Inschriftenkatalog: Stadt Lemgo

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 59: Lemgo (2004)

Nr. 174 Echternstr. 43 1612

Beschreibung

Torbalken. Zweigeschossiges giebelständiges Fachwerkhaus. Unterhalb des schmucklosen Giebels ist die Fassade zur Echternstraße in ihrer ursprünglichen Form mit Erd- und Zwischengeschoß beidseitig der Mitteldeele wiederhergestellt. Der Torbalken trägt in drei Zeilen symmetrisch über der Bogenöffnung angeordnet ein Sprichwort (A) und den Namen des Bauherrn mit einem Datum (B). Die Buchstaben erhaben in zeilenweise eingetieftem Schriftfeld, in Gold auf Blau gefaßt.

Maße: Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. A

    WOL GODT · VOR · TRVW[ET ·HEFT · ] WOL · GEBVWETIM · HEMMEL / VN · VP · ER·DEN 1)

  2. B

    JOHAN · BRINCKMAN / A(NNO) · D(O)M(INI) // 1612

Versmaß: Deutscher Reimvers (A).

Kommentar

Retrogrades N, verschränktes W, G mit senkrechter Cauda, der Mittelteil des M reicht nicht bis zur Zeilenmitte. Ziffern rechtsschräg gestellt, Bogen der 6 klein und geschlossen eingerollt, spitze 2, die erste 1 nur als gerader Schaft, die zweite 1 ähnlich einer 5 leicht in S-Form geschwungen.

Der gereimte Hausspruch zitiert den Anfang eines evangelischen Kirchenliedes, dessen erste, von Joachim Magdeburg verfaßte Strophe in gedruckter Form seit 1572 bekannt ist. Bereits vorher war der Spruch Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut jedoch als Ausdruck des Gottvertrauens in Hausinschriften weit verbreitet und mag das Kirchenlied angeregt haben.2)

Der inschriftlich genannte Hausbesitzer Johann Brinkmann ist unter den in Lemgoer Archivalien des 16./17. Jahrhunderts belegten gleichnamigen Personen mit großer Wahrscheinlichkeit als derjenige Johann Brinkmann zu identifizieren, der am 22. Mai 1601 als Fremder in Lemgos Bürgerschaft aufgenommen wurde und seit 1617 mit Anna Geillhorn aus Barntrup verheiratet war.3) Aus der Ehe sind zwei Kinder bekannt, Cordt und Ilsabein. Johann Brinkmann, zwischen 1626/27 und 1636 in der Tröger Bauerschaft wohnhaft,4) ist im Jahr 1647 als verstorben genannt.5)

Anmerkungen

  1. Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 2, Sp. 90, Nr. 2200. Vgl. Nr. 81, 116, 164, 166, 184, 190, 232. Für die drei Verse als Kirchenlied-Zitat: Wackernagel, Kirchenlied, Bd. 3, Nr. 1213, S. 1042f., u. Fischer, Kirchenlieder-Lexicon, Bd. 2, S. 358f.
  2. Dazu: Hdb. EKG, Bd. III/2, S. 267f., Bd. I/2, S. 433f. Zur Verbreitung des Spruches Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut als Hausinschrift und seine Verbindung mit diesem Kirchenlied vgl. ebd., Sonderbd., S. 443f., sowie Eduard Arens, Zu den Hausinschriften des Fürstentums Corvey. In: Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde 29, 1932, S. 88f., u. Widera, Hausinschriften, S. 33–35. Mit Blick auf Hausinschriften im lippischen Raum: Süvern, Torbögen, S. 22f.; Meier-Böke, Hausinschriften, S. 40; Weerth, Hausinschriften, S. 37 u. 45. Die Haussprüche in der erweiterten Form des Kirchenlied-Zitats gehen zumeist über die drei Eingangsverse hinaus, so z. B. in den gleichfalls aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammenden Hausinschriften: DI 45 (Stadt Goslar), Nr. 126, 129, 134, 155, 172.
  3. Bürgerbuch, Nr. 2928, 10617 u. 2179.
  4. Sta Lemgo, Plögersche Sammlung (Brinkmann) sowie A 2362, A 2294, A 3429.
  5. Sta Lemgo, Plögersche Sammlung (Brinkmann).

Nachweise

  1. Hausinschriften in Lemgo. In: Lemgoer Sonntagsblatt 1880, Nr. 6, 7. November (unvollständig).
  2. Preuß, Alterthümer2, S. 68.
  3. Wehrhan, Hausinschriften, S. 9.
  4. Sauerländer, Alte Hausinschriften.
  5. Sauerländer, Hausinschriften, S. 32.
  6. Rädeker, Häuser, S. 71.
  7. BKD Lemgo, S. 693.

Zitierhinweis:
DI 59, Lemgo, Nr. 174 (Hans Fuhrmann, Kristine Weber, Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di059d006K0017408.