Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 158 Papenstr. 18a 1605

Beschreibung

Zwei Brüstungsplatten. Die Reliefplatten aus rötlichem Sandstein gehören zu einer Gruppe von insgesamt fünf skulptierten Baugliedern, welche 1968 bei Ausschachtungen auf dem Grundstück Papenstr. 18/20 gefunden wurden. Die Fragmente stammten wahrscheinlich von der Brüstung eines Erkers oder einer Auslucht des großen Giebelhauses, dessen Reste bis 1903 in der Baulücke zwischen Papenstr. 18 und 22 standen.1) Die beiden Brüstungsplatten befinden sich heute im Eingangsbereich des Neubaus Papenstr. 18a. Sie zeigen jeweils ein Vollwappen mit Beischrift (A, B) auf einem Schriftband darunter. Das Wappen der Frau trägt beiderseits der Helmzier außerdem das Datum C. Die Plattenränder sind partiell ausgebrochen, die Oberfläche vielfach bestoßen. Auch einzelne Buchstaben der erhaben ausgeführten Inschriften, die bis auf die Jahreszahl in eingetieftem Schriftfeld stehen, sind beschädigt.

Maße: H. 63 cm; B. 58 cm; Bu. 4–5 cm (A, B), 5–6 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis

  1. A

    ARND V(ON) KERSSENB(ROCK)

  2. B

    MARGRETA KLE(N)CKE

  3. C

    [AN]NOa) // 1605

Wappen:
Kerssenbrock2)Klencke3)

Kommentar

Die leicht schräggestellte Kapitalis ist sorgfältig gearbeitet. Kennzeichnend sind Sporen, M mit kurzem Mittelteil, K mit gebogenem oberen Schrägschaft, der untere Schrägschaft des K und die Cauda des R sind geschwungen bis unter die Grundlinie gezogen.

Arndt von Kerssenbrock entstammte als Sohn Gerlachs III. (erwähnt 1559, † 1605) der Mönchshofer Linie der Adelsfamilie.4) 1603 erwarb Arndt, damals gräflich schaumburgischer Hofmeister, das zwischen dem elterlichen Hof (Papenstr. 22) und dem Haus eines Meisters Moritz Klodt gelegene Grundstück, auf welchem sich der sog. Apothekerhof befand, der bis 1559 die städtische Apotheke beherbergte.5) Das 1605 datierte Wappenpaar spricht dafür, daß sich der neue Besitzer Arndt von Kerssenbrock gemeinsam mit seiner Frau Margarethe von Klencke zwischen Papenstr. 18 und 22 ein Haus errichten ließ.6) Dieses scheint ihnen nicht als ständiger Wohnsitz gedient zu haben, denn der Hofbedienstete Arndt von Kerssenbrock kaufte 1607 in der schaumburgischen Residenzstadt Bückeburg ein Grundstück aus bürgerlichem Besitz. Auch sein dort neu erbautes Haus trug die Wappen der Eheleute.7) Der einzige Sohn des Ehepaars, Ernst Friedrich von Kerssenbrock, starb 19jährig am 4. August 1621 in Bückeburg. Zu diesem Zeitpunkt war seine Mutter Margarethe von Klencke bereits tot und sein Vater, nun fürstlich holstein-schaumburgischer Oberstleutnant, in zweiter Ehe mit Margaretha von der Horst verheiratet.8)

Textkritischer Apparat

  1. Die beiden ersten Buchstaben weitgehend verloren.

Anmerkungen

  1. BKD Lemgo, S. 908f. Der Fund umfaßte außerdem eine Brüstungsplatte mit einem Ritter in Halbfigur sowie eine große Volutenkonsole und einen ornamentierten Trennpfosten. Fundort nach Sta Lemgo, Häuserkartei, Papenstr. 18 (Nikolai-Bauerschaft 84) auf der Rückseite des Hauses unter den Platten der Veranda (September 1968).
  2. Wappen Kerssenbrock vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 29; Bd. 2, Tafel 73.
  3. Wappen Klencke zu Oenigstedt und Renkhausen vgl. ebd., Bd. 1, S. 137; Bd. 2, Tafel 3.
  4. Zur Familie und Herkunft: Stöver, Kerssenbrock, S. 177, u. Stöver, Denkmäler, S. 85.
  5. BKD Lemgo, S. 625 u. 908.
  6. Zur weiteren früheren Bebauung des heutigen Grundstücks Papenstr. 18/20 vgl. BKD Lemgo, S. 908. Die dritte Brüstungsplatte mit der Ritterdarstellung sollte vermutlich ein Bildnis des Bauherrn sein.
  7. Anne Schunicht-Rave, „Adelich freye Höfe“ – Adel in der Stadt. In: Kat. Adel, S. 219–247, hier S. 227.
  8. Vgl. Roth, Auswertungen, Nr. 7383.

Nachweise

  1. BKD Lemgo, S. 909.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 158 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006K0015802.