Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 206 Städtisches Museum 1633

Beschreibung

Fragment der Grabstele des Wolrad Ferber.1) Rötlicher Sandstein. Die Provenienz des Steins ist nicht bekannt. Das Fragment zeigt auf der einen Seite den zeilenweise über den Stein verlaufenden Sterbevermerk A, auf der anderen Seite im Relief Christus am Kreuz, auf dem oberen Kreuzbalken der Titulus B. Über dem Kreuzbalken links und rechts sowie darunter rechts eine Inschrift aus jüngerer Zeit,2) die auf eine Zweitverwendung der Stele schließen läßt. Außen am Rahmen Reste von Rollwerk und einem bekrönenden Engelskopf. Die Inschriften sind eingehauen.

Maße: H. ca. 49 cm; B. ca. 50 cm; Bu. 3,5 cm (A), 1,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/2]

  1. A

    [ – – – ] 1633 / [...] 5 · MARTŸ / [NAC]HMITTAGES / [V]MB · 4 · VHREN · IST · DER / [E]RNVESTER VND · WOL/GELERTER · WOLRAHT · / FERBER · APOTHEKER · / IN GOT SELIG · ENTSHLAF/FEN · IM · 56 · IAHR SEINES ALTERS A[.....]A[..] / SELIG [ – – – ]/TEN DIE [ – – – ] 3)

  2. B

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM) 4)

Kommentar

Schrägliegende Kapitalis (A), A mit leicht geschwungenem linken und senkrechtem rechten Schaft, G mit kurzer senkrechter Cauda, gerades M mit sehr kurzem Mittelteil.

Der Apotheker Wolrad Ferber wurde am 9. Januar 1618 zusammen mit seinen beiden Töchtern aus erster Ehe, Anna und Ermgard, als Lemgoer Bürger aufgenommen.5) Er war Pächter der Ratsapotheke; der von ihm geleistete Apothekereid ist erhalten.6) Der Rektor der Lemgoer Lateinschule Johannes Gisenius, der nach seiner Lemgoer Zeit (1595–1615) als Professor an die Universität Gießen ging, widmete Ferber 1615 eine Disputation, was auf einen gehobenen Bildungsstand des Apothekers schließen läßt.7) Daher wird Ferber als der Initiator des Bildprogramms an der 1612 errichteten Apothekenauslucht angesehen.8) Da Ferber schon 1614 als Apotheker in Lemgo nachweisbar ist,9) ist es nicht auszuschließen, daß er diese Funktion auch bereits im Jahr 1612 ausübte.

Anmerkungen

  1. Inv.Nr. 85/2681 (Lapidarium).
  2. IOHAN // HENRICH // KR[I]GER. Johann Heinrich Krüger wurde am 17. Juni 1675 als Sohn eines Lemgoer Bürgers in die Bürgerschaft aufgenommen (Bürgerbuch, Nr. 4615).
  3. Wohl Off 14,13: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an.
  4. Io 19,19.
  5. Bürgerbuch, Nr. 3367.
  6. Sta Lemgo, A 2805. Leider ist der Eid nicht datiert, so daß der Zeitpunkt, zu dem Wolrad Ferber ihn ableistete, nicht festzustellen ist.
  7. Meier, Geschichte, S. 145.
  8. Karl Meier, Die graphischen Vorlagen des Meisters der Halbfiguren am Lemgoer Ratsapothekenerker. In: MLG 32, 1963, S. 182–188; vgl. Nr. 176.
  9. In der Apothekenrechnung Sta Lemgo, A 674 liegt ein loses Schreiben aus dem Jahr 1614, das an den Apotheker zu Lemgo Wolrad Ferber gerichtet ist.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 206 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006K0020609.