S. 49.
Nachweise
- Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 49 u. Tafel 4 (A, B).
- Kreft/Soenke, Weserrenaissance, Abb. 84 u. S. 315.
- Soenke, Triumph des Manierismus, S. 47–49 (A, C, D).
- Katalog Kunst und Kultur im Weserraum, Bd. 2, Kat. Nr. 95, S. 393 (D).
- Großmann (Hg.), Renaissance im Weserraum, Bd. 1: Katalog, Nr. 394 (S. 223f.).
- Borggrefe/von Büren, Schloss Stadthagen, S. 21.
Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 266 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0026607.
Kommentar
Sowohl die senkrecht stehende als auch die schrägliegende Kapitalis weisen typische Merkmale der Buchstabenformen Arend Robins (vgl. Einleitung Kap. 8.4) auf: spitzovales O mit Schattenachse, G mit weit nach oben gezogener Cauda, R mit kleinem Bogen und geschwungener Cauda, P mit weit herabreichendem Bogen. Der Schrägschaft der 7 ist nach rechts durchgebogen.
In Inschrift B sind als Elemente der frühhumanistischen Kapitalis Ausbuchtungen am Mittelbalken des H und am Schaft des I festzustellen, ferner beim A ein gebrochener Mittelbalken. Eher untypisch für Robin ist der geschwungene Schrägschaft des N in Inschrift B, der über die Schäfte hinausragt.
Für den vorliegenden Kaminsturz griff Arend Robin auf eine nach einem Entwurf von Martin van Heemskerck vermutlich von Cornelis Cort gestochene Vorlage zurück, die der Serie Circulus vicissitudinis rerum humanarum aus dem Jahr 1564 entnommen ist.2) Zu Graf Otto IV. von Holstein-Schaumburg vgl. Nr. 159.