Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 242 Rinteln, St. Nikolai 1574

Beschreibung

Epitaph für Hans von Oberg und seine Ehefrau Anna Post. Stein, farbig gefasst. Das hochrechteckige, farbig gefasste Epitaph ist im Inneren der Kirche an der Nordwand neben der Tür aufgestellt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand es sich noch in der Sakristei.1) Es zeigt in einer flachen Rundbogennische ein Kruzifix mit dem Titulus A. Darunter sind der Verstorbene und seine Frau kniend in Bethaltung dargestellt. Auf dem breiten Rundbogen verläuft in vier Zeilen die erhaben in vertieftem Feld ausgeführte und in Gold auf grünem Grund gefasste Inschrift B. In den Zwickeln des Rundbogens je ein, zu beiden Seiten der Figuren auf den begrenzenden Bogenpfeilern je drei Vollwappen mit den Beischriften C. Das Epitaph endet oben mit einem Fries. Ein ursprünglich wohl vorhandener Aufsatz fehlt. Den unteren Abschluss des Epitaphs bildet ein schmales Schriftband mit der Inschrift D. Unterhalb des Kniekissens der Frau die Künstlersignatur E (M31). Die Inschriften A und C–E sind eingehauen und schwarz gefasst.

Maße: H.: 227 cm; B.: 142,5 cm; Bu.: ca. 3 cm (A), 4,5 cm (B), 2,6 cm (C), 3,5 cm (D), 3 cm (E).

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)3)

  2. B

    ANNO D(OMI)NI 1574 · AM DAGE DER VNSCHVLDIGEN / KINDER2) IS DE EDEL VND ERNVEST · HANS VON OBERG / HAVBTMAN · SINES OLDERS IM 74 IARE · CHRISTLICH IN / GODT ENTSLAPENa) · DEM GODT GNADE · AME(N) ·

  3. C

    VON OBERG   DER POST  
    V(ON) STEINBERG   V(ON) WARTENSLEF  
    V(ON) STEINBERG   D(E) BAREN  
    V(ON) ALVENSLEF   EXSTER  

  4. D

    HANS VON OBERG SEIN NACHGELATEN WEDWEb) ANNA POST

  5. E

    A(REND) R(OBIN)

Wappen:
Oberg4)Post8)
Steinberg5)Wartensleben9)
Steinberg6)Bahr10)
Alvensleben7)Exten11)

Kommentar

Durch die Künstlersignatur AR (Inschrift E) wird das Epitaph als Arbeit des flämischen Bildhauers Arend Robin ausgewiesen (vgl. Einleitung Kap. 8.4.). Folgende Charakteristika an den Einzelbuchstaben lassen sich aufzeigen: Das A in ANNO und in AM (Inschrift B) entspricht Robins Versal A mit einem unten gegabelten durchgebogenen linken Schaft. Spitzovales O mit ausgeprägten Bogenverstärkungen. Der obere Bogen des B und der des R endet oberhalb der Mittellinie. Charakteristisch sind auch die 5 mit hoch ansetzendem Bogen und die 7 mit nach rechts durchgebogenem Schrägschaft.

An Inschrift D fällt die Vermischung von hochdeutschen (sein) und niederdeutschen Formen (gelaten, wedwe) auf.

Der Hauptmann Hans von Oberg war 1534 in den Dienst des Grafen von Holstein-Schaumburg getreten.12) Seine Frau Anna Post war die Tochter des Drosten zur Schaumburg Joachim Post d. Ä. und der Agnesa von Wartensleben (Nr. 278). Sie heiratete später offenbar Johann Statius von Westphalen (Nr. 304);13) aus der Ehe ging ein Sohn namens Joachim hervor (vgl. Nr. 512). Ein außen an der Nikolaikirche angebrachtes Grabplattenfragment (Nr. 476) ist vermutlich als Grabplatte der Anna Post zu identifizieren. Das auf diesem Fragment genannte Sterbedatum ist der 30. März 1614.14)

Textkritischer Apparat

  1. Linker Schaft des A in L eingestellt.
  2. NACHGELATEN WEDWE] NACHGELASSEN WIDWE Kdm., Tebbe.

Anmerkungen

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 14.
  2. 28. Dezember.
  3. Io 19,19.
  4. Wappen Oberg (zwei Rauten nebeneinander); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 21 u. Tafel 23.
  5. Wappen Steinberg (springender Steinbock); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 121 u. Bd. 2, Tafel 305.
  6. Wie oben Anm. 5.
  7. Wappen Alvensleben (zwei Balken, der obere mit zwei, der untere mit einer Rose belegt); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 7, S. 1 u. Tafel 1; Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 1, S. 1 u. Tafel 1.
  8. Wappen Post (bekrönter Löwe); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 100 u. Bd. 2, Tafel 247; hier abweichend: Löwe nicht bekrönt.
  9. Wappen Wartensleben (aus Wald hervorspringender Fuchs); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 128 u. Bd. 2, Tafel 328.
  10. Wappen Bahr (schreitender Bär mit beringtem Halsband); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 3 u. Tafel 2.
  11. Wappen Exten (Gemshorn); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 45 u. Tafel 110.
  12. Maack, 114x5 Minuten Stadtgeschichte Rinteln, S. 153.
  13. Leichenpredigt für Johannes Statius von Westphalen, fol. G IIIv. Darauf, dass die Ehefrau des Johann Statius von Westphalen mit der vorliegenden Anna Post identisch war, deutet hin, dass der Rat der Stadt Rinteln 1580 Beschwerde über Johann Statius von Westphalen einlegte, weil er sich das früher von Hans von Oberg bewohnte Haus unberechtigt angeeignet habe; vgl. NLA BU, L 1 Nr. 3701 (nach Findbuch). Ferner existiert eine „Schuldforderung des Joachim Post gegen seine Schwester, die Witwe des Johann Stats Westphalen“ aus dem Jahr 1583 (NLA BU, L 1 Nr. 4962, Findbucheintrag) (zu Joachim Post vgl. Nr. 278). Schwierigkeiten hinsichtlich der Genealogie der Anna Post bereitet allerdings die Ahnenprobe auf dem Epitaph des Joachim von Westphalen und der Sophia von Alen (Nr. 512).
  14. Die Angabe Willekes (Die Geschichte der Ritter- und Freiherrenfamilie von Post, S. 111, Nr. 148), in der Marktkirche in Hannover befinde sich ihr Grabstein, scheint auf einem Irrtum zu beruhen, wie auch sein Postulat zweier verschiedener Trägerinnen des Namens, von denen eine mit Hans von Oberg, die andere mit Johann Statius von Westphalen verheiratet gewesen sei (Stammtafel 5). Auch die Angaben bei von Wartensleben, Nachrichten von dem Geschlechte der Grafen von Wartensleben, Teil 2, S. 31f., die vermutlich aus dem Epitaph Nr. 512 gewonnen sind, sind aus chronologischen Gründen unwahrscheinlich.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 14 u. Tafel 12.2.
  2. Von Arnswaldt, Grabinschriften der lutherischen Kirche in Rinteln, S. 35f.
  3. Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 149 (E).
  4. Maack, 114x5 Minuten Stadtgeschichte Rinteln, S. 153f.
  5. Tebbe, Epitaphien, Nr. 128, S. 239 (A, D, E).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 242 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0024207.