Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 163† Orpingstr. 6 1606

Beschreibung

Balken. Giebelständiges Fachwerkhaus, 1912 abgebrochen, das auf 1575 datierte Giebelgeschoß am heutigen Gebäude Orpingstr. 6 erhalten (vgl. Nr. 78).1) Beim Abbruch des alten, 1606 unter Verwendung alter Bestandteile wiedererrichteten Hauses befand sich ein mit einem Gebet und einem Datum versehener Balken als Rähm direkt unterhalb des Giebeldreiecks. Wie eine Fotografie aus der Zeit um 1900 zeigt, verdeckte seit einem Umbau um 1800 eine zweigeschossige Auslucht vor dem linken Fassadendrittel einen Teil des Inschriftbalkens, der im rechten Teil unten beschnitten war. Dadurch war in diesem Bereich nur noch der obere Teil der in eingetieftem Schriftfeld erhaben geschnitzen Buchstaben erhalten, die sich jedoch zweifelsfrei lesen lassen.

Inschrift nach Fotografie.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. [ – – – ]N · WERDEN · VORBERGE · DIN ANTLATH · NICHT · VOR · MI · IN DER · NODT · NEGE · DINE · OREN · THO · MI · WENN · ICK · DI · ANROPE2) · ANNO · 1606a)

Übersetzung:

[Herr laß mich nicht zu Schan]den werden. Verbirg dein Antlitz nicht vor mir. In der Not neige deine Ohren zu mir, wenn ich dich anrufe. Im Jahr 1606.

Kommentar

Die Ausführung der Inschrift unterschied sich deutlich von der ebenfalls erhaben geschnitzten Inschrift, die sich unmittelbar darüber an der unteren Schwelle des 1575 datierten Giebelgeschosses befand und am heutigen Neubau erhalten ist (Nr. 78). Die Inschrift von 1606 weist insgesamt schmalere Buchstabenformen auf, N hier mit geschwungenem Schrägschaft im Vergleich zu dem durchgängig retrograden N der Inschrift Nr. 78, R mit gewölbter Cauda im Vergleich zu R mit gerader, langgestreckter Cauda der Inschrift Nr. 78, sowie als Worttrenner hier kleine Quadrangeln anstatt großer konturierter Rauten in Nr. 78.

Textkritischer Apparat

  1. Die letzten Worttrenner sind auf der Fotografie abgeschnitten. Analog zum Vorhergehenden ergänzt.

Anmerkungen

  1. Zur Baugeschichte des Hauses vgl. BKD Lemgo, S. 981f.
  2. Ps 102,3 in einer niederdeutschen Version der Bibel, z. B. sog. Bugenhagen-Bibel (Lübeck 1533): Vorberge dyn antlath nicht vor my / jnn der nodt neyge dyne oren tho my / Wenn ick dy anrope / so erho(e)re my balde.

Nachweise

  1. Fotografie, um 1900, WAfD Münster (Foto Ohle Lemgo).
  2. BKD Lemgo, S. 891 mit Abb. 1085 (Foto Ohle Lemgo).

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 163† (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006K0016307.