Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 156 Obernkirchen, Stift 1541

Beschreibung

Grabplatte für Levin von Zerssen. Stein. Die hochrechteckige Grabplatte ist im Kreuzgang aufgestellt. Im Innenfeld der Platte eine Reliefdarstellung des Verstorbenen in Rüstung unter dem Kreuz kniend, Helm und Schwert sind rechts neben ihm angeordnet. Von seinem Mund geht ein Spruchband mit der erhaben ausgehauenen Inschrift A aus. In den Ecken des Innenfelds vier Wappenschilde. Die Inschrift B läuft erhaben in vertiefter Zeile auf dem Rahmen um.

Maße: H.: 200 cm; B.: 115 cm; Bu.: 4,3 cm (A), 7,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis (A), gotische Minuskel mit Versalien (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    MISERERE · MEI · DEVSa)1) / · AMENb)

  2. B

    Anno · 1541c) · am · auende / · maria · madalena2) · wort · de · Erbar · Leuind) / · va(n) · cersce(n) · iemerlike(n)e) / · tom · dode · Gebroch · dem · got · genade

Übersetzung:

Gott, erbarme dich meiner. Amen. (A)

Im Jahr 1541 am Vorabend vor Maria Magdalena wurde der ehrbare Levin von Zerssen jämmerlich zu Tode gebracht; Gott sei ihm gnädig. (B)

Wappen:
Zerssen3)Reden5)
Rauschenplat4)Offensen6)

Kommentar

Sowohl die gotische Minuskel als auch die Kapitalis sowie die Kapitalis-Versalien in Inschrift B weisen die für die Werkstatt Jasper Robins charakteristischen Formen auf (vgl. Einleitung Kap. 8.3.). Insbesondere ist der Versal L in Leuin hervorzuheben, dessen keilförmig verbreiterter Balken leicht rechtsschräg nach oben weist. Allerdings ist der Versal A in Anno nicht in der pseudounzialen Form gestaltet. Hinsichtlich der Personendarstellung ähnelt die Grabplatte Nr. 163 u. 164.

Levin I. war der Sohn Jobsts I. von Zerssen und einer Frau aus der Familie von Reden. Nach Aussage der Leichenpredigt für seinen Enkel Heinrich Julius (vgl. Nr. 633) war er Erbherr auf Eisbergen (Kreis Minden-Lübbecke, Nordrhein-Westfalen) und Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont).7) Seine Ehefrau Anna von Werpup, die Tochter des Simon von Werpup und der Ermingard Büschen, heiratete er 1535. Aus der Ehe gingen vier Söhne hervor.8)

1541 wurde Levin von Zerssen auf der Weserbrücke bei Hess. Oldendorf von Tönnies von Wettberg und seinen Knechten überfallen und erlitt dabei tödliche Verletzungen. Der folgende Prozess gegen Tönnies von Wettberg zog sich zwölf Jahre (1541 bis 1553) hin.9)

Ein Epitaph der Witwe Anna von Werpup († 1586), die nach dem Tod ihres Mannes schließlich Haushofmeisterin am Hof des Grafen zu Lippe wurde, ist in Detmold,10) eine Grabplatte für sie in Eisbergen erhalten.

Textkritischer Apparat

  1. MISERERE · MEI · DEVS] fehlt Mahrenholtz.
  2. AMEN] N retrograd.
  3. 1541] 1547 Kdm.
  4. Leuin] möglicherweise auf der Rahmenleiste ein us-Kürzel. Lenin Kdm.
  5. iemerlike(n)] fehlt von Zerssen.

Anmerkungen

  1. Ps 50,3.
  2. 21. Juli.
  3. Wappen Zerssen (Kesselhaken); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 135 u. Bd. 2, Tafel 344.
  4. Wappen Rauschenplatt (drei in ein Dreieck gestellte Äste mit daraus nach außen hervorwachsenden Kleeblättern); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 8 u. Tafel 6; hier abweichend: drei Kleeblätter 2:1.
  5. Wappen Reden (zwei Balken); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 14 u. Tafel 15.
  6. Wappen Offensen (Flug, durch einen Blattkranz hindurchgesteckt); vgl. DI 76 (Lüneburger Klöster), Nr. 111, dort Nr. 17f. Die Wappenzuschreibung erfolgt nach von Zerssen, Familie von Zerssen, S. 71, 73. Vgl. auch das Epitaph der Anna von Werpup in Detmold, wo die Wappen durch Beischriften gekennzeichnet sind (Abbildung in: Stadt Detmold, bearb. von Otto Gaul, Münster 1968 (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen 48,1), S. 104).
  7. Leichenpredigt für Heinrich Julius von Zerssen, S. 61; vgl. von Zerssen, Familie von Zerssen, S. 72.
  8. Von Zerssen, Familie von Zerssen, S. 73–76.
  9. Von Zerssen, Familie von Zerssen, S. 73.
  10. Abbildung und Wiedergabe der Inschrift in: Stadt Detmold (wie oben Anm. 6), S. 103f. Aus der Inschrift geht hervor, dass Levin von Zerssen erstochen wurde.
  11. Von Zerssen, Familie von Zerssen, S. 74.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 87 (B).
  2. Mahrenholtz, Grabsteine, Nr. 19, S. 130 u. Abb. S. 131.
  3. Von Zerssen, Familie von Zerssen, S. 73 (B) u. Abb. 2.
  4. Tebbe, Epitaphien, Nr. 99, S. 224 (B nach Mahrenholtz).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 156 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0015606.