Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 109 Rathaus, Kornherrenstube 1589

Beschreibung

Werkstein und Brüstungstafeln an der Kornherrenstube. Vor dem Nordgiebel des Saalbaus zur Mittelstraße vorkragendes Obergeschoß über der Laube von 1565. 1929 wurden der Giebel und einzelne Fenster- und Brüstungsglieder des aus hellem Sandstein bestehenden Gebäudeteils originalgetreu erneuert. Bei der Neufassung 1978 wurde der Sandstein in Brauntönen von der weißen Giebelfläche abgesetzt.1) Die Vertikalgliederung der Laube ist im Obergeschoß fortgeführt: breite Lisenen mit Löwenköpfen vor Beschlagwerk unterteilen die Brüstung frontal in drei, seitlich in je zwei Felder, die darüberliegende Fensterzone ist entsprechend durch eine vorgeblendete Stützenfolge rhythmisiert. Beschlagwerkbänder gliedern den erneuerten Volutengiebel, der von der Figur der Caritas bekrönt wird. Oben vor dem Giebel ein Beschlagwerkband mit der Jahreszahl A. Die Brüstungsfelder unterhalb der Fenster zeigen vor eingetieftem, mit Perlstab umgebenem Bildgrund im Halbrelief die Allegorien der Sieben Freien Künste. Die sitzenden Frauengestalten in antikischer Gewandung sind jeweils durch einen Titulus im Bildfeld bezeichnet und mit charakteristischen Attributen ausgestattet. Ostseite: Grammatik (B) mit dem Alphabet auf einer Tafel (C), Dialektik (D) mit Pfeil und Bogen; Nordseite: Rhetorik (E) mit Pfosten und Blütenzweig, Musik (F) mit verschiedenen Instrumenten, Arithmetik (G) mit Rechenbrett, Zirkel und einer Tafel mit Ziffern (H) darauf; Westseite: Geometrie mit Zirkel, Maßstab und Winkelmaß mit dem Titulus (I) darauf, Astronomie (K) mit Weltkugel. Auffällig sind die überproportional langen, dünnen Beine der Frauenfiguren. Sämtliche Inschriften sind erhaben ausgeführt und in Gold gefaßt, A auf eingetieftem Grund erneuert.

Maße: Bu. ca. 15 cm (A), ca. 5–7 cm (B–K).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/10]

  1. A

    1589

  2. B

    GRAMMAT(ICA)

  3. C

    A B C / D E F / G H I / K L M / N O P

  4. D

    DIALECTICA

  5. E

    RHETORICA

  6. F

    MUSICAa)

  7. G

    ARITHMETICA

  8. H

    1 2 3 4 / 5 6 7 / 8 9 10

  9. I

    GEOMETRI/A

  10. K

    ASTRONO(MIA)

Kommentar

Die Inschriften sind in einer leicht rechtsgeneigten Kapitalis mit recht breit ausgeführten Buchstabenbestandteilen ausgeführt; C, G und S jeweils mit großem Sporn am oberen Buchstabenende, bei E am oberen und unteren Balkenende, gerades M mit kurzem Mittelteil, die Cauda von K und R geschwungen und spitz auslaufend.

Die Errichtung der Kornherrenstube im Jahr 1589 wird dem Baumeister Georg Crosmann zugeschrieben.2) Sichere Belege dafür gibt es jedoch nicht.

Textkritischer Apparat

  1. A aus Platzgründen klein in das C gestellt.

Anmerkungen

  1. BKD Lemgo, S. 505 u. 520f.
  2. BKD Lemgo, S. 520. Meier, Rathaus, S. 18. Gaul, Renaissance-Bildhauer, S. 23.

Nachweise

  1. Zeiß, Zeichnung der Vorderfront, dat. 1863, LLB Detmold, Lippe-Bildsammlung, 4 L 77.
  2. Henrici, Reiseaufnahmen, Zeichnung der Vorderfront, Bl. 18.
  3. BKD Lemgo, S. 520f.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 109 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006k0010901.