Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 183 Simmern, Evangelische Stephanskirche 1673

Beschreibung

Sarg des Herzogs Ludwig Heinrich von Pfalz-Simmern (jüngere Linie). Zunächst an seinem Sterbeort in (Bad) Kreuznach beigesetzt1), wurde der Sarg am 13. August 1688 in die damals neu erbaute Gruft unter dem Glockenturm der Stephanskirche überführt, die 1794 von französischen Truppen aufgebrochen und verwüstet wurde. Der sich zum Fuße hin verjüngende Zinnsarg ruht auf sechs Kugeln, an den Längsseiten befinden sich je drei große gegossene Löwenköpfe mit durch die Mäuler gezogenen Ringen, zusätzlich jeweils einer an den Schmalseiten. Die zeilenweise gestaffelt ausgeführte, bereits 1782 erstmals veröffentlichte2) Inschrift befindet sich vorne auf der abgeflachten Oberseite. Stark beschädigt, die Verzierungen zum Teil abgebrochen, die Inschrift leicht erodiert.

Maße: H. 103 (vorne), 66 (hinten), L. 212, Bu. 1–3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/29]

  1. SERENISSIMVS PRINCEPS AC DOMINVS / D(OMI)N(VS) LVDOVICVS HENRICVSa) / D(EI) G(RATIA) COMES PALATINVS RHENI BAVARIAE DVX COMES / SPONHEMŸ / NATVS SEDAN ANNO MDCXL 1 OCTOBR(IS) / PATRE / LVDOVICO PHILIPPO / COMITE PALATINO RHENI BAVARIAE DVCE / COMITE SPONHEMŸ / ELECTORIBVS PALATINIS ET / PRINCIPIBVS AVRIACORVM ORTO / MATRE / MARIA ELEONORA / IOACHIMI FRIDERICI ELECTORIS / BRANDENBVRGICI FILIA / MATRIMONIO SIBI IVNXIT XXIII / SEPTEMBR(IS) MDCLXVI / SERENISSIMAM PRINCIPISSAM AC DOMINAM / D(OMI)N(AM) MARIAM / SERENISSIMI PRINCIPIS AC DOMINI / D(OMI)N(I) FRIDERICI HENRICI PRINCI/PIS AVRIACI ET NASSOVIAE / AC AMELIAE COMIT(IS) SOLMENSIS / FILIAM / DENATVS / PRINCEPS INCOMPARABILIS AC VERVS PATRIAE / MAXIME QVE DVCATVS SIM(M)ERENSIS ET CO=/MITATVS SPONHEIMENSIS PATER CRVCENACI / XXIV DECEMBR(IS) MDCLXXIII / CVM / VIXISSET CVM CONIVGE OPTIMA OPTIME / SINE PROLE TAMEN / ANNIS VII MENSIB(VS) II

Übersetzung:

Der durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Ludwig Heinrich, von Gottes Gnaden Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Graf von Sponheim, geboren in Sedan im Jahr 1640 am 1. Oktober, dessen Vater Ludwig Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Graf von Sponheim, aus dem Geschlecht der Kurfürsten von der Pfalz und dem der Fürsten von Oranien abstammend, und dessen Mutter Maria Eleonora, Tochter des Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg war, hat sich am 23. September 1666 mit der durchlauchtigsten Fürstin und Frau, Frau Maria, Tochter des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friedrich Heinrich, des Fürsten von Oranien und Nassau, und der Amelia, Gräfin von Solms, ehelich verbunden. Der unvergleichliche Fürst und wahre Vater des Vaterlandes, besonders des Herzogtums Simmern und der Grafschaft Sponheim, ist zu Kreuznach am 24. Dezember 1673 gestorben, nachdem er mit der besten Gattin bestens – wenn auch ohne Nachkommen – sieben Jahre und zwei Monate gelebt hatte.

Kommentar

Die Versalien der in das weiche Metall eingeritzten Kapitalis sind meist erhöht gestaltet, zudem sind die Personennamen durchgängig durch größere Buchstaben hervorgehoben, die zum Teil doppelstrichig ausgeführt sind. Auffällig ist die Bildung des G, bei dem Bogen und Cauda unverbunden gegeneinander gestellt sind.

Ebenso wie sein in Metz geborener, bereits 1652 verstorbener älterer Bruder Ludwig Casimir3) verdankt auch Ludwig Heinrich seinen Geburtsort dem wechselvollen Schicksal seiner Eltern4), die seit Oktober 1638 bis Ende 1640 in Sedan am Hof der Herzöge von Bouillon Zuflucht gefunden hatten. Nach dem Tod seines Vaters 1655 übernahm zunächst seine Mutter die Vormundschaft, bis Ludwig Heinrich 1658 die Herrschaft in Pfalz-Simmern antrat. Seit dem 23. September 1666 mit Maria von Oranien verheiratet, residierte er vorwiegend in Sobernheim und Kreuznach, das Schloss zu Simmern diente offensichtlich nur noch als Quartier während der Jagd. Im Alter von 34 Jahren starb er im Pfalz-Simmernschen Hof zu Kreuznach an einer ansteckenden Krankheit. Da das Ehepaar ohne Nachkommen geblieben war, starb mit Ludwig Heinrich auch die jüngere Linie zu Simmern aus; die Herrschaft fiel nach dem Tod Marias von Oranien5) im Jahr 1688 endgültig an Kurpfalz.

Textkritischer Apparat

  1. LVDOVICVS HENRICVS in deutlich größerer Schrift mit erhöhten Anfangsbuchstaben.

Anmerkungen

  1. Der Sarg stand im Chor der evang. Pauluskirche; vgl. dazu und zum Folgenden ausführlich Wagner, Simmern 165ff.
  2. Der Heidelberger Pfarrer C. Büttinghausen verdankt die Kenntnis dieser (und anderer) Sarginschriften kurz vor 1782 vor Ort genommenen genauen Abschriften seines Stiefbruders und Simmerner Inspektors Dupont; vgl. dazu Rodewald 17.
  3. Er wurde ebenfalls in der neuen Gruft beigesetzt; vgl. Nr. 168.
  4. Vgl. dazu und zum Folgenden ausführlich Wagner, Simmern 159ff.
  5. Auch sie wurde in der neuen Gruft beigesetzt; vgl. Nr. 197.

Nachweise

  1. Büttinghausen, Beyträge 2, 109f.
  2. Rodewald, Grüfte und Inschriften 37.
  3. Wagner, Fürsten mit Abb. S. 25.
  4. Wagner, Simmern 170.
  5. Wagner, Wittelsbacher 284.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 183 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0018301.