Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 350 Eltville, Schmidtburgkapelle um 1510?

Beschreibung

Bibelsprüche auf den Gewandsäumen der Figuren der dreiteiligen Kreuzigungsgruppe. Diese stand ehemals wohl auf dem Kirchhof in der Nähe des Beinhauses,1) bis sie an den heutigen Standort verbracht wurde. Auf dem Lendentuch Christi Bibelspruch (A), ebenso auf den Gewandsäumen des Marienmantels (B) und der Tunika des Johannes (C). Neuere Ölfarbfassung.

Maße: H. (Schriftband) 3,5, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/7]

  1. A

    ERO · MORS · TVAa) · O · MORS / MORSVS · TVVS · ERO · [I]NFERNE OSEE · XIII ·2)

  2. B

    · STABANT · IVXTA · CRVCEM IESV MATER · EIVS3) · / · ET · (ET)C(ETERA) · CETERA ·

  3. C

    DISCIPVLVS IL[LE] · Q(VI) · I(N) · TESTIMONIVM · PERHIBET · DE · HISb4)

Übersetzung:

O Tod, ich werde dein Tod sein, Hölle ich werde dein Biß sein (A). – Nahe dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und andere (B). – Das ist jener Jünger, der hiervon Zeugnis ablegt (C).

Kommentar

Die erhaben gearbeitete Inschrift gehört mit zu den frühesten Kapitalisschriften des Bearbeitungsgebietes.5) Sie zeigt ein E mit leicht verkürztem Mittelbalken, ein M mit parallelen Schäften und kurzem Mittelteil. Punkte dienen als Worttrenner.

Die dem Buch Hosea entnommene Inschrift (A) am Lendentuch Christi findet sich in vergleichbarer Form bei allen Kalvarienbergen, die dem Backoffen-Umkreis entstammen. Vereinzelt sind sie andernorts auch Bestandteil von Grabinschriften.6) Der Wortlaut der dem Johannesevangelium entnommenen Zitate (B) und (C) zeigt sich ebenso in geringen Abweichungen auf der Kreuzigungsgruppe in Wimpfen7), bei der Nenternschen und der Hellerschen Gruppe in Frankfurt sowie in Hessenthal und St. Ignaz in Mainz.8)

Die Eltviller Gruppe wurde bisher als im „Korpus vielleicht eigenhändige Arbeit“ dem Hans Backoffen zugeschrieben, in den Figuren als Werkstattarbeit mit einer Datierung um 1505 bezeichnet9); mit Braune-Plathner und Goeltzer ist angesichts der stilistischen Nähe zur 1509 geweihten Hellerschen Gruppe in Frankfurt hingegen wohl eher die spätere Datierung um 1510 ins Auge zu fassen.10)

Textkritischer Apparat

  1. Balken des T zerstört.
  2. Oberer Bogen des S zerstört.

Anmerkungen

  1. Vermutung Goeltzer, Backoffen 1, 44 Anm. 338.
  2. Os. 13,14.
  3. Io. 19,25.
  4. Io. 21,24.
  5. Vgl. zur Kapitalis Einleitung Kap. 5.4.
  6. Goeltzer, Backoffen 1, 43-45 mit neuen Einordnungen. Leider wurden in seiner Untersuchung inschriftliche und monumentalpaläographische Aspekte nicht berücksichtigt. Zur späten Verwendung in Grabinschriften von um 1600 bzw. 1630 vgl. DI 33 (Stadt Jena) Nrr. 144, 228.
  7. DI 4 (Bad Wimpfen) Nr. 93.
  8. DI 2 (Mainz) Nr. 1128.
  9. Kdm.
  10. Braune-Plathner 28; Goeltzer, Backoffen 1, 45: „Der Zuschreibung der Eltviller Kreuzigungsgruppe an Hans Backoffen ist grundsätzlich zuzustimmen“, wenige Sätze später „ist sie [...] als qualitativ nicht sehr hochstehendes Werk in jedem Falle Hans Backoffens Werkstatt zuzuweisen“, vgl. zur Meister- und Oeuvrefrage Einleitung Kap. 4.4.

Nachweise

  1. Kdm. 141.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 350 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0035004.