Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 125 Mittelstr. 32 1596

Beschreibung

Zwei Reliefplatten. Rötlicher Sandstein. Die beiden zusammengehörigen Fragmente sind an der Hofseite des Hauses Mittelstr. 32 nebeneinander eingemauert. Es handelt sich um eine größere, geradlinig beschnittene Platte in unregelmäßigem Querformat, welche eine Inschrifttafel in Beschlagwerk trägt. Diese enthält das in eingetieftem Feld erhaben ausgeführte Datum (A) und auf dem oberen und unteren Rand die eingehauenen Namen der Bauherren (B). Die Buchstaben sind teilweise verwittert, die Rahmung darunter ausgebrochen. Rechts, von der Inschrifttafel durch eine Beschlagwerklisene getrennt, sind Reste eines Vollwappens erkennbar. Ein gleichartig gestaltetes Vollwappen befindet sich links neben der Inschriftentafel auf der zweiten, kleineren Platte. Die heutige Anordnung der Fragmente muß nicht der ursprünglichen entsprechen.

Maße: H. 45 cm; B. 131 cm; Bu. 8 cm (A), 4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. A

    A(NNO) · 15 · 96 ·

  2. B

    IOHAN[N] · CRUWEL · J(URIS) · U(TRIUSQUE) · D(OCTOR) / IULIANA GROTEN

Wappen:
Grote1)

Kommentar

Herkunft und ursprüngliche Funktion der ehemals zum Außenbau eines Hauses gehörigen Fragmente sind nicht bekannt. Möglicherweise handelt es sich um Reste einer Erkerbrüstung vom Vorgängerbau.2) Johann Kruwel war ein Sohn des Lemgoer Bürgermeisters Hermann Kruwel († 1582),3) der ihn 1560 ins Kaufmannsamt aufnehmen ließ.4) Johann Kruwel wurde zum Doktor beider Rechte promoviert und kehrte nach längeren Reisen im Jahr 1590 stark verschuldet nach Lemgo zurück. Er bezog das Haus seiner Mutter Elisabeth Fürstenau, welches in der Altstadt an der Ecke Kramerstraße/Mittelstraße (Mittelstr. 61) stand. Der Sohn beanspruchte das alleinige Hausrecht, so daß die Mutter seit Oktober 1590 mehrfach an den Rat appellierte. Johann Kruwel widersetzte sich jedoch einer friedlichen Beilegung des Streits und erschoß bei der Erstürmung des Hauses durch Lemgoer Bürger den Ratsdiener Jobst Kemper. Nach dem Strafprozeß wurde der erkrankte Gefangene unter Hausarrest gestellt.5) Im Jahr 1596 war Kruwel nach Ausweis der Inschrift B offenbar verheiratet, seine Ehefrau Juliana Grote, deren Wappen das kleinere Fragment überliefert, ist bislang in Lemgo nicht nachweisbar. Kruwel starb vor dem 4. März 1619.

Anmerkungen

  1. Wappen Grote (Balken belegt mit Kleeblatt).
  2. BKD Lemgo, S. 808.
  3. Hermann Kruwel war Bauherr des repräsentativen Wohnhauses Breite Str. 19, vgl. Nr. 97.
  4. Matrikel des Kaufmannsamtes, Nr. 568. Zur Person: Sta Lemgo, Plögersche Sammlung (Kruwel).
  5. Zu diesen Vorgängen Meier, Geschichte, S. 92f.

Nachweise

  1. BKD Lemgo, S. 808.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 125 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0012501.