Inschriftenkatalog: Altkreis Osterode

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 105: Osterode (2019)

Nr. 50† Osterode, Am Schilde 6 nach 1545

Beschreibung

Haus. Bauinschrift. Am – laut Wendt – ersten nach dem Stadtbrand von 1545 neu errichteten Haus, das in der Mitte des 17. Jahrhunderts dem Bürgermeister Wendt gehörte. Die Inschrift wird in der Druckausgabe der Wendtschen Chronik in zwei leicht voneinander abweichenden Versionen überliefert, in der Einleitung nach einem Nachtrag zu Handschrift B1) sowie im Text nach Handschrift C von 1680.2)

Inschrift nach Wendt, S. 14.

  1. Aegidiia)3) Do meb) sreiffc) 1545 Jahr Verbrande Osteroda gar ane 40 Hüsern dat is ward) Marcus Brandenborgd)

Übersetzung:

Am Tag Aegidii, als man schrieb 1545 Jahr, brannte Osterode vollständig ab, mit Ausnahme von 40 Häusern, das ist wahr. Markus Brandenburg.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Der langjährige Sekretär (ab 1634) und Bürgermeister (ab 1646) Heinrich Wendt (1605–1683) hat bald nach seiner Ankunft in Osterode 1634 das Haus Am Schilde 6 (lfd. Nr. 25) von dem Bürgermeister Johann Crauel (gest. 1665) gekauft und es bis zu seinem Tod behalten.4)

Von 28 statt 40 erhalten gebliebenen Häusern – nicht zerstört wurden außerdem das Kloster St. Jacobi sowie die Vorstädte um St. Marien und St. Johannis – berichtet Wendt an anderer Stelle seiner Chronik.5) Markus Brandenburg aus der Marienvorstadt war Ratszimmermeister und Baumeister, nicht Bauherr des Hauses. 1546 erhielt er vom Rat den Auftrag zum Bau eines Pfarr- und Schulhauses6) und einer neuen Waage (vgl. Nr. 53).7) Herzog Philipp d. Ä. von Braunschweig-Grubenhagen versprach den Bürgern der Stadt offenbar steuerliche Vergünstigungen nach dem Unglück, woran sie dreißig Jahre später bei dem Versuch seines Sohnes, ihre Abgaben zu erhöhen, erinnerten.8)

Inschriften, die an Stadtbrände erinnern, finden sich wiederholt in Städten, die ein solches Unglück erlitten, so in Einbeck nach dem Brand von 1540, in Northeim nach dem Brand von 1580 und mehrfach in Osnabrück.9)

Textkritischer Apparat

  1. Aegidii] Wendt, S. 14, M[eywerth]/S[pangenberg]; Aegidius Wendt, S. 215.
  2. Do me] Dom Wendt, S. 14 u. 215, M[eywerth]/S[pangenberg]; Verbesserung wie Mithoff.
  3. sreiff] Wendt, S. 14; schreiff Wendt, S. 215, M[eywerth]/S[pangenberg], Mithoff.
  4. dat is war] Wendt, S. 215, M[eywerth]/S[pangenberg], Mithoff; dat war Wendt, S. 14.
  5. Brandenborg] Brandenburg M[eywerth]/S[pangenberg], danach Mithoff.

Anmerkungen

  1. Wendt, Geschichte, S. 14.
  2. Ebd., S. 215.
  3. 1. September.
  4. Schimpf, Bürgermeister Heinrich Wendt, S. 21. Danach Leuschner, Einleitung zu Wendt, Geschichte, S. 7. Leuschner berichtet, dass der Eintrag in Handschrift B (der in Handschrift C von 1680 übernommen wurde) von Johann Crauel (Nr. 198) oder dessen Sohn Statius Heinrich Crauel in die ältere Wendtsche Handschrift geschrieben sei. Er hat daraus geschlossen, dass sich die Vorbemerkung „an meinem Hause“ auf ein Haus im Besitz von Vater oder Sohn Crauel beziehen müsse; ebd., S. 14. Dies scheint nicht überzeugend, da Wendt als Autor 1680 das Vorwort unterzeichnete, wer auch immer – in seinem Auftrag – bis 1680 Nachträge ausführte, für die allenfalls der Sohn Crauel, nicht Wendts älterer Bürgermeisterkollege infrage kommt. Zudem identifiziert Leuschner das Crauelsche Haus falsch als Am Schilde 21; tatsächlich ist es die dortige Nr. 14; vgl. Schimpf, Bürgerschaft, S. 12f. Die Grundlage dafür bilden die durch Franz Schimpf zusammengetragenen Informationen zu den Besitzern der Hausgrundstücke Am Schilde 6 (lfd. Nr. 25) und 14 (lfd. Nr. 20); vgl. StadtA Osterode, Nachlass Schimpf, Nr. 116.
  5. Wendt, Geschichte, S. 426. – Vgl. Leuschner, Osterode in der Frühneuzeit, S. 172.
  6. Martins, Gebäude, S. 9.
  7. Granzin, Ratswaage, S. 9. Leuschner, Osterode in der Frühneuzeit, S. 179. Es handelt sich dabei nicht um das heute noch so bezeichnete Gebäude, wie Leuschner zeigt.
  8. Leuschner, Osterode in der Frühneuzeit, S. 173.
  9. Vgl. DI 42 (Stadt Einbeck), Nr. 50; DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 164; DI 26 (Stadt Osnabrück), S. XXIII.

Nachweise

  1. Wendt, Geschichte, S. 14 u. 215.
  2. M[eywerth]/S[pangenberg], Beschreibung, Sp. 195 (nach Mskr. Wendt).
  3. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 173 (nach M[eywerth]/S[pangenberg]).

Zitierhinweis:
DI 105, Osterode, Nr. 50† (Jörg H. Lampe), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di105g021k0005004.