Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 189 Kramerstr. 5 1622

Beschreibung

Kamin. Heller Sandstein. Im Erdgeschoß am ursprünglichen Platz an der Rückwand gegenüber dem ehemaligen Deelentor stehendes Kamingewände mit Reliefschmuck, restauriert 1945/46 und 1977/79, Fassung modern.1) Der architektonisch schlichte Sturz ruht auf Volutenkonsolen, getragen von freistehenden ionischen Säulen. Die Stützglieder schmückt Beschlagwerk mit Fruchtgehängen und Blattzweigen, an den Konsolen vorne Diamantquader über Schuppenband. Unter dem umlaufenden Deckgesims ist die Kaminfront mit Reliefs dekoriert, in der Mitte befindet sich eine fast quadratische Rollwerktafel mit einem Wahlspruch (A) und einer Bauinschrift (B). Die Inschrifttafel wird flankiert von einem Hermenpaar, dessen Schäfte Löwenköpfe mit Fruchtgehängen tragen. Links und rechts davon befinden sich die Wappen des Bauherrenpaares, im rechten Wappenschild ist der Name der Ehefrau (C) angebracht. Ganz außen seitlich der Wappen stehen Figuren der Tugenden Justitia links und Temperantia rechts. Die Inschriften sind erhaben ausgeführt, in Gold auf Hellbraun (A, B) bzw. auf Blau (C) gefaßt.

Maße: H. 247 cm; B. 265 cm (Kamin); H. 31,5 cm; B. 34,5 cm (Schriftfeld A–B); Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/3]

  1. A

    VINCE TE IPSVM2)

  2. B

    D(OCTOR) CHRISTIAN / VONDER WIPPER / ELISABET DOMES / F(IERI) F(ECERVNT) ANNO / 1622 ·

  3. C

    DOMEa)

Übersetzung:

Besiege dich selbst. (A)

Doktor Christian von der Wipper (und) Elisabeth Dohm ließen (dies) im Jahr 1622 errichten. (B)

Wappen:
Wippermann3)Dohm4)

Kommentar

Kennzeichnend für die Kapitalis der Mitteltafel (A, B) sind M mit kurzem Mittelteil, N mit leicht geschwungenem Schrägschaft und C mit nach rechts herübergezogenem oberen Bogenende mit Sporn.

Christian Wippermann (von der Wipper, *1593, † um 1628) immatrikulierte sich am 29. Juni 1609 an der Universität Gießen und am 20. September 1616 an der Universität Marburg.5) Wo er den Titel eines Doktors beider Rechte erwarb, ist nicht bekannt. Im Jahr 1619 erhielt er das Lemgoer Bürgerrecht, 1620 heiratete er Elisabeth Dohm (*1603, † 1652), eine Tochter des Meiereipächters zu Brake Albert Dohm.6) Er hatte das 1576 für seinen Großvater Karsten Wippermann erbaute Haus Kramerstr. 5 von seinem Vater Jobst „dem Reichen“ übernommen, als dieser nach seiner Heirat 1591 das Haus Mittelstr. 24/26 bezog (vgl. Nr. 115 u. 121).

Der lateinische Spruch, der zur Selbstüberwindung im Sinne tugendhafter Lebensführung auffordert, hat antike Vorbilder, entsprach aber auch humanistischen Idealen. Als häuslicher Kaminspruch des Ehepaares, verbunden mit den persönlichen Wappen, begleitet von Justitia und Temperantia, ist der Spruch als Devise aufzufassen.

Textkritischer Apparat

  1. M ist mit D und E durch Ligatur verbunden, das O mit dem M verschränkt.

Anmerkungen

  1. BKD Lemgo, S. 746, 748, Abb. 874–76. Einzelberichte 1977–79, S. 543.
  2. A. Otto, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Nachdruck der Ausg. Leipzig 1890, 1965, S. 172 s. v. imperare. In zeitlicher Nähe zur 1622 datierten Lemgoer Inschrift findet sich der Gedanke in den Sinnsprüchen des Friedrich von Logau (1604–1655): Sich selbselbsten überwinden ist der allerschwerste Krieg; sich selbselbsten überwinden ist der allerschönste Sieg. Zitat nach Kurt Böttcher u. Karl Heinz Berger, Geflügelte Worte, Leipzig 41985, Nr. 1495.
  3. Wappen Wippermann (mit sechsstrahligem Stern belegter Balken, begleitet von 3 Stechringen, 2:1).
  4. Wappen Dohm (Kirche).
  5. Matrikel Gießen, S. 180; Matrikel Marburg, Teil 4, S. 89.
  6. Bürgerbuch, Nr. 3428. Zur Biographie vgl. BKD Lemgo, S. 730, u. Brenker/Meyer, Stammtafeln, S. 226, Nr. 41.

Nachweise

  1. Fritz Waldeyer, „Haus Wippermann“ Kramerstraße 5/7. Rampendaler Bauerschaft 115/116. In: LH 11, 1980, S. 30.
  2. BKD Lemgo, S. 748 mit Abb. 876.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 189 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006K0018905.