Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 135 Kirchberg, Kath. Pfarrkirche St. Michael 1606

Beschreibung

Epitaph für Balthasar Reltz. Das ehemals im Schiff der Kirche angebrachte, kurz nach 1770 textlich überlieferte Grabdenkmal befand sich seit unbekannter Zeit in mehreren Teilen „auf dem Speicher des katholischen Pfarrhauses in Kirchberg“1), wurde 1996/97 von dem Steinrestaurator O. Becker in Kues unter Verwendung von Originalteilen rekonstruiert2) und an seinem heutigen Standort innen an der südlichen Chorwand befestigt. Der gegenwärtige Zustand zeigt eine von zwei reich skulptierten Tuffstein-Pilastern gerahmte Schiefertafel mit 13zeiliger Grabinschrift (A) und in der Sockelzone eine weitere Schiefertafel mit zweizeiligem Bibelspruch (B). Die Pilaster sind mit je drei Reliefs versehen, die aus Trophäen, Todessymbolen und Begräbnisgeräten bestehen. Als Unterhang dient – etwa 6,5 cm abgesetzt3) – eine von zwei Löwenköpfen getragene Konsole mit einer Rollwerkkartusche in der Mitte, darin ein Wappen mit Initialen (C) und als Bekrönung – ebenfalls abgesetzt – eine weitere Rollwerkkartusche mit einem aus etwa 20 Bruchstücken zusammengesetzten Relief der Auferstehung Christi4).

Maße: H. 167, B. 108, Bu. 2,5-5 (A), 2,5-3,5 (B), 5,5 (C) cm.

Schriftart(en): Fraktur (A, B), Kapitalis, erhaben (C).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/10]

  1. A

    Anno. D(omi)ni. 1606, Vff Men=/dag den 4. Auoustia), Morgens / zwüschen 6, Vnd 7. Vhren, Jst / ihm Herren seliglichen entschla=/ffen, der Ehrnhafft, Balthasar / Reltzb) Schultheisz alhie, Seines / Alters 78. Jahr, welcher in / 5. Ehe gelebet, Vnd Kinder / ehlichen erZeuget, Nachmalsc) / Sein Leben gottselig Volle=/ndet dem Gott der Allmechtig / Ein fröliche Vfferstehung / Verleihe Wolle Amen,

  2. B

    Gott würt auch die da Entschlaffen sindt durch / Jesum mit ihm Führen, Thessal: 4.5)

  3. C

    B(ALTHASAR) ◦ R(ELTZ)d)

Wappen:
Balthasar Reltz6).

Kommentar

Die hervorragend ausgeführte Fraktur fällt nicht nur durch ihre großzügig konstruierten und dadurch raumgreifenden Versalien auf, sondern auch durch den für die Jahrhundertwende typischen willkürlichen Gebrauch von Satzzeichen. Die Gestaltung einzelner Buchstaben, wie etwa e mit sehr kleinem, oval geformtem Bogen, erinnert an Usancen der Trarbach-Werkstatt.

Der laut Inschrift um das Jahr 1534 geborene Balthasar Reltz7) war als Schultheiß ranghöchster städtischer Beamter der von Kurpfalz, Pfalz-Simmern und Baden gemeinschaftlich verwalteten Stadt Kirchberg. Eine seiner fünf inschriftlich erwähnten Ehefrauen stammte aus der Familie der Braun von Schmidtburg8). Möglicherweise war er ein Vorfahr des späteren Kirchberger Ratsherrn Hans Balthasar Rültz9).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. e mit übergeschriebenem Doppelstrich.
  3. Nachmals bis Amen fehlt Kremer/Lamey.
  4. P R Kdm. – Der untere Bogen des B ist weggebrochen.

Anmerkungen

  1. Müller-Dietrich 100.
  2. Vgl. dazu Busse 474. – Einige dieser Fragmente scheinen erst während der Kirchengrabung 1967/68 aufgefunden worden zu sein; vgl. Kdm. 550; so war etwa die Löwenkopfkartusche in der Kellerwand des Pfarrhauses eingebaut (Autopsie am 10. Oktober 1994).
  3. Diese restauratorische Maßnahme soll darauf hinweisen, dass – nach Busse – Unterhang und Aufsatz „wahrscheinlich nicht“ zu dem Epitaph gehören. Nach Müller-Dietrich 102 diente als Aufsatz ein damals noch vorhandenes, heute aber verschollenes Relief der Jakobsleiter, flankiert von zwei nach außen gekehrten Löwen; vgl. ebd. mit Abb. S. 101.
  4. Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Hans-Berthold Busse, Trier, Amt für kirchliche Denkmalpflege, Brief vom 15. Dezember 1995.
  5. 1 Thess 4,14 (teilw.).
  6. Initialen B R, dazwischen griechisches Kreuz.
  7. Möglicherweise deuten die beiden Striche über dem e auf eine Unsicherheit in der Schreibung des Familiennamens, der dann eben auch Rültz gelautet haben könnte.
  8. Freundlicher Hinweis von Peter Schößler, Schreiben vom 23. Dezember 2005.
  9. Vgl. Nr. 170.

Nachweise

  1. Kremer/Lamey, Epitaphia fol. 35 (A).
  2. Müller-Dietrich, Neue Funde 102 (C).
  3. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 548 (A), 551 (B), 550 (C).
  4. Busse, Kirchberg/Hunsrück 474 (C).
  5. Kern, Kirchberg 18.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 135 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0013509.