Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 200† Kirchberg, Katholische Pfarrkirche St. Michael vor 1691

Beschreibung

Epitaph der (Maria) Elisabetha von Koppenstein, ehemals innen in die Nordwand des Chors eingelassen1). Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit zwei reliefierten Wappen in den oberen Ecken, darunter eine Tafel mit vermutlich zehnzeiliger Inschrift. Text und Aussehen des 1936/37 letztmals als Fragment erwähnten Epitaphs2) sind durch eine um 1765 angefertigte Nachzeichnung bzw. eine schematische Skizze überliefert.

Text nach der Würdtweinschen Epitaphiensammlung, sonstige Angaben nach Busley.

Maße: H. 195, B. 90 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. DIESES IST DER ZUR HOCHFRYHER(LICH)/EN VON KOPPENSTEIN(ISCHEN) KRUFFT, UND ERB=BE=/GRAEBNUS IN DIESEM CHOR GEHÖRIGEa) / GRABSTEIN, WORUNTER DER ERBLASTE LEICHNAM DER WEY(LAND) HOCHWOHLGEBOHR/NENb) FRAUEN ELISABETHAE VEMAEHLTERc) / REICHS=FREYIN VON KOPPENSTEIN AUS DEM / REICHS=FREY=HERR(LICHEN) GESCHLECHT DER SCHEN=CKEN VON SCHMIDBURG RUHEN, WELCHE DEN 1ten (Decem)brisd) 1601e) IHRES RUHMVOLLEN ALTERS IM / 69 IAHR IN GOTT SEELIG ENTSCHLAFFEN C(UIUS) A(NIMA) R(EQUIESCAT) I(N) S(ANCTA) P(ACE)f)

 
Wappen3):
Koppenstein Schenk von Schmidtburg.

Kommentar

Merkwürdigerweise ist eine – laut Inschrift – um 1531/32 als Elisabeth Schenk von Schmidtburg geborene und später verheiratete von Koppenstein auch in den neueren Stammtafeln beider Geschlechter nicht nachweisbar4). Da es sich bei der Verstorbenen offenbar um eine bedeutende Frau gehandelt hat, die in der vermutlich bereits von der älteren Kirchberger Linie des Geschlechts der Herren von Koppenstein5) eingerichteten Gruft im Chor der Kirche bestattet wurde – von der wir erstmals durch die vorliegende Inschrift erfahren –, kann nur eine genealogische Verwechslung vorliegen. Vom Vornamen her gesehen, wäre sie allenfalls mit der vor 1620 verstorbenen Elisabeth von Geispitzheim zu identifizieren, die mit Georg II. die jüngere Kirchberger Linie derer von Koppenstein begründete und deren bereits 1582 verstorbener Sohn Hans Wilhelm im Chor der Kirche bestattet war6). Über diese Elisabeth ist nicht mehr bekannt als ihre zweite, nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1583 eingegangene Ehe mit Martin von Remchingen.

Einige gewichtige Indizien deuten allerdings darauf hin, dass die Inschrift erst viel später als 1601 hergestellt worden ist. Falls es sich bei der auffälligen Kennzeichnung der Zahlzeichen nicht um eine besondere Hervorhebung – etwa durch Goldschrift – handeln sollte, sondern sie als ein Anzeichen für ursprünglich offen gebliebene Stellen zu deuten ist, die durch später hinzugefügte Zahlen geschlossen wurden, könnte die Inschrift auch erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Dazu würden dann auch die Schreibung des runden U passen7), die in der Inschrift verwendeten Titulaturen „hochfreiherrlich“ bzw. „reichsfreiherrlich“ sowie das Epitheton „hochwohlgeboren“. Wenn sich auch letztere Bezeichnung hinsichtlich der Schenken von Schmidtburg auf ihre 1568 reichsunmittelbar gewordene Herrschaft Gemünden beziehen dürfte, lassen sich Epitheta dieser Art in der Regel erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts oder noch später nachweisen8), so dass auch von dieser Seite her eine spätere Entstehung der Inschrift nahegelegt wird.

Unterstellt man zudem, dass dem sonst so zuverlässig arbeitenden Kopisten ein kleiner Fehler unterlaufen ist und er bei der Jahreszahl vergessen hat, das untere Bogenende der 0 auszuführen, so würde das Todesjahr nicht 1601, sondern 1691 lauten. Damit wäre das Rätsel gelöst: Es handelte sich bei der Verstorbenen um die 1632 geborene und eben 1691 verstorbene (Maria) Elisabetha, Tochter des Nikolaus Schenk von Schmidtburg und seiner Frau Maria Frey von Dehrn9). Seit 1653 mit dem Amtmann Georg Gerhard von Koppenstein verheiratet, hatte sie mit ihm zehn Kinder, darunter den ebenfalls in Kirchberg begrabenen Speyrer Domizellar Georg Wilhelm10).

Textkritischer Apparat

  1. Als diakritisches Zeichen dient ein kleiner Halbkreis.
  2. HR am Zeilenende in kleinerem Schriftgrad (wegen Platzmangels).
  3. Sic!
  4. Befund Xbris.
  5. So für 1691, s. Kommentar.
  6. Die Zahlzeichen und die Buchstaben der Fürbitte sind in der Nachzeichnung in fetter Schrift hervorgehoben.

Anmerkungen

  1. „Inscriptio lapidis ex parte Evangelii“, so die Würdtweinsche Epitaphiensammlung.
  2. Busley teilt in seinem Typoskript von der „grösstenteils ausgetreten(en)“ Inschrift nicht mehr als deren auch noch falsch gelesenen Anfang mit: „... dieses ist der hochedlichen Frau von Koppenstein ...“
  3. Die von Busley identifizierten Wappen sind in der Würdtweinschen Nachzeichnung ohne Wappenbilder ausgeführt.
  4. Vgl. dazu Zwiebelberg, Schmidburg pass. und ders., Koppenstein pass.
  5. Vgl. dazu und zum Folgenden Zwiebelberg, Koppenstein 149 sowie Nrn. 19 und 22.
  6. Nr. 106.
  7. In den benachbarten Gebieten ist rundes U in der Kapitalis (mit einer Ausnahme von 1608) erst ab dem 2. Drittel des 17. Jh. in Inschriften nachzuweisen; vgl. dazu DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) XLIX und DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis 1) LXI.
  8. Vgl. etwa DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Nr. 620.
  9. Vgl. dazu Zwiebelberg, Koppenstein 150.
  10. Nr. 195.

Nachweise

  1. Würdtweinsche Epitaphiensammlung fol. 6 mit schematischer Zeichnung fol. 5.
  2. Würdtweinsches Epitaphienbuch 305f.
  3. Busley, Kunstdenkmäler Simmern 142.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 200† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0020007.