Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 126 Städtisches Museum 1596

Beschreibung

Gebälkstein.1) Rötlicher Sandstein. Das Fragment wurde beim Abbruch des steinernen Giebelhauses Papenstr. 12 im Jahr 1890 geborgen, war anschließend bis 1968 mit anderen, ebenfalls vom Außenbau dieses Gebäudes stammenden Stücken an der Rückseite des Neubaus angebracht und gelangte später ins Städtische Museum.2) Das querrechteckige Gebälkstück mit Gesims und zweifach abgetrepptem Faszienprofil an der Unterkante besitzt am rechten Ende eine Verkröpfung, verziert mit Diamantquader über vier Guttae. Das Datum darauf ist in eingetieftem Feld erhaben ausgeführt. Der ursprüngliche Anbringungsort des Gebälkstücks ist zwar unbekannt, die charakteristische Ornamentik der Verkröpfung spricht jedoch dafür, daß das Fragment zum ehemals rechts an der Fassade angebrachten Erker gehörte.3) Eine Fotografie aus der Zeit um 1885 zeigt unterhalb der Brüstungsfelder einen Fries mit entsprechenden Diamantquadern, der aber keine Jahreszahl trägt. Es ist jedoch möglich, daß das Stück mit dem Datum seitlich am Erker angebracht war. In den vier Brüstungsfeldern über dem Fries Reliefs mit vier geflügelten Schildhaltern, die paarweise einander zugewandt je ein Wappen präsentieren.4) Zur Innenausstattung des Hauses gehörte ein steinernes Kamingewände (vgl. Nr. 137).

Maße: H. 23 cm; B. 60 cm; Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Weserrenaissance-Museum Schloß Brake [1/5]

  1. ANNO 1596

Wappen:
Grote5)Koch6)
Prott7)Dreier8)

Kommentar

Das Haus Papenstr. 12 wird um 1580 datiert und dem Lemgoer Baumeister Ludolf Crosmann und seinem Sohn Georg zugeschrieben.9) Es gehört zu den wenigen Neubauten Lemgos, die während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch vollständig, d. h. einschließlich Giebeldreieck, aus Stein errichtet wurden.10) Der Erker, dessen Brüstungsfelder bisher auf um 1605/10 datiert wurden, gilt aufgrund seiner bildhauerischen Qualität als Werk des Georg Crosmann.11) Wenn das Gebälkfragment tatsächlich dem Erker zuzuordnen ist, läßt sich die Datierung korrigieren. Die Schlußfolgerung, der Erker sei der bestehenden, um 1580 errichteten Fassade erst nachträglich vorgebaut worden, muß damit nicht in Frage gestellt sein.

Die Erkerwappen stehen für die Elternpaare der Bauherren Engelbert Grote und Catharina Prott. Engelbert Grote, Sohn des Weinherrn Heinrich Grote und der Anna Koch, heiratete 1586 Catharina Prott, Tochter des Bürgermeisters Hermann Prott und der Adelheid Dreier (vgl. Nr. 152).12) Engelbert Grote stand als Rat in Diensten der Braunschweiger Herzöge und starb 1605/06.13)

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 85/2779 (Lapidarium).
  2. Die zeitweilige Anbringung an der Hausrückseite dokumentieren undatierte Fotografien im Nachlaß Otto Gaul, WRM Schloß Brake.
  3. Vgl. BKD Lemgo, S. 905, Abb. 1098.
  4. Die Brüstungsreliefs befinden sich seit 1968 im Rathaus-Saalbau.
  5. Wappen Grote (Balken belegt mit Kleeblatt).
  6. Wappen Koch (Hausmarke BKD Lemgo, S. 975, Nr. 24).
  7. Wappen Prott (Hausmarke BKD Lemgo, S. 975, Nr. 44).
  8. Wappen Dreier (mit drei Rüben belegter Balken, begleitet von drei Sternen, 2:1).
  9. BKD Lemgo, S. 903.
  10. Verbreiteter waren Fachwerkgiebel und Aufstockungen auf ältere Steinbauten. Vgl. dazu Kaspar, Bauen, S. 197.
  11. BKD Lemgo, S. 904f. u. 556.
  12. Zur Identifizierung des Bauherrenpaares anhand der Wappenkonstellation vgl. Sta Lemgo, Plögersche Sammlung (Grothe).
  13. In der Leichenpredigt auf seinen Enkel Christoph Grote († 1664) wird Engelbert Grote als fürstlich braunschweigischer Geheimer Rat und Ambassador in den Vereinigten Niederlanden bezeichnet; vgl. Roth, Auswertungen, Nr. 9250. Sein Todesdatum lag zwischen dem 13. Mai 1605 und dem 22. September 1606; Sta Lemgo, Plögersche Sammlung (Grothe).

Nachweise

  1. BKD Lemgo, S. 906.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 126 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0012609.