Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 168 Papenstr. 34 um 1608

Beschreibung

Schwellbalken. Zweigeschossiges giebelständiges Haus mit Fachwerkgiebel auf steinernem Unterbau. Der breite Torbogen rechts und die Fenstergewände aus rötlichem ornamentierten Sandstein gliedern die Straßenfront unterhalb des zweigeschossigen, dreifach vorkragenden Giebeldreiecks, das reiche Schnitzereien in Form von Beschlagwerk, Rollwerk und Rankenornamenten an Balken, Ständern und Brüstungstafeln aufweist.1) Die untere Giebelschwelle trägt eine Inschrift (Verheißung), erhaben in vertiefter Zeile, in Gold auf Rot gefaßt. Die Inschrift wurde 1983/85 bei der Gesamtsanierung des Baudenkmals Papenstr. 32/34 restauriert und teilweise erneuert.2)

Maße: Bu. ca. 12 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. DE · VPa) · DEN · HEREN · HAPEN DE · WERDEN · NICHT · VALLEN · SVNDER · EWICHb) · BLYVNc) · ALSE · DE · BERCH · ZIONd)3)

Übersetzung:

Die auf den Herrn hoffen, die werden nicht fallen, sondern ewig bleiben wie der Berg Zion.

Kommentar

Leicht schrägliegende, relativ eng stehende Kapitalis mit deutlicher Sporenbildung an den Schaftenden; R mit geschwungener Cauda.

Das Gebäude entstand als Überbauung der ehemaligen Durchfahrt zum Hof des Haupthauses Papenstr. 32, als dieses um 1590 umgebaut wurde und ein neues Dachwerk sowie eine neue Straßenfront mit Fachwerkgiebel über massivem Unterbau mit ornamentierter Werksteingliederung erhielt.4) Das Torhaus diente als eigenständige Wohnung für die Altenteiler.5) Die Fassadengestaltung beider Häuser ist formal aufeinander abgestimmt, eine zeitgleiche Entstehung deshalb sehr wahrscheinlich. Die bisherige Datierung um 1590/95 basiert allerdings vor allem auf der stilkritischen Einschätzung der Zierschnitzereien am Hauptgiebel Nr. 32. Als Schöpfer wird der Lemgoer Baumeister und Bildhauer Georg Crosmann vorgeschlagen.6) Die 1983/85 am Haupthaus Papenstr. 32 aufgedeckte Jahreszahl (vgl. Nr. 167) ermöglicht nun auch die präzisere zeitliche Einordnung der geschnitzten Inschrift am Torhaus um 1608.7)

Textkritischer Apparat

  1. Lesung nach Fotografie Pahmeier/Süvern, ILL Lemgo, 21–43. Der heutige Zustand DIE · DEN ist wohl das Resultat der Restaurierung von 1983/85, da Sauerländer, Rädeker, Pahmeier/Süvern, Süvern und BKD den ursprünglichen Wortlaut wiedergeben.
  2. WERDEN ... SVNDER E erneuert.
  3. BIYVN in der heutigen Fassung, falsch restauriert.
  4. BYON in der heutigen Fassung, falsch restauriert. Ursprünglich wohl zweistöckiges Z, bestehend aus zwei Bögen.

Anmerkungen

  1. Zur Ornamentik vgl. BKD Lemgo, S. 913.
  2. Fred Kaspar, Wiederherstellung einer Renaissancefassade von 1608 in Lemgo mit originaler Farbigkeit. In: Deutsche Kunst- und Denkmalpflege 44, 1986, S. 46–47. Die Renovierung des Hauses Papenstr. 32, dessen Fassade 1983/85 wieder in den Zustand von 1608 versetzt wurde, schloß das ehemals als Torhaus zugehörige Gebäude Papenstr. 34 ein. Die Erneuerung nach Befunden, wie sie die 1985 datierte Restaurierungsinschrift am Erker von Papenstr. 32 dokumentiert, dürfte somit beide Giebelfronten betroffen haben. In den BKD Lemgo ist vor 1983 keine partielle Überarbeitung der geschnitzten Giebelinschrift erwähnt.
  3. Ps 125,1 in einer niederdeutschen Übersetzung der Luther-Bibel, z.B. sog. Bugenhagen-Bibel (Lübeck 1533): De up den Heren hapen / De werden nicht vallen / sunder ewich blyven / alse de berch Zion.
  4. Einen Anhaltspunkt zur Datierung des damals bestehenden Gebäudes Papenstr. 32 bietet der 1559 datierte Sturzstein, der im Inneren des Hauses als Einzelstück erhalten ist. Vgl. Nr. 49.
  5. Zur Baugeschichte: BKD Lemgo, S. 915. Kaspar, Bauen, S. 377. Stiewe, Bürger, S. 112–114.
  6. Vgl. BKD Lemgo, S. 911f. Kaspar, Bauen, S. 75 u. 377.
  7. Stiewe, Bürger, S. 112–114, geht auch vom gleichzeitigen Umbau beider Gebäude aus.

Nachweise

  1. Sauerländer, Alte Hausinschriften.
  2. Sauerländer, Hausinschriften, S. 31.
  3. Rädeker, Häuser, S. 71.
  4. Pahmeier/ Süvern, ILL Lemgo, TB 21–43.
  5. Süvern, Torbögen, S. 22.
  6. BKD Lemgo, S. 913.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 168 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006K0016807.